Meningoenzephalitis und Bakteriämie durch Flavobacterium: So konnte die Patientin gerettet werden

Liz Scherer

Interessenkonflikte

15. September 2023

Ein Team von Schweizer Forschenden unter der Leitung von Rebecca Zurbuchen hat den ersten Fall von Meningoenzephalitis und Bakteriämie mit Flavobacterium lindanitolerans beschrieben. Flavobacterium-Spezies sind gramnegative, nicht fermentierende Stäbchenbakterien, die in der Umwelt weit verbreitet sind und am häufigsten in Boden-, Süßwasser- und Salzwasserökosystemen, Mikrobenmatten und infizierten Fischen und Walen vorkommen.

Bisher wurde das Bakterium erst ein Mal in einer menschlichen Probe identifiziert. Hier teilten die Forschenden ihre Begründung für die Auswahl des Antibiotikums Levofloxacin und die Dauer der Therapie mit. Ihre Therapieentscheidung mussten sie ohne Leitlinien und Erkenntnissen zum Eintrittspunkt treffen. Die Kasuistik wurde im European Journal of Case Reports in Internal Medicine veröffentlicht [1].

Die Anamnese

Eine 76-jährige Patientin wurde mit Fieber, Kopfschmerzen, geistiger Veränderung und Dysarthrie, die 24 Stunden zuvor begonnen hatte, in die Notaufnahme gebracht. Zu den Komorbiditäten gehörten Morbus Parkinson, arterielle Hypertonie und Typ-2-Diabetes. Sie hatte auch eine kurative Splenektomie der Bauchspeicheldrüse zur Behandlung eines VIPoms erhalten. Ansonsten war ihre Krankengeschichte im Hinblick auf Kontakt mit Tieren, Reisen, Hobbys, Kontakt mit infektiösen Personen und kürzlich erfolgte Bluttransfusionen unauffällig.

Die klinische Untersuchung zeigte, dass die Patientin enzephalopathisch war (mit 14 Punkten auf der Glasgow-Koma-Skala), eine Sauerstoffsättigung von 91% aufwies und einen Hypertonus hatte (abdominaler Druckschmerz bei Palpation und terminaler Meningismus). Laborchemisch zeigten sich Leukozytose (19 g/l), erhöhtes C-reaktives Protein (50 mg/l) und Cerebrospinalflüssigkeit (CSF) mit erhöhter Leukozytenzahl. Die Computertomografie des Gehirns war unauffällig.

Die Therapie

Nach der Diagnose einer Meningoenzephalitis wurden eine empirische Antibiotikatherapie (Ceftriaxon, Amoxicillin, Aciclovir) und Dexamethason eingeleitet. Obwohl die Patientin anfänglich gut ansprach, persistierten Dysarthrie, Ataxie, eine leichte Parese im linken Bein und Meningismus. Mittels Multiplex-Polymerase-Kettenreaktion der CSF konnte kein Erreger identifiziert werden, sodass Aciclovir abgesetzt wurde.

Als jedoch die Blutkultur bei der Aufnahme positiv auf gramnegative Stäbchenbakterien wurde, wurde die anfängliche Antibiotikatherapie durch Sulfamethoxazol/Trimethoprim plus Ciprofloxacin ersetzt. Im Mikrobiologie-Labor wurde das Wachstum von Flavobacterium spp. nachgewiesen (später bestätigt nach Wachstum auf Columbia-Blutagar und in der CSF nach 48 Stunden auf Columbia-Blutagar und Schokoladenagar).

In Verbindung mit Empfindlichkeitsprüfungen machte das eine Umstellung auf 500 mg intravenöses Levofloxacin 2-mal täglich sowie anschließend an Tag 13 orales Levofloxacin erforderlich. Die Patientin wurde nach 14 Tagen auf eine geriatrische Station verlegt, wo sich anschließend ihr Geisteszustand, die Dysarthrie und das Gangbild verbesserten, obwohl leichte Gleichgewichts- und Orientierungsstörungen anhielten.

Die Behandlung wurde über insgesamt 21 Tage lang ausgedehnt (analog zu anderen gramnegativen Meningitiserregern) und dann nach einer Magnetresonanztomografie zur Nachbeobachtung, die das Fehlen eines Abszesses und die Reduktion der ventrikulären Sedimente zeigte, abgebrochen. Anschließend wurde die Patientin entlassen.

Warum Levofloxacin für 21 Tage?

Im Gegensatz zu anderen Berichten zu Flavobakterien erwies sich Flavobacterium als resistent gegenüber Sulfamethoxazol/Trimethoprim. Levofloxacin wurde auf Grundlage der antimikrobiellen Empfindlichkeitsbestimmung und aufgrund seiner ausgezeichneten Penetration im zentralen Nervensystem ausgewählt.

Eine Dauer von 21 Tagen basierte auf Leitlinien für ambulant erworbene gramnegative Meningitis. Die Forschenden empfehlen jedoch, die Dauer an klinische, labortechnische und bakteriologische Reaktionen anzupassen. Ärztinnen und Ärzte könnten auch eine wiederholte CSF-Analyse in Betracht ziehen, um das therapeutische Ansprechen zu beurteilen.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf  Univadis.de .

 

Kommentar

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