Bei Brustkrebs-Patientinnen mit geschwollener Hand und Schmerzen sollte als Ursache der Symptome auch eine Knochenmetastase in Erwägung gezogen werden. Eine lokalisierte Metastase sei zwar selten, aber möglicherweise nicht die einzige, betonen Caroline Galliano und ihre Kollegen vom Louisiana State University Health Sciences Center, New Orleans [1].
Die Patientin und ihre Geschichte
Eine 70-jährige Afroamerikanerin mit Diabetes mellitus und rezidivierendem, 3-fach negativem, metastasiertem Brustkrebs stellt sich in der onkologischen Klinik wegen seit 2 Wochen bestehenden Schmerzen im linken Daumen vor. Bei ihr war 5 Jahre zuvor ein Adenokarzinom der rechten Brust diagnostiziert worden. Sie unterzog sich einer Lumpektomie und erhielt eine adjuvante Chemotherapie mit Docetaxel und Cyclophosphamid.
Ein Jahr später fanden Ärzte ein ipsilaterals Rezidiv; die Patienten wurde erneut operiert (Mastektomie) und erhielt zudem eine Strahlentherapie. Sie ist dann 2,5 Jahre lang nicht mehr zu Nachuntersuchungen erschienen. Bei der aktuellen Vorstellung in der Klinik klagt sie außer über die Schmerzen im Daumen über Dyspnoe bei Anstrengung.
Körperliche und apparative Untersuchungen
Ihre Ärzte finden bei der Untersuchung mehrere Auffälligkeiten.
Schwellung und leichte Ulzeration der linken Daumen-Spitze
Röntgenbild der linken Hand: exzentrische fokale Weichteilschwellung und erosive Veränderungen an der 1. distalen Phalanx
Computertomographie des Brustkorbs, des Abdomens und des Beckens sowie Magnetresonanztomographie des Gehirns: Metastasen in der Lunge, im Mediastinum und im Gehirn
Therapie
Die Patientin unterzieht sich im Laufe von 2 Wochen 2 palliativen Bestrahlungen am linken Daumen und einer Bestrahlung des Gehirns. Sie stirbt etwa 3 Monate nach der palliativen Behandlung und 5 Jahre nach ihrer Erstdiagnose.
Bei der Autopsie bestätigen Ärzte, dass es sich bei der Läsion am 1. Fingerglied um eine Metastase eines Adenokarzinoms der Brust handelte.
Diskussion
Brustkrebs ist weltweit die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Metastasen treten am häufigsten in den Knochen auf; Brustkrebs-Metastasen im distalen appendikulären Skelett sind jedoch selten, Metastasen in der Hand werden nur in 0,1% der Fälle gefunden.
Der 1. Fall einer Akrometastase in der Hand wurde nach Angaben der Autoren 1906 dokumentiert. Seitdem wurden nur wenige weitere Fälle in der Fachliteratur beschrieben. Da sich Metastasen in der Hand ähnlich wie andere Krankheitsprozesse mit unspezifischen Symptomen wie Schmerzen, Schwellungen und Ulzerationen präsentieren können, gehören zu den Differentialdiagnosen dieser Art von Knochenmetastasen insbesondere Infektionen, Arthrose, Gicht und epidermale Einschlusszysten.
Eine Beteiligung der distalen Gliedmaßen und der Hand ist zwar selten, aber als Hinweis darauf zu werten, dass Metastasen auch in anderen Körperregionen existieren, so dass weitere Untersuchungen notwendig sind.
Ossäre Metastasen treten laut der nationalen S3-Leitlinie zum Mammakarzinom bei Patientinnen mit Brustkrebs sehr häufig auf (> 50%) und gehen mit skelettalen Komplikationen einher. Dazu zählen pathologische Frakturen, Schmerzen mit erhöhtem Analgetika-Gebrauch, Kompressionssyndrome oder Hyperkalzämien.
Bei symptomatischen Tumor-Patientinnen eignet sich die Knochenszintigraphie zur Beurteilung der Ausbreitung des ossären Befalls. Bei Verdacht auf Frakturgefährdung sollte ein röntgenbasiertes Verfahren (Nativ-Röntgen / CT) erfolgen. Bei Verdacht auf Weichteilbeteiligung oder bei neurologischen Ausfällen mit Verdacht auf Myelokompression ist ein MRT sinnvoll. Bei Nachweis einer neu aufgetretenen ossären Manifestation macnt sich eine erneute Ausbreitungsdiagnostik Sinn.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.
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Diesen Artikel so zitieren: Fall: Schmerzen und Schwellung im Daumen – besteht ein Zusammenhang mit Brustkrebs in der Vorgeschichte? - Medscape - 18. Sep 2023.
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