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Diese Slideshow wurde ursprünglich auf Englisch präsentiert.
Autorin
Nicole Cimino-Fiallos, MD
Resident
University of Maryland
Department of Emergency Medicine
Baltimore, Maryland
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.
Redakteurin
Olivia Wong, DO
Section Editor
Medscape Drugs & Diseases
New York, New York
Es liegen keine Interessenkonflikte vor.
Übersetzer
Markus Vieten
Arzt, Autor und Übersetzer
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Nicole Cimino-Fiallos, MD | 12. Januar 2017
Der akute nicht traumatische Bauchschmerz ist bei älteren Patienten gar nicht selten. Oft erscheinen die Betroffenen damit in der Notaufnahme [1,2]. Wegen der Alterung der Gesellschaft ist auch mit einer weiteren Zunahme solcher Fälle zu rechnen. In den USA lag die durchschnittliche weitere Lebenserwartung 2014 für einen 65-jährigen Menschen bei 19,3 Jahren und für einen 75-jährigen bei 12,2 Jahren [3].
Bei älteren Patienten mit Bauchschmerzen sind Klinikaufenthalte und Operationen häufiger erforderlich als bei jüngeren und sie erleiden auch häufiger Komplikationen, sodass auch die Mortalität höher ist. In einer prospektiven Studie an 360 Patienten im Alter von mindestens 60 Jahren, die sich mit nicht traumatischen Bauchschmerzen in einer Notaufnahme vorstellten, wurden 58% stationär aufgenommen und weitere 18% operiert oder einem invasiven Eingriff unterzogen. 5% der Patienten verstarben innerhalb von 2 Wochen [4].
Anmerkung: Die hier vorgestellten Erkrankungen machen nur einen Teil der bei älteren Patienten vorgefundenen Ursachen für nicht traumatische Bauchschmerzen aus. Allerdings unterstreichen diese wenigen Fälle, wie wichtig es ist, klinisch-diagnostisch bei geriatrischen Patienten stets die höchste Aufmerksamkeit walten zu lassen.
Diese in Linksseitenlage angefertigte Aufnahme zeigt einen Dünndarmileus bei einem älteren Patienten. Man erkennt eine Spiegelbildung (Pfeile) sowie chirurgische Klammern von einer früheren Darmresektion.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Spangler R, Van Pham T, Khoujah D, Martinez JP. Int J Emerg Med. 2014;7:43. [Open access.] PMID: 25635203, PMCID: PMC4306086
Verläufe bei älteren Patienten
Viele Faktoren sind für ungünstige Verläufe bei älteren Patienten mit akuten Bauchschmerzen verantwortlich, wie etwa altersbedingte physiologische Veränderungen, Komorbiditäten und Polypharmazie [5,6].
Eine weitere grundsätzlich vermeidbare wichtige Ursache solcher Verläufe ist das zu späte Erkennen einer schweren Erkrankung. Eine retrospektive Studie an 132 Patienten über 80, die wegen nicht traumatischer Bauchschmerzen behandelt wurden, ergab, dass sich bei 20% die Diagnose in der Notaufnahme von der abschließenden Diagnose unterschied [7]. Schlimmer noch ist, dass die Mortalität unter denen, die zunächst fehldiagnostiziert worden waren, bei 59% lag [7]. Eine andere Untersuchung an 360 älteren Patienten belegte, dass die Gefahr einer Fehldiagnose mit Todesfolge mit zunehmendem Alter steigt [4]. Somit lassen sich also durch eine erhöhte klinische Aufmerksamkeit schwerere Erkrankungen früher erkennen, wodurch es seltener zu einer verspäteten angemessenen Therapie kommt.
In den vergangenen Jahren wurde verstärkt auf die unterschiedlichen Ausprägungen und Verlaufsformen von Thoraxschmerzen bei Männern und Frauen hingewiesen, doch scheint es bei älteren Patienten mit Bauchschmerzen eine solche Geschlechtsdifferenz nicht zu geben. In einer Beobachtungsstudie an 131 geriatrischen Patienten konnten keine Unterschiede beim Einsatz bildgebender Verfahren, bei der Gabe von Antibiotika, bei der Schmerzkontrolle oder in der Diagnostik zwischen Männern und Frauen festgestellt werden, wenngleich die Mortalitätsrate nach 3 Monaten bei älteren Männern mit Bauchschmerzen höher lag [8].
Sonografische Darstellung eines Bauchaortenaneurysmas mit freundlicher Genehmigung aus Spangler R, Van Pham T, Khoujah D, Martinez JP. Int J Emerg Med. 2014;7:43. [Open access.] PMID: 25635203, PMCID: PMC4306086
Vitalzeichen bei älteren Patienten
Alternde Menschen durchlaufen physiologische Veränderungen, welche zu einer atypischen Ausprägung klinischer Krankheitsmerkmale führen können. Ein gut untersuchtes Beispiel dafür ist die höhere sympathische Aktivität bei älteren Menschen, die nicht nur kardiovaskulären Erkrankungen Vorschub leistet, sondern auch an der Herzinsuffizienz beteiligt ist [9]. Umgekehrt werden die adrenalen Reaktionen auf Stress mit zunehmendem Alter immer träger, was zu den paradox anmutenden normalen Vitalparametern bei schweren Erkrankungen führen kann [9].
