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Diese Slideshow wurde ursprünglich auf Englisch präsentiert und angepasst.
Mitarbeiterinformationen:
Autoren
Mark P Brady, MS, PA-C
Physician Assistant
Department of Emergency Medicine
Cambridge Health Alliance
Cambridge, Massachusetts
Brady MP: Es liegen keine Interessenskonflikte vor.
Michael E Schatman, PhD, CPE
Director of Research
US Pain Foundation
Bellevue, Washington;
Editor-in-Chief
Journal of Pain Research
Schatman ME: Es liegen keine Interessenskonflikte vor.
Gutachterin
Abimbola Farinde, PharmD, PhD
Faculty
Columbia Southern University
Orange Beach, Alabama
Farinde A: Es liegen keine Interessenskonflikte vor.
Redakteurin
Olivia Wong, DO
Section Editor
Medscape Drugs & Diseases
New York, New York
Wong O: Es liegen keine Interessenskonflikte vor.
Übersetzer
Markus Vieten
Arzt, Autor und Übersetzer
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Mark P Brady, MS, PA-C; Michael E Schatman, PhD, CPE | Mai 24, 2016
Die Cannabisprodukte Marihuana und Haschisch sind die verbreitetsten illegalen Rauschmittel in den USA [1]. Im globalen Maßstab ist Cannabis die am häufigsten kultivierte, gehandelte und konsumierte illegale Droge [2], über die es zugleich den ältesten dokumentierten Konsum durch den Menschen gibt. Bereits vor 5000 Jahren wurden in frühen chinesischen Texten die medizinischen Vorzüge von Extrakten aus Cannabis sativa beschrieben, wozu auch die Linderung von Schmerzen und Krämpfen gehörte, und zwar ungeachtet der psychotropen Wirkungen [3,4]. Auch in der alten Welt (z.B. altes Griechenland, römisches Reich, mittlerer Osten, nördliches Afrika) war Cannabis bekannt, und allmählich macht man sich auch in den westlichen Nationen besser damit vertraut [4].
Die Abbildung zeigt die Wirkungen des THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol) im Gehirn bei einer durch Capsaicin (rot) induzierten Hyperalgesie in der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT). THC ist der psychoaktive Bestandteil des Cannabis [2,5]. Das Capsaicin zeigt eine vom erhöhten Sauerstoffgehalt des Blutes abhängige Aktivierung (BOLD, Blood-oxygen-level-dependent) des anterioren Gyrus cinguli (oben links) und des Thalamus (unten links). Der Effekt der Interaktion zwischen dem THC und dem Capsaicin (blau) ist nur am Gyrus cinguli signifikant. Die Diagramme zeigen den Unterschied zwischen den THC-Effekten und Placebo (PLC) auf die capsaicininduzierte BOLD-Response, die als prozentuale Veränderung des BOLD-Signals zwischen der Capsaicin- (cap) und der Kontrollgruppe (con) aufgetragen ist. THC senkte im Vergleich zu Placebo die mit der Hyperalgesie verbundene BOLD-Response im anterioren Gyrus cinguli (oben rechts). Am Thalamus war eine solche Differenz nicht feststellbar. Die farbigen Balken zeigen den Z-Score-Bereich an und die weißen und schwarzen Säulen stehen für PLC bzw. THC. Die Fehlerbalken geben den Standardfehler des Mittelwertes an.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Lee MC, Ploner M et al. Pain. 2013;154(1):124-34. [Open access.] PMID: 23273106, PMCID: PMC3549497.
Marihuana bezeichnet die getrockneten Pflanzenanteile (Blätter, Blüten, Stängel, Samen) von Cannabis sativa (s. Abb.). Einige der chemischen Komponenten der Pflanze, wie das THC, sind psychoaktiv (Cannabinoide) [1,2,5].
Haschisch ist das Harz der unbestäubten weiblichen Pflanze. Haschischöl ist ein Konzentrat der Cannabinoide und wird mithilfe von Lösungsmitteln aus dem Harz der weiblichen Blütenstände gewonnen [2].
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Cannabis Training University.
In den frühen 1920er Jahren brachten mexikanische Einwanderer nach der mexikanischen Revolution von 1910 das Marihuana als Entspannungsmittel mit in die USA. Das war möglicherweise der Grund, dass das Rauschmittel fortan mit sozialem und ökonomischem Niedergang in Verbindung gebracht wurde. Es wuchsen die Vorurteile und Ängste gegenüber den Einwanderern und auch gegenüber dem Marihuana [6]. Gegen die Einwände der American Medical Association (AMA) führten die USA 1937 dann die Marijuana Tax ein, die mit einem dicht gepackten Bündel aus Bestimmungen verbunden war. Dadurch sollten der persönliche und medizinische Gebrauch von Cannabis erschwert, verboten und schließlich kriminalisiert werden [3,6]. In den darauf folgenden 60 Jahren wurden die entsprechenden Gesetze gegen Marihuana zwischen den verschiedenen Kriegen und den politischen und kulturellen Veränderungen wechselweise gelockert und wieder verschärft.
