Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zu COVID-19.
Corona-Newsblog, Update vom 12. Oktober 2023
COVID-19 – die Lage in Deutschland
Impfungen: Hausärzte hoffen auf Einzeldosen – und auf Kombi-Vakzine
Neue COVID-19-Welle durch das Oktoberfest?
BioNTech/Pfizer legen Patentstreit mit Promosome bei
Mit gezieltem Riechtraining Beschwerden nach COVID-19 lindern
Autoimmunerkrankungen als mögliche Folge von COVID-19
Essstörungen während der Pandemie: Kindern und Jugendliche waren stark betroffen – Erwachsene aber kaum
Retrospektive Daten: Wie effektiv war der Protein-basierte Impfstoff Nuvaxovid®?
COVID-19 – die Lage in Deutschland
Die 7-Tage-Inzidenz liegt laut Pandemieradar bei 11 Fällen pro 100.000 Einwohner. Aufgrund der niedrigen Inzidenz wird kein Trend zur Vorwoche angegeben. Die Zahl der Arztbesuche wegen einer Atemwegserkrankung mit COVID-19-Diagnose beträgt 75 je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner und ist damit 10 % höher als in der Vorwoche (68).
Als Hospitalisierungsinzidenz nennt das Bundesministerium für Gesundheit 2,6 Fälle pro Woche und pro 100.000 Einwohner. Der Wert ist um 36 % höher als in der Vorwoche (1,9). Momentan befinden sich 363 Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion in intensivmedizinischer Behandlung. Das sind 30 % mehr als in der Vorwoche (280). Probleme mit den Kapazitäten gibt es derzeit aber nicht.
Impfungen: Hausärzte hoffen auf Einzeldosen – und auf Kombi-Vakzine
Die Grippe- und die Corona-Saison 2023/2023 stehen vor der Tür. Nur: Bislang ist das COVID-19-Vakzin von BioNTech/Pfizer in Gebinden mit 6 Dosen erhältlich. Der Druck auf Hersteller, gerade für kleinere Praxen Einzeldosen bereitzustellen, wächst.
„Wir erwarten, dass das jetzt endlich kommt, sodass wir spontan impfen können“, sagt Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärzteverbands. „Wir haben relativ wenig Verständnis, warum man es nicht geschafft hat, für den anstehenden Winter auf Einzeldosen umzustellen.“
Aus medizinischer Sicht spricht nichts dagegen, Patienten gleichzeitig gegen Influenza und gegen COVID-19 zu impfen. „Wir hoffen sehr, dass es den Kombi-Impfstoff in absehbarer Zeit gibt“, kommentiert Beier. Dies „würden wir uns in den Praxen sehr wünschen“.
Neue COVID-19-Welle durch das Oktoberfest?
Während des Oktoberfestes 2022 ist die 7-Tages-Inzidenz in München massiv gestiegen – von 204,9 (17. September 2022) auf 766,8 (3. Oktober 2022). Ein Jahr später sind solche Aussagen kaum möglich. Nur noch wenige Menschen lassen sich testen – und epidemiologische Daten auf Landkreis-Ebene sind nicht mehr verfügbar.
Hinweise auf eine Corona-Welle durch das Oktoberfest liefert Bay-VOC, das SARS-CoV-2 Abwassermonitoring in Bayern. Die Daten zeigen eine Zunahme der Nachweise in Abwasserproben: sehr stark in München und immer noch deutlich in den benachbarten Städten. Ob sich der Trend auf die „Wies´n“ zurückführen lässt und ob er klinische Relevanz hat, ist momentan noch unklar.

SARS-CoV-2-Nachweis in Abwasserproben © Bay-VOC
BioNTech und Pfizer legen Patentstreit mit Promosome bei
Pfizer, BioNTech und Promosome haben einem Bundesrichter in San Diego, Kalifornien, mitgeteilt, dass sie sich außergerichtlich verständigt haben. Promosome hat zugestimmt, keine weiteren Ansprüche wegen des mRNA-Patents gegen Pfizer und BioNTech geltend zu machen. Zu möglichen finanziellen Rahmenbedingungen des Deals wurde nichts bekannt. Promosome kann die Klage nicht erneut einreichen und auch keine weiteren Ansprüche stellen.
