Erfolgreicher Multikrebs-Früherkennungstest mit Biomarkern; Stuhltransplantation bei Kolitis nach Immuntherapien

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

27. Juni 2023

Im Onko-Blog dieser Woche berichten wir über eine retrospektive koreanische Kohortenstudie, die zeigt, dass je nach Subtyp eines Mammakarzinom lokoregionäre Rezidive in unterschiedlichen Mustern auftreten können. Metformin hat keinen Effekt auf ein ADT-induziertes metabolisches Syndrom, so eine kleine Studie mit Prostatakarzinom-Patienten. Der KRASG12C-Hemmer Adagrasib kann die Blut-Hirn-Schranke penetrieren, deshalb kann er auf intrakranielle Metastasen bei Patienten mit KRAS-mutiertem NSCLC wirken. Eine Stuhltransplantation könnte Patienten helfen, die eine durch Immuncheckpoint-Inhibitoren ausgelöste schwere Kolitis haben. 

  • Mammakarzinom: Rezidivmuster mit Tumortyp assoziiert 

  • Prostatakarzinom: Metformin verringert ADT-bedingtes metabolisches Syndrom nicht

  • NSCLC: Intrakranielle Aktivität von Adagrasib

  • Immuncheckpoint-Inhibitoren: Stuhltransplantation bei refraktärer Kolitis

  • GvHD-Prophylaxe: Cyclophosphamid-basierte Prophylaxe besser als Calcineurin-Hemmer

  • Multikrebs-Früherkennungstest: Studie zeigt Machbarkeit

Mammakarzinom: Rezidivmuster mit Tumortyp assoziiert 

Je nach Subtyp eines Mammakarzinoms könnten lokoregionäre Rezidive mit unterschiedlichen Mustern auftreten. Dies ergab eine retrospektive koreanische Kohortenstudie mit 16.462 Frauen. Nach Meinung der Autoren in  JAMA Surgery  legen die Ergebnisse nahe, dass diese Unterschiede in Abhängigkeit vom Subtyp des Karzinoms mit einer angepassten Überwachung berücksichtigt werden sollten.

Die Autoren analysierten Daten von Frauen, die zwischen Januar 2000 und Dezember 2018 wegen eines Mammakarzinoms operiert worden waren. Sie unterschieden die folgenden 4 Subtypen: Hormonrezeptor(HR)+/HER2+ (11,2%), HR+/HER2− (61,2%), HR−/HER2+ (11,6%) und HR−/HER2− (16%). Rückfälle klassifizierten sie in ipsilaterale, regionale und kontralaterale Rezidive.

Insgesamt hatten HR-negative Tumoren höhere Rezidivraten als HR-positive, insbesondere in den ersten 1 bis 3 Jahren nach der Operation. Dieser Unterschied war vor allem bei jungen Frauen bis 40 ausgeprägt. 

Mit HR+/HER2- als Referenz hatte ein HR-/HER2+-Brustkrebs das höchste Risiko für ein ipsilaterales Rezidiv. Bei HR-negativen Tumoren zeigten ipsilaterale Rezidive 2 Peaks, und zwar im 2. Jahr nach Operation und im 8. bis 9. Jahr. 

HR−/HER2− hatte das höchste Risiko für ein regionales und kontralaterales Wiederauftreten. 

Prostatakarzinom: Metformin verringert ADT-bedingtes metabolisches Syndrom nicht

Eine kleine, randomisierte, doppelblinde Phase-2-Studie mit 36 nichtdiabetischen Männern unter Androgendeprivationstherapie (ADT) wegen Prostatakarzinom ergab, dass Metformin (3 x 500 mg/Tag) im Vergleich zu Placebo das Risiko für ein ADT-bedingtes metabolisches Syndrom nicht verringerte und den PSA-Wert nicht veränderte. 

