Die Nebenjobs von Ärzten – und was sie damit verdienen

Report: Ärzte und ihre Nebenjobs – was sie daran lieben und damit verdienen
Die Nebenjobs von Ärzten – und was sie damit verdienen
Viele Ärztinnen und Ärzte sind mit ihrem Hauptberuf unzufrieden. Der Nebenjob bietet Möglichkeiten auf ein zusätzliches Einkommen, auf einen Wechsel der Perspektive – und nicht zuletzt auf eine Karriere außerhalb von Praxis oder Klinik.
Wie häufig sind Nebenjobs? Was verdienen Mediziner damit im Durchschnitt und aus welchen weiteren Beweggründen entscheiden sich Ärzte dafür? Details lieferte die neue Medscape-Umfrage. Daran haben 1.500 Medscape-Leser von Ende Februar bis Ende Mai 2022 teilgenommen. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
Arzt sein ist nicht alles
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Arzt sein ist nicht alles
Von unseren über 1.500 Lesern und Leserinnen, die an der Online-Umfrage teilgenommen hatten, gaben 876 an, dass sie einer Nebentätigkeit nachgehen (n=623) oder darüber nachdenken, in einen anderen, nicht klinischen Job zu wechseln (n=376).
Erstaunlich ist, dass die Ärzte und Ärztinnen mit Nebenjob diesen im Schnitt schon 15 Jahre ausüben (Daten nicht grafisch dargestellt).
Wer einem Nebenjob nachging, war dafür im Schnitt 21 Stunden pro Monat tätig – und weitere 133 Stunden für die Haupttätigkeit als Arzt.
Anmerkung: In allen weiteren Texten diese Umfrage sind immer beide Geschlechter gemeint.
Nebenjob in der Medizin?
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Nebenjob in der Medizin?
Wenig überraschend übernahmen die meisten Ärzte bei ihrem Nebenjob medizinische Tätigkeiten, etwa Extra-Schichten in einer Klinik oder in einer Pflegeeinrichtung (29%). Vorträge (26%) oder Lehrveranstaltungen (18%) wurden ebenfalls oft genannt. In Corona-Zeiten spielten auch Impfungen, etwa als nebenberufliche Tätigkeit in Impfzentren, eine große Rolle (24%).
Hinzu kamen gutachterliche Tätigkeiten (11%) oder medizinische Beratungen (16%). Was auffällt: Nur 7% aller Ärzte mit einem Nebenjob sind außerhalb der Medizin tätig. Die meisten bleiben ihrem Fachgebiet also treu.
Die Umfrage fördert auch wenig schmeichelhafte Gender-Effekte zu Tage. Männer waren deutlich häufiger nebenberuflich als Redner auf Konferenzen als Frauen (29% versus 19%) eingeladen: eine Tatsache, die in wissenschaftlichen Publikationen bereits nachgewiesen wurde.
Spaß am Kochen, am Sport und an Immobilien
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Spaß am Kochen, am Sport und an Immobilien
Aber auch außerhalb der Medizin übernehmen Ärzte Nebenjobs. Besonders häufig nannten Umfrage-Teilnehmer Sport (16%), Immobilien (16%), Unterricht zu sonstigen Themen (10%), Kochen (9%) sowie Musik und Gesang (8%).
Männer interessierten sich häufiger als Frauen für Fotografie (6% versus 2%), waren aber auch stärker als Berater für Investments tätig (7% versus 2%). Hingegen waren Frauen öfter als Männer künstlerisch aktiv (10% versus 3%).
Schulden, Spaß oder mehr Kohle?
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Schulden, Spaß oder mehr Kohle?
Doch warum übernehmen Ärzte eigentlich Nebenjobs? Die Befragten nannten häufig den Wunsch, zusätzlich Geld zu verdienen (40%), teilweise, um Schulden abzubezahlen (4%). Wichtig war ihnen aber auch, andere Interessen zu verwirklichen (19%). Oder einfach Spaß zu haben, unabhängig von monetären Aspekten (15%).
Konkrete Beispiele für Nebenjobs
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Konkrete Beispiele für Nebenjobs
In den Kommentaren der Umfrage konnten die Teilnehmer berichten, welche Nebentätigkeiten sie ausüben und was sie dazu motiviert. Hier eine Auswahl – vom Gerichtsgutachter bis zum Engagement beim psychiatrischen Krisendienst.
Pandemie als Auslöser
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Pandemie als Auslöser
Haben die Umstände im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie (z. B. Schließung von Büros, Entlassungen, weniger Patienten) Sie dazu veranlasst, einen Nebenjob anzunehmen? Immerhin jeder 4. Arzt oder Ärztin hat in dieser Zeit eine weitere Tätigkeit angefangen.
Nebentätigkeit als netter Zusatzverdienst?
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Nebentätigkeit als netter Zusatzverdienst?
Vor der COVID-19-Pandemie haben Ärzte pro Jahr mit ihrem Nebenjob im Schnitt 16.438 Euro verdient. Männer kamen auf höhere Werte als Frauen (18.229 Euro versus 11.732 Euro). Steuern wird ein Großteil der Ärzte dadurch nicht sparen.
Für die nahe Zukunft rechnen Befragte im Schnitt mit 16.745 Euro (Frauen: 12.434 Euro, Männer 18.510 Euro) im Rahmen ihrer Nebentätigkeit.
Nach dem wirtschaftlichen Erfolg gefragt, sehen 67% beim Nebenjob noch Luft nach oben.
