Geringerer Impfschutz bei Übergewicht; Long-COVID bis zu 2 Jahre nach Klinik; Wirkung von hyperbarem Sauerstoff und Verhaltenstherapie

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

19. Mai 2023

Im Medscape-Corona-Newsblog finden Sie regelmäßig die aktuellen Trends zu Neuinfektionen und Belegung von Intensivstationen sowie eine Auswahl von klinisch relevanten Kurzmeldungen zur Pandemie.

Corona-Newsblog, Update vom 19. Mai 2023

Am 17. Mai hat das Robert Koch-Institut (RKI), Berlin, auf seinem Dashboard 6,2 Infektionen pro 100.000 Einwohner angegeben. Am 16. Mai lag der Wert bei 6,6.

Unsere Themen heute:

  • Corona-Lockdowns Ende 2020: Keine Beanstandung aus höchstrichterlicher Sicht

  • Long-COVID: Beschwerden bis zu 2 Jahre nach der Infektion

  • Hyperbarer Sauerstoff könnte die Herzfunktion bei Long-COVID verbessern

  • Verhaltenstherapie verringert Müdigkeit bei Long-COVID

  • Adipositas: Der Schutz durch COVID-19-Vakzine lässt rasch nach

  • Impfassoziierte Myokarditis – auch für Rechtsmediziner ein Thema

Corona-Lockdowns Ende 2020: Keine Beanstandung aus höchstrichterlicher Sicht

Die Schließung von Einrichtungen des Freizeitsports und der Gastronomie bzw. der Hotellerie im touristischen Bereich Ende Oktober 2020 ist juristisch nicht zu beanstanden. Zu dem Ergebnis ist das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jetzt gekommen. 

Ursprünglich stand im InfSchG eine allgemein gehaltene „Generalklausel“, welche dies ermöglicht hat. Die Passage wurde erst im November 2020 konkretisiert. Danach nannte das Gesetz konkrete Schutzmaßnahmen wie Maskenpflichten, Kontaktbeschränkungen und das Schließen von Hotel- und Gastrobetrieben, falls eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ vorliegt. 

Long-COVID: Beschwerden bis zu 2 Jahre nach der Infektion

Nur wenige Studien gehen der Frage nach, wie lange Patienten an Long-COVID leiden. Neues Wissen kommt aus der bevölkerungsbasierten Linköping-COVID-19-Studie (LinCoS) 

Sie umfasste alle Patienten Schwedens, die während der 1. Pandemiewelle aufgrund von COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden. 4 Monate nach ihrer Entlassung traten bei über 40% (185/433) anhaltende Symptome und Einschränkungen im Alltag auf. 

Von 185 Patienten mit Beschwerden 4 Monate nach der Entlassung waren 181 beim 24-Monats-Follow-up noch am Leben und 165 erklärten sich zur Teilnahme bereit. Von diesen Patienten waren 21% (35/165) in der Zwischenzeit aus verschiedenen Gründen erneut stationär aufgenommen worden. 

Die meisten Patienten (139/165, 84%) berichteten nach 24 Monaten über anhaltende Probleme, die ihr tägliches Leben beeinträchtigen. Kognitive, sensomotorische und Müdigkeitssymptome waren die häufigsten Symptome. Es zeigte sich kein deutlicher Unterschied zwischen Personen, die auf der Intensivstation oder auf anderen Abteilungen eines Krankenhauses behandelt worden waren. Etwa die Hälfte der Personen, die 4 Monate nach der Infektion wegen Long-/Post-COVID krankgeschrieben worden waren, konnten auch nach 24 Monaten nicht arbeiten.

„Trotz einiger Verbesserungen im Laufe der Zeit fanden wir eine hohe Prävalenz anhaltender Symptome und einen Bedarf an langfristiger Nachsorge und Rehabilitation nach einer COVID-19-Infektion“, lautet das Resümee der Autoren. 

Hyperbarer Sauerstoff könnte die Herzfunktion bei Long-COVID verbessern

Die hyperbare Sauerstofftherapie (HBOT) verbesserte in einer kleinen randomisierten, kontrollierten Studie an Patienten mit Long-COVID Biomarker der Herzfunktion, wie  Medscape.com  berichtet. 

