Manchester – Menschen mit seropositiver rheumatoider Arthritis (RA) können über längere Zeit einen signifikanten Krankheitsverlauf aufweisen, auch wenn sie normale Werte des C-reaktiven Proteins (CRP) aufweisen.
Zu diesem Ergebnis kam ein Team von Forschenden des University College London in Großbritannien, das 5 Jahre lang ähnliche Niveaus an Gelenkzerstörung und Krankheitsaktivität beobachtete. Die Gruppe verglich dann Erkrankte mit hohen CRP-Werten (> 5 mg/l) mit Personen, deren CRP-Werte zum Zeitpunkt eines durch Ultraschall nachgewiesenen Krankheitsschubs durchweg normal waren (< 5 mg/l).
„Unsere Daten legen den Schluss nah, dass der Phänotyp des normalen CRP mindestens 5% unserer Kohorte ausmacht“, berichtete Dr. Bhavika Sethi in einer virtuellen Posterpräsentation auf der Jahrestagung 2023 der British Society for Rheumatology (BSR) [1].
„Diese Patienten benötigen mit größerer Wahrscheinlichkeit eine biologische Therapie, obwohl sie denselben DAS28 (Disease Activity Score für 28 Gelenke) und dasselbe Risiko für Gelenkschäden haben wie Patienten mit hohem CRP“, sagte sie. „Diese Personen stellen eine relevante Minderheit dar, und wir müssen darüber nachdenken, wie wir sie betreuen und wie wir die Ressourcen zuteilen.“
Diagnoseverzögerung und schlechteres Outcome bereits früher beobachtet
Der Co-Autor der Studie Dr. Matthew Hutchinson erklärte gegenüber Medscape, dass die Studie die Fortführung eines größeren Projekts sei. Vor einigen Jahren sei eine Untergruppe von Personen mit normalen CRP-Werten während eines RA-Schubs identifiziert worden, bei denen es eher zu einer Diagnoseverzögerung und zu einem schlechteren Outcome gekommen sei als bei Patienten mit hohen CRP-Werten.
Das Ziel der vorliegenden Studie bestand darin, durch eine Längsschnittanalyse der Krankendaten und eine Verlaufsbeobachtung nach 1, 2 und 5 Jahren festzustellen, ob diese Ergebnisse weiterhin Bestand haben. Untersucht wurden 312 Personen mit seropositiver RA, von denen 28 sowohl CRP <5 mg/l als auch eine aktive Erkrankung aufwiesen, die anhand eines DAS28 > 4,5 bestimmt wurde. Von diesen 28 hatten 16 trotz einer aktiven Erkrankung einen anhaltend niedrigen CRP-Wert (<5 mg/l). Alle Erkrankten, die Tocilizumab einnahmen, wurden allerdings aufgrund seiner CRP-senkenden Eigenschaften von der Studie ausgenommen.
„Mit unserem Projekt wollten wir zeigen, dass es diese Gruppe von Menschen gibt, und versuchen, sie etwas besser zu charakterisieren“, sagt Hutchinson. Die Studie solle somit als „Ausgangspunkt“ für weitere Forschungsanstrengungen dienen.
Ein weiterer Sinn der Arbeit sei es gewesen, das Bewusstsein für die Möglichkeit eines normalen CRP-Wertes trotz aktiven Krankheitsschubs zu schärfen, da die behandelnden Ärzte sich mitunter von einem normalen CRP-Wert in falscher Sicherheit wiegen ließen“, fügte er hinzu. „Die Patienten, die sie vor sich haben, könnten tatsächlich unterversorgt sein und ein schlechteres Outcome haben, wenn der tatsächliche Zustand nicht erkannt wird.“
Im Vergleich zu Personen mit hohen CRP-Werten erhielten solche mit normalen CRP-Werten nach 5 Jahren häufiger eine Biologikatherapie (76,6% vs. 44,4%; p = 0,0323).
Nach 5 Jahren waren die DAS28-Werte bei RA-Kranken mit normalen CRP-Werten und bei solchen mit erhöhten CRP-Werten ähnlich (p = 0,9615), mit einem Median von 2,8 bzw. 3,2. Der Anteil der Personen mit Gelenkschäden war in diesen beiden Gruppen ähnlich (63,3% vs. 71,4%; p = 0,7384).
Diagnose und Therapie des RA-Schubes nicht nur auf CRP stützen
„Der CRP-Wert ist bei den meisten Menschen ein allgemeiner Entzündungsmarker“, sagte Hutchinson. „In den meisten Fällen, in denen entweder eine Entzündung oder eine Infektion vorliegt, insbesondere wenn es sich um eine systemische Infektion oder Entzündung handelt, ist dieser Wert bei Bluttests erhöht.“
Bei einer Person mit Gelenkschmerzen kann ein hoher CRP-Wert ein nützlicher Hinweis auf ein entzündliches Geschehen in Abgrenzung zu einem Trauma sein. Der CRP-Wert wird auch häufig zur Berechnung des DAS28 verwendet, um die Krankheitsaktivität zu überwachen.
„Diese Studie belegt, dass der CRP-Wert bei manchen RA-Patienten während eines Schubes normal sein kann“, sagte Dr. Jeffrey A. Sparks, Rheumatologe vom Brigham and Women's Hospital und der Harvard University in Boston, gegenüber Medscape. „Die Patienten benötigen möglicherweise trotzdem eine erweiterte Therapie und können Schäden davontragen.“
„Ärzte sollten sich bei der Diagnose und Behandlung von RA-Schüben nicht allein auf den CRP-Wert verlassen“, so Sparks, der nicht an der Studie beteiligt war, abschließend.
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Credits:
Photographer: © Puwadol Jaturawutthichai
Lead image: Dreamstime.com
Medscape © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Rheumaschub trotz normalem CRP-Wert – dieser Phänotyp bei rheumatoider Arthritis wird unterschätzt, Patienten sind unterversorgt - Medscape - 4. Jul 2023.
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