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Interessenkonflikte


Autor

Sonja Böhm
Chefredakteurin Medscape Deutsche Ausgabe

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Blick zurück ins Jahr 2016: Die interessantesten Themen aus der Medizin und Gesundheitspolitik

Sonja Böhm  |  8. Dezember 2016

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Es gab viel Politisches, was die Medizin- und Gesundheitsthemen im Jahr 2016 beeinflusst hat – ob Flüchtlinge, Brexit oder Terrorattacken, eHealth- und neues Cannabis-Gesetz, oder Transparenzkodex. Aber auch Medizinisches kam nicht zu kurz: Diskussionen um die Blutdruck-Ziele nach der SPRINT-Studie oder um die Rolle der Statine. Neue Antidiabetika können mehr als Blutzucker-Kosmetik, Fachgesellschaften widmen sich zunehmend der Über- und Unterversorgung – und schließlich entdeckt die Medizin mehr und mehr die segensreichen Wirkungen von (Ausdauer)-Training. Lesen Sie unsere ganz persönliche Auswahl der Highlights des Jahres 2016 in der Medizin.

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Übergriffe und Terrorattacken – neue Herausforderungen für die Medizin

In der Bevölkerung steigt 2016 die Angst vor Übergriffen und Terrorattacken. Es beginnt bereits in der Silvesternacht in Köln und anderen deutschen Städten. Nach den dortigen Übergriffen boomt der Verkauf von Pfeffersprays – deren Anwendung erfordert auch neue Kenntnisse bei den Ärzten.

Es folgen im März Anschläge auf den Flughafen und die Metro in Brüssel. Der französische National-Feiertag endet in Nizza mit einem Desaster. 86 Todesopfer sind nach der Amokfahrt auf der Promenade des Anglais zu beklagen. Kritik an der Effizienz der dortigen Notfallversorgung wird laut – einige Opfer mussten wohl bis zu eine Stunde warten, bis die Rettungskräfte kamen.

In Deutschland hat man dies besser im Griff, wie dann – tragischerweise – nur wenige Tage später der Amoklauf in München deutlich macht. Terroranschläge und Amokläufe sind eine völlig neue Herausforderung für die Notfallmedizin und die Einsatzkräfte. Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und die Bundeswehr haben als Reaktion einen 5-Punkte-Plan entwickelt, der Ärzte und Kliniken in Deutschland besser auf die Versorgung von Terror-Opfern vorbereiten soll.

Amokläufe und Terroranschläge belasten auch Notärzte und Sanitäter. Ein Teil der Helfer entwickelt in der Folge Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) oder Depressionen. Hier sind neue Ansätze der Prävention gefragt.

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Tod nach Medikamenten-Test: EMA passt Richtlinien an

Das Jahr 2016 beginnt außerdem mit einem beispiellosen Desaster bei einer Medikamenten-Studie in Frankreich: Ein junger Mann ist tot, 3 haben Hirnschäden erlitten. Der Hersteller Bial, er gilt als das „Flaggschiff der portugiesischen Pharmaindustrie“, war Auftraggeber der klinischen Phase-1-Studie, die vom französischen Unternehmen Biotrial durchgeführt wurde. Getestet wurde ein Inhibitor des körpereigenen Enzyms Fettsäureamid-Hydrolase (FAAH), das den Abbau von Endocannabinoiden vermittelt. Von der Enzymhemmung verspricht man sich u.a. eine schmerzstillende Wirkung.

Auch in Deutschland hat es zu diesem Zeitpunkt bereits 7 klinische Prüfungen mit anderen FAAH-Hemmern gegeben, wie das BfArM mitteilt. Sie verliefen ohne schwere Zwischenfälle.

Im November 2016 veröffentlichen die französischen Untersucher dann die Ergebnisse ihrer Analysen im NEJM. Es sei bei den Probanden aufgrund eines verminderten Abbaus zu einer Akkumulation des Wirkstoffes gekommen, berichten sie. Als Konsequenz überarbeitet die EMA nun ihre Richtlinien für „First in Human“-Studien. In Zukunft sollen pharmakokinetische und -dynamische Daten stärker berücksichtigt werden.