Ältere Menschen haben auch eine niedrigere basale Körpertemperatur und ihre Leukozytose fällt im Krankheitsfall auch geringer aus [10,11]. Eine retrospektive Arbeit über 231 Patienten mit einem Altersdurchschnitt von 64 Jahren und Bauchschmerzen zeigte, dass die Körpertemperatur und die Laborparameter zur Differenzierung zwischen chirurgisch und konservativ zu behandelnden Erkrankungen nicht hilfreich waren [12].
Die physiologischen Altersveränderungen wirken sich auch darauf aus, wann und wie der Patient ärztliche Hilfe sucht. Ein Review zur Schmerzwahrnehmung bei geriatrischen Patienten kam zu dem Schluss, dass „neuroanatomische, physiologische und biochemische Veränderungen in den Schmerzbahnen zu einer veränderten Schmerzwahrnehmung führen können“[13]. Solche Unterschiede können wiederum dazu führen, dass ältere Personen erst verspätet ärztliche Hilfe suchen und aufseiten der Mediziner die Schwere der Pathologie eher unterschätzt wird.
Tabelle Dr. Nicole Cimino-Fiallos; Abbildungen mit freundlicher Genehmigung von (1) Chester JG, Rudolph JL. J Am Med Dir Assoc. 2011;12(5):337-43. PMID: 21450180[10] und (2) Gadde S, Omar B. J Am Soc Hypertens. 2015;9(4)(suppl):e64-e65
Anamnese und körperliche Untersuchung bei älteren Patienten mit Bauchschmerzen
Die Erhebung einer gründlichen Anamnese kann bei älteren Patienten mit Bauchschmerzen schwierig sein. In dieser Altersgruppe hat man es nicht nur mit häufigeren Fällen von Demenz zu tun. Auch die psychische Verfassung kann sich aufgrund verschiedener Syndrome verändert haben.[11] Sofern möglich, können Angaben zu den Begleitumständen der zentralen Beschwerde hilfreich sein. Der akute Beginn der Symptomatik kann auf eine vaskuläre Ursache hindeuten, doch ältere Menschen suchen oft erst spät einen Arzt auf, was solche Details häufig schwer nachvollziehbar macht.[6] Fieber, Schüttelfrost und andere Allgemeinsymptome sprechen eher für eine Infektion.
Nach Möglichkeit sollten über Familienangehörige, Begleitpersonen oder frühere medizinische Unterlagen weitere Informationen zum Patienten zusammengetragen werden. So bedeuten etwa Angaben über kardiovaskuläre Erkrankungen, Nierenerkrankungen, Malignome, Immunsuppression und/oder operative Eingriffe in jüngerer Vergangenheit (z.B. Bauch-OP, vaskuläre Eingriffe) oder andere Interventionen immer auch ein zusätzliches Risiko und helfen dabei, eine vollständigere Differenzialdiagnose aufzustellen. Die Erfassung des psychischen Status sowie der Lebenssituation und des Funktionsniveaus zum Zeitpunkt des Erstkontaktes kann bei der Bewertung des aktuellen Zustandes hilfreich sein. Auch eine Durchsicht der aktuellen Medikation (z.B. Antikoagulanzien, Beta-Blocker, Chemotherapeutika, Opioide) kann im Hinblick auf Komorbiditäten aufschlussreich sein, wenn der Patient nicht in der Lage ist, Angaben zu machen oder seine eigene Krankengeschichte nicht mehr kennt.
Sonogramm eines Gallensteins mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Nevit Dilmen
Die körperliche Untersuchung von älteren Patienten kann ganz atypische Ergebnisse liefern. So äußert sich eine Peritonitis womöglich ohne die klassischen Zeichen wie Loslassschmerz und Abwehrspannung.[2]
Die initiale Untersuchung prüft die ABCs (Atemwege, Belüftung, Circulation = Kreislauf), doch können bei geriatrischen Patienten die Vitalzeichen auch abgeschwächt sein [11]. Bei älteren Patienten führt eine Erkrankung schneller zu einer eingeschränkten geistigen Leistungsfähigkeit, was eventuell mit einer mangelhaften Kooperation während des Untersuchungsganges verbunden ist. Trotzdem kann die gründliche körperliche Untersuchung weitere Differenzialdiagnosen zutage fördern und sollte daher nicht außer Acht gelassen werden.
Zur Beurteilung des Abdomens gehören stets auch die Auskultation der Darmgeräusche und die Palpation auf Druckempfindlichkeit und Massen [6]. Die Haut sollte auf Ausschläge, phlegmonöse Entzündungen und/oder Narben inspiziert werden, die Ausdruck einer früheren Operation sein können. Bei Männern mit Abdominalbeschwerden ist auch die Untersuchung der Hoden wichtig. Die Rektaluntersuchung weist auf einen möglichen Stuhlverhalt sowie auf freie oder okkulte Blutungen hin [2,6].
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von OpenStax CNX, Rice University/Dr. Herbert L Fred, Hendrik A van Dijk
Vorgehen bei älteren Patienten mit Bauchschmerzen
Angesichts der hohen Morbidität und Mortalität infolge einer falschen oder verspäteten Diagnose bei Älteren ist es angemessen, die Laboruntersuchungen und bildgebende Verfahren niedrigschwellig anzuordnen. Die Standardlaborwerte können hilfreich sein, wenn sie Anomalien aufweisen, doch geben negative Befunde bei vorhandener klinischer Symptomatik keinerlei Anlass zur Entwarnung [1]. Manche Ursachen für Bauchschmerzen, die sich keiner intraabdominellen Pathologie zuordnen lassen, sind im Blutbild erkennbar. Dazu gehören etwa metabolische Entgleisungen wie die diabetische Ketoazidose und die Hyperkalzämie sowie der Myokardinfarkt [1].
