Impfpläne für den Herbst; frühere Pubertät während Pandemie; erhöht COVID Hypertonierisiko? Mehrfach impfen in einen Arm

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

24. August 2023

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zu COVID-19.

Corona-Newsblog, Update vom 24. August 2023

  • RKI: Zahlen zur neuen Variante EG.5 für Deutschland

  • CDC: Steigende Hospitalisierungsraten, Warten auf Impfempfehlungen

  • Herbst/Winter: Angepasste Vakzine als Einzeldosen erhältlich

  • Post-COVID und Fatigue: Starke Beschwerden halten teils 20 Monate an

  • Frühere Pubertät von Mädchen in Pandemie-Zeiten 

  • Mehrfach-Impfungen: Was für denselben Impfarm spricht

  • COVID-19 – ein möglicher Risikofaktor für Hypertonie

  • Schulschließungen – die wichtigste Ursache psychischer Beschwerden bei Jugendlichen

RKI: Zahlen zur neuen Variante EG.5 für Deutschland

Wie stark verbreitete sich EG.5 in Deutschland? Zu der Frage veröffentlicht das RKI im ARE-Wochenberichtund auf einem Dashboard Zahlen. 

Innerhalb der EG.5-Linie macht laut RKI die Subvariante EG.5.1 mit insgesamt 90 Nachweisen (Stand 16.8.2023) 75,6% aller erfassten Sequenzen für EG.5 aus. Der Anteil von EG.5.1 an allen sequenzierten SARS-CoV-2-Virusvarianten in der 30. KW lag bei 40% (Stand 16.8.2023, 26/65 Sequenzen). Hinweise auf deutlich höhere Hospitalisierungsraten in Deutschland gibt es aktuell jedoch nicht. 

CDC: Steigende Hospitalisierungsraten, Warten auf Impfempfehlungen

Etwas anders ist die Lage in den USA, wie  Medsacpe.com  berichtet. Laut Daten der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) für die Woche bis zum 12. August sind die wöchentlichen Krankenhauseinweisungen wegen SARS-CoV-2 um 22 % und die Todesfälle um 8% gestiegen. Die absolute Zahl der neuen Krankenhauseinweisungen ist mit 12.613 im Vergleich zum Vorjahr zwar relativ niedrig, aber doppelt so hoch wie Ende Juni. 

Experten sprechen viel über die Herbstimpfungen, vor allem nach der „Dreifach-Welle“ im letzten Herbst, die einige Krankenhäuser mit einer Flut von Grippe-, RSV- und COVID-Erkrankungen überfordert hat. 

Die CDC rät den meisten Menschen, sich im September oder Oktober gegen Grippe impfen zu lassen. Es wird erwartet, dass die Behörde in den kommenden Wochen eine Empfehlung veröffentlicht, um zu entscheiden, ob die COVID-19 und die Grippeimpfung zusammen verabreicht werden. 

Die Impfung im Frühherbst soll sicherstellen, dass die Menschen geschützt sind, wenn die Viren in den kälteren Monaten stärker zirkulieren. Letztes Jahr war die Grippewelle früher als üblich ausgebrochen und erreichte im November ihren Höhepunkt. 

Experten erklärten gegenüber der CNBC, dass sich die Menschen mit dem aktualisierten COVID-Impfstoff impfen lassen sollten, sobald er verfügbar sei. Für die meisten Menschen sei es wahrscheinlich sinnvoller, bis Ende September zu warten, wenn der neue Impfstoff voraussichtlich auf den Markt komme.  

Herbst/Winter: Angepasste Vakzine als Einzeldosen erhältlich

Derzeit prüft die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) Zulassungsanträge für Vakzine, die an XBB.1.5 angepasst worden sind. Vorbehaltlich einer Zulassung sollen die Impfstoffe bereits im September auf den Markt kommen. 

