Wenn die Prüfbehörde vor der Tür steht: Tipps vom Virchowbund zur Praxisbegehung – neue Checkliste schützt vor Ärger

Virchowbund

Interessenkonflikte

28. Juni 2023

Die Ankündigung einer Praxisbegehung versetzt Praxisinhabern und -inhaberinnen oft in Aufregung und Angst. Denn bestenfalls raubt sie einfach nur Zeit; schlimmstenfalls drohen Bußgelder und kostspielige Auflagen. Deshalb unterstützt der Virchowbund niedergelassene Ärztinnen und Ärzte mit einer umfangreichen Checkliste zur Vorbereitung auf die Praxisbegehung.

In der neuen Checkliste „Praxisbegehung“ sind rund 80 Maßnahmen und Tipps aufgeführt – einzeln zum Abhaken und gegliedert nach Bereichen:

  • notwendige Dokumente zum Vorzeigen,

  • Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz,

  • allgemeine Hygiene und Handhygiene,

  • Umgang mit Medikamenten und Medizinprodukten.

Auch konkrete Rückmeldungen von Mitgliedern des Verbandes nach Praxisbegehungen sind eingeflossen. So wurde in einer Praxis beispielsweise beanstandet, dass es keinen „Leiterbeauftragten“ gab, der regelmäßig die Sicherheit sämtlicher kleiner und großer (Tritt-)Leitern überprüft und dokumentiert. Auch im Wartezimmer oder der Kaffeeküche lauern oft übersehene Mängelfallen, vor denen die Checkliste warnt.

Welche Behörden machen Begehungen?

Je nach Zuständigkeit im Bundesland sind unterschiedliche Ämter berechtigt, Praxen zu begehen: das Gesundheitsamt, Gewerbeaufsichtsamt, zuständige Amt für Arbeitsschutz oder die Berufsgenossenschaft für Gesundheits- und Wohlfahrtspflege (BGW). Es kann daher vorkommen, dass sich mehrere Behörden in der Praxis ankündigen. Das Gesundheitsamt prüft dann z.B., ob das Infektionsschutzgesetz eingehalten wird, ein anderes Amt kontrolliert die Medizinproduktebetreiberverordnung.

Behördenkontrollen ohne Anlass werden telefonisch und/oder schriftlich einige Wochen im Voraus angekündigt. Der Termin findet während der Praxiszeiten statt. Unangemeldete Besuche gibt es meist nur nach der Beschwerde eines Patienten.

Gemeinsam mit der Terminankündigung erhält der Praxisinhaber einen Fragebogen und eine Checkliste von Unterlagen, die ausgefüllt an das Amt zurückgesendet werden müssen. Man hat also Zeit, sich auf den Termin vorzubereiten – aber nicht genug, um gravierende Mängel zu beseitigen.

Ablauf des Vor-Ort-Termins

Je nach Größe der Praxis dauert die Begehung etwa 3 Stunden. Sie startet mit einer Vorbesprechung in den Praxisräumen. Das Amt will z.B. wissen, welche Eingriffe und Behandlungen vorgenommen werden und ob besondere Vorkommnisse bei Medizinprodukten vorschriftsmäßig an das BfArM gemeldet wurden.

Danach werden alle Räumlichkeiten kontrolliert (auch das Wartezimmer und die Pausenräume bzw. Küche) und die Dokumentationen überprüft. Dabei wird jeder Winkel, jede Schublade inspiziert und fotografiert. Auch mit Mitarbeitern wird gesprochen, um ihre Sachkenntnis zu testen. Arbeitsabläufe aus der Medizin wie z.B. die korrekte Hand- und Gerätedesinfektion müssen demonstriert werden.

In einem Abschlussgespräch mit dem Praxisinhaber machen die Prüfer erste Verbesserungsvorschläge und eine Beratung.

Protokoll und Mängelbeseitigung

Einige Tage bis Wochen nach der Behördenkontrolle erhält der Inhaber das Protokoll, in dem sämtliche Mängel aufgelistet sind – mit Fristen, bis wann diese behoben sein müssen. Auch die fristgerechte Mängelbeseitigung wird kontrolliert.

Was wird bei der Praxisbegehung geprüft?

Die Behörden achten auf viele Aspekte. Neben dem Fachbereich Medizinprodukte-Aufbereitung werden z.B. Dokumentationsvorgaben, Arbeitssicherheit und die Sachkenntnis des Praxisteams geprüft.

Außerdem müssen arbeitsmedizinische Untersuchungen der Mitarbeiter und eine Gefährdungsbeurteilung (von Strahlenschutz über Rutschgefahr bis Infektionsgefahr und psychische Belastung) nachgewiesen werden. Der Verbandskasten für die Erste Hilfe und die Feuerlöscher werden überprüft.

Alle Abläufe in der Hygiene müssen in Arbeitsanweisungen, Checklisten, Freigabebestätigungen, Risikoeinstufungen und Hygienepläne im QM-Handbuch integriert sein. Daher sollte regelmäßig geprüft werden, ob die Angaben vollständig sind und den Richtlinien entsprechen. Der Hygieneplan muss aktuell sein. Und: Auch im Wartezimmer wird die Hygiene überprüft.

Checkliste: Die 15 häufigsten Probleme

Diese 15 häufig festgestellten Mängel sollten vor der Praxisbegehung dringend beseitigt werden:

  • Risikoeinstufung von Medizinprodukten (inkl. genutzten Instrumenten, z.B. als „kritisch B“) fehlt.

  • Sachkundenachweise fehlen (z.B. für Sterilisator).

  • Dokumentation der Aufbereitung ist lückenhaft.

  • Verfahren zur Reinigung, Desinfektion und Sterilisation passen nicht zum klassifizierten Medizinprodukt oder sind nicht validiert.

  • Bestandsverzeichnisse, Medizinprodukte-Bücher und Arbeitsanweisungen sind unvollständig.

  • Hygieneplan ist nicht aktuell.

  • Keine Chargenkontrolle bzw. lückenhafte Chargendokumentation.

  • Anbruchdaten von Tropfen und Lösungen sind nicht vermerkt.

  • Kühlschranktemperatur wird nicht regelmäßig überprüft und dokumentiert.

  • Die Einwirkzeit des Händedesinfektionsmittels ist den Mitarbeitern nicht bekannt.

  • Händedesinfektionsmittel wird aus Kanistern umgefüllt.

  • Keine Handpflegemittel vorhanden.

  • Pflanzen oder Stoffvorhänge im Behandlungsraum.

  • Bilder sind nicht abwaschbar.

  • Die betriebsärztliche Betreuung der Angestellten ist nicht gewährleistet.

Die Checkliste „Praxisbegehung“ ist Teil des Serviceangebots des Verbandes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Ergänzt wird es zum Beispiel durch Vorlagen für die Dokumentation der Sterilisation, Notfallpläne und Unterweisungsnachweise oder auch Musterverträge für die betriebsärztliche Betreuung. Mitglieder im Virchowbund können sich umfangreiche Unterstützung holen, für die Praxisbegehung ebenso wie für den Alltag in der Niederlassung.

Weiterführende Informationen finden Interessierte unter diesem Link

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Coliquio.de.

 

Kommentar

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