Infektionen, etwa mit Clostridium difficile, entzündliche Beckenerkrankungen und der Herpes Zoster kommen ebenfalls als Ursachen infrage. Es gibt aber auch extraabdominelle Prozesse, die mit Bauchschmerzen verbunden sein können, wie z.B. das akute Koronarsyndrom und Erkrankungen der Lunge (Pneumonie, Lungenembolie). Auch zahlreiche Medikamente zählen Bauchschmerzen zu ihrem Nebenwirkungsprofil.
Abbildung Medscape/Sam Shlomo Spaeth
In den vergangenen 20 Jahren gab es erhebliche Anstrengungen, um das bestmögliche bildgebende Verfahren in der Bauchschmerzdiagnostik allgemein und speziell auch bei älteren Patienten zu bestimmen. In einer Studie aus dem Jahre 2014 konnte eine enge Verbindung zwischen der präoperativen Notaufnahmediagnose anhand des CTs und der abschließenden postoperativen Diagnose bei älteren Patienten mit nicht traumatischen Bauchschmerzen hergestellt werden [14]. Das MRT und die Sonografie haben ihren Nutzen zur Evaluation solcher Beschwerden bewiesen, während das konventionelle Röntgen schlechter abschnitt.
Das konventionelle Röntgen eignet sich am besten als Screeningtest für freie Luft oder einen Verschluss, doch schließt ein normales Röntgenbild keine ernsthafte Pathologie aus, denn in 40% der Fälle zeigt das konventionelle Röntgen im Stehen bei Perforationen keine intraperitoneale Luftansammlung [15].
Die konventionelle Aufnahme in der Abbildung zeigt eine nicht okklusive mesenteriale Ischämie. Im Initialstadium (A) kommt es aufgrund der Vasokonstriktion der Bauchgefäße zu einem spastischen Ileus. Im Latenzstadium (B) erkennt man eine Ausdünnung der Wände von Dünn- und Dickdarm.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Reginelli A, Iacobellis F et al. BMC Surg. 2013;13 suppl 2:S51. [Open access.] PMID: 24267670, PMCID: PMC385095
Behandlung älterer Bauchschmerzpatienten
Solange noch keine definitive Diagnose gefunden ist, werden ältere Bauchschmerzpatienten ofrt bereits versorgt, während die diagnostischen Maßnahmen noch laufen. Bei Patienten mit unsicheren Vitalparametern oder Eintrübung stehen zunächst die Notfallmaßnahmen im Vordergrund, bevor weitere Informationen zusammengetragen werden können.
Die Flüssigkeitsgabe kann bei älteren Patienten ein zweischneidiges Schwert sein, da diese Patientengruppe mit höherer Wahrscheinlichkeit unter einer Herzinsuffizienz oder hepatorenalen Störungen leidet, wodurch sich das Risiko einer Volumenüberlastung im Vergleich zu jüngeren Menschen erhöht. Bei einer Hypotonie empfiehlt sich eher die häufigere Gabe kleiner Flüssigkeitsportionen als ein aggressives Flüssigkeitsmanagement. Zudem sollte dann der Volumenstatus durch körperliche Untersuchungen sowie radiologische oder sonografische Bildgebung wiederholt bestimmt werden.
Bei stabilen Patienten war bislang das Schmerzmanagement ein viel diskutiertes Thema. Normalerweise sind Ärzte sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, Bauchschmerzpatienten mit Opioiden zu behandeln, da sie eine Maskierung der Symptomatik befürchten. In einer Metaanalyse von randomisierten kontrollierten Studien konnte jedoch gezeigt werden, dass Opioide die Schmerzlinderung bewirken, ohne sich negativ auf die klinischen Entscheidungsprozesse auszuwirken [17].
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Marjorie Kamys Cotera/Bob Daemmrich Photography / Alamy Stock Photo
Ein nicht unerheblicher Teil der älteren Menschen, die wegen Bauchschmerzen Hilfe suchen, muss operiert werden. Die häufigsten OP-Indikationen bei einer Untersuchung an 456 älteren Patienten mit Bauchschmerzen waren Cholezystitis, inkarzerierte Hernie, tumorbedingte Operationen sowie Appendizitis [18]. In der gleichen Studie wurde gezeigt, dass die folgenden Faktoren mit einer erhöhten Mortalität in Zusammenhang stehen [18]:
Wie bereits erwähnt, ist das differenzialdiagnostische Spektrum für Bauchschmerzen sehr breit. Besonders bei älteren Patienten gibt es einige „nicht zu übersehende“ Diagnosen, von denen wir nun auf den kommenden Seiten 10 vorstellen möchten.
