Ausgerechnet während der Corona-Pandemie hatten die Deutschen mehr Vertrauen in die Krankenhausbehandlung als heute. Inzwischen ist der Angst-Level wieder gestiegen. Das sind 2 der Ergebnisse einer aktuellen forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse zum Welttag der Patientensicherheit am 17. September. Aber die KKH beruhigt: Es bestehe kein Grund, sich mit Angst ins Krankenhaus zu begeben. Das sieht der Dresdner Psychologe und Psychotherapeut Prof. Dr. Jürgen Hoyer allerdings ganz anders.
Laut Umfrage habe gut jeder 4. Deutsche (27%) im Alter von 18 bis 70 Jahren Angst in Hinblick auf eine Behandlung im Krankenhaus. „Damit ist das Vor-Corona-Niveau fast wieder erreicht“, teilte die KKH im Vorfeld des 17. Septembers 2023 mit.
Im Jahr 2019 hatte die Quote noch bei 29% gelegen, sank aber im Schatten der akuten Corona-Krise auf 17%. Von 2021 bis 2022 stieg der Anteil kontinuierlich von 19% auf 25% an. Während die Furcht vor einer Krankenhausbehandlung anstieg, wuchs zugleich das Vertrauen in die Fähigkeiten der Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus. Es lag im Corona-Jahr 2020 mit 83% am höchsten, so die KKH. Aktuell geben hingegen nur noch 72% der Befragten an, dass sie bei einem bevorstehenden Krankenhausaufenthalt den behandelnden Ärztinnen und Ärzten vertrauen würden.
„Die Entwicklung zeigt, dass Menschen während der Corona-Jahre deutlich mehr Vertrauen in die Krankenhauslandschaft hatten. Gründe dafür könnten ein bewussterer Umgang mit den knappen Ressourcen oder auch strengere Sicherheitsvorkehrungen in dieser Zeit gewesen sein. Sicherlich spielten auch die Bedeutung und die gestiegene Anerkennung von medizinischem Personal eine Rolle“, erklärt Dr. Sonja Hermeneit, Ärztin bei der KKH Kaufmännische Krankenkasse.
Patientinnen und Patienten fürchten allem Krankenhauskeime
Zur Begründung ihrer Angst verweist die Hälfte der Besorgten auf schlechte Erfahrungen, die sie als Krankenhauspatient gemacht hat (51%). 46% sagen, sie hätten Schlechtes über die Krankenhausbehandlung gehört. Doch die weitaus meisten gaben an, sich vor einer Infektion mit Krankenhauskeimen zu fürchten. „Rund 7 von 10 besorgten Befragten (71%, das entspricht 19% aller Bürgerinnen und Bürger im Alter von 18 bis 70 Jahren) äußerten diese Sorge“, so die KKH.
Zudem befürchten 65% der besorgten Befragten, nicht nach höchsten Qualitätsstandards behandelt zu werden. 84% der Befragten hielten denn auch eine Krankenhausreform zur Verbesserung der Versorgungs- und Behandlungsqualität für notwendig. 46% halten diese sogar für „zwingend notwendig“.
„Dennoch besteht kein Grund, dass sich Versicherte mit Angst in ein Krankenhaus begeben müssen“, betont Hermeneit. „Schon heute bieten die Krankenkassen in Zusammenarbeit mit den Kliniken technisch moderne und besonders schonende Operationsverfahren an, von denen die Versicherten profitieren können.“
Kritik an der Studie
Die Anlage der Studie sei nicht überzeugend, sagt indessen Hoyer von der Universität Dresden: „Denn in der Studie wird gefragt: Haben Sie Ängste oder vertrauen Sie den Ärzten? Dabei sind Angst und Vertrauen doch keine Gegensätze. Natürlich kann man den Ärzten vertrauen und trotzdem Befürchtungen haben!“
Und das aus gutem Grund. Denn es stürben in Krankenhäusern mehr Menschen durch Behandlungsfehler als durch Brustkrebs, AIDS und im Straßenverehr zusammen, so Hoyer. Zehntausende stürben an Medikationsfehlern und Zehntausende an Krankenhauskeimen. „Angst ist also in Krankenhäusern viel angemessener als zum Beispiel in einem Flugzeug. Diese Gefahren sind aber kein Makel, sondern liegen in der Natur der Sache. Eine Fehlerrate kann nicht bei null liegen“, so der Dresdner Professor zu Medscape.
