Im Onko-Blog dieser Woche geht es u.a. um das Nierenzellkarzinom. Eine Phase-3-Studie zeigt, dass Cabozantinib zusätzlich zu Nivolumab und Ipilimumab das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu alleiniger Immuncheckpoint-Inhibitor-Gabe verlängerte. Erhöhte Biomarker für Knochenabbau und -bildung sind beim kastrationsresistenten Prostatakarzinom mit einem schlechteren Überleben verbunden. Erstmals löste ein personalisierter RNA-Impfstoff beim Pankreaskarzinom bei 8 von 16 Patienten eine Immunreaktion aus. Die tägliche Einnahme niedriger Dosen von Vitamin D3 ist mit einer geringeren Sterblichkeit bei Krebspatienten assoziiert, während die seltenere Einnahme hoher Dosen keinen Effekt hat.
Nierenzellkarzinom: 3er-Kombi verlangsamt Progression
Prostatakarzinom: Knochen-Biomarker mit Überleben assoziiert
Pankreaskarzinom: Impfstoff zeigt in Phase-1-Studie vielversprechende Wirkung
CLL: Venetoclax plus Obinutuzumab ± Ibrutinib in der Erstlinientherapie
Non-Hodgkin-Lymphom bei Kindern: Effekte von Rituximab auf den Immunstatus erfordert immunologische Nachsorge
Krebs: Tägliche Vitamin-D-Einnahme mit verringerter Sterblichkeit assoziiert
Nierenzellkarzinom: 3er-Kombi verlangsamt Progression
Die zusätzliche Gabe des Tyrosinkinase-Inhibitors Cabozantinib zu den Immuncheckpoint-Inhibitoren Nivolumab und Ipilimumab verlangsamt bei nicht vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom die Progression der Erkrankung signifikant im Vergleich zur 2er Kombi aus Nivolumab und Ipilimumab (Hazard-Ratio 0,73, p=0,01). Dies ergab die Phase-3-Studie COSMIC-313, die im New England Journal of Medicine erschienen ist.
Dies ist die erste Phase-3-Studie beim metastasierten Nierenzellkarzinom, in der der Nivolumab plus Ipilimumab im Kontrollarm verwendet wurde.
In die Studie waren 855 zuvor unbehandelte Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Nierenzellkarzinom (RCC) mit einer mittleren oder schlechten Prognose aufgenommen worden. 428 Patienten erhielten die 3er-Kombi, 427 die 2er-Kombi. In der PFS-Analyse wurden die ersten 550 randomisierten Patienten berücksichtigt.
Die Wahrscheinlichkeit eines progressionsfreien Überlebens nach 12 Monaten betrug 0,57 mit der 3er Kombi und 0,49 in der Kontrollgruppe (HR 0,73; p = 0,01). Das mittlere progressionsfreie Überleben ist in der Verum-Gruppe noch nicht erreicht, es betrug in der Kontrollgruppe 11,3 Monate. In Subgruppenanalysen blieb der Vorteil bei Zugabe von Cabozantinib zu Nivolumab und Ipilimumab erhalten.
Im sekundären Endpunkt Gesamtüberleben zeigten sich zum Analysenzeitpunkt noch keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.
Nebenwirkungen waren mit der 3er-Kombi häufiger und schwerer als in der Vergleichsgruppe.
Prostatakarzinom: Knochen-Biomarker mit Überleben assoziiert
Bei Männern mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom, die eine Androgendeprivation beginnen, sind hohe Spiegel von Biomarkern für Knochenverlust (C-Telopeptid und Pyridinolin) und Knochenbildung (C-terminales Kollagenpropeptid und alkalische Knochenphosphatase) mit einem schlechteren Überleben assoziiert. Dies ergab eine in European Urology publizierte Auswertung aus der Phase-3-Studie SWOG S 1216.
Von 1.279 Männern lagen 949 auswertbare Werte zu Knochen-Biomarkern vor. Nach Berücksichtigung klinischer Risikofaktoren im Validierungssatz waren erhöhte Knochenbiomarker statistisch signifikant mit einem erhöhten Sterberisiko verbunden (HR zwischen 1,37 und 1,92).
Pankreaskarzinom: Impfstoff zeigt in Phase-1-Studie vielversprechende Wirkung
Der personalisierte RNA-Neoantigen-Impfstoff Cevumeran löste bei 8 von 16 Patienten mit Pankreaskarzinom eine Immunreaktion aus. Diese Patienten erlitten im weiteren Verlauf einer Phase-1-Studie kein Rezidiv. Dies berichtet eine internationale Arbeitsgruppe in Nature .