Die intraoperative Aufnahme (s. Abb.) stammt von einem Patienten mit Cholezystitis einer inkarzerierten Gallenblase. Die 10-ml-Spritze im Bild dient dem Größenvergleich.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus To H, Brough S et al. BMC Surg. 2015;15:72. [Open access.] PMID: 26063048, PMCID: PMC4464702
Bauchaortenaneurysma
Inzidenz und Mortalität des Bauchaortenaneurysmas nehmen mit dem Alter zu. Eine Untersuchung aus dem Jahre 2014 wies trotz operativer Versorgung eine 30%ige Mortalität bei Aneurysmaruptur aus, wobei es keinen Unterschied zwischen einem offenen oder einem endovaskulären Vorgehen gab [19].
Die Klinik eines rupturierten Bauchaortenaneurysmas hängt von der Lokalisation und der Art der Ruptur ab [20]. Die intraperitoneale Ruptur führt fast immer zum raschen Ausbluten mit Todesfolge. Zum Glück ereignen sich jedoch etwa 80% der Fälle retroperitoneal und ein kleiner Prozentsatz bildet eine aortokavale oder aortoduodenale Fistel aus. Retroperitoneale Blutungen sind zeitweilig tamponiert oder für Tage oder auch Wochen „versiegelt“. Dies macht das Beschwerdebild zusätzlich undeutlich, da der Patient von tage- oder wochenlangen Beschwerden spricht und nicht von einem kurz zuvor erlebten plötzlichen Einsetzen. Statt Schmerzen oder Synkopen zu beschreiben, können die Patienten bei der tamponierten Aneurysmaruptur neurologische Beschwerden in Abhängigkeit vom Hämatom und/oder Schmerzen in der Leiste oder im Hoden angeben oder auch einen Verschlussikterus aufweisen [20].
Das CT mit Kontrastmittel (s. Abb.) zeigt ein asymptomatisches Bauchaortenaneurysma bei einem älteren Mann. An der Aneurysmawand und in der distalen Aorta sind atherosklerotische Plaques zu erkennen (a).
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Duggirala A, Delogu F et al. Front Genet. 2015;6:125. [Open access.] PMID: 25883602, PMCID: PMC4381652
Die klassische Trias des Bauchaortenaneurysmas aus Hypotonie, Rückenschmerzen und pulsierender Masse findet sich nur in 25–50% der Fälle [20] Es gilt also immer an die Möglichkeit eines solchen Aneurysmas zu denken, da die körperliche Untersuchung in diesen Fällen zu wenig aussagekräftig ist und die Mortalität bei verzögerter Diagnose steil ansteigt.
Ein instabiler Patient mit Verdacht auf ein Bauchaortenaneurysma muss notfallmäßig von einem Chirurgen untersucht werden. Zudem werden ein großvolumiger Zugang gelegt und Blutkonserven geordert. Eine präoperative Hypotonie kann toleriert werden, da dies aufgrund des geringeren Drucks auf die Ruptur selbst mit einem besseren Outcome verbunden ist [21].
Aufgrund der großen klinischen Variabilität des Bauchaortenaneurysmas und der mit dem Alter zunehmenden Gefährdung sind bei älteren stabilen Patienten mit entsprechendem Verdacht bildgebende Verfahren indiziert. Der Bedside-Ultraschall verfügt über die ausreichende Sensitivität und Spezifität zur Evaluation eines Bauchaortenaneurysmas und verkürzt den diagnostischen Prozess [22]. Allerdings lassen sich retroperitoneale Rupturen damit nicht immer entdecken. Bei stabilen Patienten kann zur Diagnosefindung eine CT-Angiografie durchgeführt werden [21].
Die 3D-CT-Rekontruktion macht ein infrarenales Bauchaortenaneurysma sichtbar (Pfeile).
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Bakerstmd
Akuter Mesenterialinfarkt
Der akute Mesenterialinfarkt ist ein weiterer vaskulärer Notfall, der sich typischerweise durch Bauchschmerzen bemerkbar macht und der umgehenden Diagnostik und Therapie bedarf, da er mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden ist [1]. Das Mesenterium erfährt dabei einen plötzlichen Durchblutungsstopp mit folgender Ischämie oder Infarzierung. Gründe sind zumeist eine Embolie oder eine Thrombose sowie mitunter eine globale Hypoperfusion etwa im Rahmen eines Schocks. Es handelt sich um ein seltenes Krankheitsbild, das jedoch mit einer hohen Mortalität verbunden ist, die in manchen Untersuchungen bei über 50% liegt [1]. Der akute Mesenterialinfarkt tritt meist bei Älteren auf [1,23]. Ein ausgedehntes Review an insgesamt über 1100 Patienten ermittelte ein Durchschnittsalter von 66,2 Jahren [23].
Das klassische klinische Erscheinungsbild ist der akut einsetzende Bauchschmerz bei bestehendem Thromboembolierisiko (z.B. Patienten mit Vorhofflimmern oder künstlicher Herzklappe). Doch im selben Review wurde nur für 35,2% der Patienten ein Vorhofflimmern in der Anamnese bestätigt, und es verfügten sogar nur 3,1% über eine künstliche Herzklappe [23]. Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sind recht unspezifische Beschwerden wie auch das klassische Merkmal der Bauchschmerzintensität, die nicht zum Untersuchungsbefund passen will [1].
