Eine kanadische Studie hat gezeigt, dass Trainings zu Hause dazu beitragen können, bei Beschäftigen im Gesundheitswesen Depressionssymptome, Burnout und Fehlzeiten zu verringern. Das berichten Forscher in JAMA Psychiatry[1].
An der randomisierten klinischen Studie nahmen 288 Beschäftigte des Gesundheitswesens 12 Wochen lang teil. Wenn die Probanden 80 Minuten pro Woche ein App-basiertes Trainingsprogramm absolvierten, hatten sie weniger depressive Symptome als Teilnehmer einer Kontrollgruppe. Am Ende der Studie blieben jedoch nur 23% aller Probanden dem Trainingsprogramm treu.
Das App-basierte Training sei in Kombination mit institutioneller Unterstützung eine gute Maßnahme, die jeder selbst ergreifen könne, sagte der Studienautor Prof. Dr. Eli Puterman gegenüber Medscape.
Puterman hat den kanadischen Forschungslehrstuhl für körperliche Aktivität und Gesundheit inne. Er ist außerordentlicher Professor für Kinesiologie an der Universität von British Columbia in Vancouver.
Die psychische Gesundheit hat sich deutlich verbessert
Anlass für die Studie war die erhöhte Belastung von Angehörigen des Gesundheitswesens während der COVID-19-Pandemie. Mitarbeiter waren vielen Herausforderungen und Stressfaktoren ausgesetzt. Burnout und Fehlzeiten nahmen bei den Beschäftigten des Gesundheitswesens in dieser Zeit stark zu.
„Die Pandemie hat wahrscheinlich das Ausmaß der psychischen Gesundheitsprobleme in der Belegschaft verschlimmert, aber auch sichtbarer gemacht“, sagte Puterman. „Es gab bereits zuvor häufig Burnout, viel Stress und viele Krankschreibungen. Ich glaube, die Pandemie hat diese Probleme erst ans Licht gebracht, aber auch verschlimmert.“
Design der Studie
Zwischen April und Juli 2022 rekrutierten die Forscher fast 300 Beschäftigte im Gesundheitswesen aus einer städtischen Gesundheitseinrichtung in British Columbia. Sie teilten alle Probanden für die 12-wöchige Studie in eine Interventions- und eine Kontrollgruppe ein.
Personen in der Interventionsgruppe wurden gebeten, jede Woche 4 Trainingseinheiten zu je 20 Minuten mit Hilfe von Apps zu absolvieren, die Benutzer zu Yoga, Laufen, Barre („Ballet-Yoga-Workout“ an der Stange) und zu Körpergewichts-Intervalltrainings anleiteten. Die App heißt „DownDog“ als Anspielung auf eine bestimmte Yoga-Übung. Teilnehmer der Kontrollgruppe wurden auf eine Warteliste gesetzt; sie erhielten die App am Ende der Studie. Die Studienpopulation war ethnisch divers. Frauen waren mit rund 85% stärker vertreten, da Pflegefachkräfte einen großen Teil der Belegschaft ausmachen.
Am Ende der 12 Wochen stellten die Forscher eine leichte bis mittlere Verringerung der depressiven Symptome fest (Effektgröße [ES] -0,41), gemessen anhand der Depressionsskala des Center for Epidemiological Studies. Geringere, aber signifikante Auswirkungen fanden die Studienautoren bereits nach 4 Wochen.
Sie stellten außerdem fest, dass sich Burnout-Symptome einschließlich Zynismus (ES -0,33) und emotionaler Erschöpfung (ES -0,39) sowie die Fehlzeiten (r=0,15) bei Teilnehmern nach dem Trainingsprogramm im Vergleich zu Kontrollen signifikant verbessert hatten.
Yoga-App als Basis
Grundlage der Studie war eine App für zu Hause, die mehrere verschiedene Yoga-Übungs-Apps bereitstellt. Dieser Ansatz habe sich, wie Puterman erklärt, als praktisch und kostengünstig erwiesen – insbesondere, weil auf dem Höhepunkt der Pandemie Fitnessstudios und andere Trainingseinrichtungen geschlossen worden seien.
Damit sei es einfach, zu Hause zu trainieren, sagte Puterman. App-Abonnements seien auch kostengünstiger als beispielsweise Mitgliedschaften in Fitnessstudios. Für die Zukunft hofft er, die Studie auf mehr Beschäftigte im Gesundheitswesen in British Columbia auszuweiten, um zu untersuchen, ob Bewegungsinterventionen dazu beitragen können, die Ausgaben im Gesundheitswesen zu senken.
Ein Schwachpunkt war die geringe Adhärenz zu Fitness-Apps. Diese seien möglicherweise nicht für jeden geeignet, meint Puterman. In der 1. Woche der Studie absolvierte etwa die Hälfte der Teilnehmer die vollen 80 Minuten Training. In der 12. Woche war es weniger als ¼ der Teilnehmer.
Die geringe Beteiligung am Ende der Studie nennt Puterman „augenöffnend“. Dies habe gezeigt, wie wichtig Unterstützung zur Aufrechterhaltung guter Trainingsgewohnheiten sei. In einer seiner früheren Studien hätten mehr Probanden durchgehalten, was der Forscher auf wöchentliche Telefonanrufe bei Probanden zurückführt.
Zeitgemäße, relevante und interessante Studie
Dr. David Gratzer, Psychiater am Centre for Addiction and Mental Health in Toronto, kommentierte die Studie für Medscape. Es handele sich um eine gut konzipierte Untersuchung einer kostengünstigen und hochgradig skalierbaren Intervention für ein zunehmend relevantes Thema, sagte er. Gratzer war nicht an der Untersuchung beteiligt.
„Die Forschung über Burnout und eine praktische, praxisnahe Intervention ist nicht nur als Veröffentlichung interessant, sondern auch in ganz Nordamerika von großer Bedeutung“, sagt Gratzer. Er bezeichnet die Studie als „zeitgemäß, relevant und interessant“.
Gratzer wies ebenfalls darauf hin, dass die geringe Adhärenz eine Einschränkung der Studie darstelle. Es handele sich bei der App eben nicht um ein Allheilmittel, sagte er. Dennoch sieht er darin eine mögliche, kostengünstige Option für einige Beschäftigte im Gesundheitswesen, die mit Burnout und mit depressiven Symptomen zu kämpfen haben.
Puterman jedenfalls hofft, dass Institutionen und Regierungen künftig mehr Geld investieren, um den Zugang der Beschäftigten im Gesundheitswesen zu Ressourcen für die psychische Gesundheit zu verbessern. Es gebe eine Bewegung in die richtige Richtung, sagt er.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Medscape.com.
Fanden Sie diesen Artikel interessant? Hier ist der Link zu unseren kostenlosen Newsletter-Angeboten – damit Sie keine Nachrichten aus der Medizin verpassen.
Credits:
Photographer: © Diego Vito Cervo
Lead image: Dreamstime.com
Medscape Nachrichten © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Apps für eine gesunde Psyche: Training via Smartphone verbessert psychische Gesundheit von Mitarbeitern im Gesundheitswesen - Medscape - 5. Sep 2023.
Kommentar