
Vaporisieren, Lasern, Liften? Ein Album der Therapie-Optionen für benigne Prostatahyperplasie – plus Diagnose-Fragebogen
Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) entsteht durch eine Zunahme der Anzahl der prostatischen Stroma- und Epithelzellen. Dies führt zu einem Größenwachstum des Prostatagewebes. Das Wachstum ereignet sich typischerweise in der Übergangszone der Prostata [1]. Als Folge davon kann die vergrößerte Prostata den Urinabfluss behindern, was zu Symptomen des unteren Harntrakts (LUTS, lower urinary tract symptoms) führt. Ältere Männer leiden häufig unter LUTS [1].
Diese Diashow stellt Ihnen die Evaluation der BPH sowie die medikamentösen und chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten vor.
Diese Abbildung zeigt eine Prostata mit einem großen, nach oben gewölbten Mittellappen. Ein Instrument wurde durch die Urethra eingebracht und durch die Prostata geführt.
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Die BPH ist eine chronische Erkrankung, deren Prävalenz mit zunehmendem Alter ansteigt. Etwa 3 Viertel aller Männer über 70 Jahre sind davon betroffen [2]. Bereits 1978 konnte McNeal zeigen, dass sich die BPH zunächst in der periurethralen Übergangszone der Prostata entwickelt [3].
Ein wichtiges Merkmal der BPH ist, dass die Größe der Prostata nicht zwangsläufig mit dem Ausmaß der LUTS korrelieren muss, unter denen der Patient leidet. Der Urethra-Widerstand, die Prostatakapsel und anatomische Veränderungen sind weitere wichtige Faktoren bei der Entwicklung der klinischen Symptomatik [4].
Pathogenese und Pathophysiologie
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Pathogenese und Pathophysiologie
Ein großer Teil der Prostata besteht aus glatter Muskulatur, die von adrenergen Nervenfasern gesteuert wird [4]. Eine Blockade der alpha-adrenergen Rezeptoren durch Medikamente wie Tamsulosin senkt den Harnröhrenwiderstand und lindert so die Obstruktionsbeschwerden bei der Miktion [4-6].
Es gibt verschiedene Belege, welche eine multifaktorielle Ätiologie der LUTS beim Mann nahelegen, etwa Hinweise auf adaptive Veränderungen innerhalb der Blase als Reaktion auf eine Blockade des Blasenausgangs aus der Prostata [4].
Man unterscheidet 2 Arten von vesikalen Veränderungen: eine verminderte Compliance der Blase mit erhöhter Harnfrequenz und Harndrang sowie der verminderte Harndruck aufgrund einer geschwächten Detrusor-Kontraktilität trotz Entlastung der obstruierenden Prostata [4].
Klinische und apparative Untersuchungen
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Klinische und apparative Untersuchungen
Alle Patienten, die sich wegen einer LUTS vorstellen, sollten einer gründlichen Anamnese und einer körperlichen Untersuchung unterzogen werden. Dazu gehören auch die digitale rektale Untersuchung und eine systembezogene neurologische Beurteilung, um andere Ursachen einer Entleerungsstörung auszuschließen [7-9].
Darüber hinaus sollten Sie den International Prostate Symptom Score (IPSS) der American Urological Association (AUA), einen validierten, selbst auszufüllenden Fragebogen (s. Tab.), verwenden und eine Urinanalyse durchführen lassen [7-9].
Der Fragebogen gibt dem Kliniker Informationen über die Symptombelastung des Patienten und hilft bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung für eine medizinische und/oder chirurgische Intervention.
Der Test auf prostataspezifisches Antigen (PSA) sollte in Übereinstimmung mit den AUA-Richtlinien für das Prostatakrebs-Screening erfolgen [10].