Wie die US-amerikanische Arbeitsgruppe in  Oncotarget  berichtet, erhielten 19 Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom Metformin und 17 Placebo. Nüchtern-Serumglucose-Spiegel, Insulinspiegel, PSA-Werte, Metformin-Serumspiegel, Körpergewicht und Taillenumfang wurden zu Studienbeginn, nach 12 und 28 Wochen gemessen. 

Körpergewicht, Taillenumfang und Insulinspiegel als Marker eines metabolischen Syndroms nahmen in beiden Gruppen zu. Auch der PSA-Wert unterschied sich zwischen den beiden Gruppen nicht. Allerdings ist die Studie zu klein, um daraus eine zweifelsfreie Schlussfolgerung abzuleiten. 

NSCLC: Intrakranielle Aktivität von Adagrasib

Der KRASG12C-Hemmer Adagrasib zeigte bei NSCLC-Patienten mit bislang unbehandelten Hirnmetastasen eine intrakranielle Aktivität. Dies ergab eine Auswertung der Daten aus der KRYSTAL-1-Studie, die eine US-amerikanische Arbeitsgruppe im  Journal of Clinical Oncology  publiziert hat.

In der noch laufenden KRYSTAL-1-Studie wird Adagrasib bei verschiedenen soliden Tumoren untersucht. In der nun publizierten Auswertung wurden 25 Patienten mit KRAS-mutiertem NSCLC und unbehandelten ZNS-Metastasen berücksichtigt, die mit 2 x 600 mg Adagrasib täglich behandelt worden waren. 

Ein intrakranielles Ansprechen zeigten 42% der Patienten, wovon 3 Patienten komplett ansprachen. Die intrakranielle Krankheitskontrollrate lag bei 90%, das intrakranielle PFS bei 5,4 Monaten. Im Median dauerte es 2,1 Monate bis zum Ansprechen, das Ansprechen hielt im Median 12,7 Monate an. Nebenwirkungen vom Schweregrad ≥ 3 traten bei 11 Patienten auf. 

Immuncheckpoint-Inhibitoren: Stuhltransplantation bei refraktärer Kolitis

Patienten, die an einer durch Immuncheckpoint-Inhibitoren ausgelösten refraktären Kolitis leiden, könnte eine Stuhltransplantation helfen. Wie eine US-amerikanische Arbeitsgruppe in  Science Translational Medicine berichtet, haben Ärzte bei 10 von 12 Patienten eine Besserung erreicht. 

Alle 12 Patienten litten unter einem durch Immuncheckpoint-Inhibitoren ausgelösten Durchfall mit Kolitis vom Grad 3 oder 4, die nicht auf Glucocorticoide, Infliximab oder Vedolizumab ansprachen. Sie unterzogen sich einer Stuhltransplantation von gesunden Spendern als Salvage-Therapie. Bei 10 Patienten besserten sich die Symptome, bei 3 wurde die Transplantation wiederholt. 2 Patienten reagierten nicht. Insgesamt erreichten 92% der Patienten eine klinische Remission. 

Nach Aussage der Autoren validiere diese Studie die Stuhltransplantation als wirksame Therapie für die immunvermittelte Kolitis.

GvHD-Prophylaxe: Cyclophosphamid-basierte Prophylaxe besser als Calcineurin-Hemmer

Eine Prophylaxe der Graft-versus-Host-Disease (GvHD) mit Cyclophosphamid/Mycophenolatmofetil/Tacrolimus erwies sich bei Patienten mit allogener Stammzelltransplantation als wirksamer im Vergleich zur Prophylaxe mit Tacrolimus/Methotrexat. Dies ergab die randomisierte, multizentrische Phase-3-Studie BMT CTN 1703; Ergebnisse hat ein US-amerikanische Arbeitsgruppe im  New England Journal of Medicine  veröffentlicht.

