Kein Frühstück, mehr Magen-Darm-Krebs?; weniger Biopsien bei Brustkrebs durch Ultraschall; Thromboseprophylaxe

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

26. September 2023

Im Onko-Blog dieser Woche berichten wir unter anderem über Lebensstil-Faktoren, die mit einem erhöhten Risiko für Krebs assoziiert sind. Kein Zusammenhang mit erhöhten Krebsrisiken ergab sich für eine nicht-erosive gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) und für die Einnahme des H2-Blockers Ranitidin. Bei ambulanten Patienten kann eine Risiko-gesteuerte primäre Thromboseprophylaxe das Thromboembolie-Risiko senken. 

  • Mammakarzinom: Ultraschall hilft, Sentinel-Lymphknoten-Biopsie zu vermeiden

  • Speiseröhrenkrebs: Nicht-erosive GERD nicht mit erhöhtem Risiko assoziiert

  • Magen-Darm-Karzinome: Verzicht auf Frühstück mit erhöhtem Erkrankungsrisiko assoziiert

  • Lungen- und Magen-Darm-Karzinome: Risiko-gesteuerte primäre Thromboseprophylaxe bei ambulanten Patienten 

  • Kein erhöhtes Risiko durch Ranitidin im Vergleich zu anderen H2-Rezeptorantagonisten

Mammakarzinom: Ultraschall hilft, Sentinel-Lymphknoten-Biopsie zu vermeiden

Bei Patientinnen mit einem kleinen Mammakarzinom (≤ 2 cm Durchmesser) und mit einer negativen präoperativen axillären Ultraschalluntersuchung der Lymphknoten kann auf eine axilläre Operation verzichtet werden, sofern das Fehlen von pathologischen Befunden den postoperativen Behandlungsplan nicht beeinflusst. Dieses Ergebnis einer prospektiven, randomisierten Phase-3-Studie hat eine internationale Arbeitsgruppe in  JAMA Oncology  publiziert.

In die Nichtunterlegenheitsstudie SOUND (Sentinel Node vs. Observation After Axillary Ultra-Sound) wurden insgesamt 1.405 Frauen jeden Alters mit einem Mammakarzinom bis zu 2 cm Größe und mit einem negativen präoperativen axillären Ultraschallergebnis aufgenommen. Es gab randomisiert eine Gruppe mit Sentinel-Lymphknoten-Biopsie (SLNB) (n = 708) und eine Gruppe ohne axillären Eingriff (n = 697). 

In der SLNB-Gruppe hatten 97 Frauen (13,7%) positive axilläre Knoten (36 [5,1%] mit Mikrometastasen und 61 [8,6%] mit Makrometastasen) und 4 Frauen (0,6%) hatten 4 oder mehr positive Lymphknotenknoten.

Die 5-Jahres-Überlebenszeit ohne Fernmetastasen (DDFS) lag bei 97,7% in der SLNB-Gruppe und bei 98% in der nicht operierten Gruppe. Damit war der Verzicht auf einen axillären Eingriff bei negativem Ultraschallbefund einer SNLB nicht unterlegen.

Speiseröhrenkrebs: Nicht erosive GERD nicht mit erhöhtem Risiko assoziiert

Eine nicht erosive gastroösophageale Refluxkrankheit ist nicht mit einem höheren Risiko für ein Ösophaguskarzinom assoziiert und benötigt daher auch kein zusätzliches endoskopisches Monitoring. Dies ergab eine Populations-basierte Kohortenstudie mit Daten aus Dänemark, Finnland und Norwegen, die im  BMJ  erschienen ist. 

Von 285.811 Patienten mit nicht erosiver GERD entwickelten 228 während der Nachbeobachtungszeit von 2.081.051 Personenjahren Adenokarzinome der Speiseröhre. Die Inzidenzrate betrug damit 11,0/100.000 Personenjahre (PJ). Sie war damit ähnlich wie in der Allgemeinbevölkerung (standardisierte Inzidenz-Ratio 1,04) und stieg bei längerer Nachbeobachtungszeit über 15 bis 31 Jahre nicht an.

Bei Personen mit endoskopisch nachgewiesener erosiver Ösophagitis (200.745 Patienten, 1.750.249 Personenjahre) kam es zu 542 Adenokarzinomen der Speiseröhre, was einer Inzidenzrate von 31,0/100.000 PJ entspricht. Die standardisierte Inzidenz-Ratio war mit 2,36 mehr als doppelt so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung und sie nahm mit längerer Beobachtungszeit zu.

Nach Meinung der Autoren handele es sich bei der erosiven Ösophagitis und der nicht erosiven GERD um 2 unterschiedliche Phänotypen mit unterschiedlichen Verläufen.

Magen-Darm-Karzinome: Verzicht auf Frühstück mit erhöhtem Erkrankungsrisiko assoziiert

Der regelmäßige Verzicht auf ein Frühstück ist mit einem höheren Risiko für Magen-Darm-Karzinome assoziiert, so die Ergebnisse der chinesischen Kailuan-Studie. Details wurden jetzt im  Journal of General Internal Medicine  veröffentlicht.

Die chinesische Arbeitsgruppe analysierte prospektiv mögliche Assoziationen zwischen der Häufigkeit eines Frühstücks und dem Auftreten gastrointestinaler Karzinome bei 62.746 Teilnehmern. Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,61 Jahren wurden 369 Fälle von Magen-Darm-Krebs identifiziert. Im Vergleich zu Teilnehmern, die täglich frühstückten, wiesen Teilnehmer, die 1- bis 2-mal pro Woche frühstückten, ein erhöhtes Risiko für Magen- (HR 3,45) und Leberkrebs (HR 3,42) auf. Personen, die gar nicht frühstückten, hatten ein erhöhtes Risiko für Ösophagus- (HR 2,72), Kolorektal- (HR 2,32), Leber- (HR 2,41) und Gallenwegs-Karzinome (HR 5,43). BMI, CRP-Wert und Nüchtern-Triglycerid-Glucose-Werte beeinflussten die Assoziation nicht. 

