Geringes Interesse an Auffrischimpfungen; Booster Shots für alle Schwangeren; Serotonin-Mangel und Long-COVID

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

19. Oktober 2023

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zu COVID-19.

Corona-Newsblog, Update vom 19. Oktober 2023

  • COVID-19 – die Lage in Deutschland

  • Umfrage: Weniger als jeder 3. plant Corona-Impfung

  • KBV: Keine rechtssichere Verordnung des angepassten Moderna-Impfstoffs

  • DGGG: COVID-19-Booster für alle Schwangeren und alle Frauen mit Kinderwunsch

  • EMA: Zulassung des aktualisierten COVID-Impfstoffs von Novavax verzögert sich

  • Influenza- und RSV-Detektion: Diesen Wert haben Abwasser-Screenings auch nach der Pandemie

  • Long-COVID – welche Rolle spielt Serotonin?

COVID-19 – die Lage in Deutschland

Als 7-Tage-Inzidenz nennt das Pandemieradar 13 COVID-19-Fälle pro 100.000 Einwohner (Vorwoche: 11). Der Anteil der Standorte mit steigender Viruslast im Abwasser liegt bei 64 % und ist damit 16 % höher als in der Vorwoche (55 %). Auch die Hospitalisierungsinzidenz steigt um 31% an – auf 3,4 COVID⁠-⁠19-Fälle pro Woche und pro 100.000 Einwohner (Vorwoche: 2,6). 402 Patienten mit COVID-19 sind in intensivmedizinischer Behandlung. Das entspricht einem Anstieg um 34 % (Vorwoche: 299).

Umfrage: Weniger als jeder 3. plant Corona-Impfung

Nur 31% aller Erwachsenen planen, sich diesen Winter gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen, meist als Booster (29%), seltener als Erstimpfung (2%). Das geht aus einer Befragung von 2.000 Wahlberechtigten aus Deutschland hervor. Ipsos hat die Ergebnisse jetzt veröffentlicht. Die Bereitschaft ist generell bei älteren Menschen und bei Befragten mit höherer Bildung am größten. 

KBV: Keine rechtssichere Verordnung des angepassten Moderna-Impfstoffs

Die Europäische Kommission hatte den angepassten Impfstoff Spikevax XBB.1.5 von Moderna Mitte September für Erwachsene und Kinder ab 6 Monaten zugelassen. Das Vakzin wird nicht zentral vom Bund beschafft – und kann von Praxen nicht kostenfrei für die gesetzliche Krankenversicherung bezogen werden. Davor warnt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Eine regresssichere Verordnung von Spikevax XBB.1.5 von Moderna sei nicht gegeben. 

Zuvor hatte der GKV-Spitzenverband darauf hingewiesen, dass Verordnungen im Einzelfall möglich seien, ohne dies zu präzisieren. „Ein Wahlrecht des Patienten oder der Patientin bezüglich der Impfstoffauswahl besteht nicht.“

DGGG: COVID-19-Booster für alle Schwangeren und alle Frauen mit Kinderwunsch

Ärzte sollten allen schwangeren Frauen und allen Frauen mit Planung oder Wunsch einer Schwangerschaft eine Auffrischimpfung mit einem Omikron-adaptierten Impfstoff zur Wintersaison anbieten. So lautet die jetzt veröffentlichte Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und weiterer Fachgesellschaften. 

So argumentieren die gynäkologischen Fachgesellschaften: 

  • Das CRONOS-Register zeigt ein höheres Risiko für ungünstige Ereignisse und staionäre Behandlungen bei Infektionen mit SARS-CoV-2 in der Schwangerschaft. Bei Geimpften ist das Risiko niedriger. 

  • Laut Daten der Centers für Disease Control and Prevention (CDC) werden Kinder von Frauen, die während ihrer Schwangerschaft geimpft worden waren, bis zum Alter von 6 Monaten seltener wegen COVID-19 stationär behandelt. 

Die STIKO rät Schwangeren ohne Grunderkrankung nur zur Grundimmunisierung und zur 1. Auffrischimpfung. 

