Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zu COVID-19.
Corona-Newsblog, Update vom 28.06.2023
Deutschland: Mindestens 775 Millionen Masken sollen vernichtet werden
Herkunft von SARS-CoV-2: Zweifel an der Labortheorie bleiben
Folgen eines Krankenhausaufenthalts wegen COVID-19, Influenza und Sepsis
Antidepressiva mit niedrigerem Infektionsrisiko assoziiert
MS: Wie stark beeinflussen Anti-CD20-Therapien den Schweregrad von COVID-19?
Mekka: Hadsch wieder ohne Corona-Auflagen
Deutschland: Mindestens 755 Millionen Masken sollen vernichtet werden
Nach dem Impfstoffskandal - im Frühjahr hat Deutschland etwa 83 Millionen COVID-19-Impfdosen entsorgt - folgt der Maskenskandal. Laut Welt will die Regierung mindestens 755 Millionen Masken entsorgen. Das Haltbarkeitsdatum ist überschritten. Es geht um 660 Millionen OP-Masken und rund 95 Millionen FFP2-Masken. Der Anschaffungswert ist unbekannt. Die Entsorgung soll etwa 7 Millionen Euro kosten.
Allerdings fand die Welt auf Basis der Ausschreibung Hinweise, dass 2,7 Milliarden Masken verbrannt werden sollen – und nicht nur 755 Millionen. Das Ministerium selbst hat dies weder bestätigt noch dementiert.
Die Masken wurden Anfang 2020 erworben. „Die teure Überbeschaffung unter dem ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist außer Kontrolle geraten“, sagte der FDP-Haushaltsexperte Karsten Klein. „Es sind Fehler begangen worden, die sich nicht wiederholen dürfen.“
Herkunft von SARS-CoV-2: Zweifel an der Labortheorie bleiben
Einem Bericht zufolge haben US-Geheimdienste keine stichhaltigen Beweise dafür gefunden, dass die COVID-19-Pandemie auf einen Vorfall im chinesischen Wuhan-Institut für Virologie zurückzuführen ist.
In dem Dokument des Office of the Director of National Intelligence (ODNI) heißt es, die US-Geheimdienste könnten zwar nicht ausschließen, dass das Virus aus einem Labor stamme; sie seien aber nicht in der Lage gewesen, den Ursprung der Pandemie zu ermitteln.
Am Wuhan-Institut (WIV) seien zwar „umfangreiche Arbeiten“ zu Coronaviren durchgeführt worden. Die Behörden hätten jedoch keine Hinweise auf einen spezifischen Vorfall gefunden, der den Ausbruch verursacht haben könnte.
Die Debatte wurde durch einen Bericht des Wall Street Journal im Februar 2023 angeheizt. Das US-Energieministerium hatte in einem Geheimdienstbericht geschrieben, dass die Pandemie höchstwahrscheinlich durch ein Leck in einem chinesischen Labor ausgelöst worden sei. Peking bestreitet dies bis heute.
Folgen eines Krankenhausaufenthalts wegen COVID-19, Influenza und Sepsis
Menschen, die nach einen Krankenhausaufenthalt wegen COVID-19 entlassen werden, sind dem Risiko ausgesetzt, neue kardiovaskuläre, neurologische und psychische Erkrankungen sowie entzündliche Autoimmunerkrankungen zu entwickeln. Bislang war unbekannt, ob sich die Risiken für COVID-19 nach dem Krankenhausaufenthalt mit denen für andere schwere Infektionskrankheiten vergleichen lassen. Diese Lücke schließt eine neue Kohortenstudie aus Ontario, Kanada.
Sie schließt alle Erwachsenen, die zwischen 1. April 2020 und 31. Oktober 2021 in Ontario wegen COVID-19 hospitalisiert worden sind, ein. Hinzu kommen historische Vergleichsgruppen von Personen, die wegen Influenza oder Sepsis hospitalisiert wurden, und eine aktuelle Vergleichsgruppe von Personen, die wegen Sepsis stationär behandelt worden ist.
Von 379.366 Erwachsenen (mittleres Alter 75 Jahre; 54% weiblich) überlebten 26.499 Personen eine Hospitalisierung wegen COVID-19. Weitere Daten kamen von 299.989 historischen Kontrollen (17.516 mit Influenza und 282.473 mit Sepsis) sowie von 52.878 aktuell wegen Sepsis stationär behandelten Patienten.
