Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied mit Urteil vom 23. November 2021 (Az. VIII R 17/19), dass Zahnärzte ihren minderjährigen Kindern Praxisgewinne über eine stille Gesellschaft nach § 230 Handelsgesetzbuch (HGB) ermöglichen können. In der Öffentlichkeit wurde die Entscheidung nicht zuletzt als Steuergestaltungstipp gefeiert. Doch Vorsicht! Diese Art steuerlicher Gestaltung kann aus medizinrechtlichem Blickwinkel problematisch sein, warnt Christian Erbacher, Fachanwalt für Medizinrecht bei der Anwaltskanzlei Lyck+Pätzold. healthcare.recht.
Worum ging es?
Im Fall, den der BFH entschied, brachte ein Zahnarzt im Jahr 2008 jeweils 50.000 Euro als Einlage für seine minderjährigen Kinder in seine Zahnarztpraxis ein. Die Einlagen wurden den Kindern als Geschenke übertragen. Im Gegenzug erhielten die Kinder 10% der Praxisgewinne, wobei der jeweilige Anteil auf höchstens 15% der Einlage begrenzt war. Jedes Kind konnte jährlich maximal 7.500 Euro erhalten.
Gesellschaftsrechtliche Sonderform
Diese Gestaltung entspricht einer speziellen Form der Personengesellschaft, nämlich einer stillen Gesellschaft gemäß § 230 HGB. Der BFH betonte, dass es sich aufgrund des fehlenden Handelsgewerbes (der Zahnarzt oder Arzt übt einen freien Beruf aus, kein Gewerbe) nicht um eine stille Gesellschaft nach § 230 HGB handelt. Stattdessen handelt es sich um eine sogenannte „Innengesellschaft bürgerlichen Rechts“, die steuerlich einer stillen Gesellschaft gleichgestellt ist.

Christian Erbacher
Foto: Kanzlei Lyck+Pätzold. healthcare.recht.)
Von rein steuerlicher Seite aus betrachtet, mag diese Gestaltung sehr attraktiv sein. Die Zahlungen von maximal 7.500 Euro pro Kind sind für die Kinder steuerfrei, während der Zahnarzt die Auszahlungen als Betriebsausgaben geltend machen kann. Dies führt zu finanziellen Vorteilen für alle Beteiligten.
Risiken aus dem Medizinrecht
Trotz der steuerlichen Vorteile ist diese Gestaltung jedoch mit erheblichen medizinrechtlichen Risiken verbunden. Im medizinischen Bereich gilt nämlich das sogenannte Fremdbeteiligungsverbot. Dieses besagt, dass Dritte, wie zum Beispiel Kinder, keine Beteiligung an den Gewinnen der Praxis haben dürfen.
Obwohl es kein ausdrückliches Verbot für stille Beteiligungen gibt, wie es beispielsweise für Apotheken der Fall ist, finden sich Fremdbeteiligungsverbote in den Heilberufsgesetzen der Bundesländer und den Zulassungsverordnungen wieder.
Fazit
Die scheinbar vorteilhafte steuerliche Gestaltung, die durch das BFH-Urteil ermöglicht wird, birgt erhebliche medizinrechtliche Risiken.
Bei Nichtbeachtung dieser Vorschriften drohen Rückforderungen von Honoraren und sogar Fälle von Abrechnungsbetrug, was letztlich zur Entziehung von Zulassungen und Approbationen führen kann.
Es ist unerlässlich, dass Ärzte und Zahnärzte vor einer beabsichtigten Beteiligung auf das Medizinrecht spezialisierte Experten konsultieren, um sicherzustellen, dass sowohl die rechtlichen als auch die steuerlichen Aspekte ihrer Praxisgestaltung im Einklang stehen. Die Zeiten haben sich geändert, und eine fundierte Beratung ist heute wichtiger denn je.
Eine unüberlegte Umsetzung von steuerlichen Maßnahmen ohne Berücksichtigung der medizinrechtlichen Folgen kann schnell schwerwiegende Konsequenzen für die Praxis haben.
Dieser Artikel ist im Original am 24. Oktober 2023 erschienen auf Coliquio.de .
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Diesen Artikel so zitieren: Steuern sparen durch Beteiligung von Kindern an Praxis – kann problematische medizinrechtliche Folgen haben - Medscape - 8. Nov 2023.
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