
Medscape-Report: Burnout und Depression sind weit verbreitet. Warum der Arztberuf krankmachen kann und was davor schützt
Ärzte beraten ihre Patienten, wie man gesund leben soll. Sie heilen, retten Leben und werden durch ihren Beruf häufig selbst krank. Wie sehr Mediziner in Deutschland gestresst und überfordert sind, zeigt dieser aktuelle Report von Medscape. Jeder 2. teilnehmende Arzt berichtet von Gefühlen körperlicher, emotionaler und mentaler Erschöpfung.
Nach den Reports zum Einkommen, zur Berufsethik und zur Job-Zufriedenheit wollten wir diesmal in einer detaillierten Umfrage unter unseren Lesern wissen: Macht Sie Ihre Arbeit krank? Wir fragten nach, ob Mediziner Symptome eines Burnouts oder einer Depression haben. Zu den Folgen zählen auch Frustration und Zynismus im Job, sowie Zweifel an der eigenen Kompetenz und Qualität der Arbeit. 615 Leser (nicht repräsentativ) haben unseren Fragebogen beantwortet. So ist ein differenziertes Bild über die möglichen Ursachen der Überlastung entstanden.
Symptome von Burnout und Depressionen kennen überraschend viele Ärzte in unterschiedlicher Ausprägung. In den Kommentaren äußern die Teilnehmer häufig, dass sie „gereizt sind, schlecht schlafen, sich erschöpft fühlen und zurückziehen. Freunde und Familie werden vernachlässigt.“ Bei einigen geht die Belastung soweit, dass sie sogar überlegen, ihren Beruf an den Nagel zu hängen. Ein Gynäkologe um die 50 sagt zum Beispiel: „Ich habe kaum noch Freizeit, komme nur noch zum Schlafen nach Hause und im Urlaub bin ich immer krank, kann mich also auch nicht erholen.“
Dass die Probleme über die Grenzen hinweg gravierend sind und Mediziner auch international an ihre Belastungsgrenzen stoßen, dokumentiert der Global Burnout Report von Medscape mit insgesamt 20.000 Teilnehmern. Im Ländervergleich mit den USA, Frankreich, Spanien, Portugal und Großbritannien schneidet Deutschland noch vergleichsweise gut ab.
Das System, die Chefs oder die Kollegen – wer sind die Trigger für die psychischen Probleme? Unsere Leser haben darauf klare Antworten. Ärzte wissen, was man ändern müsste. Doch handeln sie danach?
Der Report zeigt, wo sie sich Hilfe holen und was sie selbst unternehmen, um einen gesunden Ausgleich zum Stress im Job zu schaffen. Für Leser können diese Ergebnisse einen Anstoß liefern zur Selbstreflexion. Würden Sie ähnlich antworten wie Ihre Kollegen?
Anmerkung zur Methodik (siehe auch Slide 21 bis 23): Die internationale Online-Umfrage wurde von April bis Juni 2018 unter den Mitgliedern von Medscape durchgeführt. In Deutschland haben 615 Ärzte die Umfrage abgeschlossen, darunter doppelt so viele Männer wie Frauen. Die Mehrzahl der Teilnehmer ist älter als 45 Jahre. Wenn nicht anders vermerkt, beziehen sich die Auswertungen auf in Vollzeit tätige Ärzte. Die Sample-Größe dieser Umfrage ist nicht repräsentativ. Die Fehlergrenze beträgt +/- 3,95% (IC 95%). Hinweis: Übersteigt die Summe der Prozentpunkte 100% waren bei der entsprechende Frage mehrere Antworten möglich oder es wurde gerundet.
Burnout, Depression oder beides?
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Burnout, Depression oder beides?
Fast jeder 2. Teilnehmer dieser Umfrage berichtet über psychische Probleme.
24% der Mediziner geben an, dass sie unter Depressionen leiden. Jüngere Ärzte unter 45 (31%) waren etwas stärker davon belastet als ältere (21%).
12% aller Mediziner bezeichnen ihre Probleme als Burnout. Außerdem glauben 9%, dass dieser auch mit einer Depression verbunden ist. Auch für Fachleute sind die beiden Krankheitsbilder nicht eindeutig zu trennen. Auf die Frage, ob ein Burnout zur Depression geführt hat, antworten 74% der Ärzte mit „Ja“ (Daten nicht gezeigt). Insgesamt benützt also fast jeder 5. Arzt den Begriff Burnout für seine Beschwerden.