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Neue Mitbürger, neue Krankheiten – und Diskussion um die Abrechnung

Flüchtlinge waren 2016 ebenfalls ein großes Thema – auch für Ärzte. Mit den Zuwanderern kommen auch Krankheiten nach Deutschland, die hiesige Mediziner oft nur noch aus dem Studium kennen, etwa die Tuberkulose. Das Cochrane Netzwerk bietet zu 5 Themen, die bei diesen Patienten häufig sind, evidenzbasierte Empfehlungen im Internet an. Münchner Mediziner haben zudem eine ungewöhnliche Pneumonitis-Ursache bei Flüchtlingen aufgedeckt: Diese erhielten von Schleusern bei der Überfahrt ein Wasser-Benzin-Gemisch zum Trinken, um sie ruhig zu stellen. Folge war eine chemisch induzierte Lungenentzündung, an der sogar einer der Patienten starb.

Auch die Krankheitslast an psychiatrischen Erkrankungen ist bei Migranten hoch. Warum und was man in diesen Fällen tun kann, erläuterte PD Dr. Iris Tatjana Graef-Calliess auf dem Europäischen Psychiatriekongress.

Derweil gibt es auch Diskussionen, um die Abrechnung der ärztlichen Leistungen für Asylbewerber. Am einfachsten wäre die eGK für Flüchtlinge – das sogenannte „Bremer Modell“. Der Ärztetag 2016 forderte sie für alle Flüchtlinge – doch viele Kommunen stemmen sich dagegen. Sie befürchten zu hohe Kosten. Da wundert die Aufregung nicht, für die Berichte sorgten, nach denen in Rheinland-Pfalz Ärzte in Erstaufnahmeeinrichtungen für eine Sprechstunde bis zu 200 Euro erhalten.

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Das eHealth Gesetz: Nicht gehaltene Deadlines und ein „schlechter Scherz“

Seit Anfang 2016 gilt zudem das neue eHealth-Gesetz – es regelt vor allem die Deadlines für verschiedene Entscheidungen. Der wohl wichtigste – und zugleich schwierigste – Bestandteil des Gesetzes ist die Installation einer bundesweiten Telematik-Infrastruktur durch die Gesellschaft für Telematik (gematik). Und tatsächlich verzögert sich die eGK-Einführung erneut, wie im Mai deutlich wird.  Die KBV fühlt sich unschuldig und wehrt sich gegen die im Gesetz verankerte Budgetkürzung als Sanktion.

Was dann aber im Oktober kommt, ist der Medikationsplan – allerdings vorerst nur in Papierform, wie  Experten beklagen. Ärztevertreter bezeichnen ihn gar als „schlechten Scherz“ – sie  kritisieren „falsche Systematik“, aber vor allem die Honorierung und fordern mehr Geld für Erstellung und Pflege des Planes. Er gilt für Patienten, die 3 oder mehr Medikamente verordnet bekommen haben – die AOK geht von rund 20 Millionen Patienten aus.

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Ein Virus bringt Olympia in Gefahr – und fördert den Kondom-Umsatz

Eine Stechmücke, Aedes aegyptii, und ein Virus, das diese Mücke überträgt, beschäftigt 2016 Experten weltweit. Schon zum brasilianischen Karneval gibt es erste Reisewarnungen für Schwangere. Im Februar und März erhärten sich die Hinweise, dass die Infektion mit Zika-Viren bei ungeborenen Kindern zur Mikrozephalie führt – auch das Robert-Koch-Institut hält die Beweisführung für schlüssig.