Work-Life-Balance wichtiger
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Work-Life-Balance wichtiger
Ganz klar: Erfolg ist Ärzten wichtig, auch im Nebenjob. Dennoch gibt es Grenzen. 42% wollen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Beruf und der Freizeit bzw. dem Privatleben. Und 34% gaben an, ihnen fehle einfach die Zeit, sich noch intensiver dem Nebenjob zu widmen (Männer 38%, Frauen 25%).
Allerdings stellten 16% der Umfrageteilnehmer klar, es sei ihnen nicht wichtig, den Verdienst zu maximieren.
Die meisten lieben ihren Beruf als Arzt
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Die meisten lieben ihren Beruf als Arzt
Die Medscape-Umfrage konnte aber auch eine Vermutung widerlegen: Ärzte entscheiden sich nicht für eine Nebenjob, weil sie im Hauptberuf unzufrieden sind. Im Gegenteil. 28% sind mit ihrer eigentlichen Tätigkeit sehr zufrieden, 43% zufrieden und 20% einigermaßen zufrieden.
Nebenjob sorgt nicht immer für Erfüllung
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Nebenjob sorgt nicht immer für Erfüllung
Alles in allem fanden nur 19% der Befragten mehr Erfüllung in ihrem Nebenjob, verglichen mit der ärztlichen Tätigkeit. 57% sahen keine großen Unterschiede, während 24% weniger Freude in der Nebentätigkeit hatten.
Befragte über 45 Jahren gaben häufiger als jüngere an, keinen Unterschied zu bemerken (60% versus 43%). Jüngere hingegen waren öfter unzufrieden als Ältere (35% versus 21%).
Wird man mit Nebenjobs ein besserer Arzt?
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Wird man mit Nebenjobs ein besserer Arzt?
Vom Nebenjob scheint auch die ärztliche Haupttätigkeit zu profitierem, so ein weiteres Ergebnis der Umfrage.
31% gaben hier „sehr stark“ an, und weitere 43% sehen zuzmindest einen gewissen Nutzen. Jeweils 13% gaben an, die Nebentätigkeit würde den ärztlichen Beruf „nicht sehr viel“ oder „überhaupt nicht“ unterstützen. Große Unterschiede zwischen Frauen oder Mänenrn waren in diesem Punkt nicht zu beobachten.
Kurse und Tutorials für Kompetenz im Nebenjob
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Kurse und Tutorials für Kompetenz im Nebenjob
Für ihren Nebenjob haben sich Ärzte meist gut vorbereitet – durch Kurse oder Tutorials (69%), durch Fachliteratur (50%) oder durch Gespräche mit Experten (40%).
Spezielle Business-/Finanz-Coaches haben nur 14% konsultiert und Fachliteratur aus diesem Bereich haben 20% gelesen; diese Grafik wird hier nicht dargestellt.
Ist Arzt der falsche Beruf?
Report: Ärzte und ihre Nebenjobs – was sie daran lieben und damit verdienen
Ist Arzt der falsche Beruf?
Trotz der Begeisterung für Nebentätigkeiten wollen 75% ihren ärztlichen Beruf nicht an den Nagel hängen. Und das Medizinstudium bereuen 59% nicht bzw. 14% nicht so sehr. Der Hauptberuf ist den meisten Ärzten wichtig, das steht außer Frage.
Das sorgt für großen Frust
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Das sorgt für großen Frust
Jene Ärzte, die am liebsten ihren Beruf an den Nagel hängen wollen, beschweren sich besonders über die stressigen Arbeitsbedingungen und die ihrer Meinung nach geringe, finanzielle Kompensation für ihren Einsatz. Der „Traum vom Bauernhof“ (ein Kommentar eines Teilnehmers) scheint da im Vergleich eher als romantische Idee. In der Realität ist der Job als Landwirt oft noch arbeitsintensiver als in einer Klinik.
Interessante Alternativen zum Arztberuf
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Interessante Alternativen zum Arztberuf
Wer die Augen nach Alternativen offen hält, bleibt – wenig überraschend – dem Gesundheitswesen treu. An der Spitze der Wunschliste stehen Tätigkeiten in Unternehmen des Gesundheitswesens (44%), gefolgt von Bildung und Lehre (43%), (medizin)journalistischen Tätigkeiten (29%), Jobs in der pharmazeutischen Industrie (25%), (medizin)technische Jobs (18%) oder Führungspositionen im Krankenhaus (14%).
Klinische Führungspositionen (18% versus 9%) oder Jobs im technischen Bereich (23% versus 11%) wurden deutlich häufiger von Männern als von Frauen genannt.
Für den Nebenjob haben bisher nur 6% ein Coaching in Anspruch genommen – und 22% planen dies. Wer eine nicht-klinische Karriere plant, ist generell sehr zuversichtlich (21%), zuversichtlich (30%), eher zuversichtlich (30%) oder zumindest ein wenig zuversichtlich (14%).
Die Umfrage zeigt aber auch, dass sich Ärzte mit entsprechendem Wunsch langfristig umorientieren (Daten nicht grafisch dargestellt). Nur 10% planen, sich innerhalb der nächsten 6 Monate beruflich neu zu positionieren. Weitere 17% wollen dies innerhalb der nächsten 7 bis 12 Monate tun. 28% haben sich 2 bis 3 Jahre als Ziel gesteckt. Weitere 11% sehen 4 bis 5 Jahre als Zeitrahmen, und 5% sogar mehr als 5 Jahre. Bei der Umfrage gaben 23% an, keinen Zeithorizont zu haben. Und 8% vermuten, vielleicht niemals eine neue Karriere zu beginnen.
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