Bei Patienten, die zu Studienbeginn Defizite beim globalen longitudinalen Strain (GLS) hatten und mit HBOT behandelt wurden, verbesserte sich der Wert im Vergleich zu denen, die eine Scheinbehandlung erhielten, deutlich. Der GLS ist ein Maß für die systolische Funktion, von dem man annimmt, dass es sich um einen Prädiktor für die Folgen der Herzinsuffizienz handelt.

An der Studie nahmen 60 hospitalisierte und nicht hospitalisierte Post-COVID-Patienten teil, die mindestens 3 Monate nach COVID-19 noch Beschwerden hatten. Sie erhielten 8 Wochen lang 5-mal wöchentlich eine HBOT- oder eine Scheinbehandlung, insgesamt für 40 Sitzungen. Zu Beginn der Studie und 1 bis 3 Wochen nach der letzten Sitzung wurde eine Echokardiographie durchgeführt, um den GLS zu beurteilen.

Zu Beginn der Studie hatten 29 Teilnehmer (48%) einen reduzierten GLS, obwohl sie eine normale Auswurffraktion hatten. Das galt für 16 Personen (53%) in der HBOT-Gruppe und 13 (43%) in der Scheingruppe. Die durchschnittliche GLS bei Studienbeginn betrug bei allen Teilnehmern -17,8%; ein normaler Wert liegt bei etwa -20%.

In der HBOT-Gruppe stieg der GLS signifikant von -17,8% bei Studienbeginn auf -20,2% nach der HBOT. In der Scheinbehandlung lag der GLS bei -17,8% zu Studienbeginn und bei -19,1% am Ende der Studie, wobei es keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Messungen gab. 

„Der Ansatz verdient sicherlich eine Untersuchung, aber der Nutzen ist schwer abzuschätzen“, sagt Prof. Dr. Scott Gorenstein von der New York University. „Wir verstehen den Mechanismus von Long-COVID immer noch nicht, daher ist es schwierig, von dort aus zu sagen, dass HBOT eine wirksame Therapie sein wird.“

Verhaltenstherapie verringert Müdigkeit bei Long-COVID

Eine neue Studie zeigt, dass sich bei Menschen mit Long-COVID-Erkrankung die Müdigkeit nach einer 17-wöchigen kognitiven Verhaltenstherapie deutlich verringert hat, verglichen mit einer Kontrollgruppe ohne Intervention. Darüber hat zuerst  Medscape.com  berichtet. 

Unter der Leitung von Forschern des Amsterdamer Universitätsklinikums wurden 114 Personen nachbeobachtet, die mindestens 3 Monate lang unter schwerer Müdigkeit litten, nachdem sie sich mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Die Hälfte der Patienten erhielt nach dem Zufallsprinzip eine 17-wöchige kognitive Verhaltenstherapie. Teilnehmer der Kontrollgruppe bekamen keine spezielle Intervention. 

Der Therapieplan umfasste folgende Aspekte: 

  • Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus,

  • Umgang mit der Müdigkeit,

  • ein niedriges oder ungleichmäßig hohes Aktivitätsniveau,

  • subjektiv wahrgenommene geringe soziale Unterstützung,

  • Probleme, Ängste und Sorgen in Zusammenhang mit COVID-19,

  • eine schlechte Bewältigung von Schmerzen. 

Bei Teilnehmern der Interventionsgruppe verringerte sich nicht nur die Müdigkeit. Sie berichteten auch über weniger Konzentrationsprobleme, weniger schwere körperliche Symptome und bessere körperliche und soziale Funktionen. 

Die Autoren weisen darauf hin, dass ihre Studie einige Einschränkungen aufwies, die die Ergebnisse beeinflusst haben könnten, darunter die Tatsache, dass keiner der Teilnehmer wegen COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Außerdem haben sich alle Teilnehmer selbst dazu entschlossen, an der Studie teilzunehmen. Sie waren möglicherweise stärker motiviert als bei anderen Verfahren der Rekrutierung. 