Zudem könnten die Krankenhäuser bei allen Qualitätsverbesserungen nicht die Angst ihrer Patientinnen und Patienten vermeiden. Denn sie sei subjektiv und nicht per se unangebracht. Man könne sie weder den Krankenhäusern vorwerfen noch den Besorgten.
„Entängstigen würde am Schluss nur Aufmerksamkeit, Gespräch und die Sicherheit im Kontakt mit den Behandelnden. Wenn da Ruhe ist und Zeit für Aufklärung, kann das natürlich Angst nehmen – und positiv auf den Heilungsprozess wirken“, sagt Hoyer. Denkbar sei eine Art Liaison-Dienst, der die ängstlichen Patientinnen und Patienten auffängt und per guter Kommunikation und Aufklärung ihren Heilungsverlauf befördert, meint Hoyer: „Aber das müsste man schon ehrenamtlich machen, denn wir werden in den Krankenhäusern nicht die nötigen Ressourcen haben.“
Aufklärung schafft Vertrauen
„Als KKH haben wir in den vergangenen Jahren zum Beispiel im Rahmen der Knie- und Hüftgelenks-Endoprothetik verschiedene Qualitätsverträge mit Krankenhäusern geschlossen. Bei diesen erhalten die Patientinnen und Patienten vom Aufnahmegespräch bis zur Rehabilitation eine enge, individuelle Betreuung – häufig unterstützt von Fallmanagern und digitalen Apps“, erklärt Hermeneit. „Zudem kommen in den stationären Einrichtungen innovative Methoden wie OP-Roboter zum Einsatz. Diese Behandlung auf höchstem medizinischem Niveau optimiert den Genesungsprozess und steigert gleichzeitig die Patientensicherheit als auch die Patientenzufriedenheit“, ist die Ärztin überzeugt.
Wichtig sei zudem vor jedem Krankenhausaufenthalt eine gute, aufklärende Arzt-Patienten-Kommunikation. „Wer im Rahmen vom sogenannten Shared-Decision-Making verschiedene Behandlungsmöglichkeiten gemeinsam mit den zuständigen Ärzt*innen abwägt, sich dann bewusst für eine Therapieform entscheidet und sich über die Einrichtung, in der der Eingriff durchgeführt werden soll, gut informiert, kann sich mit diesem Wissen vertrauensvoll in die Hände des medizinischen Personals begeben“, ermutigt Hermeneit.
Zudem können die Versicherten in ihrer Patientenrolle selbst einiges zu ihrer eigenen Sicherheit im Krankenhaus beitragen: So gilt es, während des Klinikaufenthaltes aufmerksam zu sein. Denn häufig sind es die vermeidbaren Kleinigkeiten, die zu unerwünschten Ereignissen führen können. So kommt es zu Verwechslungen, wenn Patientennamen vertauscht werden oder falsche Körperteile operiert werden. Aber auch die fehlerhafte Dosierung oder Gabe von Medikamenten kann Komplikationen hervorrufen. „Wer mit falschem Namen angesprochen wird oder andere Tabletten als am Vortag erhält, sollte immer darauf hinweisen“, lautet der Tipp der Expertin.
Die Studie im Auftrag der Krankenkasse
Das Marktforschungsinstitut forsa hat im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse vom 8. bis 11. August 2023 bundesweit 1.001 Personen im Alter von 18 bis 70 Jahren telefonisch zum Thema Sorgen in Bezug auf die Behandlung bei einem Krankenhausaufenthalt repräsentativ befragt. In den Vorjahresbefragungen im Juli 2019, im August 2020, im Juli 2021 und im Juli/August 2022 wurden 1.002, 1.001 bzw. 1.376 Personen repräsentativ befragt. Weitere Informationen zu den Qualitätsverträgen mit Krankenhäusern erhalten Interessierte unter www.kkh.de/patientensicherheit.
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Medscape Nachrichten © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Angst vorm Krankenhaus ist weit verbreitet: Wie Ärzte das Vertrauen ihrer Patienten stärken können - Medscape - 27. Sep 2023.
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