Bessere Prognose bei Brustkrebs – auch bei älteren Frauen; DOAK bei Krebspatienten; Alectinib mit fettreicher Nahrung einnehmen

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

20. Juni 2023

Im Onko-Blog dieser Woche berichten wir unter anderem über das abnehmende Sterberisiko bei Frauen mit Mammakarzinom: auch bei Frauen, die erst im Alter über 75 Jahren erkrankt sind. Eine belgische Arbeitsgruppe fand anhand der Analyse retrospektiver Studien, dass ein Meningeom bei Frauen mit einem höheren Risiko für ein Mammakarzinom assoziiert war. Die Resorption zahlreicher oraler Arzneimittel hängt davon ab, mit welchen Nahrungsmitteln sie eingenommen werden. Das wurde nun auch für den Tyrosinkinase-Inhibitor Alectinib gezeigt. Bei Krebspatienten mit einen venösen Thromboembolie können nach neuen Studienergebnissen auch DOAKs zur Rezidivprophylaxe eingesetzt werden.

  • Frühes Mammakarzinom: Sterberisiko in den letzten 20 Jahren stark gesunken

  • Mammakarzinom: Auch Ältere überleben heute länger

  • Mammakarzinom: Meningeome mit erhöhtem Brustkrebs-Risiko assoziiert

  • NSCLC: Bessere Resorption von Alectinib bei Einnahme mit Mahlzeit 

  • Kolonkarzinom: Welche Systemtherapie zur Verkleinerung von Lebermetastasen?

  • VTE bei Krebspatienten: DOAK zur Rezidivprophylaxe geeignet

  • Pankreaskarzinom: Sonodynamische Therapie bei Mäusen erfolgreich

Frühes Mammakarzinom: Sterberisiko in den letzten 20 Jahren stark gesunken

Bei Frauen mit einem frühen Mammakarzinom ist das Risiko, an der Erkrankung zu sterben, dramatisch gesunken. In den 1990er Jahren lag das 5-Jahres-Sterberisiko bei 14,4%, in den Jahren 2010 bis 2015 bei 4,9%. Diese Ergebnisse stellt eine englische Arbeitsgruppe im  British Medical Journal  vor. 

Forscher hatte Daten von 512.447 Frauen mit invasivem Mammakarzinom im Frühstadium aus dem National Cancer Registration and Analysis Service in England analysiert. Die Daten wurden in den Diagnosezeiträumen 1993-1999, 2000-2004, 2005-2009 und 2010-2015 zugeordnet.

Bei allen Frauen war die Sterblichkeit an Brustkrebs in den ersten 5 Jahren nach der Diagnose am höchsten und nahm dann ab. 

Die Autoren nennen als mögliche Gründe u.a. eine Verbesserung der Therapie. Auf den Einsatz von Trastuzumab sei vermutlich die geringere Sterblichkeit von Frauen mit HER2-positiven im Vergleich zu Frauen mit HER2-negativen Tumoren zurückzuführen, schreiben sie. 

Weitere Faktoren könnten eine erhöhte Aufmerksamkeit, Screenings und empfindlichere Bildgebungsmethoden sein. Sie könnten aber in einigen Fällen auch nur zu einer früheren Diagnose und scheinbar längeren Überlebensmöglichkeiten geführt haben. Screening allein ist nach den Ergebnissen keine alleinige Ursache des Rückgangs der Sterblichkeit, denn diese wurde auch bei nicht gescreenten Frauen gesehen. 

Auch bei Adjustierung für Faktoren wie Änderung von Tumorgröße, Zahl positiver Knoten oder Tumorgrad nahm die Sterblichkeit über die Zeit ab.

Diese Studie war allerdings nicht darauf ausgelegt, die ursächlichen Faktoren für die Veränderung der krebsbedingten Sterblichkeit zu finden, sondern sie sollte Informationen zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe Ärzte die Prognose ihrer Patientinnen besser einschätzen können.

Mammakarzinom: Auch ältere Patientinnen überleben heute länger

Eine beim ASCO-Kongress 2023 vorgestellte US-amerikanische Studie zeigt, dass auch Frauen im Alter über 75 bei der Diagnose eines metastasierten Mammakarzinoms heute bessere Überlebenschancen haben: die 5-Jahres-Überlebenraten stiegen von 13,7% im Jahr 2010 auf 15,2% im Jahr 2015 (p=0,017; Abstract 12049). 

Die Arbeitsgruppe aus New York hatte die Daten von 17.325 Frauen aus der National Cancer Database (NCDB) analysiert. 39,4% waren 75-79 Jahre alt, 30,1% 80-84 Jahre alt und 30,4% waren mindestens 85 Jahre alt.

Die 3-Jahres-OS-Raten waren bei Frauen im Alter von 75-79 Jahren (34,2%) höher als bei Patienten im Alter von 80-84 Jahren (28,7%) und ≥85 Jahren (18,6%, p < 0,001).

