„Übersichtlich, allgemeinverständlich, interaktiv und fortlaufend aktualisiert“ soll es sein – das vom Bundeskabinett am 13. September 2023 verabschiedete „Gesetz zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz“ (Krankenhaustransparenzgesetz). Es soll online zeigen, wo welche Behandlungen wie gut gemacht werden. Die Absicht dahinter: Die Bevölkerung soll mit den Füßen abstimmen, welches Krankenhaus die große Reform überlebt und welches nicht.
„Patienten haben ein Recht darauf zu wissen, was Kliniken leisten. Mit dem interaktiven Krankenhaus-Atlas machen wir die Qualität der Krankenhäuser transparenter und stärken so die individuelle Entscheidung der Patientinnen und Patienten“, sagte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) anlässlich des Beschlusses.
Wenn zum Beispiel alle Krebspatienten in der Primärbehandlung in zertifizierten Zentren versorgt würden, könnten jährlich 20.000 Lebensjahre gerettet werden, so der Minister weiter. Oder: Würden alle Menschen mit Schlaganfall in Stroke Units behandelt werden, könnten in jedem Jahr 5.000 Menschleben gerettet werden. Würden alle diese Patienten im Notfall in Stroke Units gefahren werden, würde sich die Anfahrzeit mit dem Rettungswagen nur um durchschnittlich 3 Minuten verlängern.
„Dass wir die Patienten nicht in das richtige Krankenhaus bringen, liegt nicht an der Unerreichbarkeit eines Hauses mit Stroke Unit, sondern daran, dass es an Transparenz fehlt“, sagte Lauterbach. Mit größerer Transparenz würden die Patienten gleich in das passende Krankenhaus gehen beziehungsweise gebracht werden.
Onlineverzeichnis mit 4 Informationsgruppen
Das staatliche Onlineverzeichnis soll nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ab dem 1. April 2024 an den Start gehen und im Wesentlichen 4 Informationsgruppen bieten:
Fallzahlen von Leistungen (differenziert nach 65 Leistungsgruppen),
vorgehaltenes ärztliches und pflegerisches Personal (die personelle Ausstattung im Verhältnis zum Leistungsumfang),
Komplikationsraten für ausgewählte Eingriffe,
Zuordnung der einzelnen Krankenhausstandorte zu Versorgungsstufen (Level).
Zukünftig sollen die Patienten nur die fraglichen Behandlungen in ein Suchfenster eingeben, und das Register zeigt auf einer Landkarte an, wo die passenden Krankenhäuser stehen. Dort sollen sie dann auch Antworten auf Fragen bekommen wie etwa:
Welche Qualität erreichen sie?
Wie ist der Arzt- beziehungsweise Pflegeschlüssel?
Worauf sind die Häuser spezialisiert?
Welche Qualität wird erreicht?
Wie viele Komplikationen gibt es bei der angefragten Behandlung? usw.
Perspektivisch können weitere Daten in das Transparenzregister aufgenommen werden, so das BMG.
Die Daten gehen ans Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) und von dort gehen die aufbereiteten Daten an das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), das sie für die Krankenhaus-Atlas zur Verfügung stellt.
Krankenhäusern, die keine oder falsche Daten liefern, drohen „empfindliche Strafen für die Geschäftsführer“, so der Bundesgesundheitsminister.
Kritik von Krankenhausgesellschaft: Entmachtung der Länder?
Lauterbach stellte das Register als Teil der großen Krankenhausreform vor. Eben das kritisierte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Der Minister wolle die aus guten Gründen von Kliniken und Ländern als Teil der Reform abgelehnte Einteilung der Krankenhäuser in verschiedene Level nun durch die Hintertür einführen, sagte Prof. Dr. Henriette Neumeyer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DKG. „Dieses Gesetz, das vorgibt, für Transparenz zu sorgen, ist damit nichts anderes als ein trojanisches Pferd zur Entmachtung der Länder von ihrer Planungshoheit“, so Neumeyer.
Verfüge eine Klinik über nur einige Leistungsgruppen, weise bei diesen aber viel Erfahrung auf, so werde diese Klinik dennoch in das niedrige Level 1 eingeordnet, gab Neumeyer als Beispiel. Patientinnen und Patienten würden sich dann für ein Krankenhaus mit einem höheren Level entscheiden und das betroffene Krankenhaus trotz guter Leistungen meiden.
„Seit Jahren finden sich die Daten transparent und online leicht öffentlich zugänglich im Deutschen Krankenhausverzeichnis, das bis vor wenigen Wochen das offizielle Verzeichnis auf der Seite des Ministeriums war“, resümiert Neumeyer „Das Krankenhaustransparenzgesetz ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Gesundheitspolitik nicht stattfinden sollte.“
Zustimmung von Kassen, aber Forderung nach Nachbesserungen
Anders die Kassenseite, die von jeher auf höhere Qualität in der Krankenversorgung drängt. Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) begrüßte die Initiative aus dem BMG, forderte aber Nachbesserungen. So müsse überprüft werden können, ob die Krankenhäuser korrekte Angaben machen und „ob wirklich alle Qualitätsvorgaben für die Leistungsgruppen erfüllt wurden,“ so Elsner.
„Wichtig wäre auch, dass aus dem Transparenzverzeichnis deutlich wird, welche Expertise gerade auch Kliniken haben, die dem Level I (Grundversorger) zugeordnet werden. Für Standardeingriffe sind sie oft durchaus geeigneter als Maximalversorger.“
Fanden Sie diesen Artikel interessant? Hier ist der Link zu unseren kostenlosen Newsletter-Angeboten – damit Sie keine Nachrichten aus der Medizin verpassen.
Credits:
Photographer: © Tbe
Lead Image: Dreamstime
Medscape Nachrichten © 2023 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Online Qualitätscheck: Lauterbachs Krankenhaus-Atlas – ist das Transparenzgesetz die Reform durch die Hintertür? - Medscape - 20. Sep 2023.
Kommentar