Im Sloan Kettering Cancer Center in New York wurden zwischen Dezember 2019 und August 2021 34 Patienten in die Studie aufgenommen, von denen 28 operiert wurden. Anschließend wurden 19 Patienten mit Atezolizumab behandelt und davon erhielten 16 Patienten autogenes Cevumeran. 15 der 16 Patienten wurden im weiteren Verlauf noch mit mFOLFIRINOX behandelt.
Autogenes Cevumeran wurde innerhalb von 3 Tagen nach festgelegten Zeiten verabreicht und induzierte bei 8 von 16 Patienten de novo neoantigenspezifische T-Zellen hoher Potenz, wobei die Hälfte auf mehr als ein Impfstoff-Neoantigen abzielte.
Bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 18 Monaten hatten Patienten mit geimpften T-Zellen (Responder) ein längeres mittleres rezidivfreies Überleben (noch nicht endgültig erreicht) im Vergleich zu Patienten ohne geimpfte T-Zellen (Non-Responder; 13,4 Monate, p=0,003).
Das Adjuvans Atezolizumab, autogenes Cevumeran und mFOLFIRINOX induzierten also eine erhebliche T-Zell-Aktivität, die mit einem verzögerten Rezidiv des Pankreaskarzinoms korrelieren könnte.
CLL: Venetoclax plus Obinutuzumab ± Ibrutinib in der Erstlinientherapie
Bei therapienaiven, fitten Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) und mit geringer Belastung durch Komorbiditäten war eine Behandlung mit Venetoclax plus Obinutuzumab ohne oder mit Ibrutinib in der Wirkung auf das progressionsfreie Überleben (PFS) und auf das Erreichen einer nicht nachweisbaren minimalen Resterkrankung (MRD) einer Standard-Chemoimmuntherapie überleben. Dies ergab die von Prof. Dr. Barbara Eichhorst, Köln, und Kollegen im New England Journal of Medicine publizierte offene Phase-3-Studie GAIA-CLL13.
Bislang nicht behandelte 926 Erwachsene mit fortgeschrittener CLL, wenig Komorbiditäten und ohne TP53-Aberrationen erhielten randomisiert
Venetoclax plus Rituximab (12 Zyklen, n=237)
Venetoclax plus Obinutuzumab (12 Zyklen, n=229))
Venetoclax plus Obinutuzumab plus Ibrutinib (12 Zyklen, n=231)
Standard-Chemoimmuntherapie (6 Zyklen, n=229)
Koprimäre Endpunkte war nicht nachweisbare MRD im peripheren Blut nach 15 Monaten und das PFS.
Signifikant mehr Patienten erreichten bei Behandlung mit Venetoclax plus Obinutuzumab ohne (86,5%) und mit Ibrutinib (92,2%) MRD-Negativität im Vergleich zur Chemoimmuntherapie (52,0%) (jeweils p<0,001). Unter Venetoclax plus Rituximab waren es 57%, was sich nicht signifikant von der Vergleichsgruppe unterschied.
Nach einem medianen Follow-Up von 39 Monaten war das PFS mit Venetoclax plus Obinutuzumab ohne (HR 0,42) und mit Ibrutinib (HR 0,32) signifikant besser als mit der Standard-Chemoimmuntherapie (jeweils p<0,001). Auch beim PFS war Venetoclax plus Rituximab nicht wirksamer als die Chemoimmuntherapie (HR 0,79, p=0,18).
In allen Behandlungsgruppen wurde ein ähnliches Gesamtüberleben nach 3 Jahren beobachtet, das zwischen 95 und 96,5% lag.
Schwere Infektionen waren mit der 3er Kombi mit 21,2% und mit der Chemoimmuntherapie (18,5%) häufiger als mit den anderen beiden Regimen.
Im begleitenden Editorial im NEJM wird darauf hingewiesen, dass die Studie auch ergeben habe, dass Obinutuzumab in Kombination mit Venetoclax dem Rituximab überlegen sei. Am interessantesten erschien den Editorialisten der Befund, dass der Prozentsatz der Patienten mit MRD-Negativität bei Venetoclax/Obinutuzumab mit und ohne Ibrutinib nicht dramatisch unterschiedlich war. Mit einer längeren Nachbeobachtung könnte möglicherweise geklärt werden, ob das PFS und die Verträglichkeit im weiteren Verlauf stärker voneinander abweichen. Außerdem stünden mit Acalabrutinib und Zanubrutinib verbesserte BTK-Inhibitoren zur Verfügung. Bis Studienergebnisse mit diesen neuen Substanzen als Kombi-Partner vorliegen, sollte die Dreifach-Therapie mit Venetoclax/Obinutuzumab/Ibrutinib nach Ansicht der Editorialisten als experimentell betrachtet werden.
