Dr. Klaus Reinhardt ist der alte und der neue Präsident der Bundesärztekammer (BÄK). Die rund 250 Delegierten des Ärztetages wählten den 62-jährigen Allgemeinmediziner aus Bielefeld erneut an die Spitze der BÄK [1]. Er tritt damit seine 2. Amtszeit an.
Die Wahl war knapp: Reinhardt konnte sich im 1. Wahlgang mit 125 Stimmen gegen die Mitbewerberin aus dem Vorstand der BÄK, Susanne Johna, durchsetzen. Sie erhielt 122 Stimmen.
Gefragt nach den großen Themen der kommenden 5 Jahre verwies Reinhardt auf den Fachkräftemangel in der medizinischen und pflegerischen Versorgung, die Krankenhausreform, die Stärkung der ambulanten Versorgung und Public-Health-Themen, wie sie auch auf dem Essener Ärztetag diskutiert wurden. Gesundheitspolitisch werde es zudem immer wichtiger, der Politik gegenüber zusammen mit des Fachgesellschaften und Verbänden mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen, um den Anliegen der Ärztinnen und Ärzte mehr Gewicht zu verleihen.
Besetzung weiterer Vorstandsposten
Die Delegierten bestätigten auch die HNO-Ärztin Dr. Ellen Lundershausen, Präsidentin der Thüringischen Landesärztekammer, in ihrem Amt als Vizepräsidentin. Es sei ungesund gewesen, die Ärzte in der Corona-Krise nicht enger einzubinden, sagte Lundershausen nach der Wahl. Sie fürchte, dass sich daran auch in Hinblick auf die Krankenhausreform wenig ändern werde.
Als 2. Vizepräsidentin wählte der Ärztetag Dr. Susanne Johna. Sie ist Oberärztin für Krankenhaushygiene im St. Josephshospital in Rüdesheim und seit November 2019 Bundesvorsitzende des Marburger Bundes. Um den immer akuter werdenden Fachkräftemangel zu begegnen, „brauchen wir neue Ideen für Versorgungskonzepte“, sagte Johna. Da stehe der Bürokratieabbau im Vordergrund.
In den Vorstand gewählt wurden auch die Hamburger Internistin Christine Neumann-Grutzeck und der Murnauer Chirurg Dr. Andreas Botzlar.
Den Klimawandel bekämpfen – auch in der Krankenversorgung
Die beiden Vorsitzenden der Arbeitsgemeinhaft Klimawandel der BÄK, Dr. Peter Bobbert und Dr. Gerald Quitterer, betonten in ihrem Sachstandsbericht, dass die Ärzteschaft in Hinblick auf den Klimaschutz nicht nur protestieren, sondern selbst handeln solle.
So diskutierte der Ärztetag konkret über weniger Fleisch auf dem Speiseplan von Krankenhäusern und über die Vermeidung von Müll und Abfall bei der Krankenversorgung. Der BÄK-Vorstand verwies in seinem Beschlussantrag zum Klimaschutz auch auf das Positionspapier der BÄK zum Thema gesundheitsbezogener Hitzeschutz. Darin heißt es, auch hier sei das ärztliche Handeln „bestimmt vom Grundsatz primum nil nocere. In Anbetracht der massiven Gesundheitsgefährdung durch Hitze ist es Ausdruck der ärztlichen Ethik, sich aktiv für Hitzeschutz einzusetzen.“
Das bedeute zum Beispiel, dass Ärzte sich über hitzeassoziierte Krankheiten informieren, in Praxis und Krankenhaus Maßnahmen zum Hitzeschutz ergreifen und Patienten auf Hitzerisiken hinweisen und Vorschläge zur Vorbeugung machen. 8 Delegierte forderten die Verantwortlichen in Bund und Ländern dazu auf, einen Sonderinvestitionsfonds für Klimaschutzmaßnahmen in Krankenhäusern aufzulegen, welche nachweislich den CO2-Fußabdruck der Einrichtungen in Richtung 1,5-Grad-Ziel reduzieren.
Digitalisierung – endlich handeln
„Den Worten Taten folgen lassen“: So beginnt der 3-seitige Beschlussantrag zur Digitalisierung der Gesundheitsversorgung, den der BÄK-Vorstand auf dem Essener Ärztetag eingebracht hat. Indem das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bei seiner Digitalstrategie der Opt-out-Lösung für die elektronische Patientenakte folge, bestätige es den Weg, den die deutsche Ärzteschaft auch auf dem Ärztetag 2022 in Bremen verfolgt habe, freut sich der Vorstand. „Insbesondere wird die Forderung aufgegriffen, dass Benutzerfreundlichkeit („Nutzererlebnis“) zukünftig Teil der Zulassung (und damit auch Erprobung) von Anwendungen der Telematik-Infrastruktur werden soll“, heißt es in dem Antrag.
Nun müssten aber den Worten auch Taten folgen, so der Vorstand zum Antrag. Allerdings lehnte er es ab, die gematik wie geplant ganz neu aufzustellen und zu 100% in die Trägerschaft des Bundes zu überführen als Verstaatlichung“ ab. Die bisherigen Gesellschafter und damit auch die Ärzteschaft müssten weiter mitwirken und mitentscheiden dürfen, hieß es.
So forderte der Vorstand unter anderem eine Roadmap der gematik mit realistischen Planungsannahmen. So solle die ePA zum Beispiel auch für sehr alte Menschen oder für beeinträchtigte Patientinnen und Patienten problemlos nutzbar sein.
MWBO: Alles geht nicht
Manches Thema ist Dauerbrenner auf den Ärztetagen, zum Beispiel die 2018 vom ÄT beschlossene neue Muster-Weiterbildungsordnung (MWBO). Dr. Johannes Gehle und Dr. Hendrik Herrmann, die Vorsitzenden der ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ in der BÄK (StäKo), haben den Sachstandsbericht zur Weiterentwicklung der ärztlichen Weiterbildung präsentiert.
Sie kritisieren, die MWBO sei mit über 50 Weiterbildungen aufgebläht und inhaltlich überfrachtet. Auch die Finanzierung der Weiterbildung sei nach wie vor oft problematisch. Ärzte in Weiterbildung arbeiteten oft in schlechten finanziellen Situationen.
Die Delegierten beschlossen den Antrag „Sichere Finanzierung von ärztlicher Weiterbildung in allen Sektoren des Gesundheitswesens.“ Gefordert ist hier die Unterstützung der Weiterbildung aus Steuermitteln. Am Schluss forderte der Ärztetag den Vorstand der BÄK auf, Eckpunkte für eine Weiterbildung zu fixieren, die von der Kammer kontrolliert werden.
Die nächsten Ärztetage in Mainz und Leipzig
Der 128. Ärztetag wird 2024 in Mainz sein. Die Essener Delegierten beschlossen, dass der 129. DÄT 2025 in Leipzig stattfinden wird. Die Entscheidung fiel einstimmig.
Credits:
Lead image: Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt - © Gebhardt
Medscape Nachrichten © 2023
Diesen Artikel so zitieren: Reinhardt bleibt an der Spitze, DIGA, Klimaschutz, Weiterbildung und mehr – das war der Ärztetag 2023 - Medscape - 24. Mai 2023.
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