Erstaunlich gut: Die Elektroporation als neuartige Form der Katheterablation ist thermischen Verfahren nicht unterlegen

Ted Bosworth

Interessenkonflikte

12. September 2023

Amsterdam – Die Elektroporation (pulsed field ablation, PFA) ist eine völlig neuartige Form der Katheterablation, die erst seit Kurzem verfügbar und bisher nur in Europa zugelassen ist (jedoch nicht in den USA). In einer direkten Vergleichsstudie war sie der konventionellen thermischen Ablation zur Behandlung des Vorhofflimmerns nicht unterlegen. Dieses Ergebnis lässt zusammen mit anderen Betrachtungen die Elektroporation vorteilhaft erscheinen.

„Die Botschaft, die wir mitnehmen können, ist, dass dieser neue Ansatz deutliche Sicherheitsvorteile bietet. Die Personen müssen sich keine Sorgen machen um – zugegeben seltene – Komplikationen wie Ösophagusfisteln und andere Probleme. Zugleich ist das Verfahren schneller und mindestens genauso wirksam“, sagte Dr. Vivek Y. Reddy, Leiter der Abteilung für Herzrhythmusstörungen am Mount Sinai Hospital in New York.

 
Die Botschaft, die wir mitnehmen können, ist, dass dieser neue Ansatz deutliche Sicherheitsvorteile bietet. Dr. Vivek Y. Reddy
 

Die ADVENT-Studie, die Reddy am 27. August auf dem Kongress der European Society of Cardiology (ESC) 2023 vorstellte, ist die erste Studie, in der Personen nach dem Zufallsprinzip einer PFA- oder einer Katheterablation zugeteilt wurden [1]. Die Studie wurde online im New England Journal of Medicine zeitgleich zur Vorstellung auf dem ESC veröffentlicht [2].

 
Die Elektroporation nutzt elektrische Hochspannungsfelder im Mikrosekundenbereich, um eine Zellnekrose zu erzeugen, und ist damit eine weitgehend athermische Prozedur. Dr. Vivek Y. Reddy
 

„Bei der herkömmlichen kathetergestützten thermischen Ablation werden die Lungenvenen, in denen sich die Auslöser für das Vorhofflimmern befinden, durch Erhitzen oder Einfrieren des Gewebes isoliert. Im Gegensatz dazu nutzt die Elektroporation elektrische Hochspannungsfelder im Mikrosekundenbereich, um eine Zellnekrose zu erzeugen, und ist damit eine weitgehend athermische Prozedur“, sagt Reddy.

Neues Verfahren könnte benachbarte Strukturen schonen

In experimentellen Studien habe die Elektroporation eine hohe ablative Spezifität gezeigt, wodurch sich die Folgen für das angrenzende Gewebe wie den Ösophagus und den N. phrenicus in Grenzen hielten, erklärte Reddy.

Der primäre Endpunkt der Studie mit Blick auf die Wirksamkeit war das Fehlen einer Reihe von Endpunkten, die auf eine unvollständige Ablation hindeuteten:

  • anfängliches Versagen des Verfahrens,

  • atriale Tachyarrhythmien nach einer 3-monatigen Ablationsphase,

  • die anschließende Verordnung von Antiarrhythmika,

  • eine Kardioversion oder

  • eine erneute Ablation.

Der primäre Sicherheitsendpunkt umfasste eine Reihe von unerwünschten Ereignissen im Zusammenhang mit dem Verfahren.

Die 607 Teilnehmenden an der Studie litten unter einem Vorhofflimmern, das auf mindestens eine Klasse von Antiarrhythmika nicht ansprach. Die Personen wurden zufällig im Verhältnis 1:1 der Elektroporation mit einem Kathetersystem (Farapulse-Boston Scientific) oder der thermischen Ablation zugeteilt.

Von den thermischen Verfahren waren die Radiofrequenzablation (RFA) und die Kryoablation erlaubt, aber jedes teilnehmende Zentrum dürfte nur eines dieser Verfahren für den Kontrollarm verwenden. Für den Vergleich mit der Elektroporation wurden die Ergebnisse für die beiden thermischen Verfahren, die bei einem ähnlichen Anteil der Patienten angewandt wurden, zusammengefasst, da es bereits Evidenzen für eine vergleichbare Wirksamkeit beider Verfahren gibt.

Elektroporation nicht unterlegen nach einem Jahr

Nach einem Jahr erreichten 73,3% der Personen in der Elektroporation-Gruppe und 71,3% in der Kontrollgruppe den primären Endpunkt, d.h. es traten keine Ereignisse auf, die auf ein Versagen der Ablation hindeuteten. Der numerische Vorteil der Elektroporation bestätigte die Nichtunterlegenheit, obwohl die Beurteilung einer möglicherweise überlegenen Wirksamkeit infolge der Elektroporationsergebnisse nicht signifikant war.

Wie in früheren Studien vorhergesagt, zeigte die Stratifizierung der thermischen Ablationsverfahren ähnliche Ergebnisse, wenngleich der Anteil der Personen, die nach einem Jahr ohne Ereignisse geblieben waren, in der Kryoablationsgruppe größer war als in der Radiofrequenzgruppe (73,6% bzw. 69,2%).