Die Abbildung zeigt das präoperative Multidetektor-CT in der Frontalebene (A) und die intraoperative Aufnahme (B) einer Mesenterialvenenthrombose bei einem Patienten mit akutem Mesenterialinfarkt.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Reginelli A, Iacobellis F et al. BMC Surg. 2013;13 suppl 2:S51. [Open access.] PMID: 24267670, PMCID: PMC3850956
Ohne eine pathognomische Anamnese oder körperliche Befunde ist der akute Mesenterialinfarkt eine diagnostische Herausforderung, vor allem im Hinblick auf ältere Patienten [1]. Die tatsächliche Inzidenz bei geriatrischen Patienten wird womöglich auch unterschätzt [24]. Ein erhöhter Laktatwert ist auch ein klassischer Indikator, doch macht er sich erst in einem späten Stadium des akuten Infarktes bemerkbar.
Das CT-Angiogramm ist in den meisten Fällen das Diagnoseinstrument der Wahl, wobei sowohl die arterielle als auch die venöse Phase des Kontrastmitteldurchlaufes für eine optimale Evaluation des Mesenterialinfarktes erforderlich sind [1]. Der klinische Verdacht sollte auf dem Anforderungsschein angegeben werden, da sich dadurch der radiologische Befundungsprozess nachweislich verbessert. Daher ist es auch ganz wichtig, dass der anfordernde Arzt den Mesenterialinfarkt nicht nur in die Liste der möglichen Differenzialdiagnosen aufnimmt, sondern auch die konkreten Überlegungen dem Radiologen vermittelt [25].
Die Behandlung des Mesenterialinfarktes macht immer einen Eingriff erforderlich. Wie bei jedem ischämischen Prozess ist die vergangene Zeit bis zur definitiven Behandlung ganz entscheidend. Sobald der Verdacht auf einen akuten Mesenterialinfarkt besteht, sollte ein Chirurg hinzugezogen werden. Es wird noch dabei diskutiert, ob die offene Vorgehensweise oder die perkutane transluminale Angioplastie (PTA) mit Stenteinlage die bessere Behandlung ist, doch aktuell sieht es so aus, als wäre das chirurgische Vorgehen bei Verdacht auf eine Darmischämie das geeignetere Verfahren [23].
Das CT in der Abbildung zeigt eine Darmischämie aufgrund einer Thrombose der V. mesenterica superior. Man erkennt die verdickten Darmwände der dilatierten Schlingen (Pfeil).
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Dr. James Heilman
Appendizitis
Die Appendizitis ist ein gut untersuchtes Beispiel dafür, wie sich die klinische Ausprägung eines Krankheitsbildes durch das Alter verändern kann, was häufig zu einer verzögerten Diagnostik und Therapie führt [1,6,26]. Obwohl die Erkrankung häufiger bei jüngeren Menschen vorkommt, ist sie bei älteren nicht selten und steht für etwa 10% der chirurgischen Erkrankungen bei geriatrischen Patienten mit Bauchschmerzsymptomatik [18]. Die Appendizitis ist in dieser Patientengruppe sogar die dritthäufigste chirurgische Indikation [1,6].
Ältere Patienten mit Appendizitis weisen häufiger Perforationen auf und haben eine höhere Mortalität als jüngere Vergleichsgruppen [27]. Eine retrospektive Untersuchung, welche die Outcomes in einer Gruppe über 80-Jähriger mit denen einer Gruppe 60–79-jähriger Patienten verglich, stellte fest, dass die postoperative Morbidität und Mortalität in der Gruppe mit den älteren Patienten höher war [26].
So ist es bei älteren Patienten nicht nur wahrscheinlicher, dass sie eher später im Krankheitsverlauf um Hilfe nachfragen, sondern auch dass sich häufiger Komplikationen wie Abszess oder Phlegmone einstellen, die auch mit einer höheren Mortalität verbunden sind. Bei einer Untersuchung zeigten 18% der Appendizitispatienten über 60 einen komplizierten Verlauf, was gegenüber jüngeren Patienten einer Risikoerzunahme um das 12-Fache entspricht [29].
Die Abbildung zeigt den Situs bei ausgedehnter Appendixperforation an der Zäkumbasis.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Wong CS, Naqvi SA. World J Emerg Surg. 2011;6:36. [Open access.] PMID: 22053953, PMCID: PMC3253676
Das klinische Erscheinungsbild der Appendizitis ist bekannt: Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen, die periumbilikal beginnen und in den rechten unteren Quadranten wandern [30]. Häufige Begleitbeschwerden sind Übelkeit, Erbrechen und Fieber. Leider zeigen nicht alle Appendizitispatienten diese klassischen Merkmale. Einige Single-Center-Studien belegen, dass sich ältere Patienten später vorstellen und dabei eine weniger typische Symptomatik zeigen als die jüngeren [1,6,26].
Bildgebende Verfahren sind bei älteren Patienten mit Verdacht auf eine Appendizitis angemessen, da Anamnese und körperliche Untersuchung oftmals keinen ausreichenden Aufschluss geben und auch die Laborparameter besonders im Frühstadium unauffällig sein können. Auch wenn die Sonografie bei Appendizitisverdacht hilfreich sein kann, ist doch das CT die sensitivere und auch spezifischere Methode, die nachweislich zu weniger unnötigen Appendektomien führt [31].
