Ein gesunder Lebensstil scheint die Krebs-Morbidität und -Mortalität stark zu verringern; Red Flags für ein Kolorektalkarzinom

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

8. Mai 2023

Im Onko-Blog dieser Woche geht es u. a. um die positive Wirkung eines gesunden Lebensstils auf Rezidivrate und Sterblichkeit bei Frauen mit Mammakarzinom. Finnische Forscher konnten zeigen, dass körperliche Aktivität Immunzellen mobilisiert und damit möglicherweise bei Krebspatienten positive Effekte auslösen. Nach US-amerikanischen Untersuchungen gibt es 4 Red Flags, die auf ein erhöhtes Risiko für ein Kolorektalkarzinom hinweisen. Die guten Wirkungen der CAR-T-Zell-Therapie sind unbestritten, der gute Eindruck wird jedoch durch Lieferengpässe und Intransparenz bei der Versorgung mit diesen Medikamenten getrübt.

  • Mammakarzinom: Gesunder Lebensstil senkt Rezidivrate und Letalität

  • Krebs: Körperliche Aktivität erhöht Zahl der Immunzellen

  • Kolorektalkarzinom: Besseres Überleben mit Trifluridin/Tipiracil plus Bevacizumab 

  • Kolorektalkarzinom: Warnzeichen zur Früherkennung

  • Multiples Myelom: Die dunkle Seite der CAR-T-Zell-Therapie

  • Immuncheckpoint-Inhibitoren: Hohe Tumormutationslast mit besserem Gesamtüberleben assoziiert

Mammakarzinom: Gesunder Lebensstil senkt Rezidivrate und Letalität

Bei Frauen mit einem Hochrisiko-Mammakarzinom, die sich stark an Lebensstil-Empfehlungen zur Krebsprävention halten, ist dies mit einer geringeren Rezidivrate und Letalität assoziiert. Diese Ergebnisse der prospektiven beobachtenden Kohortenstudie Diet, Exercise, Lifestyles, and Cancer Prognosis (DELCaP) hat eine US-amerikanische Arbeitsgruppe in  JAMA Network Open  publiziert. 

Nach Meinung der Autoren rechtfertigen sie entsprechende Schulungs- und Umsetzungsstrategien, um Patienten zu helfen, Empfehlungen zur Krebsprävention über die gesamte Therapie einzuhalten. 

Bislang war unbekannt, ob die regelmäßig vom American Institute for Cancer Research und von der American Cancer Society veröffentlichen Lebensstil-Empfehlungen zur Krebsprävention einen Einfluss auf das Überleben bei Hochrisiko-Brustkrebs haben. 

Die DELCaP-Studie beurteilte den Einfluss des Lebensstils vor der Diagnose, während der Behandlung und 1 und 2 Jahre nach Abschluss der Behandlung. Insgesamt 1.340 Patientinnen mit Hochrisiko-Brustkrebs im Stadium I bis III beantworteten den Baseline-Fragebogen. Bei der zeitabhängigen multivariablen Analyse zeigte sich, dass sich bei Frauen mit dem höchsten Lifestyle-Index-Score im Vergleich zu Frauen mit dem niedrigsten Score die Rezidivrate um 37% und die Sterblichkeit um 58% verringerte.

Den stärksten Einfluss auf die Rezidivrate und Sterblichkeit hatte der völlige Verzicht auf Rauchen sowie eine ausreichende körperliche Aktivität mit einer um 44% bzw. 45% verringerten Letalitätsrisiko und einem um 35% verringerten Rezidivrisiko. 

Krebs: Körperliche Aktivität erhöht Zahl der Immunzellen

Finnische Forscher haben gezeigt, dass der positive Effekt von körperlicher Aktivität auf Krebserkranken teilweise auf die Mobilisierung von Immunzellen zurückzuführen ist. Sie hatten dazu eine Studie mit Lymphom-Patienten – publiziert in  Frontiers in Physiology  – und mit Brustkrebs-Patientinnen durchgeführt, die in  Scientific Reports  erschienen ist.

An den Studien nahmen jeweils 28 Patienten teil, die 10 Minuten auf einem Fahrradergometer mit mäßig starker Intensität trainierten. Blutproben wurden in Ruhe, sofort sowie 30 Minuten nach dem Training abgenommen.