Ein sicherheitsrelevantes unerwünschtes Ereignis trat bei 2,1% der Personen mit Elektroporation und bei 1,5% unter thermischer Ablation auf. Mit diesem Unterschied von 0,6% lag die Elektroporation damit im Bereich der Nichtunterlegenheit in Bezug auf die Sicherheit.

Bei den schwerwiegenden Ereignissen kam es in dieser Studie in der Elektroporation-Gruppe zu einem Todesfall und in der Kontrollgruppe zu einem Schlaganfall. Phrenikusparesen ereigneten sich nur in der Kontrollgruppe (2 vs. 0), während eine Perikarditis nur in der Elektroporation-Gruppe beobachtet wurde (2 vs. 0). In jeder Gruppe kam es je einmal zu einem Lungenödem.

„Die Katheterablation ist ein ziemlich sicheres und effektives Verfahren“, sagte Reddy, um zu erklären, warum dieser Vergleich auf Basis der Nicht-Unterlegenheitsfrage durchgeführt wurde.

 
Mit zunehmender Erfahrung würde man noch bessere Erfolgsraten erwarten. Das hier ist das Minimum. Dr. Vivek Y. Reddy
 

Er betonte jedoch, dass das Ergebnis der Nichtunterlegenheit der Elektroporation von chirurgischen Fachkräften mit geringer oder gar keiner Erfahrung mit dieser Methode erreicht wurde, während die Katheterablation von Personen durchgeführt wurde, die in der Regel bereits Hunderte solcher Eingriffe vorgenommen hatten.

„Mit zunehmender Erfahrung würde man noch bessere Erfolgsraten erwarten. Das hier ist das Minimum“, sagt Reddy.

Kürzere Operationszeiten bei Elektroporation vorteilhaft

Obwohl eine neue Technik zum Einsatz kam, war die durchschnittliche Verfahrensdauer bei der Elektroporation kürzer (105 gegenüber 123 min), die durchschnittliche Bestrahlungszeit war jedoch länger (21,1 gegenüber 13,9 min). Reddy hält den Unterschied in der Verfahrensdauer für einen klaren Beleg für die Effizienz der Elektroporation.

„Wenn man sich die Leistung des Verfahrens ansieht, ist es bemerkenswert, dass die Operationszeiten statistisch signifikant kürzer waren für eine Technologie, die mehrere der chirurgischen Fachkräfte zum ersten Mal einsetzten“, sagte Reddy.

Ein statistisch signifikanter Vorteil für die Elektroporation zeigte sich auch bei der Veränderung des mittleren Lungenvenenquerschnitts nach den Verfahren (0,9% gegenüber 12%). Reddy räumte ein, dass geringe Veränderungen der Pulmonalvenengröße klinisch nicht signifikant seien, aber dieses Ergebnis „wirft die Frage auf, ob wir eine Ablation ohne die Gewebevermehrung erreichen können, die wir bei der konventionellen Ablation sehen“.

Insgesamt lieferten die ADVENT-Daten mehrere Gründe dafür, „von der Elektroporation begeistert zu sein“, so Reddy. Zu dieser Einschätzung gehöre auch die Technik mit mindestens vergleichbarer Wirksamkeit bei zugleich potenziell weniger unerwünschten Ereignissen.

Experte betont klinische Relevanz aber auch Seltenheit der Komplikationen

Der von der ESC eingeladene Referent Dr. Samuel Kiil Sørensen vom Gentofte University Hospital in Kopenhagen stimmte zu, dass die ADVENT-Daten die Elektroporation als Alternative zur thermischen Ablation unterstützen. Seiner Meinung nach sind die kürzeren Behandlungszeiten bei vergleichbarer Sicherheit und Wirksamkeit klinisch relevant.

 
Die schweren Komplikationen durch Schädigungen von Ösphagus, Pulmonalvenen oder N. phrenicus, die durch die Elektroporation vermieden werden können, sind selten. Dr. Samuel Kiil Sørensen
 

„Welche Eigenschaft der Elektroporation rechtfertigt ihre Nichtunterlegenheit“, fragte er. „Viele Komplikationen der Ablation beim Vorhofflimmern hängen nicht von der aufgewendeten Energie ab. Die schweren Komplikationen durch Schädigungen von Ösphagus, Pulmonalvenen oder N. phrenicus, die durch die Elektroporation vermieden werden können, sind selten, sodass nicht zu erwarten ist, dass sie die Gesamtkomplikationsrate in einer randomisierten kontrollierten Studie von angemessener Größe verändern würden.“

Er wies jedoch darauf hin, dass sich die Elektroporation beim Vorhofflimmern noch als Fortschritt erweisen könnte. Er zitierte frühere Nachweise, welche die Spezifität der ablativen Aktivität unterstützen, und betonte, dass ADVENT ein Gerät der ersten Generation getestet habe, das möglicherweise noch nicht alle Vorteile der Elektroporation ausschöpfe.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

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