Die Hersteller werden ihre Vakzine als Einzeldosis anbieten – ein großer Vorteil für Arztpraxen oder Apotheken, die nur wenige Personen pro Tag impfen. Zuvor waren nur Gebinde mit mehreren Dosen erhältlich. Anbrüche mussten oft entsorgt werden.  

Doch wer sollte laut STIKO-Empfehlung Auffrischungsimpfungen im Herbst bekommen? Dazu zählen…

  • Personen ab 60 Jahren, 

  • Bewohner in Einrichtungen der Pflege,

  • Personen mit Grundkrankheiten ab dem Alter von 6 Monaten,

  • Personen mit einem erhöhten beruflichen SARS-CoV-2-Infektionsrisiko in der medizinischen und pflegenden Versorgung mit direktem Patientenkontakt,

  • Familienangehörige und enge Kontaktpersonen von Personen, bei denen Impfungen nicht möglich sind oder wohl nicht den erforderlichen Schutz erzielen. 

Post-COVID und Fatigue: Starke Beschwerden halten teils 20 Monate an

Das Post-COVID-19-Syndrom (PCS) ist durch ein breites Spektrum von Symptomen gekennzeichnet, in erster Linie durch Müdigkeit und durch fehlende Belastbarkeit. Welche langfristigen Folgen dies für Patienten hat, war unklar. Eine neue Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max Delbrück Centers liefert jetzt mehr Evidenz. 

Eine prospektiven Kohortenstudie liefert neue Erkenntnisse. Eingeschlossen wurden 106 Patienten mit PCS mit mittlerer bis schwerer Müdigkeit und mit Belastungsintoleranz zu 3 Zeitpunkten nach der Infektion: 3-8, 9-16 und 17-20 Monate. Zur Quantifizierung des Schweregrads bestimmten die Autoren die Handgriffstärke (HGS), Herz-Kreislauf-Funktion und verschiedene Laborparameter untersucht. Eine Subgruppe erfüllte Kriterien für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Erschöpfungssyndrom (PCS-ME/CFS) 

Patienten mit PCS-ME/CFS hatten bis zu 20 Monate nach der Infektion über einen anhaltend hohen Schweregrad der meisten Symptome berichtet, während sich bei Patienten mit PCS der Gesundheitszustand insgesamt verbesserte. Obwohl Müdigkeit und Unwohlsein als Kennzeichen postinfektiöser Müdigkeitssyndrome in beiden Gruppen weiterhin auftraten, waren sie bei PCS-ME/CFS stärker ausgeprägt. 

Die entzündlichen Biomarker nahmen in beiden Gruppen ab, nicht jedoch die antinukleären Antikörper. Eine niedrigere HGS zu Beginn der Erkrankung korrelierte mit der Persistenz der Symptome, insbesondere bei Patienten mit PCS-ME/CFS.

„Leider zeigen unsere Daten, dass Post-COVID-Betroffene mit schwerer Fatigue auch mehr als eineinhalb Jahre nach ihrer Infektion noch immer krank sind“, sagt Dr. Judith Bellmann-Strobl. Sie ist Letztautorin der Studie und Oberärztin der Hochschulambulanz für Neuroimmunologie des Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer einer gemeinsamen Einrichtung der Charité und des Max Delbrück Centers. Bellmann-Strobl: "Nur bei der Hälfte von ihnen – die nicht das Vollbild von ME/CFS zeigen – zeichnet sich eine langsame Besserung zumindest einiger Symptome ab.“

Frühere Pubertät von Mädchen in Pandemie-Zeiten 

In den letzten 2 Jahren wurden deutlich mehr Mädchen bei Endokrinologien wegen frühzeitiger Pubertät behandelt. Zu dem Ergebnis sind Endokrinologen aus Italien gekommen. Sie vermuten, es liege wahrscheinlich an der Pandemie. 

Die Autoren der aktuellen Studie haben zwischen Januar 2016 und Juni 2021 anthropometrische, biochemische und radiologische Parameter bei 133 Mädchen erhoben, die die Kriterien für eine frühe Pubertät erfüllt hatten. 