Der 1970 eingeführte Controlled Substances Act und der von Präsident Nixon 1971 erklärte „Krieg gegen die Drogen“ führten schließlich zur Erweiterung und Vergrößerung der FDA (Federal Drug Control Agency) sowie zu einer rigiden und strengen Rechtsprechung [7,8]. Trotz einhelliger Empfehlungen der National Commission on Marihuana and Drug Abuse zur Entkriminalisierung des Besitzes und Vertriebs von Marihuana zum persönlichen Gebrauch und zu einer Neubewertung, die Nixon selbst mit der Erforschung und Beratung von Marihuana beauftragt hatte, verwarf er diese Empfehlungen und stufte Marihuana fortan zusammen mit den gefährlichsten Drogen in Tabelle I ein („gegenwärtig kein medizinischer Nutzen, hohes Missbrauchspotenzial“) [7,8].
Im November 1996 übernahm der Staat Kalifornien die Gesetzesinitiative 215 nach einem Volksentscheid in sein Regelwerk auf („Compassionate Use Act of 1996“; etwa „Gesetz zur Anwendung aus Mitgefühl“). Danach war es Patienten mit einem gültigen ärztlichen Rezept aus medizinischen Gründen erlaubt, Marihuana zu besitzen und anzubauen. Dabei ging es um schwere Erkrankungen wie Krebs, AIDS, chronische Schmerzsyndrome und Spastiken [6,9].
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons.
Die Legalisierung von Marihuana zu medizinischen Zwecken und seine Entkriminalisierung für den Freizeitkonsum gehen rasch voran und werden doch weiterhin kontrovers diskutiert. Zum Stichtag 27. April 2016 hatten 24 US-Staaten sowie Washington DC und Guam Cannabis zu medizinischen Zwecken freigegeben [10-13]. Zur gleichen Zeit war der Freizeitkonsum in Colorado, Washington, Alaska, Oregon und Washington DC legal. In Nevada wird im November 2016 abgestimmt und wenigstens 6 weitere US-Staaten befassen sich aktuell mit derselben Frage (Arizona, Kalifornien, Maine, Massachusetts, Rhode Island, Vermont) [14,15]. Auf Bundesebene bleibt Marihuana jedoch für den Freizeitkonsum illegal [9,16]. Somit gilt weiterhin das Bundesgesetz, das im Controlled Substances Act von 1970 Marihuana als Tabelle-I-Substanz einordnete [17]. Da dieses Gesetz weiterhin Gültigkeit besitzt, wird die Erforschung von Cannabis sehr erschwert [18,19].
Allerdings wurden im „21st Century Cures Act” zusätzliche 1,75 Milliarden Dollar zur Förderung der biomedizinischen Forschung im Namen des National Institutes of Health [20] bewilligt, und im Juli 2015 hatte das Repräsentantenhaus einen von beiden Parteien getragenen Antrag zur Anpassung des Controlled Substances Act eingebracht, in dem eine neue Unterkategorie eingeführt wurde, welche die medizinische Erforschung von Marihuana und seinen Derivaten einschließlich des Cannabidiols erleichtert. Die Einordnung des Marihuanas soll demnach nach Abschluss der Forschungen neu bewertet werden [21]. Diese neue Untergruppe reguliert somit die Cannabisforschung.
In Deutschland ist seit 2011 Cannabis für die Zubereitung von Arzneimitteln verkehrsfähig. Cannabishaltige Fertigarzneimittel sind somit auch verschreibungsfähig. Der Besitz geringer Mengen Cannabis wird in der Regel nicht verfolgt (landesabhängig, z.B. in NRW 10 g Cannabis). Von verschiedenen Justizstellen wurde eine Cannabislegalisierung gefordert. Ein Auftrag an die Innenministerkonferenz zur Festlegung einer bundeseinheitlichen Höchstgrenze für den Eigenbedarf wurde bisher nicht erledigt. Es gibt immer wieder Eingaben verschiedener Parteien, die eine weitere Liberalisierung von Cannabis zum Ziele haben. Doch konnte bislang keiner der Entwürfe die erforderliche Mehrheit erlangen.
Jüngst wurde erstmals der Cannabisanbau zu medizinischen Zwecken einem an multipler Sklerose erkrankten Mann zugestanden.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Congress.gov.
Weltweit ist der medizinische Einsatz von Cannabis in einer Handvoll Ländern zugelassen, und einzelne erwägen auch seine Freigabe als Genussmittel [22]. Das Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel der UN aus dem Jahre 1961 mit seiner Revision von 1972 stufte Cannabis in den Tabellen I und IV ein (geringes Missbrauchs- und geringes Suchtpotenzial) [17,23]. Es verbietet das Haschischrauchen und die nichtmedizinische Verwendung von Cannabis [24]. Somit warnte die UN 2013 auch die USA vor der zunehmenden Entkriminalisierung von Marihuana zum privaten Konsum oder medizinischen Gebrauch, indem sie darauf verwies, dass dies nicht internationalem Recht entspräche [25]. Die UN wiederholte ihre Sorge in einem Brief an Präsident Obama vom 10. März 2016 und rief zugleich zu einer Reform der globalen Drogenpolitik auf [26].