Je nach Subtyp hatten Patientinnen mit Hormonrezeptor (HR)-positivem, HER2-negativem Brustkrebs mit 35,1% die beste 3-Jahres-Überlebensrate, gefolgt von Patientinnen mit HR-positivem, HER2-negativem Brustkrebs (32,8%), HER2-positiv, HR-negativ (20,6%) und HR-negativ, HER2-negativ (9,7%).

„Die Ergebnisse sind bei Frauen ≥ 85 Jahren aber weiterhin schlecht. Angesichts des Mangels an klinischen Studiendaten bei älteren Krebspatienten sollten sich künftige Studien speziell auf die Verbesserung der Ergebnisse in dieser Population konzentrieren“, so die Meinung der Autoren.

Mammakarzinom: Meningeome mit erhöhtem Brustkrebs-Risiko assoziiert

Ein Meningeom bei Frauen ist mit einem fast 10-fach höheren Brustkrebsrisiko assoziiert im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Ergebnisse eines systematischen Reviews mit Metaanalyse legen nahe, dass Frauen mit einem Meningeom intensiver auf ein Mammakarzinom gescreent werden sollten, so die Schlussfolgerung der Arbeitsgruppe aus Brüssel in  JAMA Network Open .

Meist werden die gutartigen Meningeome im Alter zwischen 50 und 70 Jahren diagnostiziert. Bei Frauen sind sie häufiger als bei Männern. Ein Zusammenhang mit Brustkrebs wurde bereits vor 70 Jahren beschrieben. 

Die belgische Arbeitsgruppe analysierte nun 51 retrospektive Studien, in denen über 2.238 Frauen mit Meningeomen und Brustkrebs berichtet wurde. Random-effects-Metaanalysen (13 Studien) ergaben eine signifikant höhere Prävalenz von Mammakarzinom bei Frauen mit Meningeomen als in der Gesamtpopulation (Odds-Ratio 9,87). Bei Frauen mit Brustkrebs traten zwar etwas mehr Meningeome auf als in der Gesamtpopulation, der Unterschied war jedoch nicht signifikant. 

NSCLC: Bessere Resorption von Alectinib bei Einnahme mit Mahlzeit 

Patienten mit ALK-positivem nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) sollten den Tyrosinkinase-Inhibitor Alectinib möglichst mit einer fettreichen Nahrung zu sich nehmen, weil dann höhere Wirkspiegel erreicht werden als bei Einnahme mit z. B. fettarmem Joghurt. Dies berichtet eine Arbeitsgruppe aus Rotterdam im  Journal of the National Comprehensive Cancer Network .

Die Forscher untersuchten 20 randomisierte Patienten, die 1 von 2 täglichen Alectinib-Dosen entweder mit fettarmem Joghurt allein, einem kompletten kontinentalen Frühstück oder einem Mittagessen ihrer Wahl einnahmen. Die Einnahme von Alectinib mit fettarmem Joghurt führte zu einer um 14% geringeren Resorption als bei Einnahme mit kontinentalem Frühstück und um 20% weniger als bei Einnahme zum Mittagessen. Bei den Nebenwirkungen zeigten sich keine Unterschiede.

„Dies sind wichtige Informationen für Patienten, weil wir wissen, dass höhere Alectinib-Konzentrationen im Blut zu einer höheren Wirksamkeit des Arzneimittels, einer längeren Behandlungsdauer und damit hoffentlich zu einem besseren Überleben führen könnten“, so Studienautor Daan Lanser in einer Pressemitteilung. „Manchmal hören wir, dass Patienten empfohlen wird Alectinib 2x täglich im Abstand von 12 Stunden einzunehmen, was zur Folge hat, dass einige Patienten es nur mit einem kleinen Snack morgens oder abends einnehmen. Wir glauben, dass die Einnahme zusammen mit einer reichhaltigen Mahlzeit mit ausreichend Fett für die Aufnahme und Wirksamkeit der Behandlung weitaus wichtiger ist, als 12 Stunden zwischen den Dosen zu warten.“

Kolonkarzinom: Welche Systemtherapie zur Verkleinerung von Lebermetastasen?

Bei Patienten mit Kolorektalkarzinom und zunächst inoperablen Lebermetastasen erwies sich eine Behandlung mit FOLFOXIRI/Bevacizumab bei einem rechtsseitigen oder RAS- oder BRAF-V600E-mutierten Primärtumor als besonders geeignet. Bei Patienten mit einem linksseitigen und RAS- und BRAF-V600E-Wildtyp-Tumor hatte die Zugabe von Panitumumab zu FOLFOX oder FOLFIRI keinen Nutzen im Vergleich zu Bevacizumab, war jedoch mit einer höheren Toxizität verbunden. Für endgültige Schlussfolgerungen sollten die Ergebnisse der CAIRO5-Studie zum Gesamtüberleben abgewartet werden. 

