Negative Kindheitserlebnisse können Menschen ein Leben lang beeinträchtigen – mit körperlichen und kognitiven Folgen

Andrea Hertlein

Interessenkonflikte

18. August 2023

Menschen, die in ihrer Kindheit belastende oder traumatische Erfahrungen gemacht haben, weisen im Alter mit größerer Wahrscheinlichkeit sowohl körperliche als auch kognitive Beeinträchtigungen auf. Das geht aus einer Studie von Wissenschaftlern der Universität Kalifornien hervor, die in General Internal Medicineerschienen ist [1]

Zu den belastenden Erlebnissen in der Kindheit gehören körperliche Gewalt oder Missbrauch, schwere Krankheiten, finanzielle Belastungen in der Familie oder die Trennung von den Eltern.

Negative Kindheitserfahrungen bei 60% aller Erwachsenen

Nach Angaben des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) haben fast 60% der Erwachsenen in den USA negative Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences, ACEs) gemacht, die das Gefühl der Sicherheit und Stabilität eines Kindes untergraben können. Dies wird mit chronischen körperlichen und psychischen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Autoimmunkrankheiten und Depressionen.

Die Studie von Alison J. Huang und ihrem Team von der University of California basiert auf Daten des National Social Life, Health and Aging Project in den USA. Die Wissenschaftler untersuchten fast 3.400 Erwachsene zwischen 50 und 97 Jahren. 

Alle Teilnehmer füllten strukturierte Fragebögen aus, um ACEs (Gewalterfahrung/Missbrauch in der Kindheit, Miterleben von Gewalt, finanzielle Unsicherheit, Trennung der Eltern oder schwere Krankheit) zu bewerten. Sie unterzogen sich standardisierten körperlichen Leistungstests sowie kognitiven Tests. Die Probanden berichteten ebenfalls über funktionelle Einschränkungen, die sich in Schwierigkeiten bei Aktivitäten des täglichen Lebens zeigen.

Nach Traumata: Bis zu 80% haben Schwierigkeiten bei alltäglichen Aktivitäten

Laut den Ergebnissen gaben nahezu die Hälfte (44%) aller Studienteilnehmer an, im Alter zwischen 6 und 16 Jahren mindestens ein ACE erlebt zu haben. Dazu gehörten Gewalterfahrungen (14%), das Miterleben von Gewalt (16%), finanzieller Stress (13%), Trennung von einem Elternteil (16%) sowie ein schlechter Gesundheitszustand (6%) in der Kindheit. Jeder 5. berichtete über mehr als ein negatives Kindheitserlebnis.

Personen, die in ihrer Kindheit Gewalt erleben mussten, hatten ein um 40% höheres Risiko, im Alter Mobilitätseinschränkungen aufzuweisen und sogar ein um 80% höheres Risiko, Schwierigkeiten bei täglichen Aktivitäten zu entwickeln, verglichen mit Erwachsenen ohne belastende Erfahrungen. 

Personen, die aus unglücklichen Familien stammten, hatten ebenfalls eine um 40% höhere Wahrscheinlichkeit für zumindest leichte kognitive Beeinträchtigungen im Vergleich zu den Erwachsenen ohne entsprechende Traumata.

Belastende Ereignisse prägen die Gesundheit bis ins hohe Alter 

„Wir konnten zeigen, dass belastende Erlebnisse im frühen Leben bis ins hohe Alter Auswirkungen haben können, sagt die Hauptautorin Alison J. Huang. Das könne bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit von Schwierigkeiten beim Gehen, bei der Durchführung von Aktivitäten des täglichen Lebens oder von Gedächtnisproblemen im Alter von 60, 70, 80 oder mehr Jahren noch weiter ansteige. 

 
Wir konnten zeigen, dass belastende Erlebnisse im frühen Leben bis ins hohe Alter Auswirkungen haben können.  Alison J. Huang
 

Belastende frühe Lebenserfahrungen könnten demnach Marker für das Risiko von Funktionseinschränkungen und Behinderungen im späteren Leben sein. Das frühzeitige Erkennen von Kindheitstraumata sei daher nützlich, um Erwachsene zu identifizieren, die von Screening- oder Präventionsstrategien für altersbedingte Funktionseinbußen profitieren könnten, so die Studienautoren.

Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.

 

Kommentar

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