Uruguay bleibt bislang das einzige Land, das die Produktion von Marihuana für den Freizeitkonsum und den Vertrieb über eine staatseigene Apotheke genau geregelt hat (Stand Mitte 2016) [22,25,27]. Allerdings wurden in Kanada und Mexiko ganz ähnliche Vorhaben auf den Weg gebracht [26].
Portugal hat 2001 alle Drogen, auch harte wie Heroin und Kokain, wirksam dekriminalisiert und ihren Konsum als Ordnungswidrigkeit, die mit Geldstrafen und Sozialarbeit belegt wird, und nicht länger als verfolgungswürdiges Verbrechen eingestuft [28,29]. Diese Strategie scheint insofern erfolgreich zu sein, dass es keine größeren Konsequenzen gegeben hat. Es hat sich im Gegenteil die Zahl der drogenbedingten Todesfälle und HIV-Infektionen vermindert und der Drogenkonsum hat nicht zugenommen [28,29].
Abbildung Cannabis sativa mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons.
Wie erwähnt enthält Cannabis sativa eine ganze Reihe von Cannabinoiden, von denen THC am besten bekannt und Cannabidiol (CBD) therapeutisch besonders interessant ist [2,5,30,31]. Die Cannabinoide sind für die physiologischen und psychotropen Effekte des Cannabis verantwortlich. Ihre Wirkung entfalten sie an den Cannabinoid-Rezeptoren vom Typ 1 (CB1, im ZNS und peripheren Nervensystem) und Typ 2 (CB2, Immunzellen, Osteoblasten und -klasten) [30,32].
In den vergangenen 2–3 Dekaden wurde die Existenz eines endogenen Cannabinoidsystems nachgewiesen, das dieselben Rezeptoren aktiviert wie das THC. Es besitzt eine wichtige regulatorische Funktion für das Herz sowie für Verdauung, Endokrinium und Immun-, Nerven- und Reproduktionssystem (Vergnügen, Gedächtnis, Denken, Konzentration, Bewegung, Koordination, Sensorik, Zeitgefühl, Appetit, Schmerz) [30,32].
Abbildung Medscape/Dr George Griffing.
Trotz aller Behinderungen durch die behördlichen Restriktionen in den USA schreitet die medizinische Erforschung von Marihuana voran. Im Allgemeinen richten sich die Anstrengungen auf chemische Verwandte der Cannabinoide, um spezifische Zustände und/oder Symptome damit zu bekämpfen und zugleich die psychoaktiven Nebenwirkungen zu minimieren oder ganz auszuschalten [30,31]. So wirkt THC etwa appetitanregend und reduziert Übelkeit, Schmerzen, Entzündungen und Spastik. Cannabidiol hingegen ist ein nicht psychoaktives Cannabinoid, das Schmerzen und Entzündungen hemmen, epileptische Anfälle kontrollieren und möglicherweise bei Psychosen und Suchterkrankungen helfen kann [31].
Im vergangenen Jahr wurde im JAMA (Journal of the American Medical Association) ein systematisches Review an 79 Studien mit insgesamt 6492 Teilnehmern durchgeführt. Dabei fanden sich mittlere Evidenzien für den therapeutischen Nutzen von Cannabinoiden bei chronischen Schmerzen und Spastik. Qualitativ weniger gute Evidenzien lagen dabei für eine Wirksamkeit gegen Übelkeit und Erbrechen bei Patienten, die sich einer Chemotherapie unterzogen hatten, zur Appetitanregung bei HIV-/AIDS-Patienten, Schlafstörungen und gegen die Ausprägung der Tics beim Tourette-Syndrom vor [33].
Zudem gab es ein erhöhtes Risiko für kurzzeitige Nebenwirkungen der Cannabinoide wie etwa psychische Störungen, Störungen des Nervensystems, des Bewegungsapparates oder hämatologische Störungen).
Jedoch ist die Aussagekraft dieser Befunde aufgrund methodologischer Fragen begrenzt. So wurden auch Studien aufgenommen, die mehrere Cannabinoidformen mit verschiedenen pharmakologischen Eigenschaften untersuchten (z.B. Nabiximols mit einem 1:1-Verhältnis von THC und Cannabidiol als Mundspray, reine THC-Mundsprays, Dronabinol und Nabilone als synthetisches rein orales THC, vaporisertes Cannabis der ganzen Pflanze mit ungewisser Wirkstärke, adjuvante Kapseln, nicht näher spezifiziertes orales THC). Zudem wurden Studien mit verschiedenen Indikationen einbezogen, darunter zentrale, periphere und unspezifische neuropathische Schmerzen, HIV-assoziierte sensorische Neuropathie, Schmerzen bei MS oder anderen neurologischen Erkrankungen, Schmerzen des Bewegungsapparates und chemotherapiebedingte Schmerzen [34]. Schließlich stellten die Untersucher bei 70 % der Studien ein hohes Risiko für einen Bias fest, wobei 5 % ein niedriges Bias-Risiko aufwiesen und 25 % dahin gehend unklar blieben [33].