Zur Definition der Begriffe im Fragebogen: Medscape wollte von seinen Lesern wissen, ob sie ein Gefühl von körperlicher, emotionaler und mentaler Erschöpfung empfinden. Außerdem fragten wir nach Frustration und Zynismus im Job, sowie nach Zweifeln an der eigenen Kompetenz und Qualität der Arbeit.
Wie schlecht fühlen Sie sich?
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Wie schlecht fühlen Sie sich?
Auch wenn sich jeder 4. Arzt depressiv fühlt – ganz so schlimm ist der Alltag für viele dann doch nicht: Dreiviertel der Befragten, die angeben, dass sie unter einer Depression leiden, bezeichnen die Symptome eher als leicht: Sie fühlen sich traurig oder "down", was als depressive Verstimmung definiert wird.
Die gute Nachricht: Nur 6 von 100 Ärzten bewerten ihre psychischen Probleme als klinisch manifeste Depression. Damit ist eine schwere Depression gemeint, die einige Zeit andauert und z.B. nicht durch ein trauriges Ereignis ausgelöst worden ist. Eine Ärztin Ende 50 sagt: „Ich fühle mich kraftlos – auch in der Freizeit und habe oft das Gefühl nicht richtig zu leben.“
Macht der Arztberuf depressiv?
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Macht der Arztberuf depressiv?
Eine Depression kann viele Ursachen haben. Fast jeder 2. Mediziner mit einer Depression gibt an, dass sein Berufsalltag zu seinen Symptomen beiträgt. Mehrere Antworten waren in der Umfrage erlaubt. Wer im Krankenhaus arbeitet, nannte diesen Grund etwas häufiger als niedergelassene Ärzte. Eine Urologin in ihren 30ern nennt „mobbende Vorgesetzte“ als Auslöser ihrer psychischen Belastung. Ein junger Kardiologe hofft auf einen „baldigen Führungswechsel“ in seiner Klinik, damit es ihm bessergeht.
Schwierigkeiten im privaten Umfeld, etwa in der Familie oder in Liebesbeziehungen, spielen jeweils für jeden 6. Arzt eine Rolle für seine Depression. Ähnlich relevant sind finanzielle und gesundheitliche Probleme. Interessant ist, dass Ärzte unter 45 Jahren doppelt so häufig familiäre Gründe als Ursache nennen wie ihre älteren Kollegen. „Stress durch Scheidung, Tod und Krankheit in der Familie“ nennen Teilnehmer der Umfrage häufig in der Kommentarspalte.
Behandeln depressive Ärzte ihre Patienten schlechter?
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Behandeln depressive Ärzte ihre Patienten schlechter?
Die gute Nachricht: 41% der Ärzte mit einer Depression gehen davon aus, dass sich ihre persönlichen Probleme nicht auf das Verhältnis zu ihren Patienten auswirken.
Aber gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit, dass man von einem genervten (37%), unfreundlichen Arzt (25%) behandelt wird, sehr groß. Niedergelassene lassen sich häufiger gehen als Klinikärzte. Jeder 20. lebt seine Frustration offen vor seinen Patienten aus – was immer das im Detail bedeutet.
Wirklich gefährlich wird es für Patienten eher selten. 13% der Ärzte mit einer Depression machen zwar Fehler, die sie normalerweise nicht machen würden. Aber nur 2% sehen eine Gefahr, dass ihr psychischer Zustand dem Patienten schaden könnte. „Die Anspruchshaltung der Patienteneltern frustriert“ und er habe „Angst vor Behandlungsfehlern“, gibt z.B. ein Pädiater mit Depressionen zu Protokoll.
Schlechtes Arbeitsklima
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Schlechtes Arbeitsklima
Wenn Mediziner Depressionen haben, leiden ihre Angestellten und Kollegen mit. Ein Dominoeffekt, der viele Menschen im Gesundheitsbereich betrifft. Als Nebenwirkungen dominieren Gereiztheit (46%) und Unfreundlichkeit (34%). Vor allem die Männer (41%) büßen im Vergleich zu Frauen (21%) an Nettigkeit ein (Daten nicht dargestellt). Ein junger Chirurg um die 30 empfindet „Zorn, Lustlosigkeit, Resignation und Aggressionen gegen die dummen, unzumutbaren Zustände in den Kliniken.“
Aber nicht nur der Spaß im Job geht verloren, auch das Engagement nimmt ab (28%). Ärzte hören zum Beispiel nicht gut zu und beantworten kaum Fragen.
