Im Onko-Blog dieser Woche berichten wir unter anderem, dass der Interleukin-1β-Inhibitor Canakinumab in einer Phase-3-Studie bei Patienten mit Lungenkrebs keinen Effekt auf das krankheitsfreie Überleben hatte. Bei nicht vorbehandelten Patienten mit kastrationssensitivem Prostatakarzinom ist eine Zweifach-Therapie mit besserem Überleben assoziiert als eine alleinige Androgendeprivation. Die Erstlinien-Kombi aus Immuntherapie und Tyrosinkinase-Inhibitor wirkt bei Nierenzellkarzinom-Patienten mit höherem Risiko besser als bei niedrigerem Risiko. Daten der Phase-3-Studie RATIONALE-301 deuten darauf hin, dass der PD1-Inhibitor Tislelizumab eine weitere Option für die Erstlinientherapie von Patienten mit Leberzellkarzinom sein könnte.
Lungenkarzinom: Adjuvantes Canakinumab ohne Wirkung
Prostatakarzinom: Doublet-Therapie mit längerem Überleben assoziiert
Nierenkarzinom: Erstlinien-Kombi aus Immuntherapie und TKI besser bei höherem Risiko
Leberkrebs: Tislelizumab – eine neue Option für die Erstlinien-Therapie?
Kolorektalkarzinom: Übersicht zur Therapie mit EGFR-Antikörpern
Neoadjuvante Therapie: Übersicht zu Immuncheckpoint-Inhibitoren
Lungenkarzinom: Adjuvantes Canakinumab ohne Wirkung
Die adjuvante Gabe des Interleukin-1β-Inhibitors Canakinumab zeigte bei Patienten mit resezierbarem, frühem, nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) im Vergleich zu Placebo keinen Effekt auf das krankheitsfreie Überleben (DFS). Damit wurde der primäre Endpunkt in der randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Phase-3-Studie CANOPY-A nicht erreicht, wie die internationale Arbeitsgruppe im Journal of Clinical Oncology berichtete.
In der 2017 publizierten CANTOS-Studie zum Einfluss des antiinflammatorisch wirkenden IL-1β-Inhibitors auf kardiovaskuläre Ereignisse hatten exploratorische Analysen eine dosisabhängige Reduktion der Inzidenz von Lungenkrebs ergeben. Im CANOPY-Programm sollte dieser Effekt weiter untersucht werden. 1.382 Patienten mit komplett reseziertem NSCLC, die adjuvant eine Cisplatin-basierte Chemotherapie erhalten, hatten wurden adjuvant mit Canakinumab (200 mg) oder Placebo alle 3 Wochen über 18 Zyklen behandelt.
Die Studie erreicht den primären Endpunkt nicht. Das mediane DFS lag im Canakinumab-Arm bei 35,0 Monaten, im Placebo-Arm bei 29,7 Monaten (HR 0,94, p=0,258). Auch in den Subgruppen-Analysen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Der Effekt auf das Gesamtüberleben wurde nicht getestet, weil das DFS nicht signifikant unterschiedlich war.
Mit Canakinumab wurden keine neuen bislang nicht bekannten Nebenwirkungen beobachtet.
Möglicherweise könnten aus den derzeit noch laufenden Analysen der Biomarker nützliche Informationen zur Auswahl von geeigneten Patienten gewonnen werden. Eventuell wäre, so die Autoren, der Einsatz von Canakinumab zur Prävention von Lungenkrebs bei Hochrisiko-Patienten sinnvoll. Diese Frage wird derzeit in der Can-Prevent-Lung-Studie untersucht.
Prostatakarzinom: Doublet-Therapie mit längerem Überleben assoziiert
Ärzte setzen in Schweden eine Doublet-Therapie, also die Zugabe von Docetaxel oder einem Androgenrezeptor-Antagonisten zur Androgendeprivationstherapie (ADT), zur Behandlung des kastrationssensitiven fortgeschrittenen Prostatakarzinoms (mCSPC) immer häufiger ein. Bekamen im Jahr 2016 ca. 1% allerPatienten mit Prostata-Ca dieses Regime, waren es im Jahr 2020 ca. 44%. Das adjustierte 5-Jahres-Gesamtüberleben nahm von 26% (2008-2012) auf 35% (2017-2020) zu. Dies ergab eine schwedische Kohortenstudien, die in JAMA Network Open erschienen ist.
Die Arbeitsgruppe analysierte die Daten von 11.382 Männern aus dem schwedischen Prostata-Register. Der Einsatz einer Doublet-Therapie mit Docetaxel stieg von 3% (26 von 980) im Jahr 2017 auf 20% (183 von 922) im Jahr 2020 und mit Androgenrezeptor-Antagonisten von 1% (7 von 991) im Jahr 2016 auf 27% (245 von 922) im Jahr 2020.
Die Zunahme des 5-Jahres-Gesamtüberleben von 26 auf 35% entsprach einem Anstieg von 6 Monaten längerem Überleben 5 Jahre nach der Diagnose.
Neben Fortschritten in der Therapie könnte das bessere Überleben auch mit einer Abnahme der Metastasierung zusammenhängen, denn die Autoren stellten im Lauf der Jahre geringere PSA-Werte fest.
Nach Meinung der Autoren ist jedoch der Hauptgrund für die Verbesserung des Überlebens die Einführung der Doublet-Therapie. Ein noch häufigerer Einsatz sowie eine Triplett-Therapie (ADT plus Docetaxel plus Androgenrezeptor-Antagonist) könnten die Überlebensrate weiter erhöhen.