Die linke Abbildung zeigt den kommerziellen Cannabis-Hybriden White Widow, der von Trichomen überzogen ist. Bei einer unbestäubten weiblichen Pflanze können diese haarähnlichen Auswüchse in der getrockneten Pflanze zu einem THC-Anteil von 14–25 % führen, was von der Güte der Verarbeitung abhängt [35]. Das rechts eingeschobene Bild ist eine Nahaufnahme der THC-gefüllten Trichomen eines Cannabis-sativa-Blattes.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von links Flickr/Théo und rechts Wikipedia/Indirectantagonist.
Eine PubMed-Suche nach wissenschaftlichen Zeitschriften aus den letzten 20 Jahren (1996–2016), in denen der Begriff „cannabinoid“ auftauchte, erbrachte am 20. April 2016 16.300 Treffer. Von diesen Artikeln wurden 1274 im Jahre 2015 und 537 bereits 2016 veröffentlicht. Die Suche nach Open-Label-Studien (außer solchen mit unklarem Status) bei clinicaltrials.gov führte mit den Suchbegriffen „cannabinoids“ oder „marijuana“ zu 459 bzw. 560 Studien. Die gleiche Suche nach beendeten Untersuchungen (wiederum außer solchen mit unklarem Status) erbrachte 270 bzw. 293 Treffer.
Zu den umfänglichen Untersuchungsgebieten zählen die Auswirkungen der verschiedenen Darreichungsformen auf Pharmakokinetik und Pharmakodynamik ebenso wie der Cannabis-Einsatz bei psychischen Erkrankungen (z.B. Schizophrenie oder Depression, Krebs, Kniegelenksarthrose und neuropathischen Schmerzen. Auch die Erforschung einer möglichen Cannabisabhängigkeit mit oder ohne Entzugserscheinungen bleibt ein gern untersuchtes Thema, wobei die jüngeren Studien die gesundheitlichen Folgen des Marihuanaeinsatzes dem therapeutischen Nutzen gegenüberstellen.
Die Abbildung illustriert die Wirkung einer CB1-Rezeptor-Aktivierung oder -Inhibierung auf die Norepinephrin-Freisetzung im Gewebe. Der CB1 regelt die an den sympathischen Nervenendigungen freigesetzte Norepinephrin-Menge. Die rote Zone deutet den Wirkungsbereich eines CB1-Agonismus an (verminderte Norepinephrin-Freisetzung). Nur Zellen innerhalb dieses Bereiches können über β-adrenerge Rezeptoren unter CB1-Aktivierung moduliert werden. Jenseits der gepunkteten Linie herrschen die α-adrenergen Effekte vor. Unter basalen Bedingungen ist das β-adrenerge Gebiet vergrößert (schwarz gepunktete Linie). Die Betarezeptorenaktivierung bei Immunzellen vermindert die Produktion entzündungsförderlicher Botenstoffe (z.B. Tumornekrosefaktor).
Abbildung mit freundlicher Genehmigung nach Lowin T, Straub RH. Arthritis Res Ther. 2015;17:226. [Open access.] PMID: 26343051, PMCID: PMC4561168.
Die wichtigsten Indikationen zur medizinischen Anwendung von Marihuana sind auf 5 Bereiche beschränkt: Schmerz, Übelkeit und Erbrechen (meist im Rahmen einer Chemotherapie), Gewichtsverlust im Rahmen auszehrender Erkrankungen, Spastik sowie andere Erkrankungen wie etwa entzündliche Darmerkrankungen [30,31,36,37].
Die Wirkstärke von Marihuana zu medizinischen Forschungszwecken ist in den USA wie folgt definiert:
Das ist nicht unproblematisch, da Apotheken eher selten Cannabis mit einen THC-Anteil von unter 10 % aufweisen und häufiger eher bei 30 % liegen[39,40]. Dementsprechend verrät uns die in den USA unter eingeschränkten Bedingungen arbeitende Forschung nur wenig über die Sicherheit und die klinische Wirksamkeit des aktuell aus medizinischen Gründen im Umlauf befindlichen Marihuanas.
Die Abbildung zeigt die molekularen Wirkmechanismen von Endocannabinoiden an erregenden Synapsen im Gehirn; nach Hill MN, Patel S. Biol Mood Anxiety Disord. 2013;3(1):19. [Open access.] PMID: 24286185, PMCID: PMC3817535.