Traurig: Am häufigsten lassen Ärzte Ihre Unzufriedenheit (46% gereizt, 34% unfreundlich) an ihren Mitarbeitern aus. Sie haben ihre schlechten Stimmungen ihnen gegenüber also weniger im Griff, als gegenüber ihren Patienten.
Ernsthafte Probleme durch Burnout
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Ernsthafte Probleme durch Burnout
Jeder 5. Mediziner gibt in dieser Umfrage an, dass er Erfahrungen mit einem Burnout hat (siehe Slide 2). Aber wie schlimm sind die Ärzte dadurch belastet?
Es handelt sich keinesfalls um eine Laune oder Modekrankheit, denn 60% der Ärzte fühlen sich seit mehr als einem Jahr beeinträchtigt. Auch der Rest lebt mit den Symptomen des Burnouts über mehrere Monate.
Die Mehrheit stuft die Symptome als mittlere Intensität (Stufe 3 bis 5) ein. Aber ein Fünftel empfinden die Burnout-Anzeichen als starke Beeinträchtigung im Alltag (Stufe 6 und 7). Jeder 6. geht sogar so weit, dass er sich überlegt, den Arztberuf an den Nagel zu hängen.
Ein Chirurg berichtet: „Das Selbstvertrauen in meine Arbeit und Leistung ist stark angeschlagen.“ Ein Fachkollege Anfang 60 denkt wie viele in seinem Alter darüber nach, „früher aufzuhören“.
Diese Faktoren triggern bei Ärzten den Burnout
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Diese Faktoren triggern bei Ärzten den Burnout
Als häufigste Ursache des Ausgebranntseins nennen Ärzte: zu viel Arbeit. Vor allem die Verwaltungsaufgaben empfinden sie als große Belastung. Jeder 2. hadert mit der Arbeitslast. Zertifizierungsprozesse, fehlender Respekt von Patienten und schwindende Abrechnungsmöglichkeiten sind dagegen eher nachrangige Trigger für Burnout.
Interessante Unterschiede finden sich zwischen Krankenhausärzten und Niedergelassenen. Viele Ärzte in einer Praxis (37%) hadern mit den Regularien der Gesetzgeber – im Gegensatz zu ihren Kollegen in der Klinik (8%).
Klinikärzte haben andere Probleme, die zu ihrem Burnout beitragen: Im Vergleich zu Niedergelassenen stehen sie sehr viel häufiger unter dem Druck, Gewinne auf Kosten des Patientenwohls erwirtschaften zu müssen (42% versus 9%). Auch fühlen sie sich häufiger als kleines Rädchen im System (12% versus 0%). Sie bedauern zudem häufiger den Mangel an Respekt durch Arbeitgeber, Verwaltung und Kollegen. Eine Ärztin um die 40 sagt: „Ich habe zuviel Arbeit und das Gefühl nichts in Ruhe bearbeiten zu können.“
Burnout und seine Nebenwirkungen
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Burnout und seine Nebenwirkungen
Jeder Mensch reagiert bei einem Burnout anders. Um sich zu schützen oder ein bisschen besser zu fühlen, nennen die Ärzte in dieser Umfrage vor allem den Rückzug vor den Mitmenschen als häufigste Verhaltensweise während einer schlechten Phase. Schlafen (44%) ist auch eine Form der Isolation. Lust auf Sport (30%) ist ein gesunder Nebeneffekt, im Gegensatz zu ungesundem Essen (41%) oder sogar Fressattacken (20%) und Alkohol (20%). Ein Trost: In Pillen und Drogen sehen nur wenige einen Ausweg.
Burnout – so helfen sich Ärzte selbst
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Burnout – so helfen sich Ärzte selbst
Manche, die einen Burnout erlebt haben oder gerade durchmachen, haben mit Veränderungen reagiert, und konnten so ihre Psyche stabilisieren: Jeder 4. hat seinen Workflow verändert und/oder seine Arbeitszeit reduziert. Vor allem Mediziner in einer Praxis haben dadurch eine Milderung ihrer Probleme erreicht.
Manchmal hilft am besten ein Jobwechsel (15%). Das sehen vor allem junge Mediziner (32%) so und Angestellte in Krankenhäusern (18%) (Detaildaten nicht dargestellt). Erstaunlich hoch ist jedoch der Anteil (42%) der Ärzte, die mit den aufgelisteten Vorschlägen keine Verbesserung erzielt haben.
Maßnahmen gegen Burnout – was wünschen Sie sich im Job?
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Maßnahmen gegen Burnout – was wünschen Sie sich im Job?