Ein Krankenhausaufenthalt wegen COVID-19 war im Vergleich zur Influenza mit einem erhöhten 1-Jahres-Risiko für venöse thromboembolische Erkrankungen verbunden (bereinigte Hazard Ratio 1,77; 95%-KI 1,36-2,31). Das galt weder für ischämische noch für nicht-ischämische zerebrovaskuläre oder kardiovaskuläre Erkrankungen, neurologische Erkrankungen, rheumatoider Arthritis oder psychischer Erkrankungen im Vergleich zu den Influenza- oder Sepsiskohorten.
„Abgesehen von einem erhöhten Risiko für venöse Thromboembolien innerhalb eines Jahres war in dieser Kohortenstudie die Belastung durch postakute medizinische und psychische Erkrankungen bei Patienten, die einen Krankenhausaufenthalt wegen COVID-19 überlebt hatten, vergleichbar mit anderen akuten Infektionskrankheiten“, resümieren die Wissenschaftler. „Dies deutet darauf hin, dass viele postakute Folgen von COVID-19 eher mit der Schwere der Infektionskrankheit zusammenhängen (…), als dass sie direkte Folgen der Infektion mit SARS-CoV-2 sind.“
Antidepressiva mit niedrigerem Infektionsrisiko assoziiert
Schon früh fanden Wissenschaftler Hinweise, dass Patienten unter Antidepressiva ein geringeres Risiko haben, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Doch es gab kaum Evidenz. In BMC Medicine berichten Forscher von Daten einer retrospektiven Studie während der 1. Welle der COVID-19-Pandemie in Großbritannien. Eingeschlossen wurden 5.462 COVID-19-negative und 202 COVID-19-positive Personen mit Antidepressiva.
Eine antidepressive Medikation war mit einer um etwa 40% niedrigeren Inzidenz positiver COVID-19-Testergebnisse assoziiert, wenn man die sozioökonomischen Parameter und den Gesundheitszustand berücksichtigt. Dieser Zusammenhang wurde u.a. bei der Verschreibung von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) beobachtet.
„Diese Studie deutet darauf hin, dass Antidepressiva, insbesondere SSRI, bei der Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19-Infektionen in der Bevölkerung von Nutzen sein können“, so die Autoren. „Die wichtigsten Einschränkungen der Studie sind ihr retrospektiver Charakter und die Konzentration auf eine Gruppe von Patienten aus dem Bereich der psychischen Gesundheit.“ Prospektive Studien seien zur weiteren Bewertung erforderlich.
Masken – doch nicht so harmlos wie gedacht?
Zu Beginn der Pandemie haben Forscher gezeigt, dass Masken bei kurzer Tragezeit wichtige Vitalparameter nicht nennenswert verändern. In einer neuen Studie kommen chinesische Forscher aber zu dem Schluss, dass das Tragen einer N95-Maske über einen längeren Zeitraum physiologische und biochemische Parameter beeinflussen kann. Darüber hat Medscape.com berichtet. N95-Atemschutzmasken gelten als funktional gleichwertig mit FFP2-Masken.
30 gesunde Freiwilligen (Durchschnittsalter 26 Jahre) wurden nach dem Zufallsprinzip für 14 Stunden einer Intervention mit und ohne N95-Maske zugeteilt, während der sie morgens und nachmittags 30 Minuten lang auf einem Ergometer bei 40% (leichte Intensität) und 20% (sehr leichte Intensität) ihres maximalen Sauerstoffverbrauchs trainierten. Vor und nach der Intervention wurden venöse Blutproben für Blutgas- und Stoffwechselanalysen entnommen.
Die Ergebnisse zeigten, dass das Tragen der N95-Maske innerhalb von 1 Stunde zu einer Verringerung der Atemfrequenz und der Sauerstoffsättigung im Blut (SpO2) führte, während die Herzfrequenz (mittlere Veränderung 3,8 Schläge/min) 2 Stunden später bis zum Abnehmen der Maske erhöht war.
