Boston – DopaFuse® ist ein neuartiges System zur kontinuierlichen Gabe von Levodopa/Carbidopa. Es wird an einer im Mund getragenen Zahnspange befestigt und benötigt im Unterschied zu anderen Geräten keine externe Pumpe. Die Spange wird lediglich in den Mund gesteckt; eine Operation ist nicht erforderlich. Über die ersten klinischen Erfahrungen haben Forscher auf der Jahrestagung 2023 der American Academy of Neurology gesprochen [1].
Das DopaFuse®-System. © SynAgile
Geringere Levodopa-Fluktuationen unter DopaFuse® hätten „zu dramatischen klinischen Verbesserungen, einschließlich einer hochsignifikanten Verringerung der Off-Zeit und einer Erhöhung der On-Zeit ohne Dyskinesien“ geführt, berichtete Dr. C. Warren Olanow. Er ist ehemaliger Vorsitzender der Abteilung für Neurologie an der Icahn School of Medicine am Mount Sinai, New York, und Mitarbeiter des Unternehmens, das DopaFuse® entwickelt.

Dr. C. Warren Olanow
Während der On-Phase wirkt eine Pharmakotherapie; während der Off-Phase verringert sich der Effekt jedoch. Off-Phasen werden mit zunehmender Dauer der Parkinson-Therapie mehr und mehr zu einem Problem.
Eine neue Strategie der Medikamentengabe
Zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass eine orale Pharmakotherapie Minima des Plasma-Levodopa-Spiegels verringern könne, was zu einer längeren On-Zeit mit weniger Dyskinesien führe, so Olanow. Es gebe mittlerweile einige Strategien der kontinuierlichen Applikation geeigneter Arzneistoffe.
Ein Gerät, das Levodopa über einen chirurgisch implantierten Katheter in den Magen abgibt, hat bereits die Zulassung erhalten. Andere Geräte, die Levodopa subkutan verabreichen, befinden sich in der Entwicklung.
„Das Problem bei diesen Ansätzen ist, dass sie mit potenziell schwerwiegenden unerwünschten Effekten verbunden sind und dass der Patient ein umständlich zu bedienendes Gerät tragen muss“, erklärte Olanow. Die subkutane Gabe kann zu Reaktionen an der Injektionsstelle, einschließlich schmerzhafter Knötchen, führen. Und implantierte Geräte machen chirurgische Eingriffe erforderlich. Olanow betont, die neue Strategie vermeide solche Nachteile.
DopaFuse® ist so konzipiert, dass Levodopa und Carbidopa über eine Mikropumpe in eine Halterung in den Mund abgegeben werden. Olanow sagte, frühere, experimentelle Studien hätten gezeigt haben, dass kleine Dosen von Levodopa, die über den Mund an den Magen-Darm-Trakt abgegeben würden, die Levodopa-Plasmavariabilität verringerten. Die jetzt vorgestellte frühe klinische Studie unterstütze diese Annahme. Die Verabreichung von Levodopa in den Mund verbesserte klinische Endpunkte.
Ermutigende Studienergebnisse
Ein Blick auf Details: An der Studie nahmen 16 Patienten zwischen 30 und 75 Jahren mit der Parkinson-Krankheit teil. Am 1. Tag erhielten sie Levodopa/Carbidopa in Form von Tabletten, was ihrer laufenden Behandlung entsprach. Am 2. Tag wurde Levodopa/Carbidopa in der gleichen Dosis über das Gerät verabreicht. An Tag 3 bekamen sie morgens eine einzige orale Dosis und den Rest ihrer Levodopa/Carbidopa-Dosis über das Gerät. An den Tagen 4 bis 14 folgte eine Pharmakotherapie wie am Tag 3.
Forscher verglichen die Pharmakokinetik von Levodopa an Tag 3 mit der an Tag 1. Sie fanden heraus, dass der Fluktuationsindex und der Koeffizient der Levodopa-Konzentrationsvariabilität in einem statistisch hochsignifikanten Ausmaß reduziert war (p<0,0001). Dies wiederum habe laut Olanow mit „auffallenden“ Verkürzungen der Off-Zeit bei ebenso statistisch signifikanten Verlängerungen der On-Zeit generell und speziell der On-Zeit ohne Dyskinesien korreliert.
