Im Jahr 2022 konnte für Deutschland gegenüber den Vorjahren ein deutlicher Anstieg der übermittelten Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) und dem Hepatitis-C-Virus (HCV) beobachtet werden. Entsprechende Zahlen hat das Robert Koch-Institut (RKI) im aktuellen Epidemiologischen Bulletin 31/23 veröffentlicht. Demnach wurden dem RKI 2022 16.144 HBV- und 7.919 HCV-Fälle gemeldet, verglichen mit 8.240 Hepatitis-B- und 5.097 Hepatitis-C-Fällen in den Jahren 2019 bis 2020 [1].
Migration aus der Ukraine
Das RKI macht mehrere Ereignisse in den Jahren 2021/2022 für den Anstieg verantwortlich. Dazu gehört in erste Linie die Migration vieler Menschen aus der Ukraine. Menschen hatten sich noch in ihrer Heimat infiziert; dies wurde aufgrund von Screenings und Tests in Gemeinschaftsunterkünften oder aufgrund ärztlicher Untersuchungen im deutschen Gesundheitssystem registriert.
In einem gemeinsamen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) wurde die Prävalenz aktiver HBV-Infektionen unter Erwachsenen in der Ukraine für das Jahr 2020 auf 1% gegenüber 0,3% in Deutschland geschätzt. Für die geschätzte Prävalenz aktiver HCV-Infektionen (HCV-RNA-positiv) ist die Differenz mit 3% gegenüber 0,3% noch größer.
Hepatitis-Screening für gesetzlich Versicherte
Hinzu kommt, dass sich gesetzlich Versicherte ab dem 35. Lebensjahr seit Oktober 2021 einmalig im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung auf HBV und HCV testen lassen können. Durch das Screening ließe sich ein Teil der Zunahme dieser Infektionen in den Altersgruppen erklären.
Seit 1995 ist die HBV-Impfung in Deutschland für alle Säuglinge und Kleinkinder empfohlen. Damit seien grundsätzlich weniger Fällen in jüngeren Bevölkerungsgruppen zu erwarten, heißt es im RKI-Bericht weiter. Bei älteren Menschen könnten im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung jedoch nicht nur neue Infektionen, sondern auch bereits bekannte, zum Teil länger bestehende Infektionen erstmalig gemeldet, übermittelt und veröffentlicht worden sein.
Einführung der elektronischen Meldung
Der Effekt der Einführung der elektronischen Meldung auf die Fallzahlen durch eine fehlerhafte, mehrfache Anlage von Fällen lässt sich anhand der vorliegenden Daten schwer abschließend beurteilen. Analysen lieferten allerdings Hinweise darauf, dass Infektionen mehrfach gemeldet und dazu mehrere Fälle angelegt und übermittelt worden sein könnten, räumt das RKI ein.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.
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Diesen Artikel so zitieren: RKI: Bundesweit deutlich mehr Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Infektionen – das sind möglicher Ursachen des Trends - Medscape - 1. Sep 2023.
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