Adipositas: Der Schutz durch COVID-19-Vakzine lässt rasch nach

Bekanntlich ist Adipositas mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität bei COVID-19 assoziiert. Das zeigen etliche Studien. COVID-19-Impfstoffe verringern das Risiko. Doch als Frage bleibt, wie gut sie stark übergewichtige Menschen wirklich schützen. 

Um dies zu klären, haben Wissenschaftler Assoziationen zwischen dem Body-Mass-Index (BMI), Krankenhausaufenthalten und der Sterblichkeit aufgrund von COVID-19 bei 3,6 Millionen Menschen in Schottland untersucht. Zum Einsatz kam die Early Pandemic Evaluation and Enhanced Surveillance of COVID-19 (EAVE II), einer Plattform aus Zeiten der Pandemie. 

Sie fanden heraus, dass geimpfte Personen mit starkem Übergewicht (BMI > 40 kg/m2) ein um 76% höheres Risiko hatten, wegen COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert zu werden oder zu sterben. Das bereinigtes Ratenverhältnis lag bei 1,76 (95%-Konfidenzintervall: 1,60-1,94). 

Details zum Impfschutz kamen aus einer Längsschnittstudie mit 28 Personen mit Adipositas. Zum Vergleich zogen Forscher Daten von 41 Kontrollen heran. 55% der Personen mit schwerer Adipositas hatten 6 Monate nach ihrer 2. Impfstoffdosis keine quantifizierbaren Titer neutralisierender Antikörper gegen SARS-CoV-2 – verglichen mit 12% der Kontrollen (p = 0,0003). 

Außerdem war bei Personen mit schwerer Adipositas mit nachweisbaren Antikörpern die die Neutralisierungskapazität gegen Spike oder gegen die rezeptorbindende Domäne geringer als bei Kontrollen. Durch eine 3. Impfstoffdosis verbesserte sich die Neutralisierungskapazität wieder, nahm jedoch schneller ab als bei Kontrollen. 

„Da Adipositas mit einer erhöhten Hospitalisierung und Sterblichkeit aufgrund von Durchbruchsinfektionen verbunden ist, haben unsere Ergebnisse Auswirkungen auf die Priorisierung von Impfstoffen“, lautet das Fazit der Wissenschaftler. 

Impfassoziierte Myokarditis – auch für Rechtsmediziner ein Thema

Die tödlich verlaufende, SARS-CoV-2-impfassoziierte Myokarditis ist eine sehr seltene potenzielle Nebenwirkung von mRNA-Impfstoffen gegen SARS-CoV-2. In einem systematischen Review stellen Rechtsmediziner und Pathologen das publizierte Wissen über impfassoziierte Myokarditiden als potenziell letale Nebenwirkung der mRNA-Impfstoffe dar. Darüber hat  Univadis.de  berichtet. 

25 Studien entsprachen den Einschlusskriterien. In ihnen wurden 66 Fälle beschrieben. 53 Verstorbene hatten einen Impfstoff von BioNTech/Pfizer erhalten und 13 von Moderna. Bei 86,4% entwickelte sich die Myokarditis nach der 2. Impfung und bei 13,6% nach der 1. Impfung. Bei 77,2% (51/66) war keine relevante Vorerkrankung bekannt. 

Unter den übrigen dokumentierten Vorerkrankungen waren Adipositas plus Insulinresistenz bei einem 15-jährigen Jungen, kardiovaskuläre und pulmonale Komorbidität bei einem 67-jährigen Mann, Hypertonie bei einer 70-jährigen Frau und Multimorbidität mit arterieller Hypertonie, Steatohepatitis und KHK bei einem 52-jährigen Mann.

Die impfassoziierte Myokarditis sei eine Ausschlussdiagnose hoher Komplexität, die nur durch eine differenzierte, interdisziplinäre Aufarbeitung möglich sei, so das Fazit Autoren. Dies liege unter anderem daran, dass es viele mögliche und im Einzelfall unbekannte weitere Ursachen für eine Myokarditis geben könne wie Medikamente, Toxine oder Hypersensitivitäts- und Autoimmunphänomene, die zufällig mit der Impfung koinzidieren.

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