Wie die niederländische Arbeitsgruppe in  Lancet Oncology  berichtet, wurden 530 Patienten mit Kolorektalkarzinom und nicht resezierbaren Lebermetastasen in 46 Zentren eingeschlossen. Patienten mit rechtsseitigem Primärtumor oder RAS oder BRAF-V600E-mutierten Tumore wurden randomisiert mit FOLFOX oder FOLFIRI plus Bevacizumab (Gruppe A, n=148) oder FOLFOXIRI plus Bevacizumab (Gruppe B, n=118) behandelt. Patienten mit linksseitigen und RAS- und BRAF-V600E-Wildtyp-Tumoren wurden alle 14 Tage mit FOLFOX oder FOLFIRI plus Bevacizumab (Gruppe C, n=118) oder FOLFOX oder FOLFIRI plus Panitumumab (Gruppe D, n=118) über 12 Zyklen behandelt. Gruppe C und D wurden wegen Wirkungslosigkeit frühzeitig beendet. 

Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 9,0 Monate in Gruppe A gegenüber 10,6 Monaten in Gruppe B (stratifizierte Hazard-Ratio 0,76, p=0,032) und 10,8 Monate in Gruppe C gegenüber 10,4 Monaten in Gruppe D (stratifizierte HR 1,11; p=0,46).

Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten bei 46 (31%) Patienten in Gruppe A, 75 (52%) Patienten in Gruppe B, 41 (36%) Patienten in Gruppe C und 49 (42%) Patienten in Gruppe D auf.

VTE bei Krebspatienten: DOAK zur Rezidivprophylaxe geeignet

Direkt wirkende orale Antikoagulanzien (DOAK) sind niedermolekularen Heparinen (LMWH) in der Rezidivprophylaxe nach venöser Thromboembolie (VTE) bei Krebspatienten nicht unterlegen. Dies ergab eine pragmatische nicht verblindete, randomisierte multizentrische Nichtunterlegenheitsstudie mit 638 Patienten, die ein US-amerikanische Arbeitsgruppe in  JAMA  publiziert hat.

In 67 onkologischen Praxen erhielten Krebspatienten mit VTE zur Rezidivprophylaxe randomisiert ein DOAK oder ein niedermolekulares Heparin. In der DOAK-Gruppe bekamen 58,5% Apixaban, 37,0% Rivaroxaban, 2,7% Dabigatran und 1,8% Edoxaban. In der LMWH-Gruppe wurden 89,9% mit Enoxaparin, 7,5% mit Fondaparinux und 2,6% mit Dalteparin behandelt. Primärer Endpunkt war die kumulative Inzidenz einer erneuten VTE innerhalb von 6 Monaten. 

Bei der finalen Analyse war ein erneute VTE bei 6,1% unter DOAK und bei 8,8% unter LMWH aufgetreten, damit waren die Kriterien der Nichtunterlegenheit von DOAKs versus LMWH erfüllt. Schwere Blutungen traten bei 5,2% in der DOAK- und bei 5,6% in der LMWH-Gruppe auf.

„Diese Ergebnisse unterstützen den Einsatz eines DOAK zur Prophylaxe von erneuten VTE bei Krebspatienten“, so die Schlussfolgerung der Autoren.

Pankreaskarzinom: Sonodynamische Therapie bei Mäusen erfolgreich

Ultraschall könnte sich zur Behandlung von Krebs eignen. Im Gegensatz zu Laserlicht dringt er bis zu 12 cm tief in Gewebe ein. Eine chinesische Arbeitsgruppe beschreibt nun in  Angewandte Chemie  eine sonodynamische Krebsimmuntherapie auf der Grundlage von halbleitenden Polymer-Nanoteilchen, die Immunmodulatoren binden und durch Ultraschall aktiviert werden. Hiermit konnte sie in einem Mausmodell Pankreaskarzinome heilen. 

Die Forscher stellten aus einem ultraschallresponsiven Halbleiterpolymer Nanoteilchen her. Angeregt durch den Ultraschall übertrugen diese Nanoteilchen ihre Energie auf molekularen Sauerstoff, der dadurch in Singulett-Sauerstoff überging. Die Bereitstellung des Singulett-Sauerstoffs in der Zelle leitete dann den Zelltod durch Eigen-Immunreaktion ein. Das war möglich, weil zusätzlich zwei spezielle immunmodulierende Wirkstoffe an das Polymer gebunden mit in die Zelle eingeschleust wurden. Aktiviert durch die Ultraschallbehandlung löste der Singulett-Sauerstoff die Bindung und setzte die Wirkstoffe frei.

Im Tierexperiment funktionierte die sonodynamische Behandlung. Mäuse mit Pankreaskarzinomen konnten vollständig geheilt werden. In den anderen Geweben waren die nicht aktivierten Nanoteilchen nicht schädlich. „Allerdings beobachteten wir nach Injektion der freien Wirkstoffe in der Leber immunbezogene Nebenwirkungen“, so die Autoren. Ihre Hoffnung: Mit Ultraschall seien deutlich tiefere Körperschichten erreichbar als mit photodynamischen Verfahren, daher könnte die sonodynamische Therapie Möglichkeiten der Krebsimmuntherapie erweitern.

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