Handy stresst das Herz: Längere Telefonate mit dem Mobiltelefon – ein möglicher Risikofaktor für Bluthochdruck?

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

8. Mai 2023

Wer 30 Minuten oder mehr pro Woche mit dem Handy telefoniert, hat ein um 12% höheres Risiko für Bluthochdruck als jemand, der weniger als 30 Minuten telefoniert. Dies geht aus einer im European Heart Journal – Digital Health veröffentlichten Studie hervor [1]

„Entscheidend für die Herzgesundheit ist Zeit, die man mit dem Handy telefoniert, wobei mehr Minuten ein höheres Risiko bedeuten“, kommentiert Studienautor Prof. Dr. Xianhui Qin von der Southern Medical University in Guangzhou, China. „Die Dauer der Handy-Nutzung [ohne zu telefonieren] oder die Verwendung einer Freisprecheinrichtung hatten keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, einen hohen Blutdruck zu entwickeln.“

 
Entscheidend für die Herzgesundheit ist Zeit, die man mit dem Handy telefoniert, wobei mehr Minuten ein höheres Risiko bedeuten. Prof. Dr. Xianhui Qin
 

Mobiltelefone beliebter denn je

Zum Hintergrund: Weltweit besitzen fast 3 Viertel aller Menschen ab 10 Jahren ein Mobiltelefon. Und fast 1,3 Milliarden Erwachsene im Alter von 30 bis 79 Jahren leiden weltweit an Hypertonie, einem wichtiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall.

Mobiltelefone strahlen geringe Dosen an hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung ab, die mit einem Anstieg des Blutdrucks nach kurzzeitiger Exposition in Verbindung gebracht wird. Ergebnisse früherer Studien über die Nutzung von Mobiltelefonen und über mögliche Folgen für den Blutdruck waren aber widersprüchlich. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Forscher neben Anrufen auch SMS, Spiele und Apps berücksichtigt haben.

Daten von mehr als 200.000 Erwachsenen der UK Biobank ausgewertet

Deshalb haben Wissenschaftler mögliche Assoziationen zwischen dem Tätigen und Entgegennehmen von Anrufen und neu auftretendem Bluthochdruck auf breiter Datenbasis untersucht. Grundlage ihrer Studie war die UK Biobank. 

Insgesamt wurden Daten von 212.046 Erwachsenen im Alter von 37 bis 73 Jahren ohne Hypertonie in der Vorgeschichte ausgewertet. Angaben zur Nutzung eines Handys speziell für Telefonate haben Forscher zu Beginn der Studie mit Hilfe eines Fragebogens erhoben. Teilnehmer, die mindestens einmal pro Woche ein Mobiltelefon benutzten, um Anrufe zu tätigen oder entgegenzunehmen, wurden für die Studie als Handynutzer definiert.

Die Forscher analysierten Assoziationen zwischen Handy-Telefonaten und neu auftretendem Bluthochdruck. Sie berücksichtigten mögliche Störgrößen wie das Alter, das Geschlecht, den Body-Mass-Index (BMI), die Ethnie, Hypertonie bei engen Verwandten, die Bildung, den Raucherstatus, den Blutdruck, Blutfette, Entzündungen, den HbA1c-Wert, die Nierenfunktion und die Verordnung von Medikamenten zur Senkung des Cholesterinspiegels oder des HbA1c-Werts. 

Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 54 Jahren. 62% waren Frauen, und 88% aller Probanden nutzten Mobiltelefone. 

Mehr Hypertonie bei Nutzern von Mobiltelefonen

Während einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 12 Jahren entwickelten 13.984 Teilnehmer (7%) eine Hypertonie. Mobiltelefonnutzer hatten ein um 7% höheres Risiko als Personen ohne Handy. 

Bei Probanden, die 30 Minuten oder mehr pro Woche mit ihrem Handy telefonierten, war die Wahrscheinlichkeit einer neu auftretenden Hypertonie um 12% höher als bei Teilnehmern, die weniger als 30 Minuten telefonierten. Die Ergebnisse waren bei Frauen und Männern ähnlich.

Detailanalysen zeigen, dass im Vergleich zu Teilnehmern, die weniger als 5 Minuten pro Woche mit ihrem Handy telefoniert haben, eine wöchentliche Nutzungsdauer von 30 bis 59 Minuten, 1 bis 3 Stunden, 4 bis 6 Stunden und mehr als 6 Stunden mit einem um 8%, um 13%, um 16 % und um 25 % erhöhten Risiko für Hypertonie assoziiert war.

Daten der UK Biobank ermöglichten es den Wissenschaftlern auch herauszufinden, ob Probanden ein geringes, mittleres oder hohes genetisches Risiko für Hypertonie hatten. Hier zeigen Detailanalysen, dass die Wahrscheinlichkeit, an Bluthochdruck zu erkranken, bei Personen mit hohem genetischem Risiko, die mindestens 30 Minuten pro Woche mit dem Handy telefonierten, am größten war. Die Probanden hatten eine um 33% höhere Wahrscheinlichkeit im Vergleich zu Studienteilnehmern mit niedrigem genetischem Risiko, die weniger als 30 Minuten pro Woche telefonierten.

30 Minuten sind das Maximum

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Telefonieren mit dem Handy keinen Einfluss auf das Risiko der Entwicklung von Bluthochdruck hat, solange die wöchentliche Gesprächszeit unter einer halben Stunde bleibt“, so die Einschätzung von Qin. Weitere Studien seien erforderlich, um die Ergebnisse zu reproduzieren. „Bis dahin scheint es aber ratsam zu sein, das Telefonieren mit dem Handy auf ein Minimum zu beschränken.“

 
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Telefonieren mit dem Handy keinen Einfluss auf das Risiko der Entwicklung von Bluthochdruck hat, solange die wöchentliche Gesprächszeit unter einer halben Stunde bleibt. Prof. Dr. Xianhui Qin
 

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