Umsatzsteuer fällt auch in der Arztpraxis an – für was? Tipps vom Virchowbund

Virchowbund / Dr. Nina Mörsch

Interessenkonflikte

16. August 2023

Ärztliche Leistungen sind normalerweise umsatzsteuerfrei. Doch es gibt Ausnahmen. Der Virchowbund und die Kanzlei Prof. Dr. Bischoff & Partner stellen die wichtigsten Fälle vor, in denen Ärztinnen und Ärzte Umsatzsteuer abführen müssen.

Ärztliche Leistungen sind in den meisten Fällen umsatzsteuerfrei. Die Steuerbefreiung für Heilbehandlungen setzt voraus, dass ein therapeutischer Zweck mit der Leistung verfolgt wird. Das bedeutet, die Leistung muss zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und (soweit möglich) Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden (§ 4 Nr. 14 Buchst. a UStG). Das gilt unabhängig davon, wer Empfänger der Leistung ist und wer die Leistung finanziert.

Wird mit der Maßnahme ein therapeutischer Zweck verfolgt?

Maßnahmen allein zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens (z.B. ein Wellnessprogramm) und Schönheitsoperationen, die keinen therapeutischen Zweck haben, stellen keine Heilbehandlung dar, selbst wenn sie von Ärzten durchgeführt werden.

Unter die Umsatzsteuerbefreiung fallen dagegen auch Entgelte für notärztliche Bereitschaftsdienste bzw. für Leistungen im Rahmen eines Notdienstes. Bei Letzteren ist wichtig, dass diese dazu dienen, gesundheitliche Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen, um sofort geeignete Maßnahmen einleiten und damit einen größtmöglichen Erfolg einer (späteren) Behandlung sicherstellen zu können (z.B. Bereitschaftsdienst bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen).

Auch die Abgabe von (Fertig-)Medikamenten ist von der Umsatzsteuer befreit, wenn die Medikamente zum Zeitpunkt der Heilbehandlung für diese unentbehrlich sind und ohne sie diese Heilbehandlung nicht erfolgversprechend wäre. Insbesondere gilt das für die Medikamentenabgabe während der Behandlung durch den behandelnden Arzt oder die behandelnde Ärztin, z.B.:

  • Dialyse-immanente Medikamente im Rahmen einer ambulanten oder stationären Dialysebehandlung,

  • Faktorpräparate im Rahmen der Behandlung von Blutern unabhängig vom Ort der Einnahme,

  • Zytostatika im Rahmen einer Chemotherapie zur Krebsbehandlung,

  • schmerzstillende bzw. entzündungshemmende Medikamenten im Rahmen einer Heilbehandlung.

Die Abgrenzung, wann eine Leistung medizinisch indiziert ist, kann im Einzelfall problematisch sein. „Übernimmt die Krankenkasse die Kosten der Behandlung? Dann dürfen Sie als Arzt in der Regel davon ausgehen, dass die Heilbehandlung medizinisch indiziert und damit umsatzsteuerfrei ist“, lautet der Tipp der Steuerberatungskanzlei Prof. Dr. Bischoff und Partner.

Umgekehrt bedeutet eine fehlende Kostenübernahme nicht unbedingt, dass die Leistung nicht medizinisch indiziert wäre. Das gilt beispielsweise für Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), bei denen die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt, eine medizinische Indikation jedoch sehr wohl vorliegen kann.

Was ist steuerfrei – was nicht?

Auf der Webseite des Virchowbundes sind zahlreiche Beispiele für steuerfreie und steuerpflichtige Leistungen in der Arztpraxis gelistet. Z.B. ist die Untersuchung zur Krebsfrüherkennung steuerfrei, andere Präventionsleistungen, die lediglich „den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern“ sollen, dagegen nicht. Die äußere Leichenschau ist steuerfrei, die Obduktion in der Regel steuerpflichtig. Bei Leistungen im Rahmen von Gutachten gilt: Fällt für die Hauptleistung Umsatzsteuer an, sind auch die Nebenleistungen (z.B. Untersuchung) umsatzsteuerpflichtig.

Der Virchowbund rät: „Ist nicht ganz eindeutig, ob die Leistung umsatzsteuerfrei ist oder auch im Rahmen von IGeL, dokumentieren Sie in der Patientenakte, dass damit ein therapeutischer Zweck verfolgt wird.“ Denn die Beweislast, dass die Behandlung steuerfrei ist, liegt beim Arzt. Gegenüber dem Finanzamt müssen Sie die medizinische Indikation nachweisen können.

Dieser Artikel ist im Original erschienen am 26. Juli 2023 auf Coliquio.de.
 

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