Chicago – Die Kombination von Ribociclib mit einer endokrinen Therapie führt bekanntlich zu einem signifikanten Überlebensvorteil beim metastasierten, Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen (HR+/HER2-) Brustkrebs. Jetzt hat sich die gleiche Kombination auch bei HR+/HER2-Brusttumoren im Frühstadium als vorteilhaft erwiesen.
Die neuen Ergebnisse stammen aus einer Zwischenanalyse der randomisierten Phase-3-Studie NATALEE. Teilnehmende erhielten eine Erhaltungstherapie mit dem Cyclin-abhängigen Kinase 4/6 (CDK4/6)-Inhibitor Ribociclib plus eine endokrine Therapie mit einem Aromatasehemmer oder eine endokrine Therapie allein. Ergebnisse stellten Forscher auf der Jahrestagung 2023 der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago vor [1].
Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 27,7 Monaten betrug die 3-Jahres-Rate des invasiven krankheitsfreien Überlebens (IDFS) 90,4% bei Patientinnen, welche die Kombination erhielten – verglichen mit 87,1% bei Patientinnen, die nur eine endokrine Therapie bekamen.
Dieser Unterschied entspreche einer relativen Verringerung des Rezidivrisikos um 25% bei zusätzlicher Gabe von Ribociclib, sagte Studienleiter Dr. Dennis J. Slamon vom UCLA Jonsson Comprehensive Cancer Center in Los Angeles, Kalifornien. „Die Ergebnisse der NATALEE-Studie sprechen dafür, dass Ribociclib eine neue Therapie der Wahl für Ärzte und Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs im Stadium II oder III ist“, sagte er.
Frühe, aber beeindruckende Daten
„Dr. Slamon hat uns heute frühe, aber beeindruckende Daten vorgelegt, die eine signifikante Verringerung des Rezidivrisikos zeigen, definiert durch eine Verbesserung des invasiven krankheitsfreien Überlebens von Patientinnen mit hochriskantem nodalnegativem oder nodalpositivem, Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs im Frühstadium“, kommentierte die ASCO-Expertin Dr. Rita Nanda, Direktorin des Programms für Brustonkologie an der Universität Chicago.
„Wir wissen, dass ein erheblicher Anteil aller Personen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs im Frühstadium ein Rezidiv erleidet“, so Nanda weiter. „Diese Rezidive können recht spät auftreten, und bei Patientinnen mit nodalnegativer Erkrankung haben wir bisher keine Verbesserungen durch die Zugabe eines CDK4/6-Inhibitors zur endokrinen Therapie von Brustkrebs im Frühstadium gesehen.“
Nanda: „Dr. Slamon hat uns auch gezeigt, dass Ribociclib im Rahmen der NATALEE-Studie wirksam ist. Es wurde gut vertragen, und ich erwarte, dass diese Studienergebnisse die Praxis verändern werden.“
Dr. Sylvia Adams, Onkologin und Brustkrebs-Spezialistin am NYU Langone Perlmutter Cancer Center in New York City, erklärte gegenüber Medscape, dass sie mit der Verwendung eines CDK4/6-Inhibitors wie Ribociclib oder Abemaciclib (Verzenio) in der adjuvanten Behandlung von Patientinnen mit frühem, lokalisiertem Brustkrebs einverstanden sei.
Sie wies jedoch darauf hin, dass der absolute Nutzen der Kombination gegenüber einer alleinigen endokrinen Therapie mit 3,3% bisher bescheiden sei, dass dieser Unterschied jedoch für viele Patientinnen wichtig sein könnte, die das Gefühl hätten, dass sie alles tun müssten, um ein Rezidiv zu verhindern.
„Ich bin sehr gespannt auf Daten zur Lebensqualität, denn es ist bekannt, dass jeder dieser CDK4/6-Inhibitoren zu Müdigkeit führen kann. Obwohl es keine unerwarteten Sicherheitssignale [in NATALEE] gab, wissen wir, dass es bei dieser Therapie einige gastrointestinale Effekte sowie Gelenkschmerzen gibt“, sagte sie. „Gelenkschmerzen sind ein wenig heikel, weil Patientinnen auch Aromatasehemmer erhalten, die ebenfalls Gelenkschmerzen verursachen können.“
Darüber hinaus hätten prämenopausale Frauen in der Studie auch Goserelin erhalten, einen Ovarialsuppressor, der die Menopause auslöse, was ebenfalls mit Gelenkschmerzen verbunden sei, so Adams.
Sowohl Adams als auch Nanda wiesen darauf hin, dass die zusätzliche Gabe von Ribociclib zur endokrinen Therapie die Belastung erhöhe, da sie im Vergleich zur alleinigen endokrinen Therapie eine Behandlung von mindestens 3 Jahren und eine häufigere Überwachung, insbesondere in den ersten Monaten, erfordere.
Details der Studie
Wie Medscape berichtet hat, war die Kombination von Ribociclib mit einer endokrinen Standardtherapie das 1. Regime zur Verbesserung des Gesamtüberlebens bei Frauen mit metastasiertem HR+/HER2-Brustkrebs.
