Selbst 2 Jahre nach der Veröffentlichung europäischer Leitlinien für eine lipidsenkende Therapie bei Diabetikern werden risikobasierte Zielwerte für LDL-Cholesterin (LDL-C) oder Non-HDL-Cholesterin (Non-HDL-C) bei Patienten mit Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes selten erreicht, speziell bei Personen mit hohem bis sehr hohem Risiko. Das kritisieren Dr. Julia Brandts und Kollegen in Diabetes, Obesity and Metabolism[1]. Wie sie berichten, hätten Ärzte nur selten eine Kombination von Lipidsenkern verordnet.
Kardiovaskuläre Risiken minimieren
Zum Hintergrund: Europäische Leitlinien empfehlen je nach absolutem Risiko für Patienten unterschiedliche Grade der LDL-C-Senkung, und zwar mit niedrigeren LDL-C-Zielen für Personen mit höherem Risiko. Viele Patienten erreichen die Ziele trotz maximal verträglicher Statintherapie nicht, was den Einsatz hochintensiver Kombinationstherapien mit Lipidsenkern rechtfertigt. Doch wie verbreitet sind solche Strategien?
Um das herauszufinden, haben Brandts und Kollegen Registerdaten aus den Jahren 2020 und 2021 von 32.170 Erwachsenen mit Diabetes (8314 mit Typ-1-Diabetes, 23.856 mit Typ-2-Diabetes) analysiert.
30% der Patienten mit Typ-1-Diabetes und mit sehr hohem kardiovaskulärem Risiko erhielten Lipidsenker, wobei es sich vorwiegend um Statine handelte. Bei Personen mit hohem Risiko betrug die Statin-Anwendung etwa 5%, wobei PCSK9-Hemmer (Hemmstoffe der Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) oder Fibrate nur recht selten zum Einsatz kamen.
Rund 50% der Patienten mit Typ-2-Diabetes, bei denen Ärzte ein sehr hohes kardiovaskuläres Risiko festgestellt hatten, erhielten Statine. Ezetimib kam bei weniger als 5% dieser Patienten zum Einsatz – und PCSK9-Hemmer wurden praktisch nicht verordnet.
Personen mit niedrigem KHK-Risiko erreichen Lipidzielwerte öfter
Die Leitlinien unterscheiden beim kardiovaskulären Risiko 3 Kategorien: sehr hoch, hoch und moderat. Patienten mit niedrigerem kardiovaskulärem Risiko haben Lipidziele öfter erreicht als die anderen Gruppen.
Unter allen Patienten mit Typ-2-Diabetes erreichten 67,9% mit moderatem, 8,8% mit hohem und 4,5% mit sehr hohem Risiko die LDL-C-Zielwerte. Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes waren es 38,9%, 12,8% beziehungsweise 8,3%.
Non-HDL-C-Zielwerte wurden häufiger erreicht, Dies traf bei 89,3% der Patienten mit moderatem, bei 22,7% mit hohem und bei 14,3% mit sehr hohem Risiko mit Typ-1-Diabetes zu. Bei Typ-2-Diabetes waren es 72,2%, 16,4% beziehungsweise 16,0%.
Methodische Limitationen
Das Register umfasst nur fachärztlich behandelte Patienten und unterliegt möglicherweise einer „Best Case“-Selektionsverzerrung. Außerdem gab es keine Daten zu LDL-C-Werten vor der Behandlung, sodass keine Beurteilung der prozentuellen Senkung möglich war. Informationen zur Adhärenz fehlten ebenfalls. Alle Daten kamen aus einer Beobachtungsstudie.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.
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Diesen Artikel so zitieren: Ärzte verordnen Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes zu selten moderne Lipidsenker – Lipid-Zielwerte oft verfehlt - Medscape - 17. Nov 2023.
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