Sie fanden eine höhere Inzidenz zwischen März 2020 und Juni 2021 (Gruppe 2) im Vergleich zu Januar 2016 bis März 2020 (Gruppe 1). Gruppe 1 und Gruppe 2 unterschieden sich im Alter bei der Diagnose (7,96 ± 0,71 Jahre vs. 7,61 ± 0,94 Jahre; p<0,05), im mittleren Tanner-Stadium (2,86 ± 0,51 vs. 2,64 ± 0; p<0,05) und in der Zeit zwischen dem Auftreten der Thelarche und der Diagnose (0,93 ± 0,75 Jahre vs. 0,71 ± 0,62 Jahre, p<0,05). Die Tanner-Stadien beschreiben die körperliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, bei Mädchen speziell die Entwicklung der Brüste. 

In Gruppe 2 waren die Mädchen länger am Computer. Ihr BMI war auch tendenziell höher und sie bewegten sich weniger, verglichen mit der Gruppe 1. 

„Unsere Studie bestätigt den Anstieg der Diagnosen der frühzeitigen Pubertät während COVID-19 und identifiziert Faktoren wie schlechte Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, zu viel Bildschirmzeit und Schlafstörungen“, sagte Studienautor Dr. Mohamad Maghnie von der Universität Genua.

Daten von Jungen standen nicht zur Verfügung.

Mehrfach-Impfungen: Was für denselben Impfarm spricht

Mitte 2022 hatten Studien an Mäusen ergeben, dass COVID-19-Zweitimpfungen an gleicher Stelle zu stärkeren Immunantworten führen. Neue Daten belegen, dass solche ipsilateralen Impfungen auch bei Menschen zu besseren Ergebnissen führen als kontralaterale Impfungen. Das hat eine Beobachtungsstudie mit 303 ungeimpfte Personen ergeben.

Probanden erhielten die 2. Dosis des COVID-19-Impfstoffs BNT162b2 entweder ipsilateral (n=147) oder kontralateral (n=156). Spike-spezifische IgG, IgG-Avidität und neutralisierende Antikörper wurden 2 Wochen nach der 2. Dosis bestimmt. 143 Personen (64 ipsilateral, 79 kontralateral) aus der Studie wurden auf spike-spezifische CD4- und CD8-T-Zellen untersucht. Zu den Ergebnissen:

  • Die medianen Spike-spezifischen IgG-Werte unterschieden sich in den Gruppen mit ipsilateraler oder kontralateraler Impfung nicht signifikant. 

  • Allerdings war die neutralisierende Aktivität nach kontralateraler Impfung signifikant niedriger (p=0,024). 

  • Ebenso war der Medianwert der spike-spezifischen CD8-T-Zellen signifikant niedriger (p=0,004). 

  • Folglich war der Prozentsatz aller Personen mit nachweisbaren CD8-T-Zellen nach kontralateraler Impfung signifikant niedriger als nach ipsilateraler Impfung (43,0% gegenüber 67,2%, p=0,004). 

  • Die Spike-spezifischen CD4-T-Zellwerte waren in beiden Gruppen ähnlich, wiesen aber nach kontralateraler Impfung eine signifikant höhere CTLA-4-Expression auf (p=0,011). 

Sowohl die ipsilaterale als auch die kontralaterale Impfung induzieren zwar eine starke Immunantwort. Allerdings fiel der Effekt stärker aus, falls Impfstoffe so verabreicht worden sind, dass eine Drainage durch dieselben Lymphknoten möglich ist.

„Eine höhere neutralisierende Antikörperaktivität und eine höhere Anzahl von Spike-spezifischen CD8-T-Zellen können Auswirkungen auf den Schutz vor Infektionen und schweren Erkrankungen haben“, schreiben die Autoren. 