2-AG = 2-Arachidonoylglycerol, AEA = Anandamid, CB1 = Cannabinoid Typ 1, MAGL = Monoacylglycerol-Lipase.
Die FDA (Food and Drug Administration) hat zwei synthetische Cannabinoide zur Therapie von Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie zugelassen: Dronabinol (Marinol, Tabelle III) und Nabilone (Cesamet, Tabelle II)[30,41-44]. Dronabinol darf auch bei AIDS-Patienten gegen Appetitlosigkeit verordnet werden[43]. Allerdings steigt bei höheren THC-Konzentrationen die Gefahr von Nebenwirkungen[1]. Der Literatur zufolge tolerieren nur sehr wenige Patienten reines THC, wodurch der potenzielle Nutzen von Dronabinol und Nabilone weiter eingeschränkt wird.
Das experimentelle synthetische CBD Cannabinoid Epidiolex hat die Zulassung als Orphan Drug (Arzneimittel für seltene Leiden) für zwei schwere Formen kindlicher Epilepsie (Dravet- und Lennox-Gastaut-Syndrome[42,45]) praktisch auf der Überholspur erlangt (wenngleich von der FDA noch nicht bestätigt). Bestätigt ist seit April 2016 indes die Zulassung zur Behandlung der tuberösen Sklerose[46].
Eine ganz ähnlich zusammengesetzte Substanz ist das Nabiximols (Sativex), das als Mundspray seine Wirkung entfaltet und derzeit in klinischen Studien bei Schmerzen in fortgeschrittenen Krebsstadien und gegen die Spastik bei multipler Sklerose getestet wird [42,47]. Obwohl es keine FDA-Zulassung gibt, ist es in 27 anderen Staaten als Mittel gegen Spastik zugelassen[47].
Das Schema in der Abbildung zeigt den spinalen Kreislauf für eine Analgesie durch Motorkortexstimulation (MCS). Bei Ratten mit einer chronischen Einklemmung des N. ischiadicus aktiviert die MCS die spinalen Cannabinoid- und Opioid-Interneurone. Endocannabinoide binden sich an die CB2-Rezeptoren und hemmen die Cytokinsekretion der Gliazellen, während endogene Opioide mit den µ-Opioid-Rezeptoren (MOR) interagieren. Die Signalübertragung an Nervenzellen wird so unterdrückt und der neuropathische Schmerz bekämpft.
Abbildung Corbis mit freundlicher Genehmigung von Silva GD, Lopes PS, Fonoff ET, Pagano RL. J Neuroinflammation. 2015;12:10. [Open access.] PMID: 25600429, PMCID: PMC4311417.
Um dem Kliniker einen kleinen Leitfaden an die Hand zu geben, veröffentlichten Grant et al. einen Algorithmus[48] zur Bestimmung einer zulässigen oder unzulässigen therapeutischen Marihuanaanwendung[12]. Der Entscheidungsbaum zeigt die Kernfragen auf, die ein Arzt beantworten muss, um einem Patienten Marihuana zu therapeutischen Zwecken verordnen zu können. Klagt ein Patient beispielsweise über anhaltende neuropathische Schmerzen, sind zu klärende Fragen, ob die Beschwerden und Symptome zur Diagnose passen, ob sie bereits früher evaluiert wurden, ob eine Standardtherapie verordnet wurde und wie die Reaktion darauf war, ob der Patient für eine Marihuanatherapie empfänglich ist und welches Risiko im Hinblick auf Missbrauch, Sucht und/oder Weiterverbreitung besteht[48]. Mit diesem Ansatz kann ein Arzt die Nutzen und Risiken einer medizinischen Marihuanaanwendung für den Patienten besser abschätzen.
Ein weiteres Thema ist die Einverständniserklärung zur medizinischen Cannabisanwendung. Zwischen dem Patienten und dem Arzt werden die evidenzbasierten Belege für eine Nutzanwendung von Cannabis und den damit verbundenen Risiken schriftlich festgehalten. Ein spezialisierter Schmerztherapeut würde diese Dokumente gemeinsam mit dem Patienten besprechen, der letztlich die Aufklärung durch seine Unterschrift bestätigt[49]. Dabei sollten folgende wichtige Details aufgeführt sein[50]:
Zudem sollten die Patienten darüber informiert werden, dass die ärztliche Genehmigung keinen Schutz vor einem Jobverlust bedeutet und dass Ärzte auch das Recht haben, die Cannabis-Behandlung wieder abzusetzen[50].
Die Abbildung zeigt Phiolen für medizinisches Marihuana und einen Vaporisator.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Coaster420.