Um herauszufinden, ob die Kombination auch für Brustkrebs im Frühstadium von Nutzen sein könnte, wurde die NATALEE-Studie konzipiert. Forscher nahmen prä- und postmenopausale Frauen und auch Männer mit HR+/HER2-Brustkrebs auf. Die Fälle reichten von Stadium IIA (ohne Knotenbefall mit zusätzlichen Risikofaktoren oder mit 1 bis 3 befallenen axillären Lymphknoten) bis zu Stadium IIB oder Stadium III der Erkrankung, basierend auf dem American Joint Committee on Cancer Staging (AJCC Cancer Staging Manual, 8th Edition).
Teilnehmende, die zuvor eine neoadjuvante oder adjuvante endokrine Therapie erhalten hatten, wurden in die Studie aufgenommen, wenn ihre Behandlung innerhalb eines Jahres vor der Randomisierung begonnen wurde.
Alle Patientinnen und Patienten wurden nach Alter, Menopause-Status, Krankheitsstadium, vorherigem Chemotherapie-Status und geografischer Region stratifiziert. Sie erhielten nach dem Zufallsprinzip entweder für 3 Jahre 400 mg Ribociclib pro Tag (3 Wochen Therapie, 1 Woche Pause) und eine endokrine Therapie mit entweder 2,5 mg Letrozol/Tag oder 1 mg Anastrozol/Tag für mindestens 5 Jahre. Oder sie bekamen in der Kontrollgruppe eine endokrine Therapie allein. Männer und Frauen vor der Menopause erhielten ebenfalls Goserelin.
Slamon wies darauf hin, dass die 400-mg-Dosis von Ribociclib niedriger sei als die empfohlene Anfangsdosis von 600 mg bei einer metastasierten Erkrankung. Forscher wählten die niedrigere Dosis, um eine längere Therapiedauer zu ermöglichen – mit dem Ziel, eine optimale Kontrolle zu erreichen, indem sie Tumorzellen mit weniger Nebenwirkungen in eine irreversible Seneszenz bringen.
Insgesamt wurden 2.549 Patientinnen und Patienten nach dem Zufallsprinzip für die Kombinationstherapie ausgewählt; 2.552 erhielten die endokrine Therapie allein.
Beim Cut-off am 11. Januar 2023, nachdem die vorgegebene Mindestzahl von IDFS-Ereignissen eingetreten war, traten bei 189 Patientinnen im Ribociclib-Arm Rezidive auf, verglichen mit 237 Patientinnen in der Kontrollgruppe.
Wie bereits erwähnt, lagen die 3-Jahres-IDFS-Raten bei 90,4% unter Ribociclib und 87,1% unter der alleinigen endokrinen Therapie, was einer Hazard Ratio von 0,748 zugunsten der Kombination entspricht (p=0,0014).
Der Nutzen von Ribociclib war in allen Subgruppen gleich, auch bei den nodalnegativen Patientinnen und Patienten. Aber in dieser Subgruppe habe es zu wenige Personen gegeben, als dass die Unterschiede statistisch signifikant gewesen wären, so Slamon.
Sicherheit der Therapie
Die am häufigsten gemeldeten unerwünschten Ereignisse in der Gruppe mit alleiniger endokriner Therapie waren Gelenkschmerzen und Hitzewallungen.
Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen von Ribociclib gehörten Neutropenien und Gelenkschmerzen. Die für CDK4/6-Inhibitoren typische Häufigkeit von gastrointestinalen Nebenwirkungen und Müdigkeit war in dieser Studie relativ gering.
Slamon verglich die Neutropenie-Raten unter Ribociclib in dieser Studie mit denen in den gepoolten Daten der MONALEESA-Studienreihe, in der Ribociclib in einer 600-mg-Dosis verabreicht wurde. Neutropenien des Grades 3 oder 4 traten bei 44% der Patientinnen und Patienten in NATALEE auf, verglichen mit 60% in den MONALEESA-Studien.
In der Ribociclib-Gruppe kam es bei 5,2% der Teilnehmenden zu Verlängerungen des QT-Intervalls, im Vergleich zu 1,2% in der Gruppe mit alleiniger endokriner Therapie. Es wurden keine Torsade-de-Pointes-Tachykardien und keine problematischen Rhythmusstörungen beobachtet.
„Wie so oft, wenn wir diese schönen, großen Phase-3-Zulassungsstudien mit einigen Einschränkungen bei der Zulassung durchführen, wissen wir nicht, was in der Praxis mit Frauen passiert, die Antiarrhythmika einnehmen, und ob bei ihnen eine QT-Verlängerung häufiger auftritt; diese wurden einfach nicht in die Studie aufgenommen. Es scheint so zu sein, dass wir darauf achten müssen“, kommentierte die Moderatorin des Briefings, Dr. Julie R. Gralow, Chief Medical Officer und Executive Vice-President der ASCO.
Der Beitrag wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Credits:
Photographer: © Rido
Lead image: Dreamstime.com
Medscape © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Überlebensvorteil bei Brustkrebs: Eine Kombi mit Ribociclib kann Rezidive bei HR+/HER2-Tumoren auch im Frühstadium verhindern - Medscape - 6. Jun 2023.
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