Alle Patienten mit akuter Appendizitis sollten zunächst völlig nüchtern bleiben und einem Chirurgen vorgestellt werden. Es laufen weiterhin Forschungen zur rein konservativen, antibiotischen Therapie der unkomplizierten Appendizitis, doch werden ältere Patienten dabei meist ausgeschlossen [32]. Solange nicht mehr Daten zur Verfügung stehen, wird die akute Appendizitis in den meisten Fällen und besonders bei Älteren chirurgisch versorgt (offen oder laparoskopisch).
Die CT-Aufnahme zeigt eine entzündete Appendix (Pfeil).
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Spangler R, Van Pham T et al. Int J Emerg Med. 2014;7:43. [Open access.] PMID: 25635203, PMCID: PMC4306086
Pankreatobiliäre Erkrankungen
Pankreatitis
Die akute Pankreatitis ist bei geriatrischen Patienten 200-mal häufiger und mit einer höheren Morbidität verbunden als in der übrigen Bevölkerung, wobei ein Drittel der Fälle Patienten über 65 betrifft und die Mortalität bei 25% liegt (gegenüber sonst 5–10%) [33]. Bei älteren Patienten finden sich etwas andere Ursachen der Pankreatitis als bei jüngeren. Es gibt weniger Fälle, die auf direkten Alkoholeinfluss zurückzuführen sind, dafür mehr, deren Ursache Gallensteine, Medikamente, Krebs und Hyperlipidämien sind.
Wenngleich das klassische klinische Bild von epigastrischen Schmerzen bestimmt wird, die in den Rücken ausstrahlen, und von Übelkeit, Erbrechen und Dehydrierung begleitet werden, zeigen etwa 10% der geriatrischen Patienten stattdessen eine Hypotonie und einen veränderten Geisteszustand [1,6].
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Bruce Blaus
Dieses CT wurde bei der Aufnahme eines Patienten mit schwerer akuter Pankreatitis angefertigt. Anamnestisch erfuhr man, dass in den letzten 6 Monaten ein exzessiver Alkoholmissbrauch stattgefunden hatte. Man beachte das peripankreatische Ödem und die Verdickung der Fascia renalis (Gerota-Faszie) auf der linken Seite.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Leppaniemi A, Mentula P et al. World J Emerg Surg. 2008 Jan 30;3:6. [Open access.] PMID: 18234076, PMCID: PMC2266717
Erkrankungen der Galle
Erkrankungen der Gallenblase und der Gallenwege und besonders die akute Cholezystitis sind die häufigsten chirurgischen Notfälle bei älteren Menschen [1,6]. Aufgrund der zahlreichen physiologischen Veränderungen werden sie mit zunehmendem Alter allgemein häufiger. So haben ältere Patienten häufiger Gallensteine, häufiger Pigmentsteine, einen größeren Ductus choledochus, einen dilatierten Ductus pancreaticus, eine geringere Gallenblasenmotilität, eine höhere Lithogenität der Galle sowie erhöhte Amylase- und Lipasewerte [34]. Diese und auch andere Veränderungen prädisponieren ältere Personen zur Cholezystitis, Cholangitis und zur lithogenen Pankreatitis.
Die Anamnese des Patienten kann diagnostisch wegweisend in Richtung einer biliären Erkrankung sein, wenn es Hinweise auf eine frühere Cholelithiasis, frühere pankreatitische Episoden, eine kürzliche ERCP-Untersuchung (endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikografie) oder andere Eingriffe gegeben hatte. Gallensteinleiden sind bei Älteren mit einer Häufigkeit von etwa 14–27% recht häufig [33,34].
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Bruce Blaus
Die klassischen Befunde bei einer obstruktiven Cholezystitis aufgrund von Gallensteinen, wie Fieber, Erbrechen und Murphy-Zeichen (inspiratorische Schmerzen bei Palpation des rechten oberen Quadranten) können bei älteren Menschen zu finden sein, aber auch gänzlich fehlen [1,6]. Bis zu 40% der Betroffenen weisen weder Fieber noch Übelkeit oder Erbrechen auf [1,6]. Auch stößt man bei Älteren seltener auf Schmerzen im rechten oberen Quadranten. Bei einer Untersuchung beklagten 27% der entsprechenden Patienten über 70 keine Schmerzen in diesem Bereich [35].
Eine akalkulöse Cholezystitis kommt vornehmlich bei schwer kranken älteren Patienten vor und tritt typischerweise im Rahmen einer mesenterialen Vasokonstriktion, bei Hungerzuständen und bei hämodynamischer Instabilität auf [34].
Im Ultraschall eines Patienten mit akuter Cholezystitis (s. Abb.) ist ein großer Gallenstein mit deutlichem umgebenden Ödem erkennbar.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Spangler R, Van Pham T et al. Int J Emerg Med. 2014;7:43. [Open access.] PMID: 25635203, PMCID: PMC4306086
Bei der akuten Cholangitis handelt es sich um eine bakterielle Infektion, die meist ihren Ursprung in einer Choledocholithiasis hat, welche wiederum besonders bei Älteren die Komplikation einer akuten Cholezystitis sein kann [1,6,36]. Die klassische Klinik einer akuten aszendierenden Cholangitis besteht aus Fieber, Ikterus und Schmerzen im rechten oberen Quadranten (Charcot-Trias). Bei älteren Patienten kann die Symptomatik jedoch aus einer Sepsis bei zugleich veränderter psychischer Verfassung bestehen, sei es mit oder ohne Charcot-Trias (nach Reynolds wird aus der Charcot-Trias plus geänderter psychischer Verfassung plus Hypotonie die „Pentalogie von Reynolds“) [36].
