Wiesbaden – Über die Epidemiologie von Doping, nicht nur im Leistungssport, sprach Prof. Dr. Christoph Raschka, Würzburg, beim 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. In seinem Vortrag ging es auch um die Frage, woran Ärzte den Gebrauch illegaler Substanzen erkennen [1].
Die Verbotsliste wird jährlich aktualisiert
Auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) finden sich eine Reihe von Wirkstoffen, die generell (bei Wettkämpfen, aber auch beim Training) verboten sind. Dazu zählen auch Substanzen, die für die therapeutischen Anwendung beim Menschen nicht zugelassenen sind, etwa Medikamente in der Entwicklung, Designerdrogen oder Mittel aus der Veterinärmedizin.
Außerdem finden sich auf der Liste:
Anabole Wirkstoffe wie anabol-androgene Steroide (z.B. Stanozolol, Testosteron) und andere anabole Stoffe (z.B. Clenbuterol),
Peptidhormone, Wachstumsfaktoren und verwandte Stoffe (z.B. Erythropoetin, HGH, IGF-1),
Beta-2-Agonisten (Ausnahmen sind etwa Salbutamol zur Inhalation),
Hormon-Antagonisten und metabolische Modulatoren (z.B. Aromatasehemmer, Tamoxifen, Insulin), zur Behandlung der Doping-Nebenwirkungen,
Diuretika und andere Maskierungsmittel (z.B. Furosemid, Dextran).
Immer verbotene Methoden sind eine Erhöhung des Sauerstofftransfers (etwa durch Blutdoping), Manipulationen (z.B. Fremdurin) und Gendoping (Veränderung der Genexpression).
Bestimmte Wirkstoffe sind nur im Wettkampf verboten (Stimulanzien, Narkotika, Cannabinoide, Glukokortikoide), manche nur bei einzelnen Sportarten (z.B. Beta-Blocker bei Konzentrationssportarten wie Darts, Schießen und seit diesem Jahr auch Minigolf und Speerfischen).
Alkohol steht seit 2018 nicht mehr auf der Liste. Dagegen kommt ab 2024 Tramadol auf die Verbotsliste, da es Hinweise auf einen signifikanten Gebrauch beim Radsport, Rugby und Fußball gibt.
Doping in Fitnessstudios
Eine Studie untersuchte die Doping-Epidemiologie im Freizeitsportbereich im Großraum Frankfurt am Main. In kommerziellen Fitnessstudios (ohne Vereins- und Hochschulsport) konsumierten 26% der Männer und 14% der Frauen illegale Substanzen wie Testosteron, Stanozolol oder Stimulantien.
In mehr als jedem 4. Fall wurden die Wirkstoffe ärztlich verschrieben. Raschka führt als Beispiel Clenbuterol an, das recht leicht als Asthmamittel verordnet werden kann. In ländlichen Regionen ist der Anteil geringer als in der Großstadt, wie eine weitere Untersuchung zeigte.
Stigmata des Dopingmittel-Gebrauchs
Der Verdacht auf Anabolika/Testosteron-Missbrauch kann bei Männern mit Gynäkomastie, Striae distensae, Genitalatrophie oder Infertilität aufkommen. Bei Frauen sind Hirsutismus, Schildknorpelhypertrophie, eine tiefere Stimmlage, Mammaatrophie und eine Klitorishypertrophie mögliche Hinweise.
Bei beiden Geschlechtern zählen Alopecia androgenica, Exophthalmus, Steroidakne, Einstichstellen, Quellmuskulatur, Wachstumsstillstand bei Jugendlichen, Seborrhö, Ödeme, Agitiertheit, Stimmungsschwankungen und Aggressivität (roid rage) zu den Stigmata. Hinsichtlich psychischer Folgen nannte Raschka die Fälle von Chris Benoit und Bertil Fox. Benoit hatte Frau und Sohn getötet und dann Suizid begangen; Fox wurde wegen 2-fachen Mordes zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt.
Der Missbrauch von Wachstumshormonen (Somatotropin) kann mit Veränderungen am Kopf, mit Struma, tiefer Stimme, Pratzenhand, Ödemen, vergrößerten Füßen und Akromegalie bzw. Gigantismus bei Jugendlichen einhergehen. Am Schädel können Cutis verticis gyrata auftreten, häufiger bei Türstehern zu sehen.
Kokainmissbrauch zum Doping kann sich u.a. durch Schädigungen der Nasenscheidewand, durch Hyperthermie, Logorrhö und durch paranoid-halluzinatorische Symptome („Kokainkäfer“) zeigen. Bei Amphetamin können Mydriasis und ein erhöhter Muskeltonus äußerlich sichtbare Anzeichen sein.
Dopingstigmata durch EPO und Bluttransfusionen sind etwa eine Polyglobulie, Plethora, Rubeosis faciei und Einstichstellen. Bei Bluttransfusionen allein kann eine Gelbsucht auf die Anwendung der verbotenen Methode hinweisen.
Welche Effekte zeigt Doping im Sport?
Raschka sprach über die Leistungssteigerung durch Doping auf das Bankdrücken im Superschwergewicht. Der Weltrekord liegt derzeit bei 501,2 kg. Eine Analyse zeigte, dass allein aufgrund der genetischen Disposition eine Maximalleistung von 230 kg (ca. 47%) möglich ist. Selbst bei intensivem Training stellt sich nach 2 Jahren kein nennenswerter Effekt mehr ein.
Durch Verbesserungen der Technik sind Steigerungen um ca. 13% möglich und Hilfsmittel wie Bankdrücker-T-Shirts mit Federfunktion können weitere 22% Verbesserung ermöglichen. Der Dopinganteil liege folglich bei ca. 20%, da eine solche Leistung ohne Wirkstoffe nicht möglich sei.
Beim Vergleich zwischen Sportarten kann durch Doping in Sprintdisziplinen eine Leistungssteigerung um einige Prozent erreicht werden. In Ausdauerdisziplinen liegt die Steigerung bei 10-15%. Am größten ist der Effekt in Kraftdisziplinen mit mehr als 20%.
Raschka kommt zum Fazit, dass Doping kein Zaubertrank sei, sondern genutzt werde, um möglicherweise entscheidende Steigerungen der eigenen Leistung zu erzielen.
Der Beitrag ist im Original erschienen auf Coliquio.de.
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Diesen Artikel so zitieren: Doping im Sport: Die wichtigsten Wirkstoffe, die wichtigsten Hinweise auf Substanzmissbrauch - Medscape - 10. Mai 2023.
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