Ein 63-jähriger Mann kommt aufgrund akuter Bauchschmerzen in die Notaufnahme der Klinik. Er gibt an, um 5 Uhr morgens aufgewacht zu sein und urinieren zu müssen. Danach seien plötzlich starke, generalisierte Bauchschmerzen aufgetreten, die ihn geradezu „umgeworfen hätten“ [1].
Die weitere Anamnese ergibt keine Magengeschwüre, keine veränderten Darmgewohnheiten, keine Nephrolithiasis, Dysurie, Hämaturie, Meläna, Hämatochezie oder Aszites. Allerdings finden sich in der Vorgeschichte Angaben zu einer schweren peripheren Gefäßerkrankung, zu Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, übermäßigem Alkoholkonsum und zu einer Divertikulitis. Vor etwa 12 Monaten hatten Ärzte eine kolovesikale Fistel operiert.
Körperliche und apparative Untersuchung
Die Autoren des Fallberichts stellen folgende Ergebnisse ihrer Diagnostik zusammen:
Temperatur 36,8°C, Blutdruck 146/75 mmHg, Pulsfrequenz 87 Schläge/min, Atemfrequenz 22 und eine Sauerstoffsättigung 94% (Raumluft)
Abdomen mäßig gebläht, hypoaktive Darmgeräusche, stark tastempfindliches Abdomen
Leukozytenzahl 8,8×109 Zellen/l, normales Differentialblutbild, ebenso Hämoglobinwert und Hämatokrit
Kreatininwert 163,54 μmol/l (1,85 mg/dl); Ausgangswert 3 Monate zuvor 88,4 μmol/l (1,0 mg/dL)
Serumlaktatspiegel erhöht (3,5 mmol/l)
CT-Angiogramm des Abdomens: weithin offene Mesenterialgefäße, unauffällige Aorta, keine freie Luft, leichte linke Hydronephrose, die seit 1 Jahr unverändert war, und Aszites
Erneute CT-Untersuchung des Abdomens ohne Kontrastmittel: Kontrastmittelanreicherung des Aszites und ein kleines Leck in der vorderen Blasenwand
Aufgrund der Informationen diagnostizieren sie eine Blasenruptur.
Therapie und Verlauf
Zur Behandlung führen sie eine operative Korrektur des Blasenlecks durch. Der weitere
postoperative Verlauf erweist sich als komplikationslos.
Diskussion
Eine Blasenruptur tritt relativ häufig im Zusammenhang mit einem akuten Trauma auf, etwa bei einem Autounfall. Eine spontane Blasenruptur ist hingegen selten. Die Diagnose ist schwer zu stellen, was im Zweifelsfall Zeit kostet.
Die Autoren des Fallberichts nehmen an, dass die Ursache für eine spontane Blasenruptur eine Überdehnung der Blase in Kombination mit einer Schwäche der Blasenwand ist. Daher können Erkrankungen, die Patienten zu einer Überfüllung der Blase bei bereits geschwächter Blasenwand prädisponieren, das Risiko erhöhen.
Zu diesen urogenitalen Erkrankungen gehören langfristiger Harnverhalt bei gutartiger Prostatahyperplasie, Harnröhrenstrikturen, Prolaps der weiblichen Beckenorgane, Entzündungen und bösartige Erkrankungen. In manchen Fällen kann eine Blasenruptur jedoch auch bei Patienten auftreten, bei denen keine signifikante Blasen-Erkrankung vorliegt.
Typische Symptome sind Bauchschmerzen, abdominale Distension, Aszites, Hämaturie und ein erhöhter Kreatininspiegel. Die Diagnose wird am besten durch konventionelle oder computertomographische (CT) Zystographie gestellt. Obwohl eine Blasenruptur bei antegrader Blasenfüllung auf einem Kontrast-CT-Scan zu erkannt werden kann, ist die CT-Zystographie empfindlicher und sollte bei Verdacht auf eine Blasenruptur durchgeführt werden.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Univadis.de.
Credits:
Photographer: © Pranav Kukreja
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Diesen Artikel so zitieren: Fall: Ein Mann mit akuten Bauchschmerzen nach dem Urinieren – seine Beschwerden haben eine ungewöhnliche Ursache - Medscape - 25. Mai 2023.
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