Bedenken kommen auf, ob durch die Olympiade eine weltweite Ausbreitung droht. Doch die WHO lehnt die Verschiebung der Spiele ab. Für die Urlaubssaison gibt es Warnungen, der Erreger könne sich auch in Südeuropa ausbreiten. Die Gefahr scheint umso größer, da nun erste Fälle von sexueller Übertragung bekannt werden. Die Olympiade findet statt – begleitet von Sicherheitsempfehlungen für Athleten und Besucher, die Mückenschutz, helle Kleidung und „Safer Sex“ beinhalten.

Gegen Ende des Jahres legt sich die Zika-Hysterie wieder. Es ist durch Olympia nicht zur weltweiten Zika-Epidemie gekommen. Allerdings breitet sich das Virus weiter aus – unter anderem auch in den südlichen Bundestaaten der USA. Die EMA versichert jedoch, dass Arzneimittel auf Plasma- und Urinbasis „Zika-sicher“ sind.

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„Choosing wisely“ – Immer mehr Initiativen gegen Über- und Unterversorgung

Die „Choosing wisely“, auf deutsch „Klug entscheiden“, -Initiative nimmt auch in Deutschland Fahrt auf. Immer mehr Fachgesellschaften schließen sich der Initiative der DGIM (Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin) an und veröffentlichen ihre eigenen „To-do-“ und „Not-to-do“ Listen. Die Endokrinologen haben ein 10-Punkte Programm aufgestellt, in dem es um Kortison- und Testosteron-Verordnungen, um Osteoporose, Schilddrüse und Diabetes geht. Die Orthopäden stellen „Shared Decision Making“ – also die Beteiligung der Patienten in den Mittelpunkt – auch, wenn es um die Entscheidung zur Endoprothetik geht.

Die Rheumatologen haben eine Liste mit Positiv- und Negativempfehlungen erstellt und richten sich speziell auch an fachfremde Kollegen, etwa wenn es um die Beurteilung und Diagnostik bei Rückenschmerzen geht. 5 ihrer Empfehlungen adressieren dabei auch die Unterversorgung.

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Neue Antidiabetika mit Zusatzschutz – Hoffnung auf das „Dream-Team“  

Diabetesmedikamente waren immer wieder dem Vorwurf der „Blutzucker-Kosmetik“ ausgesetzt. Sie würden zwar HbA1c- und Glukose-Spiegel reduzieren, aber nicht kardiovaskuläre Ereignisse, hieß es. Dieser Vorwurf kann ab 2016 endgültig ad acta gelegt werden.

Nachdem schon 2015 in der EMPA-Reg-Studie der SGLT-2-Hemmer Empagliflozin Herzinsuffizienzen und kardiovaskuläre Todesfälle reduziert hatte, zieht 2016 eine andere Wirkstoffgruppe mit gleich 2 Vertretern nach: Der GLP-1-Agonist Liraglutid senkt in der LEADER-Studie kardiovaskuläre Ereignisse und die kardiovaskuläre sowie Gesamtmortalität. Und Semaglutid, ein bislang nicht zugelassener, einmal wöchentlich zu verabreichender GLP-1-Agonist, ist in der SUSTAIN-6-Studie ähnlich erfolgreich und reduziert Infarkte und Schlaganfälle. Mittlerweile spekulieren Diabetologen bereits auf die Kombination GLP-1-Analogon plus SGLT-2-Hemmer als neues Traumpaar in der Diabetestherapie.   

Worüber die neuen Antidiabetika ihre positiven Effekte entfalten, ist noch unklar. Und einige beunruhigende Befunde schütten Wasser in den Wein: In SUSTAIN-6 war die Retinopathie-Rate unter Semaglutid erhöht, beim SGLT-2-Hemmer Canagliflozin prüft die EMA wegen erhöhter Amputationsraten, und die SGLT-2-Hemmer allgemein tragen Warnhinweise wegen der Gefahr von Ketoazidosen, Nierenversagen und Harnwegsinfekten.

