Beim Diabetes Typ 1 und auch Typ 2 ist die exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI) möglicherweise verbreiteter als bisher angenommen, wie ein neuer Review in Diabetes Technology & Therapeutics zeigt [1].
Die Erkrankung, bei der das Pankreas nicht genügend Enzyme produziert, um die aufgenommene Nahrung vollständig zu verdauen, kann zu gastrointestinalen Beschwerden mit Stuhlveränderungen wie Steatorrhö führen und auch Blähungen und Bauchschmerzen verursachen. Der diagnostische Goldstandard ist ein 72-Stunden-Test zur Quantifizierung des Fettgehalts im Stuhl. Die Bestimmung der fäkalen Elastase-1 ist eine weniger aufwendige und ebenfalls zuverlässige Alternative. Werte unter 20 µg/g deuten dabei auf eine EPI hin. Die Behandlung besteht in der Substitution von Pankreasenzymen, die zu jeder Mahlzeit eingenommen werden müssen.
Die EPI tritt bei bis zu 90% der Menschen mit zystischer Fibrose und chronischer Pankreatitis auf und wird häufig mit akuter Pankreatitis, Autoimmunpankreatitis und dem Pankreaskarzinom in Verbindung gebracht. Diese Erkrankungen sind jedoch im Vergleich zum Diabetes relativ selten, und der Zusammenhang zwischen der EPI und dem Diabetes ist weniger gut untersucht, wie Dr. Dana M. Lewis in ihrem Review betont.
Während die Daten der einzelnen Studien aufgrund verschiedener Ein- und Ausschlusskriterien variieren, lag die mediane Gesamtprävalenz der EPI bei 33% bei Personen mit Typ-1-Diabetes (4%-77,5%) und bei 29% beim Typ-2-Diabetes (16,8%-49,2%), so Lewis in dem Artikel.
„Dies deutet darauf hin, dass es eine hohe Anzahl von Diabetikern und Diabetikerinnen mit EPI geben könnte, die nicht diagnostiziert sind. Menschen mit Diabetes, die gastrointestinale Symptome wie Steatorrhö oder andere Stuhlveränderungen, Blähungen oder Bauchschmerzen aufweisen, sollten auf EPI untersucht werden. Fachkräfte für Diabetologie, Gastroenterologie und auch Allgemeinmedizin sollten sich der hohen Prävalenz des Diabetes und der EPI bewusst sein und Menschen mit Diabetes und gastrointestinalen Symptomen ein fäkales Elastase-1-Screening empfehlen“, schreibt Lewis.
„Ich habe von mehreren Fachkräften für Diabetologie und Allgemeinmedizin die Rückmeldung erhalten, dass sie aufgrund dieses Artikels ihre Praxis ändern und Menschen mit Diabetes und gastrointestinalen Symptomen auf EPI untersuchen würden, was mich sehr freut“, so Lewis gegenüber Medscape.
Seit sie im letzten Jahr nach ihrer eigenen späten Diagnose begonnen habe, über EPI und Diabetes zu bloggen, hätten ihr mindestens ein halbes Dutzend Menschen mit Diabetes erzählt, dass sie nach Jahren mit gastrointestinalen Symptomen ein Screening auf EPI durchführen ließen und schließlich eine EPI diagnostiziert worden sei.
Prof. em. Dr. Romesh Khardori erklärte gegenüber Medscape: „Es wäre ratsam, EPI zu untersuchen und zu behandeln, wenn es sich bestätigt. Die Konsultation einer Fachkraft für Gastroenterologie kann hilfreich sein, und die Behandlung ist sehr lohnend.“
Grenzen der Daten
Wie Lewis weist auch Khardori, emeritierter Professor für Endokrinologie und Stoffwechselstörungen an der Eastern Virginia Medical School in Norfolk, auf die Beschränkungen der aktuellen Literatur zu diesem Thema hin: „Das Problem bei diesem Review ist die Heterogenität der Studien in Bezug auf die Diagnose und die Dokumentation der exokrinen Pankreasinsuffizienz. In vielen Studien fehlt eine Kontrollgruppe, um aussagekräftige Schlussfolgerungen ziehen zu können. Korrelationen mit der Diabetes-Dauer, dem Erkrankungsalter, den Symptomen und der Blutzuckerkontrolle fehlten meist.“
Insgesamt deuten die Daten darauf hin, dass die Substitution der Pankreasenzyme für Menschen mit Diabetes sicher und wirksam ist und Blutzuckerschwankungen reduzieren kann. Allerdings gebe es, so Lewis weiter, „nicht viele Studien, die sich detailliert mit den Blutzuckerergebnissen befassen, und nur eine Studie, die Daten aus kontinuierlichen Blutzuckermessungen verwendete, sodass hier für zukünftige Studien noch ein großer Bedarf besteht“, so Lewis gegenüber Medscape.
Nicht zu vergessen: Zöliakie und Gastroparese
Lewis prüfte zudem die Literatur zur Prävalenz von 2 anderen Diabetes-bedingten Magen-Darm-Erkrankungen, nämlich der Zöliakie und der Gastroparese, „weil es mitunter so scheint, als wären sich sowohl Fachkräfte für Diabetologie als auch Personen mit Diabetes dieser Ursachen für gastrointestinale Symptome bewusster“.
Beim Typ-1-Diabetes liegt die Prävalenz der Zöliakie und der Gastroparese bei etwa 5%, während sie bei der EPI bei 33% liegt. Auch beim Typ-2-Diabetes liegt die gemeldete Prävalenz dieser beiden Erkrankungen bei 1,3% bzw. 1,6%. Bei der EPI dagegen beträgt sie rund 29%.
„Scheinbar ist beim Diabetes ein Screening auf Erkrankungen wie Zöliakie und Gastroparese eher unverhältnismäßig, während ein Screening auf EPI in dieser Gruppe bei gastrointestinalen Beschwerden wohl gerechtfertigt ist“, sagte Lewis.
Khardori gab jedoch zu bedenken, dass diese Erkrankungen auch übersehen werden können: „Die Zöliakie wird oft nicht diagnostiziert, und eine Gastropathie oder eine Gastroparese können in einer stark frequentierten hausärztlichen Praxis, in der die meisten Menschen mit Diabetes behandelt werden, auch schon einmal untergehen.“
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Credits:
Photographer: © Ivan Shidlovski
Lead image: Dreamstime.com
Medscape Nachrichten © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Blähungen und Verdauuungsbeschwerden sind bei Diabetikern weit verbreitet: Das könnten die Ursachen sein - Medscape - 28. Aug 2023.
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