San Diego – Lungenkrebs ist weltweit die häufigste krebsbedingte Todesursache. Über Chancen und Risiken von Computertomografie (CT)-Screenings diskutieren Forscher kontrovers, wie Medscape berichtet hat. Engt man berechtigte Personenkreise zu stark ein, bleibt als Risiko, Menschen mit frühen Krankheitsstadium auszuschließen. Ein zu weiter Fokus birgt die Gefahr von Überdiagnosen.
Deshalb haben Wissenschaftler aus Frankreich ein Modell entwickelt, das Biomarker und klinische Risikofaktoren einsetzt, um Personen zu identifizieren, die vom CT-Screening profitieren. Details haben sie beim 38. Annual Meeting der Society for Immunotherapy of Cancer (SITC) in San Diego vorgestellt [1]. Die Ergebnisse wurden auch im BMJ veröffentlicht [2].
Anhand von Algorithmen des maschinellen Lernens konnten die Forscher mehr als 30 Biomarker und 2 klinische Risikofaktoren identifizieren bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die geraucht haben. Speziell bei Patienten mit Li-Fraumeni-Syndrom waren es 13 Biomarker und 8 klinische Risikofaktoren.
Mit maschinellem Lernen zu neuen Erkenntnissen
Ziel des Projekts sei gewesen, die Krebsvorsorge zu optimieren und zu individualisieren, so Dr. Marine Fidelle, Forscherin am Institut Gustave Roussy, Paris.
Fidelle und Kollegen analysierten zunächst Daten von etwa 500 Patienten aus der PREVALUNG-Studie, an der aktuelle oder ehemalige Raucher mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Rahmen eines Lungenkrebs-Screening-Programms teilgenommen hatten. Das Team wertete Blut- und Stuhlproben aus, die Jahre vor der Krebs-Diagnose in Biobanken archiviert worden waren. Hinzu kamen Daten der Bildgebung (Low-Dose-CT-Scans der Brust).
Zur Validierung des Modells bewerteten die Forscher Blut- und Stuhlproben bei mehr als 100 Patienten der LIFSCREEN-Studie, die am Li-Fraumeni-Syndrom leiden, einer seltenen genetischen Störung, die das Krebsrisiko erhöht.
Über Algorithmen des maschinellen Lernens fanden sie 33 Biomarker und 2 klinische Risikofaktoren für Krebs bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie führten zu einer Krebs-Risikoabschätzung von 0,78 als Fläche unter der Kurve (AUC). In der Kohorte mit Li-Fraumeni-Syndrom sagten 13 lösliche Marker und 8 klinische Risikofaktoren das Krebsrisiko mit einer AUC von 0,82 voraus. In der PREVALUNG-Kohorte wurde bei 7% der Patienten Krebs diagnostiziert, bei 3,2% Lungenkrebs.
Auffällig sei, so Fidelle, dass bei Tabak-Screening-Scores als Einschlusskriterium für CT etwa 20 bis 50% der Patienten, bei denen in der PREVALUNG-Kohorte Krebs diagnostiziert wurde, nicht untersucht worden wären.
Geringe Kosten – leichte Anwendbarkeit
Dr. Christopher J. Manley, der nicht an der Studie beteiligt war, wies darauf hin, dass für eine erfolgreiche Krebs-Früherkennung eine flächendeckende Einführung, geringe Kosten und eine einfache Anwendung essenziell seien. Manley ist Direktor der interventionellen Pulmologie am Fox Chase Cancer Center in Philadelphia.
Die Strategie, Biomarker mit klinischen Risikofaktoren zu kombinieren, könne sich als „sichere und wirksame Methode zur Identifizierung von Patienten mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer bösartigen Erkrankung erweisen“, so Manley. „Wie die Autoren schreiben, kann dies dazu beitragen, Screenings zu optimieren.“ Dann hätten Ärzte die Möglichkeit, sich bei der Krebsprävention und der Früherkennung auf Personen mit dem höchsten Risiko zu konzentrieren.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Medscape.com . Er wurde von Michael van den Heuvel übersetzt und adaptiert.
Credits:
Photographer: © Ivan Shidlovski
Lead image: Dreamstime.com
Medscape © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Wer profitiert von Krebs-Screenings – und wer nicht? Biomarker weisen den Weg und helfen Ärzten bei der Entscheidung - Medscape - 21. Nov 2023.
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