Warum der Zahnarzt für Krebs-Patienten wichtig ist; Haut-Nebenwirkungen von Immuntherapien zeigen Ansprechen

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

2. Oktober 2023

Im Onko-Blog dieser Woche berichten wir unter anderem, dass eine gute Mundgesundheit bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren mit einem besseren Überleben assoziiert ist. Eine deutsche Arbeitsgruppe hat in einer Studie bei Hochrisiko-Myelom-Patienten gefunden, dass sich die Prognose der Patienten durch Therapie mit einer 4er-Kombi bessern kann. Für stark vorbehandelten Myelom-Patienten gibt es seit kurzer Zeit bispezifische Antikörper, deren Einsatz jedoch häufig mit Infektionen einher geht. Die Gabe intravenöser Immunglobuline kann das Infektionsrisiko verringern. Bislang zu wenig beachtet wird die ovarielle Toxizität von Krebsmedikament, die ASCO fordert nun in einem Statement, diesen Parameter in klinischen Studien regelmäßig zu bewerten.

  • Kopf-Hals-Tumoren: Gute Mundgesundheit mit besserem Überleben assoziiert

  • Multiples Myelom: 4er-Kombi bei Hochrisiko-Erkrankung

  • Multiples Myelom: Intravenöse Immunglobuline senken Infektionsrate bei Therapie mit bispezifischen Antikörpern

  • Immuncheckpoint-Inhibitoren: Kutane Nebenwirkungen mit besserem Outcome assoziiert

  • Klinische Krebsstudien: ASCO-Statement zur ovariellen Toxizität

Kopf-Hals-Tumoren: Gute Mundgesundheit mit besserem Überleben assoziiert

Eine gute Mundgesundheit ist bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren mit einem besseren Überleben verbunden. Dies ergab eine gepoolte Analyse der Daten von 2.449 Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren aus 4 Studien, die eine US-amerikanische Arbeitsgruppe im  Journal of the National Cancer Institute  publiziert hat. 

Verbleibende eigene Zähne und häufige Zahnarztbesuche waren mit einem besseren Gesamtüberleben der Patienten verbunden. Patienten mit hypopharyngealem und/oder laryngealem und nicht anders spezifiziertem Plattenepithelkarzinom im Kopf-Hals-Bereich wiesen die ausgeprägteste inverse Assoziation mit den eigenen Zähnen auf. Patienten mit oropharyngealem Plattenepithelkarzinom im Kopf- und Halsbereich hatten den stärksten Zusammenhang mit Zahnarztbesuchen. Keine Assoziationen mit dem Überleben ergaben sich z.B. für vom Patienten berichtetes Zahnfleischbluten, Zähneputzen und die Verwendung von Mundwasser.

„Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Mundgesundheit nicht nur zur Vermeidung behandlungsbedingter Nebenwirkungen wie Osteoradionekrose, sondern auch als potenziell unabhängiger prognostischer Parameter für Patienten mit Plattenepithelkarzinomen im Kopf- und Halsbereich“, schreiben die Autoren.

Multiples Myelom: 4er-Kombi bei Hochrisiko-Erkrankung

Die 4er-Kombination aus Isatuximab, Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason (Isa-KRd) kann die Prognose von Patienten mit Hochrisiko-Myelom verbessern. Eine am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) initiierte klinische Studie, an der 20 deutsche Behandlungszentren teilgenommen hatten, zeigt, dass 78,3% der Patienten bis 70 Jahre sowie 62,6% über 70 Jahre 2 Jahre nach Abschluss der Therapie rückfallfrei waren. Wie die Arbeitsgruppe im  Journal of Clinical Oncology  berichtete, lebten nach 2 Jahren noch 83,9% der jüngeren und 71% der älteren Patienten. 

Die Untersucher-initiierte, multizentrische, nicht randomisierte GMMG-CONCEPT-Studie der Phase 2 gehört zu den ersten, die sich mit der Behandlung von Hochrisiko-Patienten beschäftigt hat. In Arm A erhielten 127 transplantationsgeeignete Patienten (TE) 6 Zyklen Isa-KRd-Induktion mit Stammzellentnahme nach Zyklus 3, gefolgt von Hochdosistherapie (HDT) und autologer Stammzelltransplantation. Die Konsolidierung umfasste 4 Isa-KRd-Zyklen, die Erhaltungstherapie 26 Isa-KR-Zyklen. 

26 Patienten, die nicht für HDT in Frage kamen oder älter als 70 Jahre waren (TNE), wurden in Arm B mit identischer Induktion, Konsolidierung und Erhaltung sowie 2 zusätzlichen Zyklen Isa-KRd anstelle von HDT-ASCT behandelt.

Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt mit MRD-Negativitätsraten nach Konsolidierung von 67,7% (TE) und 54,2% (TNE) der Patienten. 81,8% der TE-Patienten erreichten zu jedem Zeitpunkt eine MRD-Negativität. Bei 62,6% der Patienten hielt die MRD-Negativität ≥ 1 Jahr an. Bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 44 (TE) und 33 (TNE) Monaten wurde das mittlere PFS in keinem der beiden Arme erreicht.