Im Vergleich zu einer Off-Zeit von 3,2 Stunden an Tag 1 bedeutete die Off-Zeit von 1,6 Stunden an Tag 3 eine Reduzierung um 50% (p<0,0001). Die On-Zeit verbesserte sich von 12,8 Stunden auf 14,5 Stunden (p<0,001). Und die On-Zeit ohne Dyskinesien verringerte sich von 8,8 Stunden auf 9,6 Stunden.
„Es gab auch Verbesserungen bei den Aktivitäten des täglichen Lebens, als Patienten DopaFuse® erhielten, was ein schwer zu erreichender Endpunkt in einer Studie mit einer so kleinen Stichprobengröße ist“, berichtete Olanow.
Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten nicht auf. 3 Patienten berichteten über Erbrechen, und 2 Patienten litten an Kopfschmerzen. Aber diese Ereignisse waren leicht und klangen alle innerhalb eines Tages ab. 3 Patienten hatten Läsionen im Wangenbereich, die jedoch ebenfalls innerhalb eines Tages wieder verschwanden.
„Einige Patienten berichteten zu Beginn über Schwierigkeiten beim Sprechen, aber am Ende der Studie gaben sie an, dass ihnen das Sprechen aufgrund motorischer Verbesserungen leichter fiel“, sagte Olanow. Insgesamt hätten Studienteilnehmer das Gerät aber gut vertragen, was eine wichtige Voraussetzung für die weitere klinische Entwicklung sei.
„Wenn sich bestätigt, was wir uns erhoffen, können wir Levodopa ohne chirurgischen Eingriff und ohne das Risiko subkutaner Läsionen verabreichen“, sagte Olanow.
Auch an Kliniken in Europa wurde Patienten im Rahmen einer Studie mit DopaFuse® behandelt.
Mehrere Strategien der Applikation sind erforderlich
Dieses Gerät befindet sich noch in einer frühen Entwicklungsphase. Mehrere Parkinson-Spezialisten waren sich beim Kongress einig, dass unterschiedliche Strategien für die kontinuierliche Verabreichung von Levodopa bei Patienten mit fortschreitenden Symptomen erforderlich seien.
Dr. Stuart Isaacson, Direktor des Parkinson's Disease and Movement Disorders Center in Boca Raton, Florida, ist einer von ihnen. „Neuartige Geräte, die eine kontinuierlichere Abgabe von Levodopa ermöglichen, wären ein wichtiger therapeutischer Fortschritt“, so Isaacson. Er bezeichnete Levodopa als „Eckpfeiler der Behandlung im Verlauf der Parkinson-Krankheit“, sieht jedoch die Dosierung bei fortschreitender Krankheit als Herausforderung.
„Obwohl derzeit viele Therapien zur Verfügung stehen, um die Off-Zeit zu steuern, verbringen etliche Parkinson-Patienten weiterhin nur die Hälfte ihres wachen Tages mit einer guten On-Zeit“, fügte er hinzu.
Die derzeit zugelassene Methode zur kontinuierlichen Verabreichung von Levodopa über einen chirurgisch platzierten Katheter in den Magen-Darm-Trakt sei zwar wirksam, habe aber ihre Grenzen, bestätigte auch Dr. Aaron L. Ellenbogen. Er ist Neurologe am Beaumont Hospital in Farmington Hills, Michigan.
„Eine der Herausforderungen bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit besteht momentan darin, dass Medikamente über den Magen-Darm-Trakt unterschiedlich gut aufgenommen werden“, sagte Ellenbogen. „Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto problematischer wird dies.“
Obwohl das neue Gerät dieses Problem wahrscheinlich lösen könne, sei es wichtig, mehrere unterschiedliche Systeme zur Verfügung zu haben, um Patienten bestmöglich zu versorgen.
Der Beitrag wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
Fanden Sie diesen Artikel interessant? Hier ist der Link zu unseren kostenlosen Newsletter-Angeboten – damit Sie keine Nachrichten aus der Medizin verpassen.
Medscape © 2023
Diesen Artikel so zitieren: „Zahnspange“ könnte Parkinson-Therapie optimieren: Applikator sorgt für weniger Unterbrechungen bei Levodopa/Carbidopa-Gabe - Medscape - 19. Mai 2023.
Kommentar