Calcineurin-Inhibitoren – eine neue Behandlungsmöglichkeit bei Stress-Kardiomyopathie? Das sagen Experten

Dr. Thomas Kron

Interessenkonflikte

17. August 2023

Heidelberger Wissenschaftler haben in Tierversuchen neue Erkenntnisse zur Pathogenese der Stress-Kardiomyopathie gewonnen. Zudem haben sie in einem neuen Tiermodell mit immunsupprimierenden Medikamenten kardioprotektive Effekte erzielt und das Überleben ihrer Versuchstiere verlängert. Die experimentelle Therapie soll nun bei Menschen getestet werden. 

Über ihre Forschungsbefunde berichten Dr. Bastian Bruns von der Universität Heidelberg und Kollegen in Nature Cardiovascular Research [1].

Ein neuer Signalweg 

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) haben im Tiermodell des Takotsubo-Syndroms (TTS, Stress-Kardiomyopathie) die schädigenden Auswirkungen von Stresshormonen auf das Herz und die zugrundeliegenden Mechanismen untersucht. Dabei fanden sie einen Signalweg, der Entzündungen im Herzen fördert. 

Die beiden Calcineurin-Inhibitoren Ciclosporin und Tacrolimus hemmen diesen Signalweg. Sie zeigten in Experimenten eine schützende Wirkung auf das Mäuse-Myokard. Da der Signalweg auch in menschlichen Herzmuskelzellen vorhanden ist, soll nun eine vom DZHK geförderte klinische Studie beginnen, um zu prüfen, ob sich Ciclosporin für die Behandlung von Patienten mir TTS eignen könnte. 

Psychische und physische Trigger

Zum Hintergrund: Das TTT-Syndrom ist, wie Prof. Dr. Stefan Möhlenkamp vom Bethanienkrankenhaus Moers und Kollegen erläutern, eine meist passagere Form der akuten Herzinsuffizienz mit initial allen klinischen, elektrokardiografischen und biochemischen Charakteristika eines akuten Koronarsyndroms. Stress spiele als Auslöser in der klassischen bzw. typischen Variante eine zentrale Rolle, so die Autoren. 

Trigger sind nicht nur negative emotionale Erlebnisse, sondern auch positive, also erfreuliche Ereignisse („Happy-Heart-Ereignisse“); zudem gibt es physische Trigger, etwa einen Schlaganfall, einen Krampfanfall, Medikamente oder eine Tumor-Erkrankung oder eine Krebstherapie. 

Das Syndrom ist in der Regel gekennzeichnet durch eine apikale Ballonierung mit basaler Normo- oder Hyperkontraktilität. Die Koronargefäße sind meist unauffällig. Ätiologie und exakte Pathogenese konnten Forscher bislang nicht zweifelsfrei klären. 

Männer häufiger von schweren Verläufen betroffen

Nach aktuellen Zahlen wird die Inzidenz des TTS auf 1-3% aller STEMI-Präsentationen und auf 5-6 % aller STEMI-Präsentationen bei Frauen geschätzt. In 80-90% der Fälle sind Frauen in der 7. Lebensdekade betroffen. Frauen >55 Jahre haben ein ca. 5-fach höheres Risiko als Frauen <55 Jahre und ein 10-fach höheres Risiko als Männer. „Betroffene Männer haben allerdings oft einen schwereren Verlauf als Frauen“, sagt Bruns. Auch Kinder könnten das Syndrom entwickeln. 

Die 30-Tage-Mortalität liegt bei etwa 4%, die Rezidivrate bei etwa 5-10%, die Inzidenz bei etwa 10 Fällen pro 100.000 Menschen und pro Jahr. In etwa 17% der Fälle kommt die Anamnese einer malignen Erkrankung mit hinzu. Die Autoren empfehlen deshalb, bei fehlenden Auslösern an die Möglichkeit einer bislang subklinischen Tumorerkrankung zu denken – und diesem Verdacht nachzugehen. 

Symptome wie beim akuten Koronarsyndrom

Meist manifestiere sich ein TTS mit Thoraxschmerzen und mit Dyspnoe oder mit Synkopen. Sie ist klinisch kaum vom akuten Koronarsyndrom zu unterscheiden. Nicht selten gibt es Zeichen einer akuten Herzinsuffizienz mit Lungenödem, eines kardiogenen Schocks, eines Schlaganfalls, einer Tachyarrhythmie, einer atrioventrikulären Blockierungen oder eines Herzstillstands. 

Initial lässt sich das TTS bis zur Diagnosesicherung wie ein akutes Koronarsyndrom behandeln. Bei Hinweisen auf einen kardiogenen Schock ist eine Intensivüberwachung und -therapie indiziert. Evidenz für eine TTS-spezifische Therapie fehlt derzeit noch.

Positiv-inotrope Medikamente sollten vermieden werden. ACE-Hemmer und Sartane können die LV-Funktionserholung positiv beeinflussen. Betablocker sollten bei Bradykardie, QTc-Zeit-Verlängerung >500 ms und schwerer LV-Dysfunktion initial mit Zurückhaltung gegeben werden.  ACE-Hemmer und AT1-Blocker verbessern nach Angaben der Autoren zudem die Langzeit-Mortalität und die Rezidivrate. 

Da sich die LV-Dysfunktion meist rasch normalisiert und die Arrhythmie-Gefahr verringert, fehlen typische Indikationen für Defibrillatoren. Bei einem Teil der Patienten mit Takotsubo-Syndrom tritt die Stress-Kardiomyopathie wiederholt auf, wie eine US-Studie ergeben hat. 

Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....