Eine bessere Bezahlung würde gegen Burnout helfen. Das sagen 38% der Teilnehmer dieser Umfrage. In einem gewissen Widerspruch steht die Forderung, die am zweithäufigsten genannt wird: Ein Drittel der Mediziner wünschen sich, dass sie wieder mehr auf das Wohl der Patienten achten können als auf die Maximierung der Gewinne.
Auch hier setzen Kliniker andere Prioritäten als Niedergelassene: Weniger Einfluss der Gesetzgeber wünschen sich vor allem die Niedergelassenen (56% versus 17%). Doppelt so häufig hätten sie gerne mehr Geld (56% versus 24%).
Weiterbildungsangebote und Karriere spielen anscheinend nur für Kliniker eine Rolle (11% versus 0%). Sie fordern auch mehr Respekt von der Verwaltung und von Kollegen. Ärzte in Krankenhäusern würden sich außerdem besser fühlen, wenn sie sich mehr um das Wohl der Patienten kümmern könnten, ohne ständig die Gewinne für die Klinik im Blick haben zu müssen.
HIlfe? Nein, schaff ich allein!
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HIlfe? Nein, schaff ich allein!
Obwohl Ärzte eigentlich über die Therapie-Möglichkeiten bei Burnout und Depressionen Bescheid wissen sollten, wenden Sie ihre Fachkompetenz oft nicht an, wenn es um ihre eigene Person geht.
Nur 19% der Betroffenen haben sich in der Vergangenheit professionelle Hilfe bei einem Psychotherapeuten, Coach, Psychiater oder einem Arzt mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung gesucht. Vor allem die älteren Kollegen wurden aktiv. Nur sehr wenige sind gerade dabei oder planen dies. 60% halten dagegen therapeutische Unterstützung bisher für unnötig.
Aber warum suchen so viele Ärzte keine Hilfe? 4 von 10 denken, dass Sie Ihre psychischen Probleme selbst in den Griff bekommen werden. Genauso viele sind der Meinung, dass ihre negativen Gefühle nicht gravierend genug sind, um Unterstützung von Profis zu brauchen. Jeder 3. ist zu beschäftigt, um sich neben seinem Job Zeit für Therapiesitzungen zu nehmen.
Positiv ist, dass Scham und mangelndes Vertrauen in eine psychotherapeutische Begleitung nur jeden 10. Mediziner daran hindern, Hilfe zu suchen.
Wo Ärzte Hilfe suchen
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Wo Ärzte Hilfe suchen
Fast die Hälfte, die Hilfe suchen, wenden sich an einen ausgebildeten Therapeuten. Einen Kollegen, also einen Mediziner mit therapeutischer Zusatzausbildung (21%) oder einen Psychiater (17%), suchen fast ebenso viele auf.
Nur jeder 10. wendet sich an einen Coach oder Berater. Auf Freunde und Kollegen vertrauen Ärzte kaum, wenn sie Linderung für ihre Depressionen oder Burnout-Symptome suchen. Sie setzen also eher auf die Profis, wenn sie schon mal den Schritt wagen, sich helfen zu lassen.
Kaum Angebote, aber auch kein Interesse an Stressreduktion
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Kaum Angebote, aber auch kein Interesse an Stressreduktion
Unbestritten ist, dass der Arztberuf sehr fordernd ist. Trotzdem gibt es anscheinend kaum Hilfsangebote vom Arbeitgeber. 2 Drittel der Ärzte geben an, dass an ihrem Arbeitsplatz kein Kurs zur Stressreduktion oder keine Hilfe gegen Burnout angeboten wird. Angestellten in Kliniken (67%) geht es kaum besser als Medizinern in Arztpraxen (86%).
Aber wie offen wären Ärzte für ein solches Angebot? Wie groß ist der Wunsch, dass der Arbeitgeber ein Programm zur Stressreduktion anbietet? Die Antworten sind ernüchternd: Nur rund ein Viertel der Ärzte, die bisher kein Angebot im Job vorfinden, würden gerne an einer Präventionsmaßnahme gegen Burnout teilnehmen. Frauen sind für eine solche Begleitung offener als Männer.
Sind Sie glücklich?
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Sind Sie glücklich?
Obwohl so viele Ärzte angeben, dass Sie – zumindest leichte – Depressionen und Burnout-Symptome haben, scheint das Ihre Fähigkeit zum Glück nicht dramatisch zu vermindern. Über die Hälfte aller Umfrage-Teilnehmer bezeichnet ihr Privatleben als sehr oder extrem glücklich. Zählt man noch die weniger enthusiastischen Mediziner (eher glücklich: 23%) dazu, sind es sogar in der Summe 85%.