Während des Trainings nahmen bei den Lymphom-Patienten zytotoxische T-Zellen und natürliche Killerzellen im Blut zu. Bei den Brustkrebspatientinnen erhöhte das Training auch die Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen sowie die Zahl der intermediären Monozyten und B-Zellen zusätzlich zu den zytotoxischen T-Zellen und natürlichen Killerzellen. 

Die Veränderung traten rasch ein und waren vorübergehend, bei den meisten Patienten kehrte die Zahl der Immunzellen auf das Niveau des Ruhewerts zurück.

Je stärker Herzfrequenz und Blutdruck stiegen, ums mehr Immunzellen wurden im Blut nachgewiesen. Nach Aussage der Forscher ist es jedoch bemerkenswert, dass auch leichte oder mäßig starke Bewegung die Zahl der Immunzellen erhöht, die für die Krebsbekämpfung wichtig sind. 

Aufgrund der Studien ist noch nicht bekannt ist, wie die Immunzellen in den Blutkreislauf gelangen und wohin sie nach der Bewegung verschwinden. 

Weitere Untersuchungen sind notwendig, um herauszufinden, ob die Immunzellen nach der körperlichen Aktivität zum Tumor transportiert werden, wo sie Krebszellen zerstören könnten.

Kolorektalkarzinom: Besseres Überleben mit Trifluridin/Tipiracil plus Bevacizumab 

Die Kombination aus Trifluridin/Tipiracil (FTD-TPI) mit Bevacizumab verlängert das Gesamt- und das progressionsfreie Überleben von Patienten mit refraktärem, metastasiertem Kolorektalkarzinom signifikant besser als Trifluridin/Tipiracil allein. Dies ergab die internationale Phase-3-Studie SUNLIGHT, die im  New England Journal of Medicine  erschienen ist. 

Trifluridin ist ein zytotoxisches Nukleinsäure-Analogon und Tipiracil ein Thymidin-Phosphorylase-Inhibitor, welcher den enzymatischen Abbau von Trifluridin verhindert. FTD-TPI ist seit 2016 in der EU für die Drittlinienbehandlung von Patienten mit refraktärem metastasiertem Kolorektalkarzinom zugelassen. 

In der Phase-3-Studie SUNLIGHT erhielten je 246 Patienten mit fortgeschrittenem Kolorektalkarzinom und nicht mehr als 2 vorherigen Chemotherapien randomisiert FTD-TPI allein oder in Kombination mit Bevacizumab. 

Der primäre Endpunkt, das Gesamtüberleben (OS), wurde durch die Zugabe von Bevacizumab signifikant verbessert. Im Median überlebten die Patienten 10,8 Monate mit der Bevacizumab-Kombi und 7,5 Monate mit FTD-TPI allein (Hazard-Ratio 0,61, p < 0,001).

Ohne Progression lebten Patienten der Kombigruppe 5,6 Monate, die der Vergleichsgruppe 2,4 Monate (HR 0,44, p<0,001). 

Die häufigsten Nebenwirkungen in beiden Gruppen waren Neutropenie, Übelkeit und Anämie.

Kolorektalkarzinom: Warnzeichen zur Früherkennung 

Forscher der Washington University School of Medicine in St. Louis, USA, haben 4 Warnzeichen (Red Flags) identifiziert, die auf ein erhöhtes Risiko für ein Kolorektalkarzinom hinweisen: Bauchschmerzen, rektale Blutungen, Durchfall und Eisenmangelanämie. Die frühzeitige Erkennung dieser Warnzeichen kann nach Aussage der Autoren im  Journal of the National Cancer Institute  die Früherkennung und rechtzeitige Diagnose der Erkrankung verbessern.

Mit Hilfe von Versicherungsdaten analysierten sie in einer Fall-Kontroll-Studie welche Warnzeichen und Symptome bei mehr als 5.000 Patienten mit frühem Kolorektalkarzinom 3 Monate bis 2 Jahre vor dem Indexdatum nachzuweisen waren.