Die Kontrolle der GvHD ist entscheidend für den Erfolg einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT). Vor fast 40 Jahren wurde die Kombination von Methotrexat und einem Calcineurin-Inhibitor zum Grundstein für die Prävention, seitdem hat sich wenig geändert. Trotz Prophylaxe kommt es jedoch bei mehr als der Hälfte der Patienten zu einer akuten und/oder einer chronischen GvHD.

Nun verglich das Blood and Marrow Transplant Clinical Trials Network (BMT CTN) randomisiert bei Patienten, die sich einer HSCT unterzogen, die beiden Prophylaxe-Schemata. 214 Patienten wurden mit Cyclophosphamid/Mycophenolatmofetil/Tacrolimus (experimentelle Gruppe), 217 mit Tacrolimus/Methotrexat (Standard-Gruppe) behandelt.

In der experimentellen Gruppe ergab sich ein signifikant geringeres Risiko einer akuten GvHD vom Grad III oder IV, einer chronischen GvHD, eines Krankheitsrückfalls oder einer Krankheitsprogression oder des Todes im Vergleich zur Standard-Prophylaxe (geschätzte HR 0,64; p=0,001). Nach 1 Jahr betrug das angepasste GvHD-freie, rezidivfreie Überleben 52,7% in der experimentellen und 34,9% in der Standard-Gruppe.

Keine Unterschiede ergaben sich bei hämatopoetischer Erholung, bei transplantationsbedingten Todesfällen, bei schweren Infektionen und beim Gesamtüberleben. Dazu die Autoren: „Diese Ergebnisse sind bemerkenswert, da eine aggressivere GvHD-Kontrolle in der Vergangenheit mit einer höheren Inzidenz von Rückfällen und schlechteren Gesamtergebnissen verbunden war.“

Multikrebs-Früherkennungstest: Studie zeigt Machbarkeit

In SIMPLIFY, der 1. großen, multizentrischen, prospektiven Beobachtungsstudie, konnte die Machbarkeit eines Multikrebs-Früherkennungstests (MCED – Multicancer Early Detection) bei knapp 5.500 Teilnehmern mit unspezifischen Symptomen gezeigt werden. Eine englische Arbeitsgruppe hat die Ergebnisse in  Lancet Oncology  publiziert.

Zum Hintergrund: Für viele Krebserkrankungen gibt es keine Screening-Programme. Auch leiden viele Patienten zunächst nur an unspezifischen Symptomen. Blutbasierte MCED-Tests können die Diagnose beschleunigen. Sie messen Krebsbiomarker wie genetische und epigenetische Veränderungen in der zirkulierenden Tumor-DNA oder in von Krebszellen produzierten Proteinen. 

Die Teilnehmer der Studie litten unter Symptomen, die auf eine mögliche gynäkologische Krebserkrankung, auf Lungenkrebs oder auf Krebs im unteren oder oberen Gastrointestinaltrakt verdächtig hindeuteten; sie nahmen an weitergehenden Untersuchungen teil. Eine Blutprobe wurde bei GRAIL analysiert. 

Bei den 5.461 Teilnehmern wurden mit Standarduntersuchungen 368 (6,7%) Krebserkrankungen diagnostiziert. Am häufigsten waren Darmkrebs (37,2%) und Lungenkrebs (22%).

Der MCED-Test erkannte bei 323 Teilnehmern ein Krebssignal. Bei 244 haben Ärzte dann eine Krebserkrankung diagnostiziert, was einem positiven Vorhersagewert von 75,5% entspricht. Die Sensitivität lag bei 66,3%, die Spezifität bei 98,4%. Die Empfindlichkeit des Tests stieg mit zunehmendem Alter und Krebsstadium. Bei Standarduntersuchungen erkannte der MCED-Test den Ursprungsort in 85,2% der Fälle. 

„Unsere Daten bilden die Grundlage für eine prospektive, interventionelle Studie an Patienten, die sich mit unspezifischen Anzeichen und Symptomen in der Primärversorgung vorstellen“, so das Fazit der Autorengruppe.

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Kommentar

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