Tab. IPSS-Fragebogen zum Wasserlassen (International Prostate Symptom Score)
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Die in der Abbildung gezeigte Kurve zeigt das Ergebnis der Harnflussmessung (Uroflowmetrie) eines älteren Mannes, der über einen schwachen Harnstrahl klagt und einen IPSS-Score von 28 aufweist. Wie das Bild zeigt, beträgt seine maximale Flussrate unter 10 ml/s. Ein solcher Wert hat eine Spezifität von 70%, einen positiven Vorhersagewert von 70% und eine Sensitivität von 47% für eine Blasenhalsobstruktion [11]. Der Patient unterzog sich schließlich einer transurethralen Prostataresektion (TURP), worauf sich seine Entleerungsstörungen signifikant verbesserten.
Uroflowmetrie, bildgebende Verfahren und Zystoskopie
Ein weiterer Grund für eine Uroflowmetrie bei Männern mit LUTS ist die Erfassung des Entleerungsvermögens vor einem chirurgischen Eingriff aufgrund einer BPH. Ein Gesamtvolumen der Miktion von 150 ml reicht für eine aussagefähige Uroflowmetrie aus. Darüber hinaus können die Patienten auf ein eventuelles Restharnvolumen untersucht werden.
Weitere diagnostische Optionen sind bildgebende Verfahren, wie die abdominale oder transrektale Sonografie, MRT- oder CT-Querschnittsaufnahmen sowie die Zystoskopie vor einer chirurgischen Intervention zur Bestimmung der Prostatagröße [7,8].
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Zystoskopische Aufnahme der Prostata – Die Pars prostatica der Urethra wird durch vergrößerte Prostatalappen eingeengt.
Konservative Therapie
Nach der gemeinsamen Entscheidungsfindung über die Art der Therapie können Patienten mit einer Anpassung ihres Verhaltens beginnen oder es setzt eine medikamentöse Behandlung ein. Bei einigen Männern wird kann schließlich ein chirurgischer Eingriff erforderlich sein.
Alpha-Blocker sind der verbreitetste Wirkstoff zur First-line-Behandlung der BPH und der LUTS [12]. Diese Substanzen entspannen die glatte Muskulatur am Blasenhals und in der gesamten Prostata [5]. Der Patient sollte auch mit Blick auf die möglichen Nebenwirkungen wie Schwindel, retrograde Ejakulation und Rhinitis beraten werden [5].
Eine besondere Nebenwirkung tritt bei Tamsulosin auf: Im Falle einer Kataraktoperation unter Einnahme dieses Wirkstoffes kommt es intraoperativ vermehrt zum sog. Floppy-Iris-Syndrom [13].Vaporisieren, Lasern, Liften? Ein Album der Therapie-Optionen für benigne Prostatahyperplasie – plus Diagnose-Fragebogen
5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren (5-ARI) sind eine weitere Wirkstoffklasse, die gegen das BHP wirksam ist. Diese Medikamente behandeln die obstruktive Komponente der BPH, indem sie das Prostatavolumen reduzieren [12]. Sie verhindern die Umwandlung von Testosteron in das potente Androgen Dihydrotestosteron (DHT), das lokal, jedoch nicht systemisch wirkt [5,12].
Beachten Sie, dass die Patienten aufgrund des sehr langsamen Wirkeintritts der 5-ARIs möglicherweise 3 bis 6 Monate lang keinen klinischen Effekt bemerken. Zu den unerwünschten Wirkungen, die mit dieser Medikamentenklasse im ersten Jahr der Behandlung verbunden sind, gehören verminderte Libido, erektile Dysfunktion, Ejakulationsstörungen, Gynäkomastie (s. Abb.), Brustspannung und Hautausschläge [14].
Eine Kombinationstherapie aus Alpha-Blockern und 5-ARI hat sich auch bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer BPH mit LUTS, die ein Prostatavolumen von über 40 g aufweisen, als vorteilhaft erwiesen [12].
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Manchmal wird die Prostata so groß, dass der Patient kein Wasser mehr lassen kann, und auch ein normaler Foley-Katheter lässt sich dann womöglich nicht mehr platzieren. In einer Untersuchung hatten 53% der Patienten, die sich wegen eines solchen akuten Harnverhaltes vorstellten, eine BHP [15].