Dabei ergab sich, dass Bauchschmerzen, rektale Blutungen, Durchfall und Eisenmangelanämie mit einem erhöhten Risiko für ein frühes Kolorektalkarzinom verbunden waren mit Odds Ratios zwischen 1,34 bis 5,13. Das Risiko stieg mit zunehmender Anzahl der Warnzeichen. 

Nach Aussage der Autoren in einer Pressemitteilung deuten insbesondere rektale Blutungen und Eisenmangelanämie darauf hin, dass eine Endoskopie sinnvoll ist. 

Multiples Myelom: Die dunkle Seite der CAR-T-Zell-Therapie

In einem Editorial in den  ASH Clinical News  diskutiert Prof. Dr. Brea C. Lipe, Direktorin des Programms für multiples Myelom am James P. Wilmot Cancer Center des University of Rochester Medical Center in New York, Probleme, die durch Lieferengpässe und Intransparenz bei der Versorgung mit CAR-T-Zell-Produkten entstehen.

Wie Lipe berichtet, haben sie seit etwa 2014 Erfahrungen mit dieser Therapie. Schon für die Studien standen nur begrenzte Mengen zur Verfügung. Auch seit der Zulassung der Therapien wie Ide-Cel und Cilta-Cel vor etwa 2 Jahren sind sie nach wie vor Mangelware. Gründe sind u.a. ein Mangel an erforderlichem Material und die Beschränkung des Zugangs auf bestimmte Zentren. Selbst das University of Rochester Medical Center mit umfangreichen Erfahrungen in der CAR-T-Zell-Therapie durfte die zugelassene Therapie nicht anwenden. Durch einen Zusammenschluss mit einem benachbarten Zentrum gelang es zunächst, einen CAR-T-Slot pro Monat für eines der beiden Zentren zu erhalten, mittlerweile hat das Zentrum seine eigenen monatlichen Slots. 

Eine Umfrage unter 15 Institutionen ergab, dass die durchschnittliche Wartezeit der Patienten auf ihre Therapie 6 Monaten betrug – und nur 25% behandelt werden konnten. 

Derzeit gibt es keinen Leitfaden, nach welchen Kriterien die Patienten priorisiert werden können. Meist scheinen die Entscheidungen „hinter verschlossenen Türen“ zu fallen. „Geschichten von Günstlingswirtschaft und Skepsis im Auswahlverfahren bergen die Gefahr, die Beziehung zwischen Patienten und Ärzten sowie die Beziehung zwischen Hämatologen und überweisenden Ärzten zu untergraben“, so Lipe. 

Die Hersteller kontrollieren die Implementierung der Therapie und es ist unklar, wie welche Standorte ausgewählt und Slots zugewiesen werden. Versicherungen kontrollieren die Kostenübernahme, die einzelnen Institutionen das Angebot – und dazwischen stehen die Patienten. 

Nach Meinung von Lipe müsse ein Plan vorgelegt werden, wie der Zugang zu diesen Therapien von der Herstellung bis zur Verabreichung und Betreuung optimal(er) gelenkt werden könne.

Immuncheckpoint-Inhibitoren: Hohe Tumormutationslast mit besserem Gesamtüberleben assoziiert

Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren und mit hoher Tumormutationslast (TMB) profitieren stärker von einer Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren als Patienten mit niedriger TMB. Dies ergab eine Kohortenstudie mit 674 Patienten mit 8 unterschiedlichen Krebsdiagnosen, deren Ergebnis eine US-amerikanische Arbeitsgruppe in  JAMA Network Open  veröffentlicht hat.

8 verschiedene Tumoren wurden mit 7 verschiedenen Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt, am häufigsten wurde Pembrolizumab eingesetzt. Eine hohe TMB war signifikant mit einem längeren Gesamtüberleben (OS) von 17,3 Monaten assoziiert im Vergleich zu einer niedrigen TMB mit 12,7 Monaten (p=0,01).

Auch in einer prospektiven Untergruppe von 403 Patienten waren TMB-High-Karzinome signifikant mit einem längeren OS (HR 0,61, p=0,005), PFS (HR 0,62, p=0,003) und Zeit bis zur Progression (HR 0,67; p=0,02) assoziiert als TMB-Low-Tumoren. Der Effekt auf das OS war unabhängig vom eingesetzten Immuncheckpoint-Inhibitor. 

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