Die orale Cannabisaufnahme bewirkt eine langsame und recht variable Bioverfügbarkeit[30]. Der Peak der THC-Konzentration im Plasma wird nach 1–6 Stunden erreicht. Die Halbwertszeit beträgt 20–30 Stunden. Nach oraler Zufuhr werden die THC-Cannabinoide zunächst in der Leber in die psychoaktiven Metabolite zerlegt[30]. Dadurch kann es zu Problem mit in verzehrbare Form gebrachtem Cannabis kommen (z.B. Haschplätzchen), was besonders für jugendliche Konsumenten gilt, da der erforderliche lange Zeitraum bis zum Wirkeintritt eine Dosierung äußerst schwierig macht und zu einer zu hohen und/oder mehrfachen Einnahme verleitet[50-52]. Tatsächlich führt die völlig unzureichende Steuerbarkeit bei oraler Zufuhr nicht nur zu häufigeren Fällen von THC-Intoxikationen in den Notaufnahmen[53] sondern auch zu Todesfällen.
Bei der Inhalation von Cannabis über einen Vaporisator oder durch Rauchen kommt es zu einem raschen Übertritt ins Blut. Der Peak wird innerhalb von 2–10 Minuten erreicht bei raschem Abfall innerhalb von 30 min unter Rückgang der psychoaktiven Metabolite[30]. Das Rauchen ist nach wie vor, trotz zahlreicher Evidenzien für die negativen pulmonalen Auswirkungen[30,56-58], die verbreitetste Darreichungsform[55]. Wenngleich die Vaporisation auch nicht risikofrei ist, scheinen die Nebenwirkungen doch weniger stark zu sein als beim Rauchen, sodass sie derzeit wohl die geeignetste Aufnahmeform ist[52].
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia Commons/Erik Fenderson.
Die American Academy of Neurology (AAN) berichtete 2014 von einem systematischen Review über 34 Studien aus 65 Jahren (1948–2013) zur Wirksamkeit von Marihuana bei multipler Sklerose, Epilepsie und Bewegungsstörungen wie Parkinson-Krankheit, Chorea Huntington, Tourette-Syndrom und zervikaler Dystonie[57,59,60]. In die Übersicht gelangten Darreichungen als orales Cannabisextrakt (in Pillenform, reines CBD, THC-CBD-Gemische), synthetisches THC (in Pillenform), THC-CBD-Gemische (Nabiximols, Mundspray) und inhaliertes Cannabis.
Die AAN empfiehlt weiterhin die sorgfältige Abwägung der Vor- und Nachteile einer therapeutischen Marihuanaverordnung, besonders wenn sie langfristig angelegt ist[57,59,60].
Schema der Verschaltungen der Basalganglien bei der Parkinson-Krankheit und mögliche Ansatzpunkte für Cannabinoide im Hinblick auf eine Verbesserung der Motorik; mit freundlicher Genehmigung von More SV, Choi DK. Mol Neurodegener. 2015;10:17.[Open access.] PMID: 25888232, PMCID: PMC4404240.
GABA = Gammaaminobutyrat
GPe = äußerer Teil des Globus pallidus
GPi = innerer Teil des Globus pallidus
SNpc = Substantia nigra pars compacta
SNpr = Substantia nigra pars reticulata
STN = Nucl. subthalamicus
TRPV1 = TRPV1-Kanäle (transient receptor potential vanilloid 1).
*Untergang eines Neurons durch Reizüberflutung
Es gibt immer mehr Hinweise auf eine analgetische Wirksamkeit von Marihuana im Management chronischer neuropathischer Schmerzen und bei chronischen nicht malignen Schmerzen[61-67]. Doch sind hierzu noch weitere Untersuchungen erforderlich, was besonders im Hinblick auf die langfristige Wirksamkeit, die Sicherheit und die besten Darreichungsformen gilt. Nabiximols wird derzeit in klinischen Phase-III-Studien im Rahmen des Schmerzmanagements bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen getestet[47].
Die AAN hält CBD zur Linderung zentraler Schmerzen und schmerzhafter Spastiken für wirksam, was jedoch nicht für neuropathische Schmerzen gilt[57,59,60]. Ein Konsenspapier der Canadian Pain Society empfiehlt Cannabinoide bei chronischen neuropathischen Schmerzen als Third-Line-Therapie[63].
Eine Studie widmete sich der Cannabidiol-Wirkung auf Paclitaxel-induzierte neuropathische Schmerzen und fand heraus, dass Cannabidiol dabei nicht nur eine protektive Wirkung hatte, sondern dass sich auch kein konditionierter Belohnungseffekt und keine kognitiven Beeinträchtigungen einstellten[68].
Bei einer Beobachtungsstudie an 279 krebskranken Israelis, welche die Erlaubnis bekommen hatten, Cannabis aus medizinischen Gründen einzunehmen, hatten 46 % von 113 Patienten überlebt und erneuerten einmal monatlich ihr Cannabis-Rezept. 70 % beschrieben eine Schmerzlinderung und ein größeres Wohlbefinden, 60 % einen verbesserten Appetit und 50 % weniger Übelkeit[69].
