Bei Patienten mit ausgeprägter Adipositas und mit Typ-2-Diabetes ist ein Magenbypass 3 Jahre nach der Operation mit einer stärkeren Gewichtsreduktion assoziiert als ein Schlauchmagen. Weitere Vorteile sind eine doppelt so häufige Diabetes-Remission und eine stärkere Verbesserung der gewichtsbezogenen Lebensqualität. Zu dem Ergebnis kommen Forscher jetzt in The Lancet Diabetes & Endocrinology [1].
Bei Symptomen wie Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen oder depressiven Verstimmungen gab es mittelfristig keine relevanten Unterschiede zwischen beiden bariatrischen Verfahren.
Immense Effekte der Adipositas-Chirurgie
Zum Hintergrund: Übergewicht und Adipositas haben in den westlichen Ländern eine epidemische Größenordnung erreicht. In Deutschland wird der Anteil der Erwachsenen mit Adipositas (Body Mass Index [BMI] > 30 kg/m2) auf knapp 24% geschätzt. Das entspricht rund 16 Millionen Menschen. Und mehr als 1 Million Erwachsene in Deutschland, zirka 2%, haben eine Adipositas permagna (BMI ≥ 40 kg/m2).
Die Adipositas-Chirurgie ist Teil eines multimodalen Behandlungskonzepts, wenn konservative Therapien nicht den gewünschten Effekt gebracht haben. Die Operation ist mit einer deutlichen Reduktion von Körpergewicht, Diabetesraten, kardiovaskulären Risikofaktoren und anderen Komorbiditäten assoziiert.
In einer randomisierten, monozentrischen Studie aus Norwegen sind Sleeve-Gastrektomie (Schlauchmagen) und Roux-Y-Magenbypass, die häufigsten bariatrischen Verfahren, bei Typ-2-Diabetikern mit Adipositas in Bezug auf die Körpergewichtsveränderung, unerwünschte Effekte und die Patientenzufriedenheit verglichen worden.
Design der Studie
In die monozentrische, randomisierte Parallelgruppenstudie wurden 109 Personen, davon 66% Frauen, mit Adipositas und Typ-2-Diabetes eingeschlossen. Ärzte legten randomisiert laparoskopisch im Verhältnis 1:1 einen Schlauchmagen (n=55) bzw. einen Magenbypass (n=54) an.
Der durchschnittlicher BMI zu Studienbeginn lag bei 42,3 kg/m2; die meisten Teilnehmer hatten also eine Adipositas permagana. Ihre durchschnittliche Dauer des Typ-2-Diabetes betrug 6,4 Jahre und der durchschnittlicher HbA1c -Wer lag Studienbeginn lag bei 7,7%.
Die Schlauchmagengröße lag bei 35 Fr Bougie. Für den Magenbypass geben die Autoren folgende Parameter an: Pouch 25 ml, Gastroenteroanastomose 120 cm, biliopankreatischer Schenkel 60 cm.
Endpunkte waren Veränderungen des Körpergewichts, „Patient Reported Outcomes“ und unerwünschte Effekte wie „Dumping“ mit Symptomen wie Blutdruckabfall, Schwindel und Hypoglykämie.
Die OP-Verfahren im Vergleich
Von 93 Teilnehmerinnen und Teilnehmern lagen für den Zeitraum von 3 Jahren die kompletten Daten vor.
Der Magenbypass war mit einer signifikant stärkeren Verbesserung der gewichtsbezogenen Lebensqualität assoziiert als der Schlauchmagen (Score-Werte 0-100: niedrigste bis höchste Lebensqualität). Die Differenz zwischen beiden Verfahren betrug im Durchschnitt 9,4 Punkte nach 3 Jahren (p=0,0024)
Auch der Gewichtsverlust war größer in der Gruppe mit Magenbypass, nämlich -25,3% versus -17,2% beim Schlauchmagen, eine Differenz von durchschnittlich 8,1% mehr zwischen Baseline und 3 Jahren beim Magenbypass (p<0,0001). Der Anteil der Patienten mit Diabetesremission (HbA1c ≤6,0%) war mit 67% in der Gruppe mit Magenbypass doppelt so hoch wie in der Gruppe mit Schlauchmagen (33%).
Reflux hatte sich signifikant häufiger nach Magenbypass gebessert als beim Anlegen eines Schlauchmagens (p=0,0045). Und das postpandriale Spät-Dumping mit Hypoglykämie war häufiger beim Magenbypass (n=5) als beim Schlauchmagen (n=0; p=0,059).
Andere Symptome wie Schmerzen im Abdomen, Verdauungsstörungen, Diarrhöe, Binge Eating oder depressive Verstimmungen unterschieden sich in den beiden Gruppen nicht.
Wahl des bestmöglichen OP-Verfahrens
Der positive Einfluss auf das Körpergewicht und auf den Zuckerstoffwechsel ist mittelfristig bei einem Magenbypass stärker als beim Anlegen eines Schlauchmagens, auch die mit dem Körpergewicht verbundene Lebensqualität verbessert sich stärker.
Vorteile dieser monozentrischen klinischen Untersuchung seien, dass Faktoren wie prä- und postoperative Betreuung der Teilnehmer sowie die Erhebung der Endpunkte zwischen den beiden Interventionsgruppen sehr gut vergleichbar seien, heißt es in einem Kommentar [1]. Dennoch seien größere, multizentrische Studien notwendig, um daraus Empfehlungen für die verschiedenen Patientengruppen abzuleiten.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.
Credits:
Photographer: © Andrei ASKIRKA
Lead Image: Dreamstime
Medscape Nachrichten © 2023 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Adipositas: Magenbypass punktet gegenüber Schlauchmagen bei Gewichtsverlust und Diabetesremission 3 Jahre nach der OP - Medscape - 8. Sep 2023.
Kommentar