Die Autoren berichten, dass die kardiopulmonale Belastung während der leichten Belastung weiter zunahm, da die Herzfrequenz (mittlere Veränderung 7,8 Schläge/min) und der Blutdruck (mittlere Veränderung 6,1 mmHg systolisch und 5,0 mmHg diastolisch) stiegen und die Atemfrequenz (mittlere Veränderung -4,3 Atemzüge/min) und der SpO2 (mittlere Veränderung, -0,66 %) sanken.
Nach der 14-stündigen Tragezeit sank der pH-Wert des venösen Blutes und der arterielle pH-Wert zeigte eine abnehmende Tendenz. Die Metanephrin- und Normetanephrinwerte waren erhöht. Teilnehmer mit Maske berichteten über ein allgemeines Unbehagen.
Die Studie hat 2 zentrale Einschränkungen. Sie umfasst nur junge, gesunde Probanden. Und die Tragezeit ist mit 14 Stunden ohne Pausen um Größenordnungen länger als üblich.
MS: Wie stark beeinflussen Anti-CD20-Therapien den Schweregrad von COVID-19?
Bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) sind Anti-CD20-Therapien und neurologische Symptome mit schwerem COVID-19 assoziiert. Offen ist, ob diese beiden Variablen unabhängig Relevanz haben und welche Bedeutung der klinische Verlauf von MS spielt.
Neue Erkenntnisse liefert eine Studie. Forscher haben Zusammenhänge zwischen Anti-CD20-Therapien und dem Schweregrad von COVID-19 bei Patienten mit schubförmig remittierender MS (RRMS) und progredienter MS (PMS) untersucht.
Insgesamt wurden 1.400 Patienten in die Studie aufgenommen: 971 mit RRMS (mittleres Alter 39,14 Jahre, 737 [76,1%] weiblich) und 429 mit PMS (mittleres Alter 54,21 Jahre; 250 [58,3%] weiblich).
418 Patienten mit RRMS (43,0%) und 226 mit PMS (52,7%) wurden mit Anti-CD20-Therapien behandelt. In der gewichteten Analyse hatten 13,4% der Patienten mit RRMS, die mit Anti-CD20 behandelt worden waren, und 2,9% der Patienten ohne diese Therapie schweres COVID-19. Als Odds Ratio geben die Autoren 5,20 an (95%-KI 2,78-9,71).
Dieser Zusammenhang bestand auch bei geimpften Patienten (7,0% unter Anti-CD20-Therapien versus 0,9% ohne diese Medikamente; OR, 8,85; 95%-KI 1,26-62,12).
Bei PMS-Patienten wiesen 19,0% der mit Anti-CD20-Therapien behandelten und 15,5% der Kontrollen ohne diese Therapie schwere COVID-19 auf. Es bestand kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Anti-CD20-Behandlung und schwerem COVID-19 (OR 1,28; 95%-KI 0,76-2,16).
„In dieser Kohortenstudie war das Risiko für schweres COVID-19 bei Patienten mit PMS höher als bei Patienten mit RRMS“, fassen die Autoren zusammen. „Die Anwendung von Anti-CD20-Therapien war bei Patienten mit RRMS mit einem erhöhten Risiko für schweres COVID-19 verbunden.“ Hingegen habe man bei Patienten mit PMS keinen Zusammenhang zwischen Anti-CD20-Therapien und dem Risiko für schwere COVID-19 nachgewiesen.
Mekka: Hadsch wieder ohne Corona-Auflagen
Erstmals seit mehr als 3 Jahren können gläubige Muslime den Hadsch wieder ohne Einschränkungen begehen. Rund 1,6 Millionen Pilger reisen aus dem Ausland an. Insgesamt werden mehr als 2,6 Millionen Gläubige erwartet.
In den vergangenen Jahren gab es wegen der Pandemie Einschränkungen bei der Zahl an Menschen und beim Höchstalter von 65 Jahren. Zum Hadsch 2020 waren nur 10.000 Menschen zugelassen; 2021 waren es 60.000. Zeitweise durften keine Gläubigen aus dem Ausland anreisen. Auch mussten Teilnehmer gegen Corona geimpft sein und Mundschutz tragen.
Der Hadsch geht noch bis 1. Juli 2023.
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Credits:
Photographer: © William Edge
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Diesen Artikel so zitieren: Entsorgung alter Masken kostet Millionen; Post-COVID vergleichbar mit Folgen anderer schwerer Infekte - Medscape - 29. Jun 2023.
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