EMA: Zulassung des aktualisierten COVID-Impfstoffs von Novavax verzögert sich

Laut  Financial Times  verzögert sich die Zulassung von Nuvaxovid®, einem proteinbasierten Coronaimpfstoff von Novavax, der sich gegen neue Varianten richtet, weiter. 

Die Europäische Arzneimittelagentur, die den aktualisierten Impfstoff letzten Freitag eigentlich genehmigen sollte, forderte stattdessen weitere Informationen vom Hersteller. „Im Rahmen des laufenden Überprüfungsprozesses hat [die EMA] zusätzliche Fragen, die wir zügig beantworten“, so Novavax gegenüber der Financial Times.

Laut Novavax sei der aktualisierte COVID-19-Impfstoff bereits in US-Apotheken erhältlich. Am 3. Oktober hatte die US Food and Drug Administration das Vakzin bereits für den Notfallgebrauch bei Kindern ab 12 Jahren und bei Erwachsenen zugelassen.

Influenza- und RSV-Detektion: Diesen Wert haben Abwasser-Screenings auch nach der Pandemie

Die Überwachung des Abwassers auf SARS-CoV-2 wurde während der Pandemie etabliert. Die Methode eignet sich aber auch, um saisonale Wellen von Influenza A, Influenza B oder RSV auf Bevölkerungsebene zu bestimmen. Darüber hat  Medscape.com  berichtet. Details wurden auf der Infectious Disease Week (IDWeek) 2023 vorgestellt. 

Für die Studie untersuchten Forscher das Auftreten von Influenza-A-, Influenza-B- und RSV-RNA in allen 3 Kläranlagen in Calgary, Kanada, zwischen März 2022 und April 2023 sowie deren Korrelation mit Erkrankungen. Sie fanden heraus, dass virale Signale im Abwasser signifikant mit wöchentlich bestätigten Fallzahlen korrelierten. Influenza A erreichte den Höhepunkt laut Abwasser-Monitoring zwischen November und Dezember 2022, Influenza B zwischen Februar und April 2023 und RSV zwischen November 2022 und Februar 2023.

Das Abwasser-Screening sei „ein Instrument, das klinische Tests im Gesundheitswesen ergänzen kann, weil es unabhängig von Testverzerrungen ist und wir unsere Fälle damit sehr gut korrelieren können“, kommentieren die Autoren. 

Long-COVID – welche Rolle spielt Serotonin?

Postakute Folgen von COVID-19 (Long-COVID) sind weltweit für Gesundheitssysteme eine immense Herausforderung. Die Pathophysiologie ist unbekannt und bis heute gibt es keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten. Wissenschaftler haben mehrere Hypothesen aufgestellt, darunter virale Persistenz, chronische Entzündung, Hyperkoagulabilität und Dysregulation des autonomen Nervensystems. 

In  Cell  schlagen Forscher einen Mechanismus vor, der mehrere dieser Aspekte vereint. Grundlage der Veröffentlichungen waren Blut- und Stuhlproben aus verschiedenen klinischen Studien und Tiermodelle. 

Die Wissenschaftlerr fanden heraus, dass eine Untergruppe von Patienten mit Long-COVID auch Monate nach der akuten Infektion Spuren des SARS-CoV-2-Virus in ihren Stuhlproben aufwies, was darauf hindeutet, dass Bestandteile des Virus lange im Darm persistieren. Dieses Reservoir veranlasst das Immunsystem, Interferone freizusetzen, was zu Entzündungen führt. Die Aufnahme der Aminosäure Tryptophan im Magen-Darm-Trakt verringert sich. 

Tryptophan ist ein Baustein für Neurotransmitter wie Serotonin. Bei schlechter Resorption kann es zu Störungen der Signalübertragung im Vagusnerv kommen, was mehrere der mit Long-COVID verbundenen Symptome wie Gedächtnisverlust erklären könnte. 

In Tiermodellen zeigen die Wissenschaftler, dass sich durch die Gabe von Serotoninvorläufern oder selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRIs) der Serotoninspiegel normalisiert und neuronale Störungen zurückgehen. Hier liegt der Gedanke nahe, Long-COVID-Patienten mit SSRI zu therapieren. Daten aus klinischen Studien gibt es derzeit aber nicht. 

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Kommentar

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