Wiederholte kurzfristige Abweichungen von regelmäßiger und ausgewogener Ernährung hin zu fettreicher Kost mit wenig Ballaststoffen haben möglicherweise erhebliche Konsequenzen für das Immunsystem. Das geht aus einer Studie hervor, die Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) in Nature Immunology veröffentlicht haben [1].
Nahrungsumstellung alle 3 Tage
Zum Hintergrund: Allesfressende Tiere, einschließlich Mäusen und Menschen, bevorzugen tendenziell energiereiche, fettreiche Nährstoffe gegenüber pflanzlicher Nahrung, vor allem für kurze Zeiträume. Die gesundheitlichen Folgen dieses kurzfristigen Konsums energiereicher Nährstoffe seien bislang allerdings unklar, schreiben die Studienautoren.
Um dieser Fragestellung nachzugehen, führte ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Nicola Gagliani zunächst verschiedene Tierexperimente durch. Mäuse erhielten zunächst eine ausgewogene Kost. Für 3 Tage stellten Wissenschaftler die Ernährung der Nager dann auf Futter mit einem hohen Fettanteil und wenig Ballaststoffen um, bevor Tiere wieder die ursprüngliche Nahrung erhielten. Dieses Protokoll wurde mehrere Zyklen lang wiederholt. In einem daran anschließenden Experiment erhielten Probanden 5 Tage lang eine ballaststoffreiche Diät; anschließend ernährten sie sich für weitere 5 Tage fettreich und ballaststoffarm.
Die Wissenschaftler am UKE konnten feststellen, dass der geringere Ballaststoffgehalt bei fett- und energiereicher Ernährung zu einer Verringerung der mikrobiellen Stoffwechselprodukte, der kurzkettigen Fettsäuren, führt. Hierdurch wird die Funktion der immunologisch bedeutenden CD4+T-Zellen gedrosselt. Diese Auswirkungen sind nur vorübergehend, da die Wiederaufnahme einer ausgewogenen Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen die Körperimmunität wiederherstellt.
„Cheat days“ machen anfälliger für Infektionen
Gleichzeitig stellten die Wissenschaftler fest, dass der Wechsel zu einer Ernährung, die reich an Fett und arm an Ballaststoffen ist, mit einer höheren Anfälligkeit für Infektionen einhergeht. Im Tierexperiment reichte bereits die 1. Ernährungsumstellung aus, um eine vorübergehende Suppression des Schleimhautimmunsystems zu bewirken und um die systemische Immunität zu drosseln, was zu einer höheren Anfälligkeit für Infektionen mit Salmonellen und Listerien führte.
„Das Fenster der Immunschwäche öffnet sich für einen bestimmten Zeitraum. In unserer Studie konnten wir zeigen, wie synchronisiert unser Ernährungsverhalten und unsere Immunreaktionen sind und wie selbst eine kurzfristige Umstellung auf Schlemmereien zu einer raschen Beeinträchtigung des Immunsystems führt“, erläutert Gagliani. Dies mache deutlich, wie schnell und tiefgreifend sich täglichen Essensentscheidungen auf die Gesundheit auswirken könnten.
„Positiv ausgedrückt heißt dies, dass mithilfe einer regelmäßigen ausgewogenen Ernährung etwa die Wirksamkeit von Impfstoffen und Immuntherapien maximiert werden könnte“, sagt Erstautor Francesco Siracusa von der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie des UKE.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.
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Diesen Artikel so zitieren: Auch mal schlemmen? Das Immunsystem nimmt selbst kurzzeitige Ernährungsumstellungen rasch übel – mehr Infektionen drohen - Medscape - 4. Sep 2023.
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