Eine retrospektive Untersuchung mit Daten von 121 erwachsenen Migränepatienten aus zwei auf medizinischen Marihuanaeinsatz spezialisierten Kliniken in Colorado brachte folgende Ergebnisse: 39,7 % verzeichneten eine Verbesserung der Symptomatik, einschließlich 19,8 % die einen präventiven Effekt und eine verminderte Anfallshäufigkeit festgestellt hatten und 11,6 %, die keinen Migränekopfschmerz mehr hatten[70]. Allerdings beklagten auch 11,6 % negative Effekte wie etwa Schläfrigkeit. Bei über den Verzehr aufgenommenem Cannabis waren die negativen Effekte häufiger als bei anderen Aufnahmeformen[70].
Die Abbildung zeigt den THC-Effekt auf die Hirnaktivität im Verhältnis zu einer durch Capsaicin induzierten Hyperalgesie im Rahmen einer Studie. Im fMRT erkennt man, dass die funktionelle Verbindung zwischen der rechten Amygdala und dem primären sensomotorischen Kortex während anhaltender Capsaicin-induzierter Schmerzen vermindert ist (z > 2,0; clusterbasierte Datenanalyse). Die Z-Scores zeigen das Ausmaß der durch THC verminderten funktionellen Verbindung in blau an. (Unten rechts sind jeweils Ordinaten des Montreal Neurological Institute eingetragen.)
Abbildung mit freundlicher Genehmigung nach Lee MC, Ploner M et al. Pain. 2013;154(1):124-34. [Open access.] PMID: 23273106, PMCID: PMC3549497.
Krebs: Manche Laboruntersuchungen liefern Hinweise auf antitumorale Effekte (z.B. beim Kolonkarzinom[71], Mammakarzinom[72,73] oder Glioblastom[74]). Allerdings sind die Daten nicht widerspruchsfrei und es gibt keine klinischen Studien am Menschen, sodass hier weitere Untersuchungen unerlässlich sind[30,75-78].
Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie: Die antiemetischen Effekte der THC-Cannabinoide Dronabinol und Nabilone sind gut untersucht[30], sodass das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) beide auch in ihre Leitlinien bei den unterstützenden Behandlungsmaßnahmen aufgenommen hat[79].
Gastrointestinale Erkrankungen (nicht maligne): Es gibt zahlreiche Erfahrungsberichte, wonach Cannabinoide das Endocannabinoidsystem modifizieren und dadurch die Magenentleerung und die Darmmotilität beeinflussen. Starke Evidenzien gibt es für einen intestinal wirksamen entzündungshemmenden Effekt von Cannabis[80-84]. Manche Stämme von Cannabis indica weisen höhere Cannabidiol-Konzentrationen als Cannabis sativa auf[85] und scheinen gegen Schmerzen und gastrointestinale Symptome wirksam zu sein. Leider sind diese Cannabis-Linien auch mit starker Sedierung und Funktionsstörungen verbunden[86]. Obwohl also Cannabinoide in der Behandlung z.B. von entzündlichen Darmerkrankungen (s. Abb.) eine Rolle spielen könnten, müssten diese Effekte erst in klinischen Studien erforscht werden.
Glaukom: 2014 erklärte die American Academy of Ophthalmology (AAO) zum wiederholten Male, dass sie den medizinischen Einsatz von Marihuana oder anderen Cannabisprodukten in der Glaukombehandlung nicht empfehlen könne, zumal wenn andere Behandlungsmethoden verfügbar und auch effektiv seien[87,88]. Die AAO beruft sich dabei auf Ergebnisse des National Eye Institute (NEI) und des Institute of Medicine (IOM). Obwohl es Evidenzien für eine Senkung des Augeninnendrucks nach Marihuanaaufnahme gibt, ist der Effekt nur kurz[87,88]. Gegenwärtig gibt es keine Evidenzien für eine längerfristige Wirksamkeit in der Glaukombehandlung.
Abbildung einer schweren Kolitis; Medscape.
Obwohl die langfristigen Folgen eines Cannabiskonsums weiter Gegenstand der Forschung sind, gibt es doch schon einige Ergebnisse im Hinblick auf den Freizeitkonsum, wozu auch die Langzeitfolgen für die Hirnstruktur gehören.
ZNS: Ein regelmäßiger Cannabiskonsum ist mit einer Verringerung der grauen Hirnsubstanz im medialen Temporallappen, an den Temporalpolen, am Gyrus parahippocampalis, an der Insula und am orbitofrontalen Kortex verbunden[89]. Diese Substanzabnahme ist vor allem bei Jugendlichen mit ADHS problematisch[90], die als Gruppe zur Selbstmedikation neigen[91].
Herz-Kreislaufsystem: Zu den kardiovaskulären Effekten gehören eine Verdopplung der Infarktrate, eine Erhöhung der kardiovaskulären Mortalität[92,93] sowie eine Verbindung mit höheren Schlaganfallzahlen[94].