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Fußball und Olympia – von Doping über Süßgetränke bis zu Kopfbällen

Gleich 2 sportliche Großereignisse hatte das Jahr zu bieten: Neben den Olympischen Spielen auch noch die Fußball-EM. Letztere machte u.a. Schlagzeilen, weil die Deutsche Diabetes Gesellschaft und die Verbraucherorganisation foodwatch Klage beim Deutschen Werberat einreichten. Sie sahen die Kindergesundheit durch die Kooperation des DFB mit Coca-Cola in Gefahr. Mit den Gesichtern der deutschen Nationalelf verlocke Coca-Cola Kinder zum Kauf ungesunder Zuckergetränke und trage damit zum Anstieg von Übergewicht und Typ-2-Diabetes bei.

Außerdem befeuert die Fußball-EM erneut die Diskussion um die Schädlichkeit von Kopfbällen – in den USA ist gar Kopfball-Spielen im Jugendsport verboten. Hiesige Experten sehen aber eher keinen Grund zur Besorgnis.

Die Olympiade 2016 war schon im Vorfeld überschattet von Doping-Vorwürfen. Vor den Auswirkungen des nicht nur im Leistungs- sondern auch im Breitensport zunehmenden Dopings, warnen deutsche Experten: Auch unter Freizeit-Sportlern nehme der Gebrauch leistungssteigernder Substanzen zu. Positives von Olympia 2016: Weder das Alter (Beispiel der Schwimmer Michael Phelps) noch überstandene Krebserkrankungen sind ein Hemmschuh bei den Spielen erfolgreich zu sein.  

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Brexit und Donald Trump – vor Risiken und Nebenwirkungen wird gewarnt

Überraschende Wählervoten in 2016 werden auch die Gesundheitssysteme in einigen Ländern durcheinanderwirbeln. Die Briten sprachen sich mehrheitlich für einen EU-Austritt aus – mit  Konsequenzen für deren eigenes Gesundheitssystem, die Forschung, die pharmazeutische Industrie und den Austausch von Ärzten und Pflegekräften sowie die Gesundheitspolitik innerhalb des Vereinigten Königreichs, der EU und auch Deutschlands. Noch ist die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) in London angesiedelt. Kommt es zum EU-Austritt, wird auch sie ihren Standort dort aufgeben und in ein EU-Mitgliedsland ziehen müssen.

In den USA wird die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten ebenfalls erheblichen Einfluss auf das dortige Gesundheitssystem haben. Er will die Gesundheitsreform wieder rückgängig machen: Trump-Care statt Obama-Care. Doch das könnte teuer werden. Es gibt Berechnungen, dass 25 Millionen Menschen ihren Versicherungsschutz verlieren und es die US-Regierung bis 2018 rund 40 Milliarden US-Dollar kosten würde, wenn alle von Trumps Vorschlägen umgesetzt würden. Schon wenige Tage nach der Wahl rudert Trump dann auch in einigen Aspekten zurück – doch nach wie vor will er einen weitreichenden Umbau, um die privatwirtschaftliche Vorsorge wieder zu stärken

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120 oder doch 140 mmHg? Blutdruck-Ziele weiter in der Diskussion

Die Publikation der SPRINT-Studie war zwar Ende 2015 – doch die Diskussion um ihre Umsetzung und ihre Auswirkungen für die Praxis dominieren das Jahr 2016. Gilt das alte Blutdruck-Ziel von 140/90 mmHg noch? Oder sind systolische Werte unter 120 mmHg anzustreben? Wer profitiert davon? Sind bei zu starker Senkung zu viele Nebenwirkungen bei Alltagspatienten zu erwarten?

Selbst unter Experten ist man sich über die Antworten auf diese Fragen uneins. Prof. Dr. Martin Hausberg, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga, rät zumindest „in der Praxis genau zu schauen, bei welchen Patienten solch extrem niedrige Blutdruck-Zielwerte angebracht und sinnvoll sind“.  Denn eine Subanalyse suggeriert, gerade ältere Hypertoniker würden von niedrigeren Werten profitieren.

