Ärgernis für Ärzte: Laut EuGH müssen Patienten für Kopien ihrer Patientenakte nicht zahlen – dies gilt aber nicht in jedem Fall

Christian Beneker

Interessenkonflikte

31. Oktober 2023

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden: Patienten haben einen Anspruch auf eine kostenlose Kopie ihrer Patientenakte. Damit haben die Richter in Luxemburg gegen geltendes deutsches Recht entschieden. Laut § 630g Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haben Patienten hierzulande zwar ein Recht auf Einsicht in ihre Krankenunterlagen und auch auf eine Kopie – allerdings letzteres nur gegen Bezahlung, die der Arzt für den Aufwand einer Aktenkopie verlangen darf.

Patienten dürfen eine kostenlose Kopie verlangen

Das wird nun anders. Laut EuGH müssen Ärztinnen und Ärzte auf Verlangen die 1. Kopie von Krankenunterlagen kostenlos an den Patienten abgeben. Erst für eine 2. Kopie muss der Patient Geld auf den Tisch legen. Patientinnen und Patienten müssen auch keinen Grund dafür angeben, warum sie eine Kopie verlangen.

Grund für die Entscheidung des EuGH vom 26. Oktober ist die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die das Auskunftsrecht sehr weit fasse, stellten die Luxemburger Richter in der Rechtssache C-307/22 klar. Die Ärzte dürften auch nicht aus wirtschaftlichen Gründen eine Bezahlung für die Kopie verlangen. Grundsätzlich seien die Ärztinnen und Ärzte für die Verarbeitung der persönlichen Daten ihrer Patienten verantwortlich.

 
Ab jetzt dürfen Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte den Patienten keine Gebühren für die erste Kopie der Patientenakte in Rechnung stellen. Eugen Brysch
 

Allerdings: Verweigern dürfen die Mediziner die Kostenübernahme für die Kopien nur dann, wenn der Patient über die Maßen oft Akteneinsicht und Kopien verlangt oder wenn er bereits eine Kopie erhalten hat und eine 2. beantragt.

Anlass für das Urteil der Luxemburger Richter war der Fall eines deutschen Patienten, der einen Behandlungsfehler vermutete und von seiner Zahnärztin eine Kopie seiner Akte verlangte. Die Ärztin verlangte daraufhin von ihrem Patienten in Übereinstimmung mit § 630g BGB für eine Aktenkopie Geld. Das wollte der Patient nicht zahlen, zog vor den Kadi und arbeitete sich durch die Instanzen. Der Bundesgerichtshof überwies die Sache schließlich nach Luxemburg, wo die Richter dem Patienten Recht gaben. Im Lichte dieses Urteils müssen deutsche Gerichte nun erneut über den Fall entscheiden.

Patientenvertreter: Regelung hat weitreichende Folgen.

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, erklärte zu dem Urteil auf Anfrage von Medscape: „Die Entscheidung des EuGHs hat für Deutschland weitreichende Folgen. Ab jetzt dürfen Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte den Patienten keine Gebühren für die 1. Kopie der Patientenakte in Rechnung stellen“, sagte Brysch. „Darüber hinaus hat das Gerichtsurteil auch juristische und politische Konsequenzen. Der Paragraph 630g im Bürgerlichen Gesetzbuch, der die Einsicht in die Patientenakte regelt, muss geändert werden. Ebenso gilt für die Einführung der elektronischen Patientenakte, dass allein Arztpraxen und Kliniken für den Ausdruck der Digitalakte zuständig sind.“

 
Ebenso gilt für die Einführung der elektronischen Patientenakte, dass allein Arztpraxen und Kliniken für den Ausdruck der Digitalakte zuständig sind. Eugen Brysch
 

Das BGB legt bisher in § 630g fest, der Patient habe „dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.“ Wie viel Geld Ärztinnen und Ärzte im Zweifel von ihren Patienten für ihre Aktenkopien aber verlangen, ist unklar. „Das entscheiden die Praxen jeweils unterschiedlich“, sagte der Sprecher des Niedersächsischen Hausärzteverbandes, Tim Fischer zu Medscape.

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Kommentar

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