Schwangerschaft: Ein Cannabiskonsum während der Schwangerschaft scheint nicht mit einer höheren Rate an Geburtsfehlern verbunden zu sein[95]. Allerdings gibt es Hinweise auf deutlich fehlerhafte Entwicklungen von Nervenzellen in der Gehirnrinde des Neugeborenen[96]. In utero bewirkt die Cannabisexposition zudem ausgeprägte T-Zell-Dysfunktionen und eine geschwächte Immunreaktion gegenüber viralen Antigenen[97].
Das EKG in der Abbildung stammt von einem jungen bis dahin gesunden Mann, der sich mit einem seit 1 Stunde bestehenden akuten Brustschmerz in der Notaufnahme einer Klinik vorstellte. Er gab an, seit 10 Jahren täglich eine halbe Schachtel Zigaretten und 2 Joints zu rauchen. Das EKG zeigte eine ST-Strecken-Hebung in den Brustwandableitungen V2–V4 mit reziproken Veränderungen in den inferioren Ableitungen. Etwa 20 Minuten später erlitt er einen plötzlichen Herzstillstand, konnte jedoch durch Kardioversion erfolgreich reanimiert werden.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Bilbault P, Duja CM et al. J Emerg Trauma Shock. 2010;3(3):307. [Open access.] PMID: 20931005, PMCID: PMC2938524.
Neurologie und Psychiatrie: Die neuropsychiatrischen Auswirkungen des Cannabiskonsums umfassen eine deutliche Risikoerhöhung (1) für bipolare Störungen, Panikstörungen mit Platzangst und soziale Ängste sowie (2) für eine Abnahme der allgemeinen psychischen, jedoch nicht körperlichen, Gesundheit[98]. Die Cannabiseinnahme über 1 Jahr bei Patienten mit einer bipolaren Störung Typ I scheint die Stimmung zu verbessern und die Funktion insgesamt zu beeinträchtigen[99]. Die Datenlage zum Cannabisgebrauch und einer vermehrten Ängstlichkeit ist uneindeutig[100,101]. Es gibt jedoch genügend Hinweise und gute Evidenzien für einen Zusammenhang zwischen dem Konsum und einer Risikoerhöhung für Depressionen bei Jugendlichen, jungen Erwachsenen und (mittel-)alten Erwachsenen sowie einer erhöhten Suizidalität bei Erwachsenen mittleren oder fortgeschritteneren Alters[101,102].
Ex existieren zudem Evidenzien für Early-onset-Psychosen in der Adoleszenz, die durch Cannabiskonsum vor dem 18. Lebensjahr eingeleitet werden[103]. Darüber hinaus haben Cannabis-User ein fast dreifach erhöhtes Psychoserisiko, das sich bei täglichem Konsum gegenüber Personen, die nie Cannabis genommen haben, verfünffacht[104]. Die Induktion einer Psychose hängt vermutlich mit einer (1) THC-bedingten Unterbrechung der neuralen Gamma-Band-Oszillationen[105], (2) einer erhöhten Dopaminfreisetzung im Striatum und im präfrontalen Kortex bei vulnerablen Personen[106] oder mit (3) Mutationen der Dopamin-Rezeptorgene zusammen (DRD2)[107]. Ein chronischer Cannabiskonsum bei subklinischer Depression ist im Übrigen im Falle einer Erstpsychose mit einem schlechteren Outcome verbunden[108], das auch die psychosozialen Funktionen betrifft[108,109].
Das Schema in der Abbildung zeigt den Pathomechanismus einer Unterfunktion der NMDA-Rezeptoren durch Cannabinoide (NMDA = N-Methyl-d-Aspartat). Im ZNS ermöglichen diese Rezeptoren den postsynaptischen Kalziumeinstrom, wodurch grundlegende Prozesse des ZNS reguliert werden (z.B. synaptische Plastizität, Lernen, Erinnerung, Kognition). Ihre Dysfunktion kann zu Veränderungen im Assoziationskortex führen, wie man sie sonst nur bei der Schizophrenie sieht. Der CB1- und die NMDA-Rezeptor-Untereinheit Typ 1 sind in der postsynaptischen Zelle über das homodimere HINT-1-Protein miteinander (Histidine triad nucleotide-binding protein 1) verbunden. Zunächst (s. 1 in Abb.) bindet sich der Agonist an den CB1-Rezeptor und fördert (2) die C-Internalisierung von CB1-HINT-1 und der NMDA-Rezeptor-Untereinheit Typ 1. Diese Proteine trennen sich im Zytosol voneinander und CB1–HINT1 kehrt wieder zur Zellmembran zurück (3). Dann (4) verbindet sich der wieder bereite CB1-Rezeptor mit einer neuen NMDA-Rezeptor-Untereinheit und der Kreislauf (5) beginnt von vorn, während der Agonist in der Umgebung der Rezeptoren verbleibt.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus Sanchez-Blazquez P, Rodriguez-Munoz M, Garzon J. Front Pharmacol. 2014;4:169. [Open access.] PMID: 24427139, PMCID: PMC3877778.
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