Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat das erste oral einzunehmende Präparat zur Behandlung postpartaler Depressionen, sprich Wochenbett-Depressionen, zugelassen. Schätzungen zufolge ist rund jede 7. Mutter in den Vereinigten Staaten und in westlichen Industrienationen davon betroffen.
Das Medikament enthält als Wirkstoff Zuranolon (Handelsname Zurzuvae™). Hier handele es sich um ein neuroaktives Steroid, das auf GABA-A-Rezeptoren im Gehirn wirke. Diese seien für die Regulierung von Stimmung, Erregung, Verhalten und Wahrnehmung verantwortlich, teilte der Hersteller Biogen mit. Er hat das Präparat zusammen mit Sage Therapeutics entwickelt hat. Die empfohlene Dosis liegt bei 50 mg einmal täglich über 14 Tage, abends mit einer fettreichen Mahlzeit zur besseren Resorption, heißt es von der FDA.
Große Defizite bei der Diagnostik und Therapie postpartaler Depressionen
Postpartale Depressionen werden bei vielen Frauen weder diagnostiziert noch behandelt. Mütter zögern, ihre Symptome der Familie oder Ärzten mitzuteilen, weil sie befürchten, ihnen würden die Kinder weggenommen.
Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass etwa 5% der perinatalen Todesfälle bei Frauen in Kanada auf Suizid zurückzuführen sind, wobei die meisten dieser Todesfälle in den ersten 3 Monaten des Jahres nach der Geburt aufgetreten sind.
„Postpartale Depression ist eine ernste und potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, bei der Frauen Traurigkeit, Schuldgefühle und Wertlosigkeit empfinden – in schweren Fällen haben Patientinnen sogar Gedanken, sich selbst oder ihrem Kind etwas anzutun“, sagt Dr. Tiffany R. Farchione, Direktorin der Abteilung für Psychiatrie im Center for Drug Evaluation and Research der FDA. „Und da eine postpartale Depression die Bindung zwischen Mutter und Kind stören kann, hat sie auch Folgen für die körperliche und emotionale Entwicklung des Kindes.“
Farchione: „Der Zugang zu einem oralen Medikament wird für viele dieser Frauen, die mit extremen und manchmal lebensbedrohlichen Beschwerden zu kämpfen haben, eine nützliche Option sein.“
Die bislang andere zugelassene Therapie gegen postpartale Depressionen ist intravenöses Brexanolon (Zulresso®; Sage). Das Präparat erfordert jedoch längere Infusionen im Krankenhaus und kostet 34.000 Dollar.
Daten zur Zulassung
Die FDA-Zulassung von Zurzuvae™ basierte zum Teil auf den Daten einer Studie, die 2023 im American Journal of Psychiatry veröffentlicht wurde. Darin zeigten die Forscher, dass das Medikament im Vergleich zur Placebogruppe nach 15 Tagen zu einer signifikant größeren Verbesserung der depressiven Symptome führte. Die Verbesserungen wurden an Tag 3, dem frühesten Untersuchungstermin, beobachtet, und hielten bei allen nachfolgenden Besuchen der Patientinnen im Studienzentrum während der Behandlung und der Nachbeobachtungszeit (bis Tag 42) an.
Bei Frauen mit Angstzuständen, die das aktive Medikament erhielten, kam es zu einer Verbesserung der damit verbundenen Symptome im Vergleich zu den Patientinnen, die ein Placebo erhielten.
Die häufigsten unerwünschten Ereignisse, die in der Studie beobachtet wurden, waren Müdigkeit und Kopfschmerzen. Dagegen gab es keine Hinweise auf eine Gewichtszunahme, sexuelle Funktionsstörungen, Entzugserscheinungen oder mehr suizidale Gedanken oder gar Suizide.
Vorsicht bei gefährlichen Tätigkeiten
Die Verpackung von Zurzuvae™ soll einen Warnhinweis enthalten, der darauf hinweist, dass das Medikament die Verkehrstüchtigkeit und andere potenziell gefährliche Tätigkeiten beeinträchtigen kann. Frauen, die Zurzuvae™ einnehmen, sollen mindestens 12 Stunden lang nicht fahren und keine gefährlichen Maschinen bedienen.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf www.medscape.com und wurde von Michael van den Heuvel übersetzt und adaptiert.
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Credits:
Photographer: © Nataliaderiabina
Lead image: Dreamstime.com
Medscape Nachrichten © 2023
Diesen Artikel so zitieren: FDA genehmigt erste Therapie gegen Wochenbett-Depression - Medscape - 25. Aug 2023.
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