Vaginale Östrogentherapie nach Brustkrebs; falsch-pos. Mammographien und Risikoanstieg; Updates zu Prostata- und Blasenkrebs

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

7. November 2023

Im Onko-Blog dieser Woche berichten wir unter anderem, dass eine vaginale Östrogentherapie bei Frauen mit Mammakarzinom das Krebs-bedingte Sterberisiko nicht erhöht. Falsch-positive Befunde der Mammographie können Hinweis auf ein erhöhtes Mammakarzinom-Risiko sein. Eine Zweit- oder Drittlinientherapie mit Erdafitinib kann bei Urothelkarzinom das Überleben im Vergleich zu Chemotherapie verlängern. Bei der Prämedikation vor einer Therapie mit Paclitaxel kann auf den H2-Blocker Ranitidin verzichtet werden – es kommt deshalb nicht häufiger zu Überempfindlichkeitsreaktionen.

  • Mammakarzinom: Keine erhöhte Krebs-spezifische Sterblichkeit durch vaginale Östrogentherapie

  • Mammakarzinom: Falsch-positive Mammographie als Hinweis auf erhöhtes Risiko

  • Prostatakarzinom: Docetaxel zusätzlich zur Standardtherapie kann bei niedrigem PSA-Spiegel die Prognose verbessern

  • Urothelkarzinom: Erdafitinib verlängert Überleben im Vergleich zu Chemotherapie nach Vorbehandlung

  • Großzelliges B-Zell-Lymphom: Bendamustin vor Apherese verschlechtert Ansprechen auf CAR-T-Zell-Therapie

  • Paclitaxel-Prämedikation: Verzicht auf Ranitidin möglich

Mammakarzinom: Keine erhöhte Krebs-spezifische Sterblichkeit durch vaginale Östrogentherapie 

Bei Frauen mit Urogenitalsyndrom und Mammakarzinom kann eine vaginale Östrogentherapie in Betracht gezogen werden. Eine Arbeitsgruppe aus Schottland und Irland fand in einer Kohortenstudie mit 49.237 Brustkrebs-Patientinnen keine Hinweise auf einen Anstieg der frühen Brustkrebs-spezifischen Sterblichkeit bei vaginaler Östrogentherapie im Vergleich zu keiner Therapie. 

Wie sie in  JAMA Oncology  berichtet, verwendeten in der Kohorte 5% der Frauen nach der Brustkrebsdiagnose eine vaginale Östrogentherapie. Insgesamt kam es zu 5.795 Krebs-bedingten Todesfällen. Mit vaginaler Östrogentherapie kam es im gepoolten, adjustierten Modell zu einem geringen Rückgang der Sterblichkeit (HR 0,77). Diese Berechnung war bei Frauen mit 5 oder mehr Verschreibungen (HR 0,57) und mit einer höher dosierten Therapie (HR 0,81) ähnlich. Insbesondere wurden keine erhöhten Risiken beobachtet, wenn das Modell nur Frauen mit Östrogenrezeptor-positivem Brustkrebs (HR 0,88) oder Frauen mit Aromatasehemmer-Therapie (HR 0,72) berücksichtigte.

Die Autoren schlussfolgern: „Dieser Befund kann den verschreibenden Ärzten eine gewisse Beruhigung bieten und die Leitlinien unterstützen, die darauf hindeuten, dass eine vaginale Östrogentherapie bei Patientinnen mit Brustkrebs und urogenitalen Symptomen in Betracht gezogen werden kann, wenn nichthormonelle Behandlungen erfolglos bleiben.“

 

Mammakarzinom: Falsch-positive Mammographie als Hinweis auf erhöhtes Risiko

Frauen mit einer falsch-positiven Mammographie haben eine erhöhtes Risiko, in den nächsten 20 Jahren an einem Mammakarzinom zu erkranken, so eine große Kohortenstudie aus Schweden, die in  JAMA Oncology publiziert wurde. Die kumulative 20-Jahres-Inzidenz eines Mammakarzinom betrug bei Frauen mit falsch-positivem Befund 11,3%, bei Frauen ohne diesen Befund 7,3% (HR 1,61). 

In der Kohortenstudie wurden die Daten von 45.213 Frauen analysiert, die zwischen 1991 und 2017 ein erstes falsch positives Mammographie-Ergebnis aufwiesen, sowie von 452.130 Kontrollpersonen, die nach Alter, Zeitpunkt der Mammographie und Screening-Anamnese abgeglichen waren. Außerdem waren 1.113 Frauen mit falsch positiven Ergebnis und 11.130 gematchte Kontrollpersonen mit Informationen zur Brustdichte aus dem Karolinska Mammography Project for Risk Prediction of Breast Cancer eingeschlossen.