„Wir wissen jetzt, wie wichtig die optimierte Kombinationstherapie für die Behandlung des Multiplem Myeloms ist und konnten mit unseren Ergebnissen zeigen, dass sich unter dieser Therapie die Prognose von Hochrisikopatienten der von Standardrisikopatienten annähert“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Gleichwohl gibt es Raum für eine weitere Optimierung. Mit der am UKE geplanten Folgestudie wollen wir die Behandlungsergebnisse nochmals weiter verbessern.“ 

Multiples Myelom: Intravenöse Immunglobuline senken Infektionsrate bei Therapie mit bispezifischen Antikörpern

Die Gabe intravenöser Immunglobuline (IVIg) kann das Risiko für schwere Infektionen bei Patienten mit multiplem Myelom, die mit einem bispezifischen Antikörper gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) und CD3-Rezeptoren behandelt werden, erheblich senken. Dies zeigte eine kleine retrospektive Studie einer internationalen Arbeitsgruppe, die in  Blood Cancer Discovery  erschienen ist.

Die retrospektive Studie umfasste 37 Patienten mit stark vorbehandeltem multiplem Myelom, die einen bispezifischen Anti-BCMA-Antikörper, wie Teclistamab oder Elranatamab, erhalten hatten. Die Patienten hatten im Mittel 7 vorangegangene Therapielinien bekommen; 2 von 3 Teilnehmern hatten eine Hochrisiko-Zytogenetik.

Die Gesamtansprechrate auf den bispezifischen Antikörper betrug 70%. Bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 18,6 Monaten lagen das mittlere progressionsfreie Überleben bei 17,0 Monaten und das mittlere Gesamtüberleben bei 26,3 Monaten.

Bei 26 Patienten, die alle klinisch auf einen bispezifischen BCMA-Antikörper ansprachen, kam es zu einer schweren Hypogammaglobulinämie. Während der Perioden, in denen die Patienten mit IVIg behandelt wurden, war die Rate an Infektionen vom Schweregrad 3-5 jedoch im Vergleich zu alleiniger Beobachtung um 90% reduziert (Inzidenzratenverhältnis 0,10, p=0,0307). 

Immuncheckpoint-Inhibitoren: Kutane Nebenwirkungen mit besserem Outcome assoziiert

Bei Patienten, die mit Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt wurden, war das Auftreten Immun-bedingter Nebenwirkungen an der Haut mit einem besseren progressionsfreien (PFS) und Gesamt-Überleben (OS) assoziiert. Dies ergab ein systematischer Review mit Metaanalyse, den eine chinesische Arbeitsgruppe in  JAMA Dermatology  publiziert hat. 

Die Arbeitsgruppe analysierte 23 Studien mit 22.749 Krebs-Patienten, die mit Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt worden waren. In den Studien war der der Effekt bei Patienten mit und ohne kutane Nebenwirkungen verglichen worden.

Das Auftreten von immunbedingten Nebenwirkungen an der Haut war mit einem verbesserten OS (Hazard Ratio [HR] 0,61, p<0,001) und PFS (HR 0,52, p<0,001) verbunden. 

In allen Untergruppen wurden konsistente Ergebnisse beobachtet. Allerdings wurden bei den in den USA durchgeführten Studien keine statistisch signifikanten Unterschiede beim PFS festgestellt.

Klinische Krebsstudien: ASCO-Statement zur ovariellen Toxizität

Die American Society of Clinical Oncology (ASCO) hat ein Statement zur Erfassung der ovariellen Toxizität in klinischen Studien in  Lancet Oncology  publiziert. Experten geben dabei neue Empfehlungen für eine angemessene Bewertung der ovariellen Toxizität in klinischen Krebsstudien. Die Stellungnahme unterstreicht die dringende Notwendigkeit, die langfristigen Auswirkungen von Krebstherapien auf die Funktion der Ovarien zu erkennen und zu verstehen.

Zum Hintergrund: Jedes Jahr erkranken weltweit etwa 1,4 Millionen Frauen unter 45 Jahren an Krebs. Viele erhalten Therapien, die ihre Ovarien schädigen und möglicherweise eine vorzeitige Menopause verursachen könnten. Eine vorzeitige Menopause führt zu Unfruchtbarkeit und beeinträchtigt die Gesundheit der Knochen und des Herz-Kreislauf-Systems. In klinischen Studien werden in der Regel keine Informationen darüber gesammelt, ob die untersuchte Krebsbehandlung für die Ovarien toxisch ist, wodurch eine erhebliche Informationslücke für die Patientinnen entsteht.

Die ASCO empfiehlt daher, in allen relevanten klinischen Studien, an denen Frauen teilnehmen, die ovarielle Toxizität zu bewerten. Die Eierstock-Funktion sollte klinisch und mit Biomarkern zu Studienbeginn, mindestens 12-24 Monate nach Absetzen der Therapie und zu späteren Zeitpunkten gemäß dem jeweiligen Studienplan bewertet werden. Bei onkologischen Studien mit Medikamenten, bei denen der Mechanismus und das Ausmaß der eventuellen Eierstocktoxizität sowie die Zeit bis zur Genesung nicht bekannt sind, gilt eine zusätzliche Datenerhebung alle 6-12 Monate während der Behandlung, am Ende der Behandlung und nach Beendigung der Behandlung als optimal. 

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Hier ist der Link zu unseren kostenlosen Newsletter-Angeboten – damit Sie keine unserer Nachrichten aus der Medizin verpassen.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....