Non-Hodgkin-Lymphom bei Kindern: Effekte von Rituximab auf den Immunstatus erfordert immunologische Nachsorge
Bei Kindern mit einem reifen-B-Zellen-Non-Hodgkin-Lymphom und hohem Risiko, die mit Chemotherapie und Rituximab behandelt worden sind, ist das Risiko einer Hypogammaglobulinämie erhöht, obwohl schwere Infektionen selten sind. Dies Ergebnisse einer vordefinierten Sekundäranalyse der Inter-B-NHL-Ritux-2010-Studie berichtete eine internationale Arbeitsgruppe in Lancet Haematology .
Zwischen Dezember 2011 und Juni 2017 waren 421 Jungen und Mädchen im mittleren Alter von 8,8 Jahren mit Chemotherapie ohne und mit Rituximab behandelt worden. Aufgrund der Ergebnisse wurde diese Kombination von der FDA und der EU-Kommission für die Behandlung von Kindern mit reifem B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom und hohem Risiko zugelassen.
Die Sekundäranalyse ergab, dass einen Monat nach Therapieende Patienten, die zusätzlich Rituximab erhalten hatten, ein signifikant höheres Risiko für eine B-Zell-Lymphopenie (81 vs. 60%, OR 2,92, p=0,0011) und eine anhaltende Hypogammaglobulinämie (71 vs. 47%, OR 2,72, p=0,0017) hatten und sie deshalb häufiger Immunglobuline erhielten als die Kinder ohne Rituximab-Behandlung (16 vs. 7%).
Nach Aussage der Autoren legen die Daten nahe, dass Kinder mit Lymphomen, die mit Rituximab behandelt werden, nach der Therapie eine immunologische Nachsorge benötigen.
Krebs: Tägliche Vitamin-D-Einnahme mit verringerter Sterblichkeit assoziiert
Die einmal tägliche Einnahme von 400 bis 4.000 I.E. Vitamin D3 war bei Krebspatienten mit einer um 12% geringeren Sterblichkeit im Vergleich zu Placebo assoziiert. Der Effekt auf die Sterblichkeit war bei Personen über 70 Jahren sowie bei einem Einnahmebeginn vor der Krebsdiagnose besonders ausgeprägt. Dies ergab eine Auswertung von 14 Studien am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, die in Ageing Research Reviews publiziert worden ist.
Die Autoren analysierten 14 randomisierte klinische Studien mit 104.727 Teilnehmern. Die Analyse ergab, dass die Einnahme von Vitamin D3 die Krebssterblichkeit nicht signifikant um 6% reduzierte. Subgruppenanalysen ergaben jedoch, dass Vitamin D3 im Vergleich zu Placebo die Sterblichkeit um 12% verringerte, wenn die Supplemente täglich in Dosierungen zwischen 400 und 4.000 I.E/Tag eingenommen wurden, während in 4 Studien mit Einnahme hoher Dosen (60.000 bis 120.000 I.E. pro Monat oder seltener) kein Effekt auf die Sterblichkeit beobachtet werden konnte.
„Diese 12-prozentige Reduktion der Krebssterblichkeit haben wir nach ungezielten Vitamin-D3-Gaben an Personen mit und ohne Vitamin-D-Mangel beobachtet. Wir können daher davon ausgehen, dass der Effekt für diejenigen Menschen, die tatsächlich einen Vitamin-D-Mangel aufweisen, erheblich höher ist“, so PD Dr. Ben Schöttker, Epidemiologe im DKFZ in Heidelberg in einer Pressemitteilung. Die bessere Wirksamkeit der täglichen Vitamin-D3-Dosen erklärt er sich durch die regelmäßigere Bioverfügbarkeit von 1,25-Dihydroxyvitamin D, das im Körper aus Vitamin D3 entsteht und vermutlich das Tumorwachstum hemmen kann.
Post-hoc-Analysen der Studien mit täglicher Dosierung ergaben, dass Erwachsene im Alter von ≥ 70 Jahren (RR 0,83) sowie Personen mit Therapiebeginn vor der Krebsdiagnose (RR 0,87) am stärksten von einer täglichen Vitamin-D-Supplementierung profitierten.
Prof. Dr. Hermann Brenner, Epidemiologe und Präventionsexperte am DKFZ, ergänzt in der Pressemitteilung: „Diese Arbeit unterstreicht das große Potenzial der Vitamin-D3-Gabe in der Prävention von Krebstodesfällen. Die regelmäßige Einnahme in niedriger Dosierung ist mit nahezu vernachlässigbarem Risiko und sehr geringen Kosten verbunden.“
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Credits:
Photographer: © Diana Vyshniakova
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Diesen Artikel so zitieren: Vitamin D könnte die Mortalität bei Krebs verringern; RNA-Impfstoffe zeigen vielversprechende Effekte beim Pankreas-Ca - Medscape - 16. Mai 2023.
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