Beim europäischen Kardiologenkongress wird die SPRINT-Studie hart kritisiert – und der Senkung der Zielwerte eine Absage erteilt. Und deutsche Hochdruckexperten sehen auch durch die beim Kongress des American College of Cardiology (ACC) im März präsentierte HOPE-3-Studie die aktuellen Zielwerte bestätigt. Deren Ergebnis: Antihypertensiva zur Primärprävention lohnen nur bei wirklich erhöhtem Blutdruck – in der Studie ab einem systolischen Wert über 140 mmHg.

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Neues Cannabis-Gesetz: Kiffen aus medizinischen Gründen ist okay

Viel getan hat sich auch 2016 bei den Bemühungen, Cannabis als Medizin für Schwerkranke verfügbar zu machen. Ein Gesetz will sicherstellen, dass Patienten mit entsprechender Indikation – bei fehlenden Therapiealternativen – Cannabis in standardisierter Qualität über Apotheken erhalten. Die Kosten sollen über die Krankenkassen abgerechnet werden. Eine staatliche Cannabis-Agentur soll  den Anbau von Medizinalhanf verwalten, sie wird beim BfArM angesiedelt. Inkrafttreten soll das neue Gesetz ab 2017.

Indikationen für Cannabis als Medikament finden sich in der Palliativmedizin, bei Schmerzerkrankungen und MS sowie bei Übelkeit und Appetitlosigkeit, aber auch psychiatrischen Indikationen wie posttraumatischer Belastungsstörung oder ADHS. In Deutschland ist seit 2011 Cannabis für die Zubereitung von Arzneimitteln verkehrsfähig. Cannabishaltige Fertigarzneimittel sind somit auch derzeit verschreibungsfähig.

Was insgesamt die Frage der Liberalisierung des Umgangs mit Cannabis angeht, sind die Meinungen geteilt. Während die einen Straffreiheit beim Besitz von kleinen Mengen an Cannabis fordern, will die Drogenbeauftragte der Bundesregierung in dieser Beziehung nichts am Betäubungsmittelgesetz ändern. Auch die DGPPN wendet sich in einem Positionspapier gegen eine erhöhte Verfügbarkeit.

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Gen-Manipulation einfach gemacht – neue CRISPR-Welt braucht Regelung

Es ist eine Entdeckung, die die Medizin verändern wird wie seinerzeit das Klonen, meinen Experten: die bakterielle Genschere CRISPR-Cas9, mit der sich DNA-Sequenzen gezielt ansteuern und zerschneiden lassen. Die Entdeckerinnen, die Französin Prof. Dr. Emmanuelle Charpentier, Direktorin am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin, und die Kalifornierin Prof. Dr. Jennifer A. Doudna von der Universität Berkeley erhielten 2016 dafür den mit 100.000 Euro dotierten Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis. „CRISPR-Cas9 ist einfach zu bedienen, günstig und vielseitig“, so Charpentier.

So günstig und einfach, dass nun der Regelungsbedarf wächst. Die neue CRISPR-Cas9-Technik braucht eine breite gesellschaftliche Debatte, forderte der Deutsche Ethikrat auf seiner Jahrestagung.  So sollen genchirurgische Eingriffe in die Keimbahn beim Menschen verboten bleiben. Die somatische Gentherapie an Körperzellen mit CRISPR-Cas9 wird jedoch prinzipiell befürwortet.

„Wir werden demnächst in einer neuen CRISPR-Welt leben. Es ist ein Verfahren, das uns alle betrifft“, kommentierte Prof. Dr. Jörg Vogel, Universität Würzburg, bei der Ethikrat-Tagung.