Die kumulative Brustkrebsinzidenz über 20 Jahre betrug 11,3% bei Frauen mit falsch-positivem Ergebnis und 7,3% in der Vergleichsgruppe. Auch nach Berücksichtigung verschiedener Variablen bestand dieser Zusammenhang weiter.

Es zeigte sich, dass eine positive Assoziation zwischen falsch-positiver Mammographie und dem Brustkrebsrisiko bei Frauen im Alter von 60 bis 75 Jahren (HR 2,02) signifikant höher war als bei Frauen im Alter von 40 bis 49 Jahren (HR 1,38). Das Risiko war zudem signifikant höher bei Frauen mit geringerer Brustdichte (HR 4,65) im Vergleich zu Frauen mit höherer Brustdichte (HR 1,60) und bei Frauen, die sich einer Biopsie unterzogen hatten (HR 1,77) im Vergleich zu Frauen ohne Biopsie (HR 1,51).

"Diese Studie deutet darauf hin, dass das Risiko, nach einem falsch-positiven Mammographie-Ergebnis an Brustkrebs zu erkranken, je nach individuellen Merkmalen unterschiedlich hoch ist", schreiben die Autoren. "Diese Ergebnisse können für die Entwicklung einer individuellen, risikobasierten Brustkrebsvorsorge nach einem falsch-positiven Befund genutzt werden."

Prostatakarzinom: Docetaxel zusätzlich zur Standardtherapie kann bei niedrigem PSA-Spiegel die Prognose verbessern

Die schlechte Prognose von Patienten mit Hochrisiko-Prostatakarzinom (Gleason-Score 8-10) und niedrigem PSA-Spiegel (≤ 4 ng/ml) kann bei einem Performance-Score von 0 durch die zusätzliche Gabe von Docetaxel zur Standardtherapie verbessert werden. Dies ergab eine Metaanalyse von 4 randomisierten Studien, die eine internationale Arbeitsgruppe in  JAMA Network Open  publiziert hat. 

Patienten mit Hochrisiko-Prostatakarzinom und niedrigen PSA-Werten haben im Vergleich zu Hochrisiko-Patienten mit hohen PSA-Werten eine ungünstige Prognose. In den 4 in die Metaanalyse einbezogenen Studien erfüllten 145 von 2.184 Männern die Auswahlkriterien niedriger PSA-Wert und Gleason-Score 8-10. 139 Patienten wiesen einen Performance-Score von 0, 6 Patienten von 1 auf. 67 Patienten hatten Standardtherapie und 78 zusätzlich Docetaxel erhalten. 

Insgesamt waren das Gesamtüberleben (HR 0,51) und die Karzinom-assoziierte Sterblichkeit (sHR 0,42) bei zusätzlicher Gabe von Docetaxel verbessert, der Unterschied war aber nicht signifikant. Die Risikoreduktion für die Gesamtsterblichkeit war bei Patienten mit einem Performance-Score von 0 (HR 0,46 ausgeprägter und war für die Karzinom-assoziierte Sterblichkeit signifikant (sHR, 0,30). 

Urothelkarzinom: Erdafitinib verlängert Überleben im Vergleich zu Chemotherapie nach Vorbehandlung 

Der oral applizierbare Pan-FGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor Erdafitinib verlängerte bei vorbehandelten Patienten mit einem metastasiertem Urothelkarzinom und FGFR3/2-Veränderungen das Gesamtüberleben (OS) und das progressionsfreie Überleben (PFS) signifikant im Vergleich zur einer Chemotherapie nach Wahl des Behandlers. Diese im  New England Journal of Medicine  publizierten Ergebnisse der Phase-3-Studie THOR-1 unterstützen nach Aussage der internationalen Arbeitsgruppe molekulare Tests auf FGFR-Veränderungen bei Patienten mit metastasiertem Urothelkarzinom.

Mutationen im FGFR-Gen treten bei etwa 20% der fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelkarzinome auf. In der von Janssen finanzierten Studie waren 266 Patienten nach 1-2 Vorbehandlungen einschließlich eines PD1- oder PD-L1-Inhibitors 1:1 randomisiert mit Erdafitinib oder Chemotherapie (Docetaxel oder Vinflunin) behandelt worden. Im Median wurden sie 14,9 Monate nachbeobachtet.