Auch das Arbeitsleben beschreiben die meisten in dieser Umfrage als fast so glücklich wie ihr Privatleben. Ein Drittel geben an, dass sie sehr oder sogar extrem glücklich sind in ihrem Job. Genauso viele antworten moderat "ich bin eher glücklich". Niedergelassene (43% - Daten nicht dargestellt) fühlen sich häufiger sehr glücklich als ihre Kollegen in der Klinik (27%). Nur ein Fünftel würde sich im Joballtag eher als unglücklich oder sehr unglücklich bezeichnen.
Das ist überraschend, weil in dieser Umfrage gleichzeitig fast jeder 2. Arzt angibt, dass er Symptome von Depressionen und Burnout an sich wahrnimmt (siehe Slide 2). Scheinbar schließen sich die gegensätzlichen Gemütslagen nicht aus und viele zählen sich trotz ihrer Probleme zu der Gruppe der Glücklichen.
Ein Internist erklärt dazu in den Kommentaren: „Die Arbeit in meiner eigenen Praxis ist sinnvoll, macht Spaß und ist erfolgreich. Die Missstände kommen von extern.“ Ein anderer fühlt sich als „Spielball der Politik“.
Sport, Übergewicht und die Liebe zum Wein
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Sport, Übergewicht und die Liebe zum Wein
Wer viel arbeitet, sollte versuchen so gesund wie möglich zuleben. Echte Sportmuffel sind nur sehr wenige Umfrage-Teilnehmer (13%). Addiert man zu ihnen jedoch jenes Drittel, das nur einmal pro Woche oder weniger Sport macht, könnte man meinen, dass wahrscheinlich fast die Hälfte der Ärzte nicht das Bewegungspensum erreicht, welches sie ihren Patienten anraten. (Als empfehlenswert gelten allgemein mindestens 150 Minuten Sport pro Woche.) Positiv ist, dass sich immerhin 55% der Ärzte ausreichend bewegen.
Eine Notfall-Medizinerin, Anfang 50, hat für sich einige Rezepte gegen Burnout gefunden: „Ich mache viel Sport, betreue 2 Gärten, mache Musik und bin interessiert an Kunst. Wir haben außerdem ein gutes Team von Schwestern und Ärzten, die bereits lange zusammenarbeiten, sich achten und auch mal etwas zusammen unternehmen.“
Aber viele Ärzte kämpfen, ähnlich wie ihre Patienten, gegen Übergewicht (38%) und die Verlockungen von gutem Essen. Fast 2 Drittel versuchen ihr Körpergewicht zu verringern oder zu halten. Nur 28% der Umfrageteilnehmer kontrollieren nicht aktiv ihr Gewicht.
Was den Alkoholkonsum angeht, bewegen sich die meisten Mediziner – laut dieser Umfrage – im grünen Bereich. Nur etwa jeder 10. versucht, seine Sorgen mit Alkohol zu bekämpfen. Ebenso viele sind Abstinenzler. Unter ihnen finden sich doppelt so viele Frauen (17%) wie Männer (9%). Noch vernünftiger verhalten sich Ärzte beim Nikotinkonsum (Daten nicht dargestellt). Rauchen (14%), der Konsum von E-Zigaretten (2%) oder Cannabis (1%) sind unter Ärzte nicht mehr populär. 84% sagen strikt "Nein" dazu.
Zeit für Freunde und Familie
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Zeit für Freunde und Familie
Und wie sieht das Sozialleben von Ärzten aus? Welche Rolle spielen Freunde, Familie, Kinder? Vor allem, wenn man sich neben einem stressigen Job noch um die Kinder, Eltern oder andere Familienmitglieder kümmern will oder muss, kann dies schnell zu einer Überlastung führen.
Die große Mehrheit der Mediziner, die an dieser Umfrage teilnahmen, nämlich 64%, leben ohne Kinder (0 bis 17 Jahre) im Haushalt. Möglicherweise sind sie schon bei einigen ausgezogen, weil die Mehrzahl in dieser Gruppe (69% - Daten nicht dargestellt) ältere Kollegen sind. Immerhin lebt fast jeder 3. Arzt mit einem oder 2 Kindern unter einem Dach. 4 Kindern sind eine absolute Rarität. Ein Kardiologe, 50 plus, nennt die familiären Auswirkungen seines Burnouts: „Unlust, Partnerschaftsprobleme und inadäquates Verhalten gegenüber den eigenen Kindern.“ In dieser Umfrage gibt zudem einer von 5 Medizinern an, dass er auf sich auch um seine Eltern und andere Verwandte kümmern muss (Daten nicht dargestellt).