Nierenkarzinom: Erstlinien-Kombi aus Immuntherapie und TKI besser bei höherem Risiko
Der Nutzen einer Erstlinien-Therapie mit Immuntherapeutika und Tyrosinkinase-Inhibitor bei metastasiertem Nierenzellkarzinom war höher in der Patientengruppe mit intermediärem bis hohem Risiko als in der Gruppe mit günstigerem Risiko. Dies ergab die gepoolte Analyse von 4 klinischen Studien, die eine Arbeitsgruppe der US Food and Drug Administration (FDA) in European Urology publiziert hat.
Anhand der Daten von 3.098 Patienten aus 4 Phase-3-Studien untersuchteen die Autoren den Nutzen einer Erstlinien-Kombinationstherapie in Abhängigkeit vom Risikoscore nach IMDC (International Metastatic RCC Database Consortium). In den Studien waren Avelumab plus Axitinib, Pembrolizumab plus Axitinib, Nivolumab plus Cabozantinib und Pembrolizumab plus Lenvatinib jeweils im Vergleich zu Sunitinib eingesetzt worden.
Zwar konnte ein Vorteil für das progressionsfreie Überleben (PFS) in der Gruppe der Patienten mit günstigem Risiko (HR 0,63) und mit mittlerem/schlechtem Risiko (HR 0,52) gezeigt werden. Es ergab sich jedoch kein Vorteil für die Kombi im Gesamtüberleben (OS) bei Patienten mit günstigem Risiko (HR 1,24). Im Gegensatz dazu profitierte die Gruppe mit mittlerem/schlechtem Risiko beim Gesamtüberleben von der Kombinations-Behandlung (HR 0,64).
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Nutzen der Immun-/TKI-Kombinationstherapie in der Gruppe mit mittlerem/schlechtem Risiko ausgeprägter ist und dass eine längere Nachbeobachtung erforderlich ist, um die Auswirkungen auf Patienten mit günstigem Risiko zu beurteilen.
Leberkrebs: Tislelizumab – neue Option für die Erstlinien-Therapie?
Bei Patienten mit nicht resezierbarem Leberzellkarzinom war die Erstlinien-Therapie mit dem PD1-Inhibitor Tislelizumab in der Wirkung auf das Gesamtüberleben (OS) Sotorasib nicht unterlegen. Auf Tislelizumab sprachen mehr Patienten (14,3%) an als auf Sotorasib (5,4%) und das Ansprechen hielt mit 36,1 vs. 11 Monaten länger an. Dies ergab die in JAMA Oncology publizierte offene, globale, randomisierte klinische Phase-3-Studie RATIONALE-301.
In der Studie waren 674 therapienaive Patienten mit Leberzellkrebs randomisiert mit Tislelizumab (alle 3 Wochen 200 mg) oder Sorafenib (2 x täglich 400 mg) behandelt worden. Der primäre Endpunkt, die Nichtunterlegenheit im OS, wurde in der Intention-to-Treat-Gruppe erreicht, im Median überlebten die Patienten mit dem PD1-Inhibitor 15,9 Monate, mit dem Multikinase-Inhibitor 14,1 Monate. Das progressionsfreie Überleben (PFS) betrug unter Tislelizumab 2,1 Monate, unter Sorafenib 3,4 Monate.
Ein Therapieabbruch wegen Nebenwirkungen bzw. eine Dosismodifikation waren in der Tislelizumab-Gruppe seltener erforderlich als mit Sorafenib.
Kolorektalkarzinom: Übersicht zur Therapie mit EGFR-Antikörpern
Eine umfassende Übersichtsarbeit in The Oncologist beschreibt molekulare Eigenschaften, klinische Anwendungen und künftige Möglichkeiten in der Therapie mit EGFR-Antikörpern wie Cetuximab und Panitumumab.
Die 5 Autoren, davon 3 Mitarbeiter der Medizinischen Abteilung der Firma Eli Lilly, betonen gleichzeitig die Bedeutung von Biomarkern bei der Auswahl, geben Hinweise zum Management von Nebenwirkungen und beschreiben laufende klinische Untersuchungen.
Neoadjuvante Therapie: Übersicht zu Immuncheckpoint-Inhibitoren
Eine neoadjuvante Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren hat sich in der Behandlung von Krebspatienten relativ rasch etabliert. In einer aktuellen Übersicht in Cancer Cell stellt eine US-amerikanisch Autorengruppe den derzeitigen Kenntnisstand vor.
Eine neoadjuvante Krebstherapie wird bei therapienaiven Patienten vor einer Operation mit kurativer Absicht durchgeführt. Die konventionelle neoadjuvante Chemotherapie und Strahlentherapie zielen in erster Linie darauf ab, die Tumorgröße zu reduzieren und so die chirurgische Resektabilität zu verbessern. Neue wissenschaftlichen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass eine neoadjuvante Immuntherapie tumorspezifische T-Zellklone erweitern und transkriptionell modifizieren und damit sowohl die intratumorale als auch die systemische Antitumorimmunität verbessern kann.
Darüber hinaus ermöglicht sie ein „Windows of Opportunity“ zur Erforschung von Mechanismen und zur Identifizierung neuer Biomarker der Reaktion auf Immuncheckpoint-Inhibitoren und der Resistenzentwicklung: eine Chance, um langfristige klinische Reaktionen besser zu prognostizieren und neue, wirksamere Kombinationstherapien zu entwickeln.
In der Übersicht stellt die Arbeitsgruppe Fortschritte in klinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen vor, die aus Studien zu ausgewählten Krebsarten gewonnen wurden, und sie beschreibt neue wichtige Prinzipien, die für die neoadjuvante Immuncheckpoint-Inhibition bei vielen Krebsarten relevant sind.
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Diesen Artikel so zitieren: Therapie-Update – die neuesten Studien zum Lungen-, Prostata-, Nieren-, Leberzell- und Kolorektalkarzinom - Medscape - 10. Okt 2023.
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