Madrid – Das Antikörper-Arzneistoff-Konjugat (ADC) Datopotamab Deruxtecan (Dato-DXd) verbesserte bei 732 vorbehandelten Patientinnen mit inoperablem oder metastasiertem Hormonrezeptor(HR)-positivem, HER2-niedrigem oder -negativem Mammakarzinom das progressionsfreie Überleben (PFS) im Vergleich zu einer Chemotherapie nach Wahl des Arztes. Mit Dato-DXd wurde ein medianes PFS von 6,9 Monaten, mit Chemotherapie von 4,9 Monaten erreicht (HR 0,63, p<0,0001). Auch die Ansprechrate war mit dem ADC signifikant besser. Die Daten zum Gesamtüberleben (OS) sind noch nicht reif.
„Diese Ergebnisse unterstützen Dato-DXd als potenzielle neue Therapieoption für Patientinnen mit metastasiertem HR+-/HR-negativem Mammakarzinom“, so die Schlussfolgerung von PD Dr. Aditya Bardia, Harvard Medical School, Massachusetts General Hospital, Boston. Er hat Daten der Phase-3-Studie TROPION-Breast01 am 23. Oktober bei der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) 2023 vorgestellt [1].

PD Dr. Aditya Bardia
„Diese positiven Ergebnisse erweitern die Liste der ADCs, die sich bei metastasiertem Brustkrebs ohne HER2-Amplifikation als wirksamer als eine herkömmliche Chemotherapie erwiesen haben“, kommentierte Diskutant Dr. Sarat Chandarlapaty, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York.
Ähnliche Ergebnisse konnten für diese Population mit Trastuzumab Deruxtecan in der DESTINY-Breast04-Studie und mit Sacituzumab Govitecan in der TROPiCS-02-Studie gezeigt werden. Noch seien aber viele Fragen offen, erklärt Chandarlapaty. So wisse man bislang nicht, wann welches ADC am besten sei bzw. ob ein ADC bei Progression nach Therapie mit einem anderen ADC noch wirksam sei.
Positiv sieht Chandarlapaty auch, dass mit Dato-DXd nur wenige interstitielle Pneumonien als Nebenwirkung auftraten und behandlungsbedingte Nebenwirkungen vom Schweregrad ≥ 3 seltener als mit Chemotherapie waren.
HR+/HER2-negativer Brustkrebs: Wie therapieren nach Progression
HR+/HER2-negativer Brustkrebs macht 60 bis 70% aller Mammakarzinome aus. Obwohl in letzter Zeit zahlreiche neue Therapieoptionen entwickelt worden sind, besteht noch Bedarf an wirksamen Therapien für Frauen nach Behandlung mit endokriner und systemischer Therapie. Häufig wird eine Chemotherapie eingesetzt, die Ansprechrate ist jedoch gering, die Prognose schlecht und die Therapie hat Nebenwirkungen wie Myelosuppression oder Neuropathie.
Wir wirkt Datopotamab Deruxtecan?
Dato-DXd ist ein gegen TROP2 gerichtetes ADC, das den Topoisomerase-I-Hemmer Deruxtecan gezielt an Tumorzellen bringt. Deruxtecan, ein Exatecan-Derivat, ist etwa 10-fach wirksamer als SN-38, der aktive Metabolit von Irinotecan. An jedes Antikörpermolekül sind etwa 4 Deruxtecan-Moleküle gebunden.
Nach der Bindung von Dato an TROP 2 auf der Oberfläche der Tumorzellen kommt es zu einer Internalisierung des ADC und zur Abspaltung des Linkers in der Zelle durch lysosomale Enzyme, die in Krebszellen hochreguliert werden.
Nach der Freisetzung in der Zelle verursacht das membrangängige Deruxtecan DNA-Schäden und führt durch Apoptose zum Tod der Tumorzelle. Aufgrund der hohen Payload und der guten Membranpermeabilität von Deruxtecan kann es auch benachbarte Zellen abtöten (Bystander-Effekt).
TROPION-Breast01
In der randomisierten, offenen Phase-3-Studie TROPION-Breast01 wurden Patientinnen mit HR+/HER2-negativem oder -niedrigem Mammakarzinom eingeschlossen, die mit 1 bis 2 Linien Chemotherapie vorbehandelt waren. Ihre Erkrankung war unter endokriner Therapie fortgeschritten oder diese war nicht anwendbar.
365 Patientinnen erhielten Dato-DXd 6mg/kg Körpergewicht alle 3 Wochen, 367 Patientinnen wurden mit einer Chemotherapie nach Wahl des Arztes (Eribulin, Vinorelbin, Gemcitabin oder Capecitabin) behandelt. Die Therapie dauerte bis zur erneuten Progression, bis zu inakzeptablen Nebenwirkungen oder anderen Abbruch-Kriterien. Die Studie hat 2 primäre Endpunkte, nämlich PFS und OS. Sie gilt als positiv, wenn einer diese Endpunkte erreicht wurde.
Das mediane PFS mit Dato-DXd betrug 6,9 Monate, mit Chemotherapie 4,9 Monate. Das bedeutet eine Senkung des Risikos von Krankheitsprogression und Tod um 37% (HR 0,63, p < 0,0001). „Nach einem kleinen anfänglichen Rückgang gibt es eine Trennung zwischen den Kurven zugunsten von Dato-DXd“, erläuterte Bardia. Die 9-Monats-PFS-Raten lagen bei Dato-DXd mit 37,5% nahezu lagen doppelt so hoch wie in der Vergleichsgruppe mit 18,7%. Das 12-Monats-PFS betrug mit Dato-DXd 25,5%, mit Chemotherapie 14,6%. Der PFS-Vorteil wurde in allen vordefinierten Subgruppen beobachtet.
Auch die objektive Ansprechrate war unter Dato-DXd mit 36,4% überlegen, einschließlich 0,5% kompletter Remissionen, verglichen mit 22,9% im Kontrollarm.
Die Daten zum OS sind bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 9,7 Monaten noch nicht reif. Bislang zeigt sich ein Trend zugunsten von Dato-DXd (HR 0,84).
Patienten wurden im Median 6,7 Monate mit Dato-DXd und 4,1 Monate mit Chemotherapie behandelt. Unter Dato-DXd kam es in 21% der Fälle zu Nebenwirkungen vom Schweregrad ≥ 3, unter Chemotherapie in 45%. Eine Dosisreduktion war bei 21 bzw. 30%, eine Therapieunterbrechung bei 12 bzw. 25% der Patienten erforderlich.
Die meisten Nebenwirkungen waren vom Schweregrad 1-2. Am häufigsten mit dem ADC waren trockene Augen, Übelkeit, Stomatitis, Fatigue und Alopezie, mit der Chemotherapie Neutropenie, Anämie, Fatigue und Übelkeit.
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Credits:
Photographer: © Vesna Njagulj
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Diesen Artikel so zitieren: Hoffnung bei metastasiertem Brustkrebs durch ADCs: Neues Antikörper-Arzneistoff-Konjugat besser als Chemo in Zweitlinientherapie - Medscape - 26. Okt 2023.
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