Ihre Arztpraxis läuft nicht wie gewünscht? Dagegen lässt sich viel unternehmen. 6 Tipps von Experten

Lisbeth Hochwald

Interessenkonflikte

30. August 2023

Funktioniert eine Arztpraxis nicht richtig, häufen sich die Probleme. Es fehlt an Kommunikation, und die Einstellungen der Mitarbeiter kippt rasch ins Negative. Stress, Burnout und Krankschreibungen sind mögliche Folgen. 

Patienten bemerken, dass keine Rückrufe erfolgen, dass die Praxis schlecht organisiert ist und dass das Praxispersonal ständig schlechte Laune hat. Miese Noten auf Bewertungsplattformen für Praxen lassen nicht lange auf sich warten. 

„Ein Umfeld wird toxisch, wenn es an klaren Erwartungen mangelt und wen sich Mitarbeitende nicht mehr an der Vision der Praxis orientieren“, sagt Adrienne Lloyd, Beraterin im Gesundheitswesen in Chapel Hill, North Carolina. „Wenn noch Faktoren wie eine mangelnde Verantwortlichkeit hinzukommen, kann das zu einem extrem stressigen Arbeitsumfeld mit hohen Fluktuationen führen.“ 

 
Ein Umfeld wird toxisch, wenn es an klaren Erwartungen mangelt und wen sich Mitarbeitende nicht mehr an der Vision der Praxis orientieren. Adrienne Lloyd
 

Wie lassen sich Ineffizienzen angesichts der hohen Arbeitsbelastung in einer Praxis mit steigenden Patientenzahlen, mit wachsenden bürokratischen Anforderungen und mit immer weniger Zeit für den einzelnen Menschen beseitigen?

Wir stellen 6 Möglichkeiten vor, wie es gelingen kann, aus einer ineffizienten Praxis wieder eine gesunde Praxis zu machen. Voraussetzung dafür ist, dass alle Teammitglieder zusammenarbeiten.

1. Regelmäßige Teambesprechungen

Besonders wichtig sind Teammeetings. Die Häufigkeit solcher Besprechungen ist nicht so bedeutsam wie ihre Regelmäßigkeit. Halten Sie sie täglich, wöchentlich oder auch 2-wöchentlich ab. Das kann für jede Praxis anders sinnvoll sein. 

Lisa McDonald, Gründerin von Integrated Connections, einem Beratungsunternehmen für das Wachstum von Arztpraxen in Fort Collins, Colorado, das sich auf Personal- und Betriebsfragen spezialisiert hat, sagt: „Es ist schon hilfreich, wenn alle vor dem ersten Patiententermin zusammenkommen, sich begrüßen und als Team formieren.“

„Zu einem solchen Zeitpunkt kann jede Personen Bedenken oder Fragen äußern. Im Ergebnis werden sich die Mitarbeitenden unterstützt fühlen, sich als Team betrachten und schließlich auch stärker zusammenarbeiten.“ Längere Besprechungen mit der gesamten Belegschaft sollten ebenfalls regelmäßig stattfinden, etwa monatlich. „Bringen Sie mittags etwas zu essen mit und sprechen Sie etwa über personelle Veränderungen in der Praxis, über die Einführung neuer Technologien und über alles, was wichtig sein könnte“, sagt sie.

Regelmäßige Praxisbesprechungen können eine Einzelkämpferkultur in eine Teamatmosphäre verwandeln, in der jeder weiß, was vor sich geht, in der jeder Fragen stellt und Bedenken äußert, in der sich jeder gehört fühlt und in der Probleme gemeinsam gelöst werden.

2. Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern immer Wertschätzung

Wenn Sie bemerken, dass Ihre Mitarbeiter unglücklich, abgelenkt oder kurz angebunden ist, sollten Sie das Gespräch aus einer Perspektive suchen, in der Sie sich um die Person kümmern, anstatt sie zu kritisieren. „Die ersten Fragen, die ich einer Person stelle, mit der ich ein mutmaßlich schwieriges Gespräch zu führen habe, lautet: Wie geht es Ihnen? Wie läuft es mit der Arbeit?“, sagt Dr. Jimmy Turner, Anästhesist an der Wake Forest University School of Medicine und Mitbegründer von Attend, einem Finanzdienstleister für Ärzte.

Vielleicht hat sich die Person mit ihrem Partner gestritten, hat persönliche Probleme oder ist gerade in eine unangenehme Situation mit einem Patienten geraten. 

