Eine große Studie mit gesunden Erwachsenen mittleren Alters hat ergeben, dass mehr viszerales und subkutanes Bauchfett bei der Magnetresonanztomografie (MRT) des Bauchs mit Hirnatrophien assoziiert ist, speziell bei Frauen. Details dazu wurden jetzt in Aging and Disease veröffentlicht [1].
„Die Studie zeigt, dass überschüssiges Fett schlecht für das Gehirn ist und bei Frauen wohl schwerwiegendere Folgen hat, auch in Alzheimer-Risikoregionen“, sagte der Hauptautor der Studie, Cyrus Raji, zu Medscape. Er arbeitet am Mallinckrodt Institute of Radiology an der Washington University in St. Louis, Missouri.
Bauchfett als modifizierbarer Risikofaktor
Mehrere Studien hatten schon früher Assoziationen zwischen Körperfett und einem erhöhten Demenzrisiko nahegelegt. Aber nur wenige Arbeiten sind auf Assoziationen zwischen viszeralem bzw. subkutanem Fett und dem Gehirnvolumen eingegangen.
Für die neue Studie unterzogen Forscher 10.000 gesunde Erwachsene im Alter von 20 bis 80 Jahren (Durchschnittsalter 52,9 Jahre; 53% Männer) einem kurzen Ganzkörper-MRT-Protokoll. Mit Regressionsanalysen haben sie versucht, abdominale Fetttypen und Hirnvolumina in Korrelation zu setzen, wobei das Alter und das Geschlecht ebenfalls berücksichtigt wurden.
Das Forscherteam fand heraus, dass ein höherer Anteil an viszeralem und an subkutanem Bauchfett mit einem geringeren Gesamtvolumen der grauen und weißen Substanz sowie einem geringeren Volumen des Hippocampus, des frontalen Kortex und der Temporal-, Parietal- und Okzipitallappen assoziiert ist.
„Die Ergebnisse sind ziemlich deutlich“, sagte Raji zu Medscape. „Wir haben festgestellt, dass sowohl subkutanes als auch viszerales Fett in ähnlichem Maße negative Folgen auf das Gehirnvolumen haben könnten.“
Bei Frauen waren Hirnatrophien in Zusammenhang mit erhöhtem viszeralem Fett stärker ausgeprägt als bei Männern. Es sei jedoch schwierig, geschlechtsspezifische Unterschiede zu bewerten, da es keine früheren Arbeiten gebe, die speziell das viszerale Fett, den Verlust des Hirnvolumens und die geschlechtsspezifischen Unterschiede untersucht hätten, schreiben die Forscher.
Limitationen der Studie
Die Autoren weisen darauf hin, dass zwar statistisch signifikante Beziehungen zwischen viszeralem Fettgehalt und Veränderungen des Volumens der grauen Substanz beobachtet worden seien. Die Effektgrößen seien jedoch gering gewesen sei. „Die statistische Signifikanz dieser Arbeit wird durch die große Stichprobe beeinflusst und weniger durch die starke Effektgröße“, heißt es in der Veröffentlichung.
Zu den weiteren Einschränkungen gehört der Querschnittscharakter der Studie, der keine Rückschlüsse auf Kausalitäten zulässt. Bei der Analyse wurden auch Lebensstilfaktoren wie körperliche Aktivität, Ernährung und genetische Variablen nicht berücksichtigt.
Jetzt fordert die Arbeitsgruppe weitere Untersuchungen, „um Mechanismen besser zu verstehen und mögliche Interventionen zu untersuchen – mit dem Ziel, Bauchfett zu verringern, um die Gesundheit des Gehirns zu erhalten“.
Offene Fragen an die Forschung
Claire Sexton, Senior Director of Scientific Programs and Outreach der Alzheimer's Association, erklärte gegenüber Medscape: „Frühere Studien haben starkes Übergewicht mit kognitivem Verfall und mit einem erhöhten Demenzrisiko in Verbindung gebracht. Anstatt den Body-Mass-Index (BMI) als Maß für das Körperfett zu verwenden, untersuchte die aktuelle Studie viszerales und subkutanes Fett direkt mit bildgebenden Verfahren.“
Sexton, die nicht am Projekt beteiligt war, sagte, die Ergebnisse legten „einen möglichen Mechanismus zur Erklärung der Assoziationen zwischen Adipositas und der Kognition“ nahe.
Ein verringertes Hirnvolumen könne mit Problemen beim Denken, beim Gedächtnis und bei der Ausführung alltäglicher Aufgaben verbunden sein. Adipositas-Raten in den Vereinigten Staaten stiegen weiter an, und damit auch die Raten von Herzkrankheiten, Schlaganfall, Typ-2-Diabetes und bestimmten Krebsarten.
Die Studie sei zwar eine hilfreiche Ergänzung des Kenntnisstands zum Thema, habe aber auch Einschränkungen. „Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, bleibt unklar, ob ein höherer Körperfettanteil kausal zu einem geringeren Gehirnvolumen führt“, kommentiert Sexton.
Außerdem seien in der Studie wichtige Faktoren wie körperliche Aktivität und Ernährung nicht berücksichtigt worden, die einen Zusammenhang zwischen Körperfett und Hirnvolumen beeinflussen könnten.
Um das Risiko kognitiver Defizite und Demenzen zu bewerten, seien mehrere Faktoren von Bedeutung. Adipositas und die regionale Verteilung des Körperfetts müssen zusammen mit allen Lebensgewohnheiten einer Person betrachtet werden, einschließlich körperlicher Aktivität, Bildung, Kopfverletzungen, Schlaf, psychischer Gesundheit und der Gesundheit des Herzens/des Herz-Kreislauf-Systems und anderer wichtiger Körpersysteme, sagte Sexton.
Die Alzheimer's Association führt eine 2-jährige klinische Studie mit dem Namen U.S. POINTER durch, um herauszufinden, ob eine Kombination aus körperlicher Aktivität, gesunder Ernährung, sozialen Kontakten, intellektuellen Herausforderungen und einem verbesserten Selbstmanagement von Krankheiten die kognitiven Funktionen älterer Erwachsener schützen kann, die ein erhöhtes Risiko für einen kognitiven Verfall haben.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf www.medscape.com und wurde von Michael van den Heuvel übersetzt und adaptiert.
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Credits:
Photographer: © Dedmityay
Lead image: Dreamstime.com
Medscape Nachrichten © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Dicker Bauch – schrumpfendes Hirn? Bauchfett im MRT mit weniger Hirnvolumen assoziiert – Hinweis für erhöhtes Demenzrisiko? - Medscape - 14. Sep 2023.
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