Im oberen CT sieht man den Verschluss des Ductus choledochus durch einen Stein. Das untere CT zeigt einen auf 1 cm geweiteten Ductus choledochus im Glisson-Dreieck.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Dr. David Schwartz, New York University Hospital
Relevante Laborparameter bei Verdacht auf eine biliäre Erkrankung sind die Leber- und die Pankreaswerte. Eine Kombination erhöhter Werte für ALT, AST und Bilirubin spricht für Cholestase und Obstruktion [36].
Die bildgebenden Verfahren sind ein Kernelement in der Diagnostik biliärer Erkrankungen. Nichtinvasive Methoden wie Ultraschall, CT und MRT limitieren den Einsatz invasiver Techniken wie etwa der ERCP zur Diagnosesicherung. Der Ultraschall gilt gemeinhin als Methode der Wahl bei Verdacht auf eine Cholezystitis. Allerdings wies eine Studie aus dem Jahre 2015 für das CT eine höhere Sensitivität nach, während sich der Ultraschall bei der Diagnose der Cholelithiasis als sensitiver erwies [37]. Das CT hat für die ältere Patientengruppe noch weitere Vorteile: Es ist im Vergleich zur Sonografie weniger von der Erfahrung des Untersuchers abhängig und ermöglicht zugleich auch die Suchen nach weiteren Pathologien jenseits der Gallenwege.
Das Ultraschallbild auf der linken Seite (s. Abb.) zeigt eine Gallenblase mit verdickter Wandung ohne Nachweis von Gallensteinen. Die intraoperative laparoskopische Aufnahme rechts zeigt die nekrotische Gallenblase desselben Patienten.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Sahebally SM, Burke JP et al. J Med Case Rep. 2011;5:551. [Open access.] PMID: 22081944, PMCID: PMC3227694
Die definitive Therapie der Cholezystitis ist die Cholezystektomie – unabhängig davon ob Gallensteine im Spiel sind oder nicht. Wie erwähnt ist die Cholezystitis die häufigste operativ behandelbare Bauchschmerzursache bei älteren Patienten, die bis zu 32% der chirurgischen Ursachen ausmachen kann [18]. Auch die perioperative Morbidität und Mortalität ist mit bis zu 19% in dieser Population höher als bei jüngeren Patienten, was auch für die Gefahr von Sepsis und gangränösen Veränderungen gilt [33].
Die Cholangitis lässt sich häufig bei älteren Patienten besser per ERCP behandeln als bei jüngeren. Dieses endoskopische Vorgehen ist mit einer geringeren Morbidität und Mortalität behaftet als der perkutane oder chirurgische Behandlungsweg. Die Morbidität beim offen chirurgischen Vorgehen beträgt 88% und bei der Endoskopie 6% [38].
Die Abbildung zeigt eine intraoperative laparoskopische Cholezystektomie mit Darstellung des Ductus cysticus und der A. cystica.
Intestinale Notfälle
Ältere Patienten haben häufiger Dünndarm- und auch Dickdarmobstruktionen als jüngere [1]. Zum Teil ist dies auf die höhere Wahrscheinlichkeit zurückzuführen, dass bereits eine Bauch-OP erforderlich gewesen ist, die zu Adhäsionen und Hernien prädisponiert (Dünndarmobstruktion), und dass der Anteil von Kolonkarzinom- und Volvoluspatienten höher ist, was zur Dickdarmobstruktion prädisponiert [1,2,6]. Ältere Menschen haben zudem ein höheres Divertikuloserisiko, was auch die Gefahr einer Divertikulitis ansteigen lässt. Somit gehören die Darmerkrankungen natürlich mit auf die Liste der möglichen Differenzialdiagnosen, wenn sich ein älterer Mensch bei ihnen mit Bauchschmerzen vorstellt.
Das Röntgen wird oft zum Screening eines Darmverschlusses eingesetzt, doch ist es weder besonders sensitiv noch sonderlich spezifisch. Bei einer Studie an 142 Patienten mit Darmverschluss konnten nur 62,5% anhand einer konventionellen Röntgenaufnahme diagnostiziert werden. Die Lokalisierung war in keinem der Fälle möglich [39]. Das CT hingegen vermag einen Verschluss wesentlich sicherer zu identifizieren und zu lokalisieren und kann zudem assoziierte Pathologien aufdecken (z.B. große Tumoren, Abszesse, Divertikulitis) [40,41].
Die Abbildung zeigt den Situs eines Patienten mit Darmverschluss und multiplen, großen Divertikeln, die dem Mesenterialrand des Jejunums entspringen.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Falidas E, Vlachos K et al. World J Emerg Surg. 2011;6(1):8. [Open access.] PMID: 21385440, PMCID: PMC3061903
Dünndarmverschluss
Der Dünndarmverschluss ist wesentlich häufiger als der Dickdarmverschluss – das gilt sowohl für ältere als auch für jüngere Patienten. Bei Älteren ist der Dünndarmverschluss nach der Appendizitis der zweithäufigste übersehene chirurgische Notfall [1,6].
