Im Onko-Blog dieser Woche berichten wir unter anderem darüber, wann die zusätzliche Gabe von Docetaxel bei einer Androgendeprivationstherapie des Prostatakarzinoms sinnvoll ist. Zwei einfach zu bestimmende Marker könnten das Screeningg auf HSIL bei HIV-Positiven erleichtern. Personen, die Risikofaktoren für Krebserkrankungen kennen, bemühen sich eher um eine entsprechende Lebensweise. Orale Krebstherapeutika werden zu häufig weggeworfen; Dosisreduktionen und Therapieabbrüche machen nicht teilbare Darreichungsformen und zu große Packungen zu teurem Müll.
Prostatakarzinom: Docetaxel sinnvoll zur ADT bei großen Tumoren
Analkarzinom: Neue Biomarker für das Screening auf HSIL bei HIV-Positiven
Melanom: 7-Jahres-Daten belegen anhaltenden Nutzen von Pembrolizumab
Merkelzell-Karzinom: Adjuvantes Nivolumab verlängert DFS
Krebs-Risikofaktoren: Wer sie kennt, bemüht sich eher, sie zu vermeiden
Orale Krebstherapeutika: Teurer Arzneimüll wegen Dosisänderung und Therapieabbruch
Prostatakarzinom: Docetaxel sinnvoll zur ADT bei großen Tumoren
Eine in Lancet Oncology publizierte Metaanalyse der STOPCAP Collaboration ergab, dass die zusätzliche Gabe von Docetaxel zu einer Androgendeprivationstherapie (ADT) vor allem bei Patienten mit metastasiertem, hormonempfindlichen Prostatakarzinom mit hohem Volumen nützlich ist. Ein nennenswerter Nutzen ließ sich für Patienten mit metachroner Erkrankung und geringem Volumen nicht zeigen. „Es gibt keine Hinweise auf einen nennenswerten Nutzen für Patienten mit metachroner Erkrankung mit geringem Krankheitsvolumen, die daher anders behandelt werden sollten“, schreiben die Autoren.
Die Arbeitsgruppe analysierte die Einzeldaten von 2.261 Patienten mit einer Nachbeobachtungszeit von 72 Monaten, die ADT ohne oder mit Docetaxel erhalten hatten.
Auf der Grundlage aller eingeschlossenen Studien und Patienten ergab sich ein klarer Nutzen von Docetaxel für das Gesamtüberleben (Hazard Ratio [HR] 0,79, 95%-KI 0,70 bis 0,88; p<0,0001), das progressionsfreie Überleben (0,70, 0,63 bis 0,77; p<0,0001) und das Überleben ohne Therapieversagen (0,64, 0-58 bis 0-71; p<0,0001), was einer absoluten 5-Jahres-Verbesserung von etwa 9-11% entspricht.
Das Gesamtrisiko einer Verzerrung der Studien wurde als gering eingestuft, und es gab keine eindeutigen Hinweise auf Unterschiede in der Wirkung zwischen den Studien für alle 3 Hauptergebnisse.
Analkarzinom: Neue Biomarker für das Screening auf HSIL bei HIV-Positiven
Zwei neue Marker aus dem analen Mikrobiom von Menschen mit HIV eröffnen neue Möglichkeiten für das Screening auf hochgradige squamöse intraepitheliale Läsionen (HSIL), eine Vorstufe von Analkrebs.
Menschen mit HIV haben ein deutlich höheres Risiko, an Analkrebs zu erkranken, vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Eine internationale Arbeitsgruppe fand, dass erhöhte Mengen Anal-Mikrobiom-kodierter Proteine, die Succinyl-Coenzym A und Cobalamin produzieren, signifikant mit HSIL assoziiert waren. Sie schlagen in Nature Medicine vor, dass die kombinierte Messung von Succinyl-CoA und Cobalamin das aktuelle Vorgehen zur Analkrebs-Vorsorge verbessern könnten.
