Studie liefert erste Hinweise, dass KI-gestützte Mammografie sicher ist und Arbeitsbelastung von Radiologen reduziert

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

2. August 2023

Erste Sicherheitsdaten der in Lancet Oncology publizierten randomisierten schwedischen MASAI-Studie, in der der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in einem Nationalen Brustkrebs-Screeningprogramm untersucht wurde, zeigen: KI hat das Potenzial, Mammografien genauer und effizienter zu machen [1]

Die Zwischenergebnisse haben ergeben, dass durch KI-gestütztes Screening 20% mehr Krebsfälle entdeckt werden als durch die routinemäßige doppelte Auswertung von Mammogrammen durch 2 Brustradiologen. Der Einsatz der KI führte auch nicht zu einer Zunahme falsch-positiver Befunde; er verringerte die Arbeitsbelastung beim Lesen von Mammogrammen um 44%.

Dr. Kristina Lång von der Universität Lund und ihre Kollegen nahmen für die MASAI-Studie (Mammografie-Screening mit künstlicher Intelligenz) zwischen April 2021 und Juli 2022 80.033 Frauen im Alter von 40 bis 80 Jahren an 4 Standorten im Südwesten Schwedens auf. Nach einer Mammografie wurden die Frauen nach dem Zufallsprinzip im Verhältnis 1:1 randomisiert: entweder auf eine KI-gestützten Analyse, bevor sie von 1 oder 2 Radiologen ebenfalls gelesen wurde, oder auf eine Standardanalyse, die von 2 Radiologen ohne KI durchgeführt wurde (Kontrollarm).

Bei der KI-gestützten Auswertung analysierte künstliche Intelligenz zunächst das Mammografiebild und prognostizierte dann das Krebsrisiko auf einer Skala von 1 bis 10 (1 stellte das geringste, 10 das höchste Risiko dar). Bei einem Risikowert von weniger als 10 wurde das Bild von einem Radiologen weiter analysiert; bei einem Risikowert von 10 hingegen analysierten 2 Radiologen das Bild. Das KI-gestützte System lieferte auch CAD-Markierungen (Computer-assistierte Detektion), um die Radiologen bei der genauen Interpretation zu unterstützen. 

Bei verdächtigen Befunden wurden die Frauen für weitere Untersuchungen einbestellt. Die Entscheidung darüber lag bei den Radiologen, die angewiesen worden waren, die Fälle mit dem höchsten Risiko zu einer weiteren Untersuchung einzubestellen; das galt nicht für offensichtlich falsch-positive Befunde. 

Radiologen: Verringerung der Arbeitsbelastung um 44%

Die Recall-Raten lagen durchschnittlich bei 2,2% (861 Frauen) für das KI-gestützte Screening und bei 2% (817 Frauen) für das Standard-Doppelscreening. Beide Werte entsprachen in etwa der durchschnittlichen Recall-Quote von 2,1% in der Klinik 6 Monate vor Beginn der Studie. Das deutet daraufhin, dass die Krebs-Entdeckungsraten nicht gesunken sind. 

Insgesamt wurde bei 244 Frauen (28%) aus dem KI-gestützten Screening Krebs festgestellt, verglichen mit 203 Frauen (25%) aus dem Standard-Screening. Durch die KI-Unterstützung wurden damit 41 Tumore mehr entdeckt (darunter 19 invasive und 22 In-situ-Tumore). Die Falsch-positiv-Rate lag in beiden Gruppen bei 1 bis 5%.

Das KI-gestützte Screening führte zu einer Entdeckungsrate von 6,1 pro 1.000 untersuchten Frauen im Vergleich zu 5,1 pro 1.000 beim Standard-Screening. Das entspricht der Entdeckung eines zusätzlichen Tumors pro 1.000 untersuchten Frauen. 

Hinzu kommt, dass die Radiologen in der KI-gestützten Gruppe 36.886 Screenings weniger durchführten als in der Kontrollgruppe (46.345 gegenüber 83.231), was zu einer Verringerung der Arbeitsbelastung der Radiologen beim Screening um 44% führte. 

 
Die vielversprechenden vorläufigen Sicherheitsergebnisse sollten als Grundlage für neue Studien und programmbasierte Bewertungen dienen… Dr. Kristina Lång
 

„Die vielversprechenden vorläufigen Sicherheitsergebnisse sollten als Grundlage für neue Studien und programmbasierte Bewertungen dienen, um dem ausgeprägten Mangel an Radiologen in vielen Ländern zu begegnen. Sie reichen jedoch nicht aus, um zu bestätigen, dass die KI für das Mammografie-Screening bereit ist“, mahnt Hauptautorin Lång gegenüber Lancet Oncology

„Wir müssen noch die Auswirkungen auf die Ergebnisse für die Patientinnen verstehen – vor allem, ob die Kombination von Fachwissen der Radiologen mit KI dazu beitragen kann, Krebserkrankungen im Intervall zu erkennen, die beim herkömmlichen Screening oft übersehen werden, sowie die Kosteneffizienz der Technologie.“

 
Wir müssen noch die Auswirkungen auf die Ergebnisse für die Patientinnen verstehen. Dr. Kristina Lång
 

Mögliche Überdiagnose: Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse

In einem Kommentar schreiben Dr. Nereo Segnan, ehemaliger Leiter der Abteilung für Krebsepidemiologie und ehemaliger Direktor der Screening-Abteilung am CPO (Centre if Oncology Prevention) Piemonte, Turin, Italien, und Dr. Antonio Ponti, CPO Piemonte [2]: Der KI-Risikoscore scheine sehr genau in der Lage zu sein, Frauen mit hohem Risiko von Frauen mit niedrigem Risiko zu unterscheiden. „In risikostratifizierten Screening-Protokollen ist das Potenzial, die Kriterien für den Recall in Niedrig- und Hochrisikogruppen angemessen zu modulieren, bemerkenswert."

Die beiden Autoren geben aber zu bedenken, dass in der KI-gestützten Gruppe der MASAI-Studie eine mögliche „Überdiagnose oder eine Übererkennung indolenter Läsionen, wie z.B. eines relevanten Anteils duktaler Karzinome in situ, zur Vorsicht bei der Interpretation von Ergebnissen mahnen sollte, die ansonsten eindeutig für den Einsatz von KI sprechen...“ 

Es sei daher wichtig, biologische Informationen über die erkannten Läsionen zu erhalten. „Es wird erwartet, dass die Endergebnisse der MASAI-Studie dies tun werden, da die Merkmale der erkannten Krebsarten und die Rate der Intervallkarzinome – nicht nur die Entdeckungsrate – als Hauptergebnisse angegeben werden“, so Segnan und Ponti weiter. 

Eine wichtige Forschungsfrage bleibe bestehen: „Ist die KI, wenn sie entsprechend trainiert ist, in der Lage, relevante biologische Merkmale – oder, mit anderen Worten, den natürlichen Verlauf der Krankheit – zu erfassen, wie etwa die Fähigkeit von Tumoren, zu wachsen und sich auszubreiten?“

Die primären Ergebnisse werden erst in einigen Jahren erwartet. Diese werden zeigen, ob der Einsatz von KI die Zahl der Intervallkrebserkrankungen bei 100.000 Frauen mit einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 2 Jahren verringert und ob der Einsatz von KI im Mammografie-Screening letztlich gerechtfertigt ist.

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Kommentar

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