Ein solcher Verschluss macht sich klinisch mit Bauchschmerzen, aufgetriebenen Abdomen, Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung bemerkbar [1,6]. In der Vorgeschichte der Patienten finden sich oft Bauch-OPs. Doch auch ohne eine solche Vorgeschichte besteht vor allem für ältere Menschen ein erhöhtes Risiko mit Stuhlverhalt, Divertikulose und Malignomen als möglichen Ursachen eines Dünndarmileus [42].
Bei der körperlichen Untersuchung sind hochfrequente oder fehlende Darmgeräusche und ein aufgetriebenes Abdomen typisch, aber ohne Beweiskraft, sodass die Diagnose letztlich doch in der Regel durch bildgebende Verfahren gesichert wird [43].
Beide Abbildungen stammen vom selben Patienten wie die vorherige Abbildung. Auf der Abdomenübersichtsaufnahme links erkennt man aufgeblähte Dünndarmschlingen und Spiegelbildung. Das rechte CT nach Dünndarmeinlauf macht multiple und dilatierte Jejunumdivertikel sichtbar.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Falidas E, Vlachos K et al. World J Emerg Surg. 2011;6(1):8. [Open access.] PMID: 21385440, PMCID: PMC3061903
Dickdarmverschluss
Der Dickdarmileus ist weitaus seltener als der Dünndarmileus und steht für knapp 20% der Darmverschlüsse in der Allgemeinbevölkerung. Die drei wichtigsten Ursachen sind Malignome, Divertikulitis und Volvolus. Alle sind bei älteren Personen häufiger als bei jüngeren [42]. Bei bis zu 50% der Betroffenen kommt es weder zu Erbrechen noch zur Verstopfung, doch etwa 20% bekommen eine Diarrhö [1,6].
Das diagnostische Vorgehen und die Therapie ähneln sehr denen des Dünndarmverschlusses, wenngleich die definitive Therapie von der Ursache abhängt. Im Allgemeinen sieht der klinische Ansatz die rasche Abklärung und die umgehende chirurgische Konsultation vor, begleitet von einer Volumentherapie und einer breiten präoperativen antibiotischen Abdeckung (ausgehend von der mutmaßlichen Ursache) [41].
Die Stehendaufnahme des Abdomens links zeigt multiple Spiegelbildung und überdehnte Darmschlingen bei einem Patienten mit Dickdarmverschluss. Die Abdomenübersichtsaufnahme rechts im Liegen zeigt dilatierte Schlingen beim selben Patienten.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Dr. James Heilman
Volvulus
Der Volvulus ist eine Verdrehung des Darmes um sein Mesenterium [44]. Am häufigsten ist davon das Colon sigmoideum betroffen (80%), was vor allem auf Ältere zutrifft, doch können auch das Zäkum oder das Colon transversum betroffen sein [6]. In den USA wird der Volvolus für gut 31% aller Darmverschlüsse verantwortlich gemacht, doch ist er in anderen Teilen der Welt noch häufiger [45].
Beim Volvolus des Sigmoids (s. Abb.) setzen die Bauchschmerzen nach und nach ein. Im Allgemeinen handelt es sich um einen bereits chronisch kranken und schwachen Patienten. Der Volvolus des Zäkums hingegen macht sich meist plötzlich bemerkbar und erfordert die umgehende chirurgische Intervention [1,6]. Unbehandelt führt der Volvolus zur Darmwandischämie und zur Perforation.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Spangler R, Van Pham T et al. Int J Emerg Med. 2014;7:43. [Open access.] PMID: 25635203, PMCID: PMC4306086
Divertikulose und Divertikulitis
Die Divertikulose stellt eine Ausstülpung der Kolonmukosa durch Schwachstellen in der Darmwand dar.[46] Sie ist in den westlichen Staaten häufiger und betrifft oft ältere Menschen (Alter über 70: > 60%, Alter über 80: etwa 80%) [1,47]. Etwa 10–20% der Divertikelträger entwickeln eine Divertikulitis, bei der sich ein oder mehrere Divertikel entzünden und zu einer kotigen Peritonitis führen können [1,48].
Die Divertikulose und somit auch die Divertikulitis betreffen am häufigsten das Sigmoid, doch kann grundsätzlich jeder Kolonabschnitt befallen sein. Eine asymptomatische Divertikulose wird meist als Zufallsbefund bei einer Koloskopie festgestellt. Im CT kann einem Divertikulitisverdacht nachgegangen werden. Auch die Bestätigung der Diagnose sowie die Klassifizierung des Erkrankungsausmaßes sind mit ihr möglich [48].
Die Divertikulitis wird gewöhnlich in „unkompliziert“ und „kompliziert“ unterteilt, wobei „unkompliziert“ bedeutet, dass eine konservative Therapie mit Darmruhe und Antibiose möglich ist. Die „komplizierte“ Divertikulitis steht für eine Abszessbildung oder Perforation, was beides praktisch immer der chirurgischen Versorgung bedarf [48,49].
Im CT links sieht man eine Divertikulose mit verdickter Darmwand, streifiger Verdichtung des umgebenden Fettgewebes, perikolischer Flüssigkeitsansammlung und Luftblasen. Die endoskopische Aufnahme im rechten Bildabschnitt zeigt die Divertikulose bei einem anderen Patienten.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus (links) Sartelli M, Moore FA, Ansaloni L et al. World J Emerg Surg. 2015;10:3. [Open access.] PMID: 25972914, PMCID: PMC4429354 und (rechts) Wikimedia Commons/Samir
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