Die beste Alternative bei einer fehlgeschlagenen Foley-Katheterisierung ist die Verwendung eines Coudé-Katheters (s. Abb), der eine gebogene Spitze (Pfeil) hat. Damit kann der Katheter auch eine Abwinkelung der Harnröhre infolge der vergrößerten Prostata überwinden. Der Ballonport ist in der gleichen Ebene wie die abgewinkelte Spitze angelegt, sodass der Behandler stets weiß, wie die Spitze ausgerichtet ist, um so besser manövrieren zu können.
Falls auch kein Coudé-Katheter eingeführt werden kann, ist eine flexible Zystoskopie (zur Platzierung eines Foley-Katheters) oder die Einführung eines suprapubischen Blasenkatheters erforderlich [16].
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Die Abbildung zeigt die chirurgische Resektion von adenomatösem Gewebe mit einer bipolaren Resektionsschlinge.
Chirurgische Therapie
Nach den AUA-Leitlinien für die BPH gibt es folgende Indikationen für eine chirurgische Intervention: sekundäre Niereninsuffizienz bei BPH, sekundärer Harnverhalt bei BPH, rezidivierende Harnwegsinfekte, rezidivierende Blasensteine oder Makrohämaturie aufgrund einer BPH und/oder einer LUTS, die auf eine BPH zurückzuführen ist und die nicht auf andere Therapien anspricht und/oder bei der andere Therapien nicht angewandt werden können [7,8].
Transurethrale Prostataresektion (TUPR)
Die TURP in monopolarer oder bipolarer Ausführung (je nach Erfahrung des Chirurgen) ist der aktuelle Goldstandard unter den operativen BPH-Therapien.
Die meisten Patienten bemerken unmittelbar nach der Operation eine Verbesserung bei der Miktion. Bei einigen Patienten stellt sich die Verbesserung jedoch etwas verzögert ein, wenn sie bereits Symptome eines Harnverhalts oder eine Blasenfunktionsstörung aufgewiesen haben.
Achtung: Bei einer TURP mit monopolarem Strom kann es zu einem TURP-Syndrom kommen. Dabei dringt salzfreie Spülflüssigkeit über eröffnete Venen oder die perforierte Prostatakapsel in das Kreislaufsystem und erzeugt eine Volumenüberlastung und eine Hyponatriämie [7,17].
Transurethrale Vaporisation und transurethraler Prostatainzision
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Transurethrale Vaporisation und transurethraler Prostatainzision
Patienten mit einer BPH können sich auch einer transurethralen Vaporisation der Prostata (TUVP) mit bipolarer Energie unterziehen [7,8]. Dieses Verfahren wird üblicherweise mit einem speziellen Instrument mit knopf-, kugel- oder pilzförmigem Aufsatz durchgeführt, mit dem dann das Prostatagewebe „verdampft“ wird (s. Abb.).
Patienten, die das Risiko einer retrograden Ejakulation verringern möchten oder die eine Prostataverkleinerung wünschen (≤ 30 g), können sich für eine transurethrale Prostatainzision (TUIP) entscheiden [7,8].
Photoselektive Vaporisation
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Photoselektive Vaporisation
Die photoselektive Vaporisation (PVP) ist eine weitere operative BPH-Therapie [7,8]. Bei diesem Verfahren wird ein Laser verwendet, der einen niedrigen Absorptionskoeffizienten für Wasser, jedoch eine hohe Affinität für Hämoglobin besitzt, was zu einer selektiven Absorption durch das Oxyhämoglobin-Chromophor führt.
Die Ergebnisse der GOLIATH-Studie zeigten nach einem Follow-up von 2 Jahren, dass eine PVP hinsichtlich des IPSS und der Entleerungsgeschwindigkeit der TURP nicht unterlegen ist [18]. Patienten mit einem Prostatavolumen über 80 g waren jedoch von dieser Studie ausgeschlossen. Darüber wurde festgestellt, dass das Greenlight-XPS-Laser-Therapiesystem (s. Abb.) die Blutungskomplikationen im Vergleich zur monopolaren TURP verringert.