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Plädoyer fürs Fahrrad – lebensverlängerndes Fitness-Training

Schonung war gestern – die Medizin entdeckt zunehmend Bewegung und Sport als effektive therapeutische Option. Selbst bei Herzinsuffizienz kann er laut einer Metaanalyse das Leben verlängern.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) will „den Sport in der Medizin salonfähig machen“ und wählte ihn zum Schwerpunktthema ihrer diesjährigen Tagung. Je fitter, umso geringer das Sterberisiko – dies gilt für alle Menschen, egal welche Risikofaktoren oder Vorerkrankungen sie haben, ob sie Raucher oder adipös sind, eine COPD, einen Diabetes oder hohe Cholesterinwerte haben, hieß es dort.

Schon das Fahrrad anstelle des Autos für den Weg zur Arbeit zu nutzen, bringt erstaunlich viel. „Wie lange man radelt, spielt gar keine so große Rolle … allerdings zügig sollte es sein“, kommentiert Sportmediziner Prof. Dr. Martin Halle 2 neue Metaanalysen.

Tatsächlich konnten saarländische Kardiologen in einer Trainingsstudie zeigen, dass regelmäßiger Ausdauersport Alterungsprozesse in Zellen und Organen verlangsamt. Joggen und Intervalltraining scheinen dabei dem Krafttraining deutlich überlegen zu sein.

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Transparenzkodex der Pharma-Industrie: Wer offen legt, steht am Pranger?

Seit Juni 2016 liegen die ersten Zahlen des Transparenzkodex vor: 575 Millionen Euro haben 54 Pharmafirmen im Jahr 2015 an Ärzte, Fachkreisangehörige sowie medizinische Organisationen und Einrichtungen bezahlt.  Bei Transparency International Deutschland e.V. und den MEZIS – Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte ist man jedoch skeptisch, ob die veröffentlichten Zahlen vollständig sind. Der Transparenzkodex sei eher eine „Imagekampagne für die Unternehmen und ein Versuch, ein Antikorruptionsgesetz zu verhindern“, heißt es.

Die Pharmafirmen wollen auch Ärzte namentlich nennen, die Zuwendungen von ihnen erhalten haben – vorausgesetzt, diese stimmen zu. Rund 20.000 stimmten zu, mehr als 2 Drittel lehnten ab. Doch für die Zustimmer ging der Schuss nach hinten los. Denn das Recherchebüro Correctiv und Spiegel Online bastelten aus den freiwilligen Angaben eine Datenbank, in der jedermann nach Name und Postleitzahl suchen kann, ob „sein“ Arzt Zuwendungen erhalten hat. Und die so öffentlich Gemachten fühlten sich nun aufgrund ihrer Ehrlichkeit an den Pranger gestellt.

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Statin-Therapie: Diskussion um Studienevidenz und Praxisalltag

Statine sind in der kardiovaskulären Therapie lang etabliert – aber nach wie vor in der Diskussion. Vieles davon ist 2016 wieder hochgekocht: In einem umfassenden Review in The Lancet kritisieren 28 renommierte internationale Lipidforscher, Risiken der Statin-Anwendung seien in bisherigen Publikationen oft überbetont und ihr Beitrag zur Reduktion vaskulärer Erkrankungen zu wenig gewürdigt worden. Doch nicht alle Ärzte aus der Praxis teilen diese Ansicht, sie sehen die Nebenwirkungen in den Studien eher unterrepräsentiert. 

Ein Fernsehbeitrag beim Sender Arte geht noch weiter: Dort stellt ein französischer Arzt die Sinnhaftigkeit der Statin-Therapie insgesamt in Frage. Deutsche Experten versuchen dies zurechtzurücken. Allerdings konstatieren sie unter einigen Patienten große Verunsicherung und sind entsetzt, über die unverantwortliche „Gefährdung“ durch eine solche Berichterstattung.

Auch wenn es die Cholesterinsenker schon Jahrzehnte gibt, und Hundertausende Patienten an Statin-Studien teilgenommen haben, so bleiben in der Praxis doch noch viele Fragen offen. Dies betrifft vor allem die „Grauzone“ Primärprävention, wie die umstrittene neue US-amerikanische Leitlinie dazu deutlich macht.

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