Das mediane Gesamtüberleben war mit 12,1 Monaten unter Erdafitinib signifikant länger als unter Chemotherapie mit 7,8 Monaten (HR 0,64, p = 0,005). Auch das mediane progressionsfreie Überleben war mit Erdafitinib signifikant besser als mit Chemotherapie (5,6 vs. 2,7 Monate, HR 0,58, p < 0,001). Behandlungsbedingte unerwünschte Wirkungen vom Grad 3 oder 4 waren in beiden Gruppen ähnlich häufig (45,9% Erdafitinib und 46,4% Chemotherapie). Todesfälle aufgrund therapiebedingter Nebenwirkungen waren mit Erdafitinib seltener (0,7%) als mit Chemotherapie (5,4%).

Großzelliges B-Zell-Lymphom: Bendamustin vor Apherese verschlechtert Ansprechen auf CAR-T-Zell-Therapie

Patienten mit rezidiviertem oder refraktären großzelligen B-Zell-Lymphom (r/r LBCL) sprechen schlechter auf eine CAR-T-Zell-Therapie an, wenn sie zuvor Bendamustin erhalten haben. Bendamustin sollte deshalb bei Kandidaten für eine CAR-T-Zell-Therapie nicht eingesetzt werden, so die Schlussfolgerung einer internationalen Arbeitsgruppe aus den Ergebnissen einer retrospektiven Studie, die im  Journal of Clinical Oncology  erschienen ist.

Die Zulassung von Polatuzumab Vedotin, Rituximab und Bendamustin für die Behandlung von Patienten mit r/r LBCL hat dazu geführt, dass die Zahl potenzieller Kandidaten für eine CAR-T-Zell-Therapie, die zuvor mit Bendamustin behandelt wurden, zunimmt. Consensus-Papiere empfehlen zwar, bei diesen Kandidaten eine vorherige Behandlung mit Bendamustin zu vermeiden, klinische Daten für diese Empfehlung gab es aber bis jetzt nicht. 

Mit der retrospektiven multizentrischen Studie liegen sie nun erstmals vor. Analysiert wurden die Daten von 439 Patienten mit R/R LBCL, die mit 2 oder mehr Therapien vorbehandelt waren und die mit gegen CD19 gerichtete CAR-T-Zellen (Axicabtagen Ciloleucel oder Tisagen Lecleucel) behandelt wurden. 80 (18%) Patienten hatten 1 oder mehrere Zyklen Bendamustin erhalten

Bendamustin-exponierte Patienten sprachen im Vergleich zu Bendamustin-naiven Patienten deutlich schlechter auf die CAR-T-Zell-Therapie an (ORR 53% vs. 72%, p<0,01), und sie lebten kürzer ohne Progression (PFS 3,1 vs. 6,2 Monate, p<0,04) sowie insgesamt (OS 10,3 vs. 23,5 Monate, p <0,01).

Je kürzer der Abstand zwischen Bendamustin-Gabe und Apherese war, umso stärker war der Effekt der CAR-T-Zell-Therapie beeinträchtigt. 

Die kumulative Dosis von Bendamustin vor der Apherese hatte jedoch keinen Einfluss. 

Paclitaxel-Prämedikation: Verzicht auf Ranitidin möglich

Zur Vermeidung der häufigen Überempfindlichkeitsreaktionen (HSR) erhalten Patienten vor Behandlung mit Paclitaxel eine Prämedikation aus Glucocorticoiden, Antihistaminika und H2-Rezeptorantagonisten, wie Ranitidin. Wegen Verunreinigungen wurde Ranitidin 2019 vom Markt genommen. In vielen Fällen wurde der H2-Rezeptorantagonist dann in der Prämedikation weggelassen. 

In einer retrospektiven monozentrischen Kohortenstudie an der Universitätsklinik in Amsterdam wurden 2.503 Paclitaxel-Infusionen von 468 Patienten analysiert. Insgesamt kam es bei 33 Patienten zu 166 Überempfindlichkeitsreaktionen. In der Kohorte mit Ranitidin traten 109 Überempfindlichkeitsreaktionen bei 1.610 Gaben (6,8%), in der Kohorte ohne Ranitidin 57 Überempfindlichkeitsreaktionen bei 893 Gaben (6,4%) auf. 

„Wir fanden keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit von HSRs zwischen den beiden untersuchten Kohorten. Darüber hinaus waren Anzahl und Schwere der HSRs gleichmäßig auf die Kohorten verteilt. Nach unserem Kenntnisstand ist dies die größte Studie und die erste, die Patienten einschließt, die das ganze Jahr über behandelt werden“, so die Autoren in  JAMA Oncology . Sie schlussfolgern, dass die Ergebnisse darauf hindeuten, dass auf Ranitidin in den Paclitaxel-Prämedikation verzichtet werden kann.

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