Als gesunder Ausgleich sind Freundschaften sehr wertvoll. Gut, dass fast 2 Drittel der Ärzte 1 bis 6 enge Freunde haben. Traurig ist dagegen, dass jeder 20. bei der Zahl der Freunde „Null“ angibt.
Zeit für eine Partnerschaft?
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Zeit für eine Partnerschaft?
Die große Mehrheit der Ärzte dieser Umfrage ist in festen Händen. 67% sind verheiratet und weitere 15% leben in einer Partnerschaft. Ungefähr jeder 10. ist Single und nur 7% geben Ihren Beziehungsstatus als geschieden an.
Und was arbeitet die bessere Hälfte? Jeder 4. Ehe- oder Lebenspartner ist auch Arzt oder Ärztin. Ein weiteres Drittel ist zumindest im Gesundheitsbereich tätig. Über die Hälfte teilt also beruflich gemeinsame Interessen.
Kann Gott helfen?
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Kann Gott helfen?
Hilft Religion und Spiritualität Ärzten heutzutage noch dabei, den Alltag zu meistern? Für 39% spielt der Glaube keine Rolle. Sie sind weder religiös noch spirituell orientiert. Fast die Hälfte aller Ärzte bezeichnen sich jedoch als gläubig. Überraschend ist, dass die Religion in dieser Umfrage nur von wenigen Teilnehmern genannt wird (8%). Einen deutlich höheren Stellenwert hat die Spiritualität mit 40%.
In diesen beiden Gruppen antworten immerhin 66% der Ärzte, dass ihnen Glaube und Spiritualität hilft, gute Arbeit zu leisten und im Joballtag zu funktionieren.
Zu viel Arbeit – zu wenig Urlaub?
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Zu viel Arbeit – zu wenig Urlaub?
Ein Burnout ist häufig die Folge einer Überlastung im Job. Überstunden sind im Medizinbetrieb die Regel. Das machen auch die Medscape-Leser in dieser Umfrage deutlich: 3 Viertel der Ärzte arbeiten mehr als 40 Stunden pro Woche.
Männer nehmen häufiger (81%) Überstunden in Kauf als Frauen (63%). Außerdem absolvieren Fachärzte (77%) längere Schichten als die Generalisten (64%). 85% Prozent der Ärzte (Daten nicht dargestellt), die an dieser Umfrage teilgenommen haben, arbeiten in Vollzeit.
Die Hälfte aller Ärzte kann jedes Jahr 5 bis 6 Wochen Urlaub nehmen. Das entspricht in Deutschland ungefähr dem durchschnittlichen Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers. Jeder 3. Arzt kann nur maximal 4 Wochen frei nehmen. Jeder 5. gönnt sich allerdings mehr als 6 Wochen. Diese sind häufiger über 45 Jahre alt und haben eine eigene Praxis.
Alter, Geschlecht und Arbeitsort
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Alter, Geschlecht und Arbeitsort
Der größte Anteil der Teilnehmer der Umfrage arbeitet in den bevölkerungsreichen Bundesländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Sie sind in der Mehrzahl über 45 Jahre alt. Männer sind doppelt so häufig vertreten wie Frauen.
Klinik oder Praxis?
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Klinik oder Praxis?
Die Hälfte der Teilnehmer dieser Umfrage arbeitet im Krankenhaus. Insgesamt 40% haben einen Job im niedergelassenen Bereich. Die große Mehrheit (68%) ist in einem Angestelltenverhältnis tätig, was sich möglicherweise auf die Risiken von Burnout und Depressionen auswirken kann, weil man weniger selbstbestimmt arbeitet. Nur knapp jeder 5. ist alleiniger Betreiber einer Praxis. Jeder 10. hat sich mit Partnern in einer Gemeinschaftspraxis zusammengetan.
Teilnehmer nach Fachrichtungen
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Teilnehmer nach Fachrichtungen
Unter den Ärzten, die an der Medscape-Umfrage teilgenommen haben, sind auffallend viele Anästhesisten, Chirurgen, Internisten und Neurologen. Jeweils 6% kommen aus den Fachrichtungen Gynäkologie, Kardiologie und Orthopädie. 13% der Teilnehmer sind als Hausärzte tätig (nicht dargestellt).
Kommentar