Die Arbeitsgruppe hat diese Befunde mit Hilfe von 213 Teilnehmer erhoben, von denen die meisten MSM waren, die sich einem HSIL-Screening mit hochauflösender Anoskopie und Analbiopsien zur Bestätigung von HSIL unterzogen. Sie analysierte das anale Mikrobiom mit verschiedenen Techniken, wobei sie keine eindeutigen Signaturen der Mikrobiom-Zusammensetzung fanden, die mit HSIL in Verbindung gebracht werden können. Sie stellte jedoch fest, dass die mit HSIL assoziierten Analbakterien Proteine überexprimieren, die an der Synthese von Succinyl-CoA und Cobalamin beteiligt sind.
Nun soll ein kostengünstiger und nicht-invasiver Diagnosetest entwickelt werden, der in der klinischen Praxis eingesetzt werden kann, um die Früherkennung und Prävention von Analkrebs bei Menschen mit HIV zu verbessern.
Melanom: 7-Jahres-Daten belegen anhaltenden Nutzen von Pembrolizumab
Die 7-Jahres-Daten der KEYNOTE-006-Studie zeigen bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom einen anhaltenden Effekt von Pembrolizumab auf das Gesamtüberleben. Nach einem medianen Follow-Up von 85,3 Monaten betrug das mediane Gesamtüberleben (OS) mit Pembrolizumab 32,7 Monate, mit Ipilimumab 15,9 Monate. Die 7-Jahres-Überlebensrate lag bei 37,8% mit Pembrolizumab und bei 25,3% mit Ipilimumab. Die Auswertung ist im Journal of Clinical Oncology erschienen.
Die günstigeren Effekte von Pembrolizumab waren unabhängig vom BRAF-Mutationssstatus, einer vorherigen BRAF/MEK-Inhibitor-Therapie und schlechten Prognosekriterien.
Merkelzell-Karzinom: Adjuvantes Nivolumab verlängert DFS
Der PD1-Hemmer Nivolumab verlängerte das krankheitsfreie Überleben (DFS) bei Patienten mit Merkelzell-Karzinom (MCC) signifikant im Vergleich zu Beobachtung. Dies zeigten Ergebnisse einer vorgeplanten Zwischenanalyse der offenen multizentrischen Phase-2-Studie ADMEC-O, die eine deutsche Arbeitsgruppe im Lancet publiziert hat.
Randomisiert erhielten 118 Patienten mit vollständig resezierten MCC-Läsionen Nivolumab; 61 wurden nur beobachtet. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 24,3 Monaten war das mediane DFS noch nicht erreicht. Nach 12 bzw. 24 Monaten lagen die DFS-Raten unter Nivolumab bei 85% bzw. 84%, in der Kontrollgruppe bei 77% bzw. 73%. Das entspricht einer relativen Risikoreduktion von 39% bzw. 38%.
„Obwohl die Zwischenanalyse von ADMEC-O stark auf einen klinischen Nutzen von Nivolumab in diesem Bereich mit ungedecktem medizinischem Bedarf hindeutet, müssen die Risikowerte angesichts der weiten Konfidenzintervalle mit Vorsicht interpretiert werden“, so die Autoren.
Im begleitenden Editorial heißt es, dass diese 1. publizierte randomisierte Studie zur adjuvanten Therapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor bei MCC einen Meilenstein darstelle, die bei der Gestaltung künftiger Studien helfen könne. Allerdings seit die Patientenzahl relativ gering und die statistische Aussagekraft der Studie begrenzt.
Krebs-Risikofaktoren: Wer sie kennt, bemüht sich eher, sie zu vermeiden
Je mehr Menschen über Krebsrisikofaktoren Bescheid wissen, desto höher ist der Anteil derer, die sich bemühen, ihr persönliches Krebsrisiko zu senken: Mit jedem Prozentpunkt mehr an Personen, die gut über Krebsrisikofaktoren informiert sind, steigt die Zahl, die Maßnahmen zur Verringerung ihres Risikos ergreifen, um durchschnittlich 0,169 Prozentpunkte. Dies ergab eine DKFZ-Analyse von Daten einer Umfrage der Unionfor International Cancer Control (UICC), die in Preventive Medicine erschienen ist.