Zum Hintergrund: Promosome hat im Juni 2023 Pfizer, BioNTech und Moderna und beschuldigt, Technologie zur Herstellung von mRNAs, die klein genug sind, um sicher und wirksam in den Impfstoffen verwendet zu werden, kopiert zu haben. Daraufhin hat Promosome einen Anteil an den Lizenzgebühren für die Impfungen gefordert.
Mit gezieltem Riechtraining Beschwerden nach COVID-19 lindern
Störungen der Geruchs- und Geschmackswahrnehmung gehören zu den häufigsten Beschwerden von COVID-19. Bessern sich die Symptome nicht von selbst, rät die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO-KHC) zu einem Riechtraining.
Patienten erhalten in der Regel 4 verschiedene Duftstoffe, meist Zitrone, Rose, Nelke und Eukalyptus. An den Proben sollten sie 2-mal täglich für etwa 30 Sekunden schnuppern. HNO-Ärzte empfehlen, dieses Training für 3 bis 12 Monate durchzuführen.
Bei anderen Therapien sei die Evidenz bislang recht niedrig, heißt es in einer Pressemeldung. Ob Nahrungsergänzungsmittel wie Omega-3-Fettsäuren oder Palmitoylethanolamid plus Luteolin wirklich hilfreich sind, untersuchen Forscher momentan in Studien. Das gilt auch für das Auftupfen von plättchenreichem Plasma oder von Vitamin A auf die Riechrinne der Nase. Von Kortison-Nasensprays raten Experten der DGHNO-KHC ab.
Autoimmunerkrankungen als mögliche Folge von COVID-19
Zahlreiche Fallberichte legen einen Zusammenhang zwischen COVID-19 und Autoimmunerkrankungen bzw. autoinflammatorischen Vorgängen im Körper nahe; Details zur Häufigkeit waren bislang unbekannt.
Eine retrospektive bevölkerungsbasierte Studie liefert neue Erkenntnisse. Forscher haben zwischen 8. Oktober 2020 und 31. Dezember 2021 Daten einer COVID-19-Kohorte aus Korea analysiert. Insgesamt wurden 354.527 Personen mit COVID-19 (mittleres Alter 52,24 Jahre; 179.041 Frauen [50,50%]) und 6.134.940 Kontrollen (mittleres Alter 52,05 Jahre; 3.074.573 Frauen [50,12%]) eingeschlossen.
Die Risiken für Alopecia areata (bereinigte Hazard Ratio [aHR] 1,12; 95%-KI 1,05-1,19), Alopecia totalis (aHR 1,74; 95%-KI 1,39-2,17), antineutrophile zytoplasmatische Antikörper- (ANCA) assoziierte Vaskulitis (aHR 2,76; 95%-KI 1,64-4,65), Morbus Crohn (aHR 1,68; 95%-KI 1,31-2,15) und Sarkoidose (aHR 1,59; 95%-KI 1,00-2,52) waren in der COVID-19-Gruppe signifikant höher. Das Risiko war dabei mit dem Schweregrad von COVID-19 assoziiert.
Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass „die langfristige Behandlung von Patienten mit COVID-19 auch eine Untersuchung auf solche Erkrankungen umfassen sollte“, kommentieren die Autoren.
Essstörungen während der Pandemie: Kindern und Jugendliche waren stark betroffen – Erwachsene aber kaum
Während der COVID-19-Pandemie wurde ein Anstieg der Essstörungen bei Kindern beobachtet. Über die Entwicklung bei Erwachsenen ist wenig bekannt. Ziel einer neuen Studie war, die Häufigkeit von Besuchen in Notaufnahmen und Krankenhauseinweisungen wegen Essstörungen bei Jugendlichen und Erwachsenen während der Pandemie zu untersuchen.
Das ist mit einer bevölkerungsbasierten Querschnittsstudie mit verknüpften Gesundheitsdaten für die Einwohner von Ontario gelungen. Forscher verglichen Zeiträume vor der Pandemie (1. Januar 2017 bis 29. Februar 2020) und während der Pandemie (1. März 2020 bis 31. August 2022).