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Dieses Bild stammt von einem BPH-Patienten mit sekundären Blasensteinen. Hier kommt ein Holmium-Laser zum Einsatz, mit dem nicht nur eine Lithotripsie der Steine möglich ist, sondern auch eine Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP) durchgeführt werden kann.
Laser-Enukleation der Prostata
Der Einsatz von Holmium- und Thulium-Lasern (ThuL) ist eine weitere interventionelle Option bei BPH [7-9]. Aufgrund der geringen Eindringtiefe und der hohen Vaporisation eignen sich beiden Lasertypen gut für Prostataoperationen. Die Laser werden üblicherweise zur Enukleation des Prostatagewebes eingesetzt, das dann endoskopisch morcelliert wird.
In einigen Studien wurden für die HoLEP- oder ThuLEP-Interventionen ein geringerer Bedarf an postoperativen Transfusionen, kürzere postoperative Katheterzeiten und kürzere Klinikaufenthalte im Vergleich zur TURP ausgewiesen [19]. Nachteilig bei der Laser-Enukleation ist jedoch die Lernkurve [19], bis Ärzte die Methode gut beherrschen.
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Die Abbildung zeigt ein Prostataresektat nach offener suprapubischer Prostatektomie. Die obstruktiv gewachsene Prostata hatte einen signifikant vergrößerten Mittellappen und ein Gesamtvolumen von etwa 140 g.
Einfache Prostatektomie
Bei Patienten mit BPH, LUTS und einer sehr großen Prostata (> 80 g) oder bei Patienten mit großen Blasendivertikeln oder Blasensteinen ist die einfache Prostatektomie immer noch eine praktikable Behandlungsoption. Zu den möglichen Komplikationen gehören jedoch der Blutverlust und die postoperativen Transfusionen. Durch minimal-invasive Techniken scheinen sich diese Risiken weiter senken zu lassen [19].Urolift-Implantat
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Urolift-Implantat
Durch das Aufkommen neuer Techniken und Technologien hat sich auch das Urolift-Implantat über einen minimal-invasiven Zugang als Behandlungsalternative bei der BPH etabliert [7-9]. Dabei wird das hyperplastische Prostatagewebe angehoben und aus dem Weg der Harnröhre gehalten. Dazu werden mithilfe eines Zystoskops 4 bis 6 Implantate eingebracht, die das Gewebe retrahieren.
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Die Abbildung links zeigt das präoperative Bild eines obstruierenden Prostata-Lappens, die Abbildung rechts den postoperativen Status des anterioren Kanals mit den durch UroLift-Implantate zur Seite retrahierten Lappen.
Entscheidend für den Erfolg des Verfahrens ist die richtige Auswahl der Patienten. Die Größe ihrer Prostata sollte unter 80 g liegen. Die 5-Jahres-Ergebnisse der LIFT-Studie an Patienten, die sich diesem Verfahren unterzogen hatten, zeigten, dass keine Dysfunktionen bei Erektion oder Ejakulation aufgetreten waren und sich die Entleerungssymptome verbessert hatten [21].
Wasserdampfablation
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Wasserdampfablation
Eine weitere minimal-invasive Technik ist die Anwendung der konvektiven Wasserdampftherapie [7-9]. Bei diesem Verfahren wird thermische Energie gezielt und in kontrollierter Dosierung direkt in die Prostata abgegeben, wodurch ein Absterben von Zellen in der Übergangszone erreicht wird. Das Verfahren kann ambulant oder in einem Operationssaal durchgeführt werden.
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Eine Studie belegte die nachhaltige Wirkung in Form einer verbesserten Entleerung durch die Rezum-Wasserdampfablation (> 4 Jahre) [22]. Die Patienten beschrieben keinerlei unerwünschte Wirkungen bei den Sexualfunktionen. Die Quote der Rezidivbehandlungen lag bei 4,4%.
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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