Diese Beziehung variiert zwischen den einzelnen Ländern erheblich. In Frankreich ergreifen prozentual weniger Personen Maßnahmen zur Prävention als sich der Krebsrisikofaktoren bewusst sind. In Japan ist der Anteil an Menschen am höchsten, die Wissenslücken zu Krebsrisikofaktoren zeigten. Dementsprechend hoch ist dort auch der Anteil derer, die keine Maßnahmen zur Reduktion ihres Krebsrisikos ergreifen. Deutsche wussten über fast alle Krebsrisikofaktoren weniger gut Bescheid als der Durchschnitt der untersuchten Länder.
Die bekannten Krebsrisikofaktoren sind meist auch an der Entstehung weiterer schwerer chronischer Erkrankungen beteiligt. Wenn es gelingt, in der Bevölkerung das Bewusstsein für diese Risikofaktoren zu schärfen, könnte der Effekt der Verhaltensprävention weit über die Reduktion der Krebsneuerkrankungen hinausgehen, so die Autorinnen.
Orale Krebstherapeutika: Teurer Arzneimüll wegen Dosisänderung und Therapieabbruch
Die oft hohen Kosten oraler Onkologika und ein Mangel an Darreichungsformen in verschiedenen Stärken und Packungsgrößen bedingen, dass aufgrund von Dosisreduktionen oder Therapieabbrüchen pro Patient Kosten in Höhe von 4.290 US-Dollar entstehen. Dies ergab eine US-amerikanische retrospektive Untersuchung, die in JAMA Oncology erschienen ist.
Die Arbeitsgruppe hat für ihre Analyse 22 orale Onkologika unter den FDA-Neuzulassungen der letzten zwei Jahren und den 50 meistverkauften Arzneimitteln in den USA ausgewählt.
Mit Hilfe von Daten aus klinischen Studien zu den Medikamenten und unter Einsatz der Großhandelspreise schätzten sie, dass die medianen Kosten für weggeworfene Oralia 1.751 US-Dollar betrugen (43 - 27.200 US-Dollar) mit einem Mittelwert von 4.290 US-Dollar pro Patient. Die höchsten Müllkosten fielen bei Avapritinib, Infigratinib, Pemigatinib, Olaparib und Tivozanib an. Avapritinib hatte mit 27.200 US-Dollar pro Patient die höchsten, Relugolix mit 43 US-Dollar die geringsten Müllkosten.
Medikamente, die eine Dosisreduktion ohne Neuverordnung erlaubten (z. B. durch Teilbarkeit), verursachten weniger Müllkosten. Auch kleinere Packungsgrößen könnten zu weniger Verschwendung beitragen.
Die Gesamtkosten für den Arzneimüll machten zwar weniger als 2% der Gesamtkosten der Behandlung aus, aber angesichts der hohen Kosten für Krebsmedikamente können nach Aussage der Autoren 2% zu erheblichen Kosten für Patienten, Versicherer und die Gesellschaft führen.
Im begleitenden Editorial wird darauf hingewiesen, dass in der Studie die Kosten durch weggeworfene Medikamente vermutlich noch zu niedrig geschätzt wurden, weil sie anhand klinischer Studiendaten erhoben wurden. In der täglichen Praxis werden Medikamente oft anders eingesetzt, z. B. bei älteren Patienten oder mit bei Patienten mit mehr Begleiterkrankungen, so dass mit noch häufigeren Dosisänderungen und/oder Therapieabbrüchen zu rechnen ist.
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Credits:
Photographer: © Vahit özalp
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Diesen Artikel so zitieren: Wissen senkt das Krebsrisiko; Therapie bei Prostatametastasen verbessert; langfristiger Nutzen von Pembrolizumab beim Melanom - Medscape - 25. Jul 2023.
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