COVID-19 – ein möglicher Risikofaktor für Hypertonie

Nach mehreren Fallberichten über neu auftretende, persistierende Hypertonien in Zusammenhang mit SARS-CoV-2-Infektionen haben Forscher die Inzidenz und mögliche Risikofaktoren untersucht. Sie zogen auch Vergleiche zu Infektionen mit Influenzaviren. 

Für eine retrospektive Beobachtungsstudie werteten sie Daten von 45.398 Patienten mit COVID-19 (März 2020 bis August 2022) und Daten von 13.864 Patienten mit Influenza (Januar 2018 bis August 2022) aus. Alle Teilnehmer hatten in ihrer Vorgeschichte keine arterielle Hypertonie. 

Nach 6 Monaten fanden die Wissenschaftler bei 20,6% aller hospitalisierten Patienten mit COVID-19 und bei 10,85% aller nicht hospitalisierten Patienten mit COVID-19 eine neu auftretende, persistierende Hypertonie. 

Hospitalisierte Patienten mit COVID-19 hatten im Vergleich zu Influenza-Patgienten ein 2,23-fach (95%-KI 1,48-3,54, p<0,001) und nicht hospitalisierte Patienten mit COVID-19 ein 1,52-fach (95%-KI 1,22-1,90, p<0,01) Risiko, eine persistierende Hypertonie zu entwickeln.

„Die Inzidenz der neu auftretenden persistierenden Hypertonie bei Patienten mit COVID-19 ist höher als bei Patienten mit Influenza, was angesichts der großen Zahl von Patienten mit COVID-19 wahrscheinlich eine große gesundheitliche Belastung darstellt“, kommentieren die Autoren. „Ein Screening von Risikopatienten auf Bluthochdruck nach einer COVID-19-Erkrankung könnte gerechtfertigt sein.“  

Schulschließungen – die wichtigste Ursache psychischer Beschwerden bei Jugendlichen

Pandemiebedingte Schulschließungen in Deutschland haben zu einer erheblichen Verschlechterung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren geführt. Das geht aus einer neuen Studie hervor, über die  Univadis.de  berichtet hat.

Zum Hintergrund: Schulschließungen waren eine der am kontroversesten diskutierten Maßnahmen, doch welche Folgen hatten sie für die Gesundheit? Um dieser Frage nachzugehen, haben Wissenschaftler Variationen von Schulschließungs- und Wiedereröffnungsstrategien in Bundesländern zu Beginn der Pandemie mit bundesweiten, bevölkerungsbasierten Umfragedaten zur psychischen Gesundheit von Jugendlichen und Hochfrequenzdaten der größten Krisenberatungsstelle ausgewertet. 

Für die Untersuchung nutzten Wissenschaftler föderale Strukturen in Deutschland. Da alle 16 Bundesländer Bildungshoheit besitzen, konnten sie selbst über Schulschließungs- und Wiederöffnungsstrategien entscheiden – mit entsprechenden Unterschieden. 

Sie fanden heraus, dass längere Schulschließungen zu einer erheblichen Verschlechterung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Jugendlichen geführt haben und frühe Anzeichen für psychische Gesundheitsprobleme hervorriefen. Am stärksten waren die Auswirkungen bei Jungen, jüngeren Jugendlichen und Familien mit begrenztem Wohnraum.

Die Wissenschaftler lieferten außerdem Belege dafür, dass familiäre Probleme ein Hauptproblem sind, mit dem die Jugendlichen zu kämpfen hatten, als ihnen der Zugang zur Schule verwehrt wurde. Insgesamt erkläre aber die Schließung von Schulen weitgehend die Verschlechterung der psychischen Gesundheit von Jugendlichen während der ersten Pandemiewelle, heißt es im Artikel. Die Wissenschaftler interpretieren ihre Ergebnisse als Aufruf zur Vorsicht bei der Erwägung von Schulschließungen als Maßnahme zur Eindämmung einer Virusausbreitung

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Kommentar

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