Während der Pandemie waren Besuche in der Notaufnahme wegen Essstörungen vor allem bei Kindern und Jugendlichen häufiger, verglichen mit früheren Zeiträumen:
Jugendliche im Alter von 10-17 Jahren: 7,38 vs. 3,33 pro 100.000; Inzidenzratenverhältnis [IRR] 2,21, 95%-KI 2,17-2,26
junge Erwachsene im Alter von 18-26 Jahren: 2,79 vs. 2,46 pro 100 000; IRR 1,13, 95%-KI 1,10-1,16,
Erwachsenen im Alter von 41-105 Jahren: 0,14 vs. 0,11 pro 100 000; IRR 1,15, 95%-KI 1,07-1,24.
Die Zahl der Krankenhauseinweisungen wegen Essstörungen stieg während der Pandemie bei Jugendlichen an (8,82 vs. 5,74 pro 100.000; IRR 1,54, 95%-KI 1,54-1,54), ging jedoch bei allen anderen Altersgruppen zurück, insbesondere bei Erwachsenen ab 41 Jahren (0,21 vs. 0,30 pro 100.000; IRR 0,72, 95%-KI 0,64-0,80).
„Die unterschiedlichen Raten … haben wichtige Auswirkungen auf die Zuweisung von Ressourcen für die stationäre psychische Gesundheitsversorgung“, kommentieren die Autoren.
Retrospektive Daten: Wie effektiv war der Protein-basierte Impfstoff Nuvaxovid®?
Der rekombinante Proteinimpfstoff NVX-CoV2373 (Nuvaxovid®, Novavax) gegen COVID-19 wurde Ende 2021 für Erwachsenen zugelassen, aber es fehlten Daten für seine Wirksamkeit unter Real-World-Bedingungen.
Diese Lücke schließen Forscher jetzt mit einer retrospektive Kohortenstudie. Sie haben Daten aus dem nationalen Impfregister und dem COVID-19-Überwachungssystem in Italien während einer Periode der Omikron-Prävalenz miteinander verknüpft. Alle Erwachsenen, die zwischen dem 28. Februar und dem 4. September 2022 eine Erstimpfung mit NVX-CoV2373 erhalten hatten, wurden in die Studie aufgenommen.
Die Kohorte umfasste 20.903 Personen mit einem Durchschnittsalter von 52 Jahren, darunter 10.794 (51,6%) Frauen. 20.592 Personen (98,5%) wiesen keine Risikofaktoren für schweres COVID-19 auf.
Die geschätzte Wirksamkeit des Impfstoffs gegen eine SARS-CoV-2-Infektion betrug bei teilweise Geimpften 23% (95%-KI 13 %-33 %) und bei vollständig Geimpften 31% (95%-KI 22 %-39 %).
Die geschätzte Wirksamkeit gegen symptomatisches COVID-19 betrug 31% (95%-KI 16%-44 %) bei teilweise Geimpften und 50% (95%-KI, 40 %-58%) bei vollständig Geimpften.
Die geschätzte Wirksamkeit in den ersten 4 Monaten nach Abschluss der primären Impfserie nahm gegen SARS-CoV-2-Infektionen ab, blieb aber gegen symptomatisches COVID-19 stabil.
„Die Studie zeige, dass der rekombinante Proteinimpfstoff NVX-CoV2373 in einer Omikron-dominanten Periode Schutz gegen SARS-CoV-2-Infektionen und gegen symptomatisches COVID-19 bietet“, schreiben die Autoren. „Der Einsatz dieses Impfstoffs könnte ein wichtiges Element zur Verringerung der Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie bleiben.“
Vergleiche mit anderen Vakzinen ziehen sie jedoch nicht. Ohne Head-to-Head-Design sind solche Aussagen ohnehin dem Risiko von Verzerrungen ausgesetzt. Offen bleibt zudem als Frage, wie effektiv NVX-CoV2373 vor Hospitalisierung oder Tod durch COVID-19 geschützt hat.
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Credits:
Photographer: © Francesco Marzovillo
Lead Image: Dreamstime
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Diesen Artikel so zitieren: Hausärzte fordern Vakzine in Einzeldosen – und Kombi-Impfstoffe; erfolgreiches Riechtraining; Wirksamkeit von Nuvaxovid® - Medscape - 12. Okt 2023.
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