Turner: „In der Hälfte der Fälle macht jemand etwas durch, das nichts mit der Arbeit zu tun hat, wie etwa eine Scheidung. Wenn man sich aufrichtig um jemanden kümmert, fühlt sich die Person wertgeschätzt und hat nicht das Gefühl, es ginge ausschließlich um den Job.“ 

 
Die ersten Fragen, die ich einer Person stelle, mit der ich ein mutmaßlich schwieriges Gespräch zu führen habe, lautet: Wie geht es Ihnen? Wie läuft es mit der Arbeit?... Dr. Jimmy Turner
 

3. Gehen Sie Problemen auf den Grund

Wenn Sie erfahren, dass es Spannungen zwischen Mitarbeiter gibt, sammeln Sie zunächst Informationen, indem Sie ein kurzes Gespräch mit einem oder allen Beteiligten führen. „Anstatt zu sagen, ‚Warum passiert das?', sollten Sie die Person offen nach ihren Vorstellungen darüber befragen, wie sich die problematische Situation auflösen ließe“, sagt Lloyd. 

„Es könnte sich schlichtweg um ein Missverständnis handeln oder vielleicht benötigt eine Person auch mehr Übung. Eine offene Haltung, nach der eine Person etwas nicht mit Absicht getan hat, ist immer günstiger.“

Das Ziel lautet, Mitarbeiter, die negativ eingestellt sind, wieder ins Boot zu holen. Manchmal bedeutet dies, sie gezielt mit bestimmten Tätigkeiten zu beauftragen, manchmal aber auch, ihnen etwas mehr Freiraum zu geben. Am Ende sollten alle Teammitglieder professionell zusammenarbeiten. 

4. Lösen Sie Probleme, ohne nachtragend zu sein 

„Sobald Probleme gelöst sind, sollten sie der Vergangenheit angehören“, sagt Lloyd. „Das ist dann auch der perfekte Zeitpunkt, um neue Verhaltensregeln aufzustellen“, sagt sie. „Zum Beispiel: Ab jetzt dulden wir keine Verspätungen und keine negativen Kommentare mehr! Stattdessen wollen wir in eine gute Atmosphäre schaffen.“

Wichtig sei, sich zu überlegen, wie man alle Personen im Team dazu bringe, zusammenzuarbeiten und Verantwortung für kleine Teile der Praxis zu übernehmen. 

 
Sobald Probleme gelöst sind, sollten sie der Vergangenheit angehören. Adrienne Lloyd
 

5. Überprüfen Sie Ihre Online-Bewertungen

Wenn eine Person aus dem Team Ihre Praxis verlässt, gibt sie möglicherweise in sozialen Medien eine Bewertung ab. Zahlreiche Bewertungsportale für Arbeitgeber existieren, in Deutschland etwa kununu

Eine Überprüfung solcher Beiträge sei sehr wichtig, weiß McDonald. „Jede ehemals mitarbeitende Person, die Sie verlassen hat, kann potenziell negative Dinge über Sie verbreiten.“

Wenn eine Person das Unternehmen verlässt, führen Sie am besten ein Kündigungsgespräch, in dem über die Erfahrungen in der Praxis gesprochen werden kann, wo auch Schwachstellen und Probleme zur Sprache kommen können und Wünsche, wie bestimmte Dinge vielleicht besser gehandhabt werden könnten, aufgenommen werden. 

Diese Gespräche sind von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, die Praxis mit den Augen einer (ehemals) mitarbeitenden Person zu sehen. McDonald: „Diese Ausführungen sollte man sich ruhig zu Herzen nehmen, um eventuell notwendige Änderungen vorzunehmen.“

6. Kommunizieren Sie immer direkt

Um Ihre Praxis nicht zu gefährden, ist es ebenso wichtig, zu wissen, wann eine Person besser entlassen werden sollte. Das trifft etwa zu, sollten sich ihr Verhalten und ihre Kompetenz negativ auf Ihre Praxis auswirken. Womöglich leidet auch der Rest des Teams unter dem negativen Verhalten. Dies gilt vor allem, wenn Sie mehrere Gespräche mit einer Person geführt haben und sich dennoch nichts ändert. 

„Wenn Sie jemanden entlassen müssen, sollten Sie die Person daran erinnern, dass die maßgeblichen Probleme bereits mehrmals besprochen wurden“, sagt Turner. „Manchmal passen Menschen einfach nicht in Ihre Praxis. Vielleicht ist die Person sogar erleichtert, dass Sie ihr die Entscheidung abgenommen haben. Setzen Sie in solchen Gesprächen stets auf eine direkte, ehrliche und auch empathische Ansprache.“

 
Wenn Sie jemanden entlassen müssen, sollten Sie die Person daran erinnern, dass die maßgeblichen Probleme bereits mehrmals besprochen wurden. Dr. Jimmy Turner
 

Fazit: Keine Chance auf Ineffizienz

Eine ineffizient arbeitende Praxis zu optimieren ist ohne Frage eine große Herausforderung. Wenn Sie einfühlsam sind, regelmäßig mit Ihrem Team kommunizieren, die Probleme an der Wurzel packen und Ihre Wertschätzung zum Ausdruck bringen, hat Ineffizienz keine Chance mehr.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus  https://www.medscape.com  übersetzt und adaptiert.

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