Die Autoren diskutieren verschiedene Mechanismen, welche dieser Assoziation zugrunde liegen könnten, etwa erhöhte CRP-Werte, die bei Frühstücks-Verzicht auftraten und auf Entzündungsvorgänge hindeuten, oder erhöhtes Risiko von Adipositas und einem generell ungesunden Lebensstil beim Frühstücksverzicht. Allerdings blieb bei Berücksichtigung von Lebensstilfaktoren in der Analyse der Zusammenhang zwischen Frühstücks-Konsum und Magen-Darm-Krebs-Risiko bestehen. 

Lungen- und Magen-Darm-Karzinome: Risiko-gesteuerte primäre Thromboseprophylaxe bei ambulanten Patienten 

Eine risikogesteuerte primäre Thromboseprophylaxe mit Enoxaparin, einem niedermolekularen Heparin, senkte bei ambulanten Patienten mit Lungen- oder Magen-Darm-Karzinom und hohem Risiko die Häufigkeit von Thromboembolien (HR 0,31, p=0,005, Number needed to treat 6,7) im Vergleich zu keiner Prophylaxe. Dies ergab die offene, randomisierte Phase-3-Studie TARGET-TP, die in  JAMA Oncology  erschienen ist.

328 Patienten wurden anhand der Fibrinogen- und D-Dimer-Spiegel, die vor der Therapie und nach einem Therapiezyklus gemessen wurden, in Gruppen mit hohem Risiko (n=200, 61%) und geringem Risiko (n=128, 39%) eingeteilt. Personen mit hohem Risiko erhielten randomisiert Enoxaparin (40 mg s.c.) für mindestens 90 Tage (verlängert bis zu 180 Tage je nach bestehendem Risiko) oder keine Thromboseprophylaxe (Kontrolle).

Thromboembolien traten bei 8% der Personen im Enoxaparin-Arm und bei 23% im Kontrollarm auf. Dies entspricht einer absoluten Risikominderung von 15 Prozentpunkten und einer relativen Risikominderung von 65%. Bei den 128 Personen mit geringem Risiko traten in 10 Fällen Thromboembolien auf (8%; Kontrolle mit hohem Risiko vs. niedriges Risiko: HR 3,33, p=0,002).

Schwere Blutungen waren selten. Sie traten bei 1 Teilnehmer unter Enoxaparin sowie bei 2 in der Hochrisiko-Kontrollgruppe und 3 in der Niedrigrisiko-Gruppe auf. Die 6-Monats-Mortalität betrug 13% in der Enoxaparin-Gruppe vs. 26% in der Hochrisiko-Kontrollgruppe (HR 0,48, p=0,03) und 7% in der Niedrigrisiko-Gruppe (versus Hochrisiko-Kontrollgruppe: HR 4,71; p<0,001).

In einem begleitenden Kommentar heißt es, dass die Ergebnisse mit der bestehenden Evidenz übereinstimmten, diese sinnvoll ergänzten und die aktuellen Empfehlungen der ASCO sowie anderer Leitlinien unterstützten. Obwohl es mehrere randomisierte Studien gebe, die eine Thromboseprophylaxe von ambulanten Patienten unterstützten, werde diese vor allem bei hospitalisierten Patienten eingesetzt. Die wichtigste Frage sei deshalb nicht, welcher Risiko-adaptierte Ansatz oder welches Antikoagulans das Beste für die Primärprävention sei, sondern warum ambulanten Krebs-Patienten diese Primärprophylaxe so selten angeboten werde. 

Kein erhöhtes Krebsrisiko durch Ranitidin im Vergleich zu anderen H2-Rezeptorantagonisten

Die Anwendung von Ranitidin war nach Ergebnissen einer großen Kohortenstudie nicht mit einem höheren Krebsrisiko im Vergleich zur Anwendung anderer H2-Rezeptorantagonisten assoziiert. Die internationale Autorengruppe schlussfolgert in  JAMA Network Open , dass diese Ergebnisse früheren Ranitidin-Nutzern Sicherheit geben könne und dass bei diesen Personen keine proaktive Krebsvorsorge oder besondere Überwachung erforderlich sei.

Der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat im April 2020 das Ruhen der Zulassung Ranitidin-haltiger Arzneimittel empfohlen, weil sie mit geringen Mengen von N-Nitrosodimethylamin (NDMA) verunreinigt sind, das karzinogen wirkt.

Die internationale Kohortenstudie analysierte nun Daten von 1.183.999 Personen aus Datenbanken aus den USA, UK, Deutschland, Spanien, Frankreich, Südkorea und Taiwan. 909.168 Personen verwendeten Ranitidin, 274.831 Personen andere H2-Rezeptorantagonisten wie Famotidin, Roxatidin oder Lafutidin. 

Die Krebsinzidenzraten bei Ranitidin-Anwendern betrugen 14,3 Ereignisse pro 1.000 Personenjahre (PJs) und 15,03 Ereignisse pro 1000 PJs bei Anwendern anderer H2-Blocker. Nach einem groß angelegten Propensity-Score-Matching war das Krebsrisiko bei Ranitidin-Verwendern im Vergleich zu Verwendern andere H2-Blocker ähnlich (Inzidenz: 15,92 Ereignisse pro 1.000 PJs vs. 15